Limit up - Sieben Jahre schwerelos. Uwe Woitzig

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Limit up - Sieben Jahre schwerelos - Uwe Woitzig


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ich ein paar Stunden später meinen Landrover erreichte, den ich in einer Wiese am Fuße des Berges abgestellt hatte, hörte ich das erste Grollen über mir.

       Der Himmel hatte sich verdunkelt. Das aufziehende Unwetter mahnte mich, schleunigst in mein Haus zurückzukehren. Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, bevor die ersten Tropfen fielen. Bugsy und Pauline, die ich wegen der ihnen nicht zumutbaren Kletterei in den Felsen im Haus zurückgelassen hatte, stürmten mir entgegen und sprangen freudig bellend an mir hoch. Ein warmes Gefühl durchströmte mich. Es war einfach zauberhaft, derart liebevoll begrüßt zu werden. Auch wenn es „nur“ Hunde waren.

       Wenig später umtoste ein gewaltiger Gebirgssturm heulend das Haus. Ein Blitz zerteilte die dunklen Wolken, gefolgt von einem krachenden Donner. Schlagartig wurde es finster im Haus. Im ganzen Tal waren die Lichter erloschen. Kompletter Stromausfall. Ich zündete ein paar der für diesen Fall bereitgelegten Kerzen an und entfachte das Feuer in meinem Kamin. Dann setzte ich mich in meinen Ohrensessel. Der starke Wind fegte über die Bergwiese neben meinem Haus und erzeugte Wellen in ihrem Gras. Die Wolken flogen tief über die Berggipfel. Sie sahen grau gelb und hässlich aus. Fasziniert beobachtete ich die Blitze, die den dunklen Himmel erleuchteten und die Wassertropfen des gegen die Fensterscheiben spritzenden Regens wie Perlen aussehen ließen. Die ihnen folgenden Donnerschläge erschreckten meine Hunde. Sie sprangen zu mir hoch und schmiegten sich an mich. Ich musste lächeln. Es war ein wunderbares Gefühl, mit meinen liebevollen Gefährten auf dem Schoß im Kerzenschein vor dem brennenden Kamin zu sitzen, während der Regen auf das Dach und gegen die Fensterscheiben prasselte. Dabei dem Ächzen und Stöhnen des starken Windes zu lauschen, der mit aller Kraft vergeblich an den massiven Wänden und den soliden Dachsparren des Hauses zerrte.

       Ein noch nie erlebtes Gefühl der Geborgenheit und Wärme durchströmte mich. In diesem Augenblick war ich glücklich. Plötzlich musste ich an die Ereignisse denken, die nach dem hermetischen Gesetz von Ursache und Wirkung die Ursachen für diesen einmalig schönen Augenblick gewesen waren …

      Kapitel 7

      Wer den Fluss der Natur in sich aufnimmt,

      hat damit liebevoll schon für alles gesorgt.

      Tao Te King

      Die Zeit war reif. Nach den fast zehn Jahren, in denen ich mein Geld an den amerikanischen Börsen verdiente und eigene Büros in New York, Chicago, München, Monte Carlo und Athen besaß, hatte ich die Schnauze voll. Tag für Tag investierten meine Börsenmakler Hunderte von Millionen in Wertpapiere und Derivate. Bei jedem Einstieg in einen Börsenwert hofften wir mit flatternden Nerven, dass wir aufs richtige Pferd gesetzt hatten. Ständig standen wir unter Erfolgszwang. Wir spekulierten schließlich mit dem uns anvertrauten Geld unserer Kunden, die jeden Monat einen kräftigen Zuwachs in den bei uns geführten Konten erwarteten. Blieb er aus, würden sie ihr Geld sofort abziehen. Mein Leben bestand nur aus Druck. Es orientierte sich ausschließlich an der Erwartungshaltung anderer, deren Vorgaben auf höchstem Niveau ich zu erfüllen hatte. Das führte zu einem Magengeschwür und meine Psyche fing an, verrückt zu spielen. Jede Woche saß ich in einem Flugzeug, kreuz und quer um die Welt. Irgendwann wachte ich in einem Hotel auf und wusste nicht mehr, in welcher Stadt ich war. Meine Seele kam einfach nicht mehr mit, wie die Indianer sagen. Meinem Partner ging es ähnlich.

      Als er eines Tages wegen einer üblen Erpressung seine Geschäftsanteile an unseren Firmen verpfänden musste, zogen wir die Reißleine. Wir ließen unser mühsam aufgebautes Imperium zusammenbrechen, setzten uns in einen Flieger und flogen in ein neues Leben. Bevor ich dort ankam, musste ich in den Knast, der mich wie eine Zentrifugalschleuder in meine Einzelteile zerlegte und wieder neu zusammensetzte.

      *

      Die Haftzeit rettete mir das Leben und ließ mich eine radikale Veränderung meiner bisherigen Sichtweisen vornehmen. Vor allem begriff ich während meiner Inhaftierung, dass die Freiheit, die ich mein Leben lang gesucht hatte, nicht mit Geld zu erlangen ist (siehe mein Buch „Hofgang im Handstand“).

      Nach meiner Entlassung zog ich mich mit meiner zweiten Frau Maria in das schönste, von einer begnadeten Innenarchitektin perfekt und stimmig umgebaute Bergbauernhaus Oberbayerns zurück. Dennoch scheiterte unsere Ehe nach sieben Jahren, weil ich die uralte Erkenntnis übersah, dass die erfolgreichsten Liebenden der Welt diejenigen sind, die niemals zusammenleben. Sie kommen sich nie so nahe, dass sie sich erkennen und begreifen müssen, dass sie nicht füreinander geschaffen sind. Unglücklicherweise war ich wie die meisten Liebenden erneut eine Ehe eingegangen, was die größte Tragödie im Leben ist.

      Vergeblich versuchte ich, meine im Knast gewonnenen Erkenntnisse mit der Realität des Alltags in Einklang zu bringen. Nach meinen fast 10 Jahren unter den Schönen und Reichen, den Mächtigen und Prominenten dieser Welt und den anschließenden 2 ½ Jahren im Knast, die ich Wand an Wand und Angesicht zu Angesicht täglich mit Gesetzlosen und von der Gesellschaft Ausgestoßenen und Verachteten gelebt hatte, wollte ich weg von den Menschen und mein Leben in Abgeschiedenheit und Frieden verbringen. Tatsächlich hatte ich es scheinbar geschafft. Ich lebte in einem idyllischen, wunderschön restaurierten Bergbauerhof auf 1200 Meter Höhe in den Alpen, an meiner Seite eine der schönsten Frauen Münchens, für die ich jahrelang geschwärmt hatte. Und die Hauseigentümerin und unsere einzige Mitbewohnerin Anja war nicht nur eine gute Freundin geworden, sondern auch noch eine perfekte Innenarchitektin und Köchin.

      Dank ihrer Aufträge vom Saudi-arabischen Königshaus zur Einrichtung seiner diversen Paläste waren bei uns regelmäßig Mitglieder der Regierung und des Könighauses zu Gast.

      Wir führten an unserem von Maria und Anja liebevoll dekorierten Tisch bei erlesenen Gerichten auf unserer Terrasse höchst interessante Gespräche über die Weltpolitik. Besonders über die Abhängigkeit der Saudis von den Amerikanern und dem Einfluss der Bilderberger und anderer Logen in dem Land. Lustig fand ich, dass eines Abends der saudische Minister for Development mein Faxgerät benutzte, um einen von ihm unterschriebenen Vertrag über ein Milliardenprojekt in sein Büro in Riad zu faxen. Vor der Tür stand mein ansehnlicher Fuhrpark und ich hatte genug Kohle, um sorgenfrei zu leben. Doch trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, erneut gescheitert zu sein.

      Als ich aus dem Knast entlassen wurde, war ich im Sinne William Saroyans Roman ´Die menschliche Komödie´ voller Lebensoptimismus - full of optimism of life. Mein verloren gegangenes Vertrauen und meine Zuneigung zu meinen Mitmenschen waren zurückgekehrt. Ich trug eine rosa gefärbte Brille und übersah, dass Maria krass gesagt „beschädigte Ware“ war.

      Sie war in ihrem Innern wie schockgefroren. Mit ihren tief sitzenden Ängsten vor dem Leben hatte sie pausenlos Elementale erzeugt, die alles daran setzten, diese Realität werden zu lassen. Sie waren sehr erfolgreich gewesen. Maria war vollkommen beherrscht von diesen selbst erzeugten Phantomen der Furcht. Völlig unfähig, in irgendetwas oder irgendjemandem noch etwas Positives zu sehen oder sich gar daran zu erfreuen, erwartete sie jeden Moment die nächste Katastrophe. Und genau diese schwer belastete Frau wurde mir zur Prüfung meiner angeblich erreichten Bewusstseinsstufe vom Universum zugespielt. Natürlich war ich noch längst nicht da, wo ich mich wähnte. Und fiel mit Pauken und Trompeten durch.

      Dabei fing alles so gut an. Allein, wie wir diesen einmaligen Platz zum Leben gefunden hatten. Während meiner Haft hatte ich in einem „GEO“ gelesen, dass die ideale Lebenshöhe für den Menschen auf 1200 m liegt. An einem Wochenende, an dem ich Hafturlaub hatte, war ich deswegen mit Maria nach Garmisch gefahren, um mir die Berge aus der Nähe anzuschauen. Wir fuhren weiter Richtung Mittenwald, als ich plötzlich eine kleine Straße von der Bundesstraße abzweigen sah, die offensichtlich bergauf führte.

      Ich liebe Nebenstrecken, also bog ich ohne zu zögern ab. Es ging anfangs noch auf geteertem Grund bergauf, dann aber wurde es staubig und steinig. Maria sah mich von der Seite mit diesem „Was-soll-das-denn-jetzt?“ – Blick an, aber ich ließ mich nicht beirren. Meine innere Stimme sagte mir, fahr weiter.

      Wir erreichten ein kleines Plateau, auf dem drei Häuser standen. Eins entpuppte sich als ein bewirtschaftetes Gasthaus, eine Alm, wie die Bayern sagen. Daneben stand ein ganz gewöhnliches Wohnhaus im Jodlerstil.

      Der


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