Der Schrei des Subjekts. Franz Josef Hinkelammert

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Der Schrei des Subjekts - Franz Josef Hinkelammert


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(Bonhoeffer, a.a.O. Bd.3, S. 103)

      Diese Welt aber kann auch teuflisch werden:

      “Wo aber der Mensch zum Ding, zur Ware, zur Maschine wird, und wo die Ordnungen willkürlich zerstört werden und zwischen 'gut' und 'böse' nicht mehr unterschieden wird, dort ist der Aufnahme Christi noch ein besonderes, über die allgemeine Sündhaftigkeit und Verlorenheit der Welt hinausgehendes Hindernis in den Weg gestellt. Dort zerstört die Welt sich selbst, so daß sie ernsthaft teuflisch zu werden droht“ (Bonhoeffer, a.a.O. Bd,4, S.106)

      “Wer ist Gott? Nicht zuerst ein allgemeiner Gottesglaube an Gottes Allmacht etc. Das ist keine echte Gotteserfahrung, sondern ein Stück prolongierter Welt. Begegnung mit Jesus Christus. Erfahrungen, dass hier eine Umkehrung alles menschlichen Seins gegeben ist., darin dass Jesus nur ‘für andere da ist‘. Das ‘Für-andere-da-Sein‘ Jesu ist die Transzendenzerfahrung!...Glaube ist das Teilnehemen an diesem Sein Jesu. (Menschwerdung, Kreuz, Auferstehung.) Unser Verhältnis zu Gott ist kein ‘religiöses‘ zu einem denkbar höchsten, mächtigsten, besten Wesen – dies ist keine echte Transzendenz -, sondern unser Verhältnis zu Gott ist ein neues Leben im ‘Dasein-für-andere‘, in der Teilnahme am Sein Jesu…Gott in Menschengestalt!...auch nicht die griechische Gott-Menschengestalt des ‘Menschen an sich‘, sondern ‘der Mensch für andere‘!, darum der Gekreuzigte. Der aus dem Transzendenten lebende Mensch.” (S.266)

      "¿Quién es Dios? Lo primordial no es una fe general en la omnipotencia de Dios etc., lo cual no es una verdadera experiencia de Dios, sino una prolongación del mundo. Encuentro con Jesucristo: experiencia de que aquí se produce una inversión de toda existencia humana por el hecho de que Jesús 'no existe sino para los demás'. !Este 'ser para los demás' de Jesús es la experiencia de la trascendencia!.. La fe es participación en este ser de Jesús (encarnación, cruz, resurrección). Nuestra relación con Dios no es una relación "religiosa' con el ser más alto, más poderoso y mejor que podamos imaginar - lo cual no es la auténtica trascendencia -, sino que nuestra relación con Dios es una nueva vida en el 'ser para los demás', en la participación en el ser de Jesús... Dios bajo forma humana.. ni como el dios-hombre griego, que es 'hombre en sí mismo', sino 'el hombre para los demás', y por ello crucificado. El hombre, que vive de la trascendencia." (p.266)

      Es fällt sofort auf, daß diese Texte Bonhoeffers der Logik der Szene des Evangeliums des Johannes folgen, die sich mit dem Glauben Abrahams auseinandersetzt (Kap. 8). Sie tuen dies in einer wesentlich aktualisierten Form, dennoch aber auf unverwechselbare Weise. Sie tuen dies, auch wenn dies nicht aus einer Absicht Bonhoeffers entspringt. Für Bonhoeffer gibt es keine Freie Welt als Institution, sondern nur eine Welt, in der Menschen sich befreien. Die Freiheit entspringt aus der Entscheidung, die Welt nicht durch den Mord zu konstituieren, sondern durch das Nein zum Mord. Denn die Freie Welt als institutionelle Freiheit mordet den, der das Nein zum Mord vertritt.

      Es gibt Nachrichten aus der Gegenwart, die diese Analyse von Bonhoeffer bestätigen können. Man nehmne z.B. folgende Nachricht zur letzten China-Reise Clintons:

      “Präsident Clinton versprach gestern, daß er sich in Peking für die Lösung eines Problems einsetzen wird, das am meisten die öffentliche Meinung der USA beschäftigt: das Fehlen der Religionsfreiheit in China.

      Das Fehlen der Religionsfreiheit in China ist eines der wichtigsten Argumente derer, die sich der Politik eines intensiven Dialogs der Regierung Clinton mit Peking widersetzen.

      In einem Treffen mit Kirchenvertretern anerkannte Clinto die Bedeutung der Religionsfreiheit für ein Land wie die USA, die durch Männer und Fauen gegründet wurden, die den Religionsverfolgungen entkommen waren.

      Das zentrale Element der Identität der USA, sagte Clinton, ist die Freiheit, den Glauben praktizieren zu können, für den man sich entscheidet, und deshalb gibt es in den USA eine universale Grundsatzentscheiung zugunsten der Religionsfreiheit.

      Die Religionsfreiheit, betonte er, ist etwas, in dem alle US-Amerikaner übereinstimmen unabhängig von ihrer Partei, Religion, Philosophie oder Religion.

      In diesem Falle, statt im Mittelpunkt der Gespräche die Reise des Präsidenten nach China, die von vielen - vor allem von den konservativen Republikanern im Kongress - als ein unverdiente Unterstützung für ein Land angesehen wird, das die Religionsfreiheit und die Menschenrechte verletzt.”16

      Diese Diskussion ist bemerkenswert gerade, aber nicht nur, für das Freiheitsverständnis der USA. Es war die US-Regierung, die die Befreiungstheologie und die Volksbewegungen, die ihr anhingen, schon gegen Ende der 60er Jahre als eine Gefahr für die Nationale Sicherheit der USA einstufte. Die Verfolgung dieser Gruppen und dieser Theologie war auch in den USA gegenwärtig, wurde aber in Lateinamerika auf brutalste Weise durchgeführt. In Lateinamerika ergab sich eine massive Christenverfolgung, der tausende von Christen und Pastoralagenten, hunderte von Priestern und eine Anzahl Bischöfe zum Opfer vielen. Wo die Regierung der USA nicht direkt an dieser Christenverfolgung beteiligt ist, beteiligt sie sich indirekt, in dem sie dazu beiträgt, diese Vorgänge zu verschleiern, Amnistien durchzusetzen oder den Mördern politisches Asyl zu gewähren. Die war besonders klar im Falle des Mordes an Erzbischof Romero und der Morde an den Jesuiten von San Salvador.

      Erzbischof Romero wurde ermordet wenige Tage nachdem er sich öffentlich an die Armee gewandt hatte und sie im Namen Gottes aufgefordert hatte, aufzuhören, auf die Bevölkerung zu schießen. Die Antwort auf dieses Nein zum Töten war das Todesurteil für Romero, der ermordet wurde, als er die Messe feierte.

      Diese Christenverfolgung in Lateinamerika wurde von der öffentlichen Meinung und auch von den christlichen Kirchen kaum zur Notiz genommen. Wo aber gegen diese Morde protestiert wurde, wurden sie nicht als Christenverfolgung eingestuft. Denn dieses Nein zum Töten, das im Johannesevangelium das Zentrum des Glaubens Jesu ist, ist längst diabolisiert und wird allenfalls als illegitime Einmischung in die Politik aufgefaßt. Man kann dann diese Verfolgung gar nicht als Christenverfolgung erkennen, denn alles scheint ja nur eine Auseinandersetzung um Politik zu sein. Dadurch kommt es dann, daß es Christen sind, die diese Christenverfolgung durchführen. Der Evangelist Johannes muß dieses Problem bereits in seiner Zeit gespürt haben, wenn bei ihm Jesus sagt: Ja, es kommt die Stunde, wo jeder, der euch tötet, Gott damit einen heiligen Dienst zu erweisen glaubt. (Joh 16, 2)

      Es gibt eine ganz analoge Religionsverfolgung in China. Auch China interpretiert bestimmte religiöse Bewegungen als Gefahr für seine nationale Sicherheit. Die Legitimität allerdings der Proteste der USA ist doch wohl äußerst beschränkt.

      Dies macht die Argumentation von Bonhoeffer vielleich noch verständlicher. Er nennt diese Phänomen den “Protestantismus ohne Reform”. Aber auch umgekehrt wird von hier aus die Szene des Johannesevangeliums verständlicher, in der die institutionelle Freiheit als eine mörderische Freiheit gesehen wird. Sie mordet den, der am Glauben Jesu teilhaben will. Aber sie tut dies in der Überzeugung, Gott einen Dienst zu tun. Deshalb sieht dann alles so aus, als gäbe es überhaupt keine Christenverfolgung, sondern nur eine politische Auseinandersetzung.

      Die Bestätigung des Lebens durch das Nein zum Töten hindurch und die Söhne des Teufels

      Der Realismus des Johannesevangeliums besteht geradezu in der Bestätigung des Lebens durch das Nein zum Töten hindurch. Dieser Realismus wird im Evangelium dem politischen Realismus - dem Sachzwangrealismus - der Gegen Jesu gegenübergestellt, der das Leben dadurch bestätigt, daß er den Gegner tötet. Wenn sie sagen: Es ist besser, daß einer stirbt als ein ganzes Volk, behaupten sie, daß der Tod des anderen eine realistische Form der Bestätigung des eigenen Lebens ist. Gemäß Johannes, ist die Position Jesu dem gerade entgegengesetzt: es ist besser, niemanden zu töten, damit alle leben.

      Gerade hierdurch verwirft Jesus alle beliebigen “guten Gründe” zum Töten, während der politische Realismus darauf besteht, daß das Leben durch das Töten immer dann zu bestätigen ist, wenn es gute Gründe dafür gibt. Gerade das Kapitel 8 des Evangeliums verwirft alle guten Gründe zum Töten., Wenn das Resultat von Gründen die Legitimierung des Tötens ist, dann sind die Gründe schlechte Gründe. Zu töten oder nicht zu töten ist das Kriterium


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