Der Change-Code. Dieter Lederer

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Der Change-Code - Dieter Lederer


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herrschen? Die Ursachen dafür sind vielfältig: Kontinuierliche Übersteuerung mit Projekten oder Aufträgen bei signifikant fehlenden Ressourcen für die Abarbeitung ist eines der weit verbreiteten Muster. In der Folge hecheln Mitarbeiter tagein, tagaus ihren Aufgaben hinterher, ohne je fertig zu werden. Dies wiederum nötigt dazu, für besonders wichtige Projekte oder Kunden Taskforces einzurichten, weil deren Bedeutung ablenkungsfreien Fokus und Ressourcen-Exklusivität braucht. Dass dem Rest der Projekte folglich noch weniger Kapazitäten zur Verfügung stehen, während die Stapel auf den Schreibtischen zu Papierbergen werden, liegt auf der Hand. Das ist ein Teufelskreis, der nur an einer Stelle unterbrochen werden kann – bei der Annahme und Einsteuerung von Aufträgen. Doch die meisten Manager entscheiden sich für die Strategie »Augen zu und durch« oder anders gesagt: Durchhalten, koste es, was es wolle.

      Sehr beliebt ist auch Mikromanagement, und zwar über alle Hierarchiestufen hinweg. Es geht einfach nichts darüber, sich als Führungskraft mit der eigenen erlesenen Kompetenz und Erfahrung unnötig in die operativen Abläufe, Entscheidungen und Problemlösungen einzumischen. Dass man sich dabei zum Engpass macht? Geschenkt. Dass die Mitarbeiter sich nicht weiterentwickeln, weil ihnen die Verantwortung abgenommen wird? Nicht so schlimm. Dass folglich mehr statt weniger Mikromanagement nötig ist und dieser prekäre Zustand weiter festgeschrieben wird? Aushaltbar. Dass damit die Unternehmens-Performance auf der Strecke bleibt, da nur noch im und kaum mehr am Unternehmen gearbeitet wird? Fällt nicht so schnell auf.

      Durchhalten um seiner selbst willen ist keine Tugend, sondern eine Fehlentscheidung.

      Fest steht: Durchhalten um seiner selbst willen ist keine Tugend, sondern eine klare Fehlentscheidung. Die Wahrnehmung, durchhalten zu müssen, ist ein deutlicher Indikator für die Notwendigkeit von Veränderungen. Seien Sie also vorsichtig und misstrauisch, wenn Durchhalte-Parolen ausgegeben und Extra-Runden ausgerufen werden. Stellen Sie zügig fest, ob das zu reitende Pferd noch lebt. Jedwede Abneigung gegenüber toten Pferden ist unternehmerisch höchst nützlich. Einzig auf der Zielgeraden lohnt sich das Durchhalten: Dann geht es um den Endspurt, den Sie jedoch kaum mit der zerstörerischen Verausgabung durch nutzlose Wiederholungsschleifen verwechseln werden.

      Ablöseprozesse sind nicht zu unterschätzen.

       Wir sind soziale Wesen

      Ein großes mittelständisches Unternehmen entschied sich für die Reorganisation seiner beiden größten Unternehmensbereiche. Daraus sollte eine Einheit geformt werden, um traditionelles und Zukunftsgeschäft zu bündeln sowie Kompetenzen und Ressourcen flexibel über alle Produktsegmente hinweg nutzen zu können. Das bedeutete für die Mitarbeiter, dass sie sich in einem völlig neuen und ungewohnten Organigramm wiederfanden, in neu zusammengesetzten Teams und an anderen Arbeitsplätzen. Ein Teil hat sich zügig damit arrangiert, der andere Teil hat den alten Kollegen und der gewohnten Umgebung länger nachgetrauert. Selbst anderthalb Jahre später fühlten sich einzelne Mitarbeiter noch alleingelassen und vermissten fachliche Unterstützung, gleichwohl ihre vormaligen Buddys höchstens zwei Stockwerke entfernt saßen. Ablöseprozesse sind also nicht zu unterschätzen.

       Geringschätzung behindert

      Es ist zieldienlich, das Alte und das Neue gleichermaßen zu schätzen.

      Gerade Hype-Themen wie Agilität, Lean Management, New Work oder Digitalisierung werden nahezu wie eine Religion gehandhabt. Entsprechend erfolgt das Vorantreiben mit einem hohen Maß an Dogmatik und wenig Umsicht. Bisweilen erinnert es an einen Glaubenskrieg und man fragt sich unwillkürlich, wo die Inquisition bleibt, wenn Sprachpolizei und Denkverbote an der Tagesordnung sind. Dass Kritiker und Zweifler sich folglich bemüßigt fühlen, noch mehr auf die Barrikaden zu gehen und Widerstände aufzubauen, liegt auf der Hand. Wie attraktiv und vielversprechend eine Transformation auch immer sein mag – sie rechtfertigt weder die Schmälerung vergangener Errungenschaften noch das Ausrufen zum alleinigen Heilsbringer. Es ist zieldienlich, das Alte und das Neue gleichermaßen zu schätzen und damit den Prozess des emotionalen Ablösens so gut es geht zu erleichtern.

       Viele Innovationen laufen anfangs sehr langsam ab und wirken improvisiert. Sie werden daher nicht ernst genommen und dem Status quo der Vorzug gegeben, obwohl sie diesen bedrohen. Wenn sie dann durchstarten, sind sie kaum mehr einholbar.

       Wir Menschen sind Gewohnheitstiere.


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