Odyssee Korsika. Matthias Arndt

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Odyssee Korsika - Matthias Arndt


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dem Moment spürte er einen Ohnmachtsanfall und fiel zu Boden. Ein Geschoss hatte sich in seinem linken Wangenknochen gebohrt.

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      Im Gedränge der ausufernden Massendemonstration vor dem Bankgebäude kam es fortwährend zu panikartigen Verhaltensweisen, als die Uniformierten mit einer weiteren Hundertschaft und einem Wasserwerfer anrückten. In der zweifellos ohnehin schon eskalierenden Gewaltspirale kam es darüber hinaus zu handgreiflichen Reaktionen, die auf der Seite der Demonstranten in Wut, Verzweiflung und Resignation umschlug. Denn nahezu alle Fluchtwege wurden praktisch versperrt oder abgeriegelt, als man damit begann, über Lautsprecher die Demonstranten zur Aufgabe zu zwingen, was zu einem pietätlosen Durcheinander führte. Es herrschte vor Ort im Bankenviertel ein regelrechter Ausnahmezustand der die Mainmetropole an diesem Maitag erschütterte.

      Fast zum gleichen Zeitpunkt erreichten Charlotte und Christian, wie durch ein Wunder die Schalterhalle in der Bank, was Aufnahmen einer Überwachungskamera aufzeichneten. Ein Mob bestehend aus etwa zwanzig Demonstranten hatte schließlich die schockierten Security Mitarbeiter in jener Bank soweit zurückgedrängt, so dass diese sich daraufhin in einem der hinteren Büroräume des Bankgebäudes verschanzten. Es war ein mitunter scheußlicher Anblick, mit welcher krimineller Energie und schier endloser Gewalt hier einige der Demonstranten zu werke marschierten. Aber auch die Uniformierten trugen ihren Teil dazu bei, dass die unübersichtliche Lage weiter aus dem Ruder lief, was zu einer Eskalation auf beiden Seiten führte.

      In dem Polizeipräsidium in Frankfurt am Main herrschte unterdessen hektische Betriebsamkeit, als Kommissar Spiegler ein härteres Durchgreifen gegen die Demonstranten anordnete. Aus seiner Sicht war es nicht nachvollziehbar, dass schätzungsweise fünfhundert Demonstranten das öffentliche Leben in der Mainmetropole lahmlegten. Eine Antwort des Innenministeriums blieb zum derzeitigen Zeitpunkt zwar noch aus, jedoch wollte man sich ein konstruktives Bild von der aktuellen Situation vor Ort verschaffen. Niemand glaubte so recht an ein Ende der Gewaltexzesse, die in ihrem Höhepunkt gipfelten, als bekannt wurde, dass einer der Bankmitarbeiter durch ein Geschoss getötet wurde. Von gegenseitigen Schuldzuweisungen war hier die Rede, aber auch von Mord, was keinesfalls, auch nur im geringstem eine Rechtfertigung darstellte. Die Leitstelle der Polizei Frankfurt forderte umgehend Verstärkung aus den nahegelegenen Direktionen in Hessen an, um endlich Herr der Lage zu sein. Kommissar Kunert rügte unterdessen seinen Kollegen Spiegler mit einer Nachricht aus der Hauptstadt Berlin.

      >>Wenn Verbrechensbekämpfung so aussieht, dass man kriminellen Handlungsspielräume ermöglicht, dann braucht man sich doch nicht wundern…<<.

      Das gesamte zugehörige Betriebsgelände der Bank, einschließlich der umliegenden Parkanlagen und Zufahrtstraßen in einem Radius von zirka eintausend Metern wurde jetzt weiträumig von den Uniformierten abgeriegelt und versperrt. Keiner der hier noch verweilenden Demonstranten sollte jemals auch nur ansatzweise die Möglichkeit dazu erhalten, zu flüchten und sich der Verantwortung und Rechenschaft durch die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu entziehen.

      Es dauerte noch über zwei Stunden, ehe man sich überhaupt in der Lage sah, die ausufernden Straßenkämpfe mit den teils vermummten Demonstranten unter Kontrolle zu halten. Gegen Mittag wollte sich Vize Kommissar Spiegler ein Bild von der Situation vor Ort machen, die äußerst prekär schien. Er mutmaßte ganz und gar, dass hier sowohl politische reaktionäre Akteure von Links oder Rechts im Spiel waren.

      >>Herr Spiegler, gut dass Sie kommen. Wir haben mittlerweile über hundert gewaltbereite Demonstranten festgesetzt<<, entgegnete der leitende Einsatzleiter der Polizei.

      >>Was wissen Sie über den toten Bankmitarbeiter?<<, fragte Kommissar Spiegler.

      >>Bei dem tödlich verunglückten handelt es sich nach ersten Ermittlungen um den Bankangestellten Kersten Kramer<<.

      >>Wieso zum Teufel sprechen Sie von einem Unglück!<<.

      >>Wir gehen nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass es sich um ein mögliches Zufallsopfer handelt<<.

      >>So, so Sie glauben also an einen Zufall? Gibt es denn irgendwelche Hinweise auf ein mögliches Tatmotiv oder einer Tatwaffe?<<.

      >>Wir haben ein Jagdgewehr mit Zielfernrohr gefunden<<.

      >>Gefunden?<<.

      >>Ja! Das Jagdgewehr lag auf dem Asphalt, direkt auf dem Straßenboden<<.

      Kommissar Spiegler begleitete den Leitenden Einsatzleiter der Polizei bis zu der Stelle, wo das Gewehr aufgefunden wurde.

      >>Hier also lag das Jagdgewehr?<<.

      >>Ja, Herr Kommissar!<<.

      >>Gut. Dann verschaffen Sie sich einen genauen Überblick zu dem Tathergang und führen sie umgehend eine ballistische Überprüfung durch, ob die gefundene Tatwaffe tatsächlich von dem Standort aus verwendet wurde. Und stellen Sie fest, ob die verwendete Munition dem Kaliber der Tatwaffe entspricht. Sobald die Rechtsmedizinische Obduktion erste Erkenntnisse zur Todesursache liefert, werden die weiteren Ermittlungen zeigen, inwieweit hier eine Konstellation zwischen dem Opfer und einem möglichen Täter in Betracht kommt<<.

       - : -

      Derweil gelang es Charlotte und Christian bis in die Zweite unterirdische Tiefebene des Bankhauses zu flüchten. Hinter einer offenen Brandschutztür verbarg sich ein Technikraum, der die zentrale Einheit zur Versorgung von Strom, Wasser und Klimatisierung der Bank bereitstellte. In dem Technikraum an einem Kabelschacht vermutete man den Weg nach draußen, weil die Zirkulation der dort vorherrschenden Luftströmung unmittelbar an einem Durchlassventil am Schacht geradezu wahrnehmbar schien. Man spürte regelrecht den Luftzug, der nicht muffig, sondern teils klar und frisch daherkam. Auf der linken Seite neben einem Schaltschrank, deren Versorgungsleitungen über eine Kabelpritsche zum Kabelschacht führten, befand sich eine kleine Stahltüre, die fest verschlossen war. Mit Hilfe eines im Raum befindlichen Trennschleifers und dem vorhandenen Netzanschluss aus der Steckdose eines Schaltschranks, gelang es Christian bei den handwerklichen Tätigkeiten den Riegel am Türrahmen der Stahltüre zu durchtrennen. Dabei kam es während der Ausübung der Arbeit zu einem regelrechten Funkenflug, der beinahe sämtliche Elektroleitungen auf einer darunter führenden Kabelpritsche zum Schmoren brachte. Nachdem der Riegel am Schloss durchtrennt wurde, löste sich wie von selbst die nun offenstehende Stahltüre von dem eingemauerten Stahlrahmen. Da offensichtlich keine weitere Gefahr für ein Fortkommen bestand, stiegen beide durch die nun offene Stahltüre, wobei sie unmittelbar darauf aus einer dunklen Ecke heraus in die Tiefgarage des Bankhauses gelangten. Alles war ruhig und still, denn keiner hatte irgendetwas bemerkt. Nach einer kurzen Verschnaufpause in der mit Neonlicht beleuchteten Tiefgarage des Bankhauses kletterten Charlotte und Christian über eine halboffene Ladeklappe in einem der dort abgestellten Transportfahrzeuge. Anschließend versteckten sie sich unter einer Plane aus grünem Webkunststoff. In der Hoffnung, dass der Fahrer des Fahrzeugs recht bald zurückkommt, harrten sie dort unentwegt aus. Es dauerte noch eine schier endlos lange Ewigkeit, bis der Fahrer des Fahrzeugs endlich daherkam und den Motor startete und seine zwei Insassen auf der hinteren Ladefläche unbemerkt ans Tageslicht beförderte. Vorbei an den Absperrungen der Uniformierten, die draußen vor den Toren eine lang gezogene Kette um das Bankgebäude bildeten.

      Das Sonnenlicht der Maisonne blendete geradezu, als beide einen kurzen Blick über die offene Plane zum Horizont wagten. Bei einem anschließenden Halt an einer Ampelkreuzung bei Rot sprangen Charlotte und Christian von der Ladefläche des Fahrzeugs auf den Straßenasphalt, was für höllisches Entsetzen im nachfolgenden Verkehr sorgte. Vielleicht fünfzig Meter von der Straße entfernt, befand sich eine kleine Imbissstube, die interessanterweise direkt gegenüber einer Polizeiwache lag, wo beide zur Einkehr eintrafen. Zwei Polizisten in Zivil saßen an einem der Tische und bestellten je einen Kaffee.

      >>Hast du was gehört von den Ausschreitungen im Bankenviertel?<<, fragte der dicke Polizist seinen Gefährten.

      >>Ja, habe ich. Meine Kollegen sind noch dort vor Ort<<, entgegnete der andere.

      >>Du, ich glaub da gab es eine Schießerei mit einem Toten<<.


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