La Fontaines Fabeln. Jean de la Fontaine

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La Fontaines Fabeln - Jean de la Fontaine


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       Sie zum Juwelier hinüber:

       »Glaube, sie hat hohen Preis,

       Doch das kleinste Körnchen Mais

       Wäre mir bei weitem lieber.«

       Eine Handschrift inhaltreich

       Erbt' ein Dummkopf, bringt sogleich

       Sie zum Antiquar hinüber:

       »Wertvoll, hör' ich, soll sie sein,

       Doch der kleinste Talerschein

       Wäre mir bei weitem lieber.«

      Am Werk erkennt den Meister man.

      Ein Honigzellchen war einst herrenlos; Hornissen

       Hatten es an sich gerissen,

       Bienen machten Anspruch dran.

       Vor eine Wespe kam der Streit, die sollt' ihn schlichten;

       Allein es ward ihr schwer, nach Fug und Recht zu richten.

       Die Zeugen sagten, daß sie um die Zelle her

       Geflügeltes Getier, das braun und länglich wär'

       Und summte, oft bemerkt. Das sprach wohl für die Bienen;

       Allein was half's, da die Kennzeichen ungefähr

       Auch den Hornissen günstig schienen?

       Die Wespe wußte nun erst recht nicht hin und her,

       Und sie beschloß, aufs Neu' die Sache aufzuklären,

       'ne Schar Ameisen noch zu hören.

       Umsonst! Denn alles blieb, wie's war.

       »Auf diese Art wird's nimmer klar!«

       Sprach eine Biene, eine weise

       »Sechs Monde schleppt sich schon der Streit im alten Gleise,

       Und wir sind weiter um kein Haar.

       Will sich der Richter nicht beeilen –

       's ist höchste Zeit! – verdirbt der Honig uns einstweilen;

       Am Ende frißt der Bär ihn gar!

       Erproben drum wir jetzt, ohn' Advokatenpfiffe

       Und Krimskrams der Juristenkniffe,

       Nur durch die Arbeit unsre Kraft!

       Dann wird sich's zeigen, wer von uns den süßen Saft

       In schöne Zellen weiß zu legen.«

       Durch der Hornissen Weig'rung war

       Gar bald ihr Unrecht sonnenklar;

       Der Bienen Schar gewann den Streit von Rechtes wegen.

      O würde jeder Streit doch nur auf diese Art

       Entschieden und, wie man im Morgenlande richtet,

       Nach dem Buchstaben nicht, nein, nach Vernunft geschlichtet!

       Was würd' an Kosten dann gespart,

       Statt daß mit endlosen Prozessen

       Man jetzt uns zur Verzweiflung treibt!

       Wozu? Die Auster wird vom Richter aufgegessen,

       Indes für uns die Schale bleibt.

      Die Eiche sprach zum Schilf: »Du hast,

       So scheint mir, guten Grund, mit der Natur zu grollen:

       Zaunköniglein ist dir schon eine schwere Last;

       Der Windhauch, der in leisem Schmollen

       Des Baches Stirn unmerklich fast

       Kräuselt, zwingt dich den Kopf zu neigen,

       Indes mein Scheitel trotzt der heißen Sonne Glut,

       Gleich hoher Alpenfirn, und nicht des Sturmes Wut

       Vermag mein stolzes Haupt zu beugen.

       Was dir schon rauher Nord, scheint linder Zephir mir.

       Ja, ständst du wenigstens, gedeckt von meinem Laube,

       In meiner Nachbarschaft! Dann, glaube,

       Gern meinen Schutz gewährt' ich dir,

       Du würdest nicht dem Sturm zum Raube.

       So aber stehst am feuchten Saum

       Des Reichs der Winde du in preisgegebnem Raum.

       Sehr ungerecht an dir hat die Natur gehandelt!«

       »»Das Mitleid«« sagt das Rohr »»das plötzlich dich anwandelt,

       Von gutem Herzen zeugt's; doch sorge nicht um mich!

       Glaub', minder drohet mir als dir der Winde Toben;

       Ich bieg', ich breche nicht. Bis heut zwar hieltst du dich

       Und standst, wie furchtbar sie auch schnoben,

       Fest, ungebeugt an deinem Ort.

       Doch warten wir es ab!«« Kaum sprach sie dieses Wort,

       Da, sieh, am Horizont in schwarzer Wolke zeigt sich

       Und rast heran, ein Sturmesaar,

       Der Schrecken schrecklichster, den je der Nord gebar.

       Fest steht der Baum, das Schilfrohr neigt sich.

       Der Sturm verdoppelt seine Wut

       Und tobt, bis er entwurzelt fällte

       Den, dessen stolzes Haupt dem Himmel sich gesellte,

       Und dessen Fuß ganz nah' dem Reich der Toten ruht.

      Zweites Buch

      1. Gegen die Krittler

      Gefiel's Kalliope, mir die Gaben zu verleihen,

       Die ihren Freunden sonst sie zur Verfügung stellt,

       Den Lügen des Äsop wollt' mein Talent ich weihen;

       Denn Lüg' und Poesie sind freundlich stets gesellt.

       Mich wollte der Parnaß mit solcher Gunst nicht schmücken,

       Die diesen Dichtungen verliehe höhern Glanz.

       Kühn zwar ist das Bemühn, doch nicht unmöglich ganz –

       Ich wage den Versuch, mag's Bessern besser glücken.

       Ausstattete bisher gar neu und wundersam

       Mit Red' und Gegenred' ich kühnlich Wolf und Lamm;

       Noch mehr: es wandelten bei mir, wie ihr gelesen,

       Sich Bäum' und Pflanzen um in sprachbegabte Wesen.

       Wer, frag' ich, leugnete hier eines Zaubers Spur?

       »Ja« hör' ich unsre Krittler sagen

       »Wes du dich rühmest als Bravour,

       Sind ein paar Kindermärchen nur!«

       So wollt Geschichtliches ihr aus der Vorzeit Tagen,

       Und zwar in höherm Stil? Hört zu: »Der Troer Heer

       Hatt' in zehnjähr'gem Kampf um ihrer Festung Türme

       Die Griechen mürb' gemacht, die trotz der tapfern Wehr,

       Trotz aller Schlachten, aller Stürme

       Noch immer nicht zerstört die Stadt voll Glanz und Pracht;

       Da barg ein hölzern Roß – Minerva hat's erdacht –

       Ein seltnes Kunstwerk ohnegleichen,

       Den listigen Ulyß in seinen breiten Weichen,

       Den tapfern Diomed, des


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