Der Change-Code. Dieter Lederer

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Der Change-Code - Dieter Lederer


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Es geht um das Münchner Start-up Celus, das sich anschickt, die Entwicklung von Elektronikplatinen mit einer KI-basierten Technologie zu automatisieren. Das bedeutet im Vergleich zum bisherigen, hochgradig manuellen und fehleranfälligen Vorgehen eine massive Einsparung von Geld, Zeit und Personalressourcen. Diese disruptive Erfindung kann zum Game-Changer für eine ganze Industrie werden. Man sollte meinen, dass die Marktführer im Bereich der Technologie für Elektronikentwicklung hellhörig werden. Doch dafür gibt es keine Anzeichen, wie die Wettbewerbsuntersuchungen von Venture-Capital-Unternehmen zeigen, die das Start-up und seinen Markt in Due-Diligence-Verfahren eingehend durchleuchten. Wie kann das sein, mögen Sie sich jetzt fragen, und finden in den genannten Denkfallen eine zutreffende Erklärung: In der Wahrnehmung der Platzhirsche wirken die vorherrschende Technologie und Marktposition unangreifbar durch den »neumodischen Schnickschnack«. Es liegt keine Bedrohung vor und es gibt folglich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Wie tragfähig diese Einschätzung ist, wird die Zeit zeigen.

      Wenn Sie Ihr Unternehmen in allzu liebgewonnene Gewohnheiten verstrickt wähnen, ist Handeln überfällig.

      Kritisch wird es, wenn die althergebrachten Muster nicht mehr tragen.

       Kleine Schritte für großen Wandel?

      Kritisch wird es nämlich, wenn die althergebrachten Muster nicht mehr tragen. Dann werden Gewohnheiten schnell zur Behinderung, denn das Verlassen bekannter Pfade ist unbequem und braucht viel mehr Energie, als stur geradeaus weiterzugehen. Diesen veritablen Sog zurück ins Alte zu überwinden, herauszukommen aus dem stabilen Modus des Bequemen, etwas Neues zu probieren, und sei es nur temporär, das ist die wahre Herausforderung, die viel häufiger misslingt als glückt. Das kann derart weit gehen, dass wir lieber missliche Zustände in Kauf nehmen, als die Gewohnheit zu durchbrechen. Sie kennen wahrscheinlich Menschen, die in unglücklichen Beziehungen verharren, oder solche, für die es kaum denkbar ist, eine andere Gaststätte als das seit zehn Jahren frequentierte Lieblingsrestaurant aufzusuchen. Früher oder später aufstehen, einen anderen Weg zur Arbeit nehmen, den Kaffee ohne Zucker trinken oder statt an die Nordsee an den Atlantik reisen? Für viele Menschen kaum denkbar, gleichwohl nichts wirklich Bedeutendes damit verbunden ist. Umso schwieriger, wenn etwas daran hängt – unser Renommée zum Beispiel: »Wie kann es sein, dass sie oder er sich auf so etwas Neumodisches einlässt? Das hätten wir nie erwartet.« Oder unser Erfolg: »Das neue Verfahren kann schiefgehen, wie dumm stehe ich dann da?« Oder unsere Sicherheit: »Ich weiß ganz genau, dass ich das alte Tool beherrsche, doch wie ist es mit dem neuen?«

       Lieber missliche Zustände in Kauf nehmen, als Gewohnheiten durchbrechen?

      Die Gewohnheitsforschung weiß um die Anziehungskraft gebahnter Verhaltensweisen und versucht deshalb, diese mit sogenannten »tiny habits« auszutricksen (Fogg, 2019). Das Prinzip ist einfach: Man überlege sich kleine Schritte, die zu einem gewünschten Ziel führen, und hänge diese an alte Gewohnheiten. Fünf Liegestützen nach der morgendlichen Dusche, ein Glas Wasser nach jeder Tasse Kaffee, das Handy für zehn Minuten in die Schublade nach dem Hochfahren des Rechners, die Datei mit einem Änderungskommentar wieder einchecken nach dem Bearbeiten, die Notiz zum Kundentelefonat erstellen nach seiner Beendigung usw. Das Verknüpfen mit bestehenden Gewohnheiten ist elegant, das Herunterspielen der Änderung ebenfalls. Wir vermitteln unserer Wahrnehmung, dass im Vergleich zu vorher fast alles beim Alten ist. Ob damit der Weg von der Sportniete zum Marathon-Ass, vom überkommenen zum zeitgemäßen Geschäftsmodell, zu digitalisierten Prozessen oder zur disruptiven Innovation beschritten werden kann, ist fraglich. Mutmaßlich lässt sich mit »tiny habits« nur ein Teil der in Unternehmen erforderlichen Transformationsprozesse umsetzen. Einen Vorteil jedoch haben sie: Häufig eingesetzt, lassen sich Menschen damit an das regelmäßige Vorkommen und die Bewältigbarkeit von (kleinen) Veränderungen gewöhnen. Das macht flexibel und vermag den Boden für größeren Wandel zu bereiten.

       Keine Emotionen, keine Bewegung


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