La Fontaines Fabeln. Jean de la Fontaine

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La Fontaines Fabeln - Jean de la Fontaine


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Bündels und der Jahre Last gedrückt,

       Geht schwanken Schritts fürbaß, tief seufzend und gebückt;

       Sein Hüttlein hätt' er gern erreicht, bevor er rastet.

       Jetzt kann er nicht mehr fort, und tränenfeuchten Blicks,

       Die Bürd' ablegend, denkt er seines Mißgeschicks.

       Was bot an Freuden ihm bisher sein ganzes Leben?

       Kann's einen Ärmern wohl als ihn auf Erden geben?

       Oft keinen Bissen Brot und nimmer Ruh noch Rast,

       Weib, Kind, der Steuern und der Einquartierung Last,

       Frondienst und Gläub'ger ohn' Erbarmen –

       des Jammers vollstes Bild zeigt alles dies dem Armen.

       Er ruft den Tod herbei; der ist auch gleich zur Stell'

       Und fragt, womit er dienen sollte.

       »Ach, bitte« spricht er »hilf mir schnell

       Dies Holz aufladen! Das ist alles, was ich wollte!«

       Tod heilt alle Erdennot;

       Aber Leben ist nicht minder

       Schön, und: »Besser Not als Tod«

       Denken alle Menschenkinder.

      Einer in dem unbequemen

       Alter, wo vom Lebensherbst,

       Dunkles Haupt, du grau dich färbst,

       Dachte dran, ein Weib zu nehmen.

       Sein Geldsack war sehr schwer,

       Und daher

       Auch manche Frau bemüht, ihm zu gefallen;

       Doch just darum beeilt sich unser Freund nicht sehr –

       Gut wählen ist das Wichtigste von allen.

       Zwei Witwen freuten sich am meisten seiner Gunst,

       'ne Junge und 'ne etwas mehr Betagte,

       Doch die verbesserte, durch Kunst,

       Was schon der Zahn der Zeit benagte.

       Es schwatzt und lacht das Witwenpaar,

       Ist stets bemüht ihn zu ergötzen;

       Sie kämmen manchmal ihn sogar,

       Um ihm den Kopf zurechtzusetzen.

       Die Ältre raubt dann stets ihm etwas dunkles Haar,

       Soviel davon noch übrig war –

       Viel gleicher dünkt sie sich dadurch dem alten Schatze.

       Die Junge zieht mit Fleiß ihm aus das weiße Haar;

       Und beide treiben's so, daß unsres Graukopfs Glatze

       Bald gänzlich kahl – da wird ihm erst sein Standpunkt klar.

       »Viel Dank, ihr Schönen, euch!« spricht er. »Wie gut auch immer

       Ich von euch geschoren bin,

       Hab' ich doch davon Gewinn;

       Denn an Heirat denk' ich nimmer.

       Welche ich nähm', stets ging's, wollt' ich nicht ew'gen Zank,

       Nach ihrem, nicht nach meinem Kopfe.

       'nen Kahlkopf nimmt man nicht beim Schopfe!

       Für diese Lehre nehmt, ihr Schönen, meinen Dank.«

      Gevatter Fuchs hat einst in Kosten sich gestürzt

       Und den Gevatter Storch zum Mittagbrot gebeten.

       Nicht allzu üppig war das Mahl und reich gewürzt;

       Denn statt der Austern und Lampreten

       Gab's klare Brühe nur – viel ging bei ihm nicht drauf.

       In flacher Schüssel ward die Brühe aufgetragen;

       Indes Langschnabel Storch kein Bißchen in den Magen

       Bekam, schleckt Reineke, der Schelm, das Ganze auf.

       Doch etwas später lädt der Storch, aus Rache

       Für diesen Streich, den Fuchs zum Mahl auf seinem Dache.

       »Gern!« spricht Herr Reineke »da ich nach gutem Brauch

       Mit Freunden nie Umstände mache.«

       Die Stunde kommt; es eilt der list'ge Gauch

       Nach seines Gastfreunds hohem Neste,

       Lobt seine Höflichkeit aufs beste,

       Findet das Mahl auch schon bereit,

       Hat Hunger – diesen hat ein Fuchs zu jeder Zeit –

       Und schnüffelnd atmet er des Bratens Wohlgerüche,

       Des leckern, die so süß ihm duften aus der Küche.

       Man trägt ihn auf, doch – welche Pein!

       In Krügen eingepreßt, langhalsigen und engen;

       Leicht durch die Mündung geht des Storches Schnabel ein,

       Umsonst sucht Reineke die Schnauze durchzuzwängen.

       Hungrig geht er nach Haus und mit gesenktem Haupt,

       Klemmt ein den Schwanz, als hätt' ein Huhn den Fuchs geraubt,

       Und läßt vor Scham sich lang' nicht sehen.

      Ihr Schelme, merkt euch das und glaubt:

       Ganz ebenso wird's euch ergehen.

      Die Fabel hier und ihre Spitze zielt

       Auf jene Narren, die stets Reden halten.

      Ein Knäblein, das am Seine-Ufer spielt,

       Fiel in den Fluß. Des Himmels gnädig Walten

       Fügt, daß ein alter Weidenbaum, der hart

       Am Ufer stand, des Kindes Rettung ward.

       Indes das Kind den Weidenzweig mit Bangen

       Erfaßt, kommt ein Schulmeisterlein gegangen.

       Das Kind schreit: »Hilfe! Hilf! Ich muß vergehn!«

       Auf sein Geschrei bleibt der Magister stehn,

       Und mit dem Pathos eines Advokaten

       Schilt er den Kleinen: »Seht den Fratzen doch,

       Wohin durch seine Dummheit er geraten!

       Um solchen Schelm soll man sich kümmern noch!

       Die armen Eltern, deren Pflicht im Leben,

       Auf solch Gesindel immer acht zu geben!

       Sie haben wahrlich einen schweren Stand!«

       Sprach's, und drauf setzt den Kleinen er ans Land.

      Viel gibt's der Art, wenn auch mit andrem Namen:

       Der Schwätzer, Splitterrichter, der Pedant,

       Die wohl ihr Bild erkannt in diesem Rahmen –

       Unzählbar sind sie wie des Meeres Sand,

       Gesegnet hat der Schöpfer ihren Samen.

       Die Sorte denkt nur stets zuerst daran,

       Der Rede Künste zu entfalten.

      Erst rette, Freund, mich aus der Not, und dann,

      Dann magst du deine Rede halten!

      Hühnchen


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