Das Elfenbeinkind. Henry Rider Haggard
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Henry Rider Haggard
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Allan gibt Schießunterricht
2. Kapitel Allan macht eine Wette
5. Kapitel »Die Bona fide Goldmine«
6. Kapitel Lord Ragnalls Geschichte
7. Kapitel Die Begegnung in der Wüste
8. Kapitel Durch die Wüste zu den schwarzen Kendah
9. Kapitel Allan wird gefangen
13. Kapitel Der Bewohner der Höhle
14. Kapitel Hans stiehlt die Schlüssel
15. Kapitel Das Heiligtum und der Eid
16. Kapitel Die Gesandtschaft des König Simba
17. Kapitel Allan Quatermain schießt vorbei
1. Kapitel
Allan gibt Schießunterricht
Jetzt will ich, Allan Quatermain, jene Erlebnisse erzählen, welche vielleicht zu den seltsamsten Abenteuern zu rechnen sind, die mir im Verlaufe eines kaum zahm oder langweilig zu nennenden Lebens zugestoßen sind.
Neben vielem anderen wird vom Kriege gegen das Volk der »Schwarzen Kendah« und vom Tode Janas, seines Elefantengottes, die Rede sein. Oft habe ich darüber nachgedacht, ob diese Kreatur nicht etwas anderes und mehr gewesen sei als nur ein riesenhaftes, waldbewohnendes Ungetüm. Scheint das unwahrscheinlich? Ist so etwas nicht möglich? Nun, der Leser wird sich selbst sein Urteil bilden.
Ebenso wird ihm die Religion der »Weißen Kendah« merkwürdig genug vorkommen. Die Angehörigen dieses Stammes wollen im Besitz gewisser magischer Kräfte sein, und über diese Kräfte will ich nur das eine bemerken: wenn sie überhaupt existierten, so waren sie jedenfalls nicht unfehlbar. Schon ein einziges Vorkommnis mag dies beweisen: Hârut und Mârut waren auf Grund einer Weissagung der festen Überzeugung, daß ich, und zwar ausschließlich ich, Jana zu töten imstande wäre; und das war ja auch der Grund, weshalb sie mich einluden, ins Kendahland zu kommen. Dennoch war es zuguterletzt mein Diener Hans, der ihn tötete. Um ein Haar wäre ich bei dieser Expedition ums Leben gekommen ...
Doch ich will die Spannung des Lesers nicht unnötig steigern und der Reihenfolge nach meine so sonderbaren Erlebnisse berichten.
Ich wohnte für ein paar Tage während eines kurzen Aufenthaltes in England bei meinem alten Freunde Scroope, oder eigentlich bei seiner Verlobten und deren Angehörigen in Essex. Während meines Besuches wurde ich einmal mitgenommen, um einen noch schöneren Wohnsitz anzusehen; ein prächtiges altes Kastell mit gemauerten Tortürmen. Es war mit vollendeter Kunst restauriert und in einen luxuriösen modernen Wohnsitz umgewandelt worden. Wir wollen es »Ragnall« nennen, nach dem Schloß eines Barons dieses Namens.
Ich hatte schon allerlei über Lord Ragnall gehört. Den Berichten zufolge mußte er so etwas wie ein Universalgenie sein. Er sollte ein selten schönes Äußeres besitzen und durch Geist und Witz glänzen – seinen Doktor habe er cum laude gemacht – daneben sei er ein großer Sportsmann – Führer des »Oxford-Bootes« beim Universitätsrennen – ein hervorragender Schütze, der in Indien Tiger und anderes Großwild jagte. Überdies ein vielversprechender Politiker, dessen Reden im Oberhause Aufsehen erregt hatten. Hinter dem Pseudonym des Autors eines vielgekauften Gedichtbandes verberge sich niemand anders als der Lord selbst. Dann gelte er als trefflicher Soldat und schließlich als Mann von gewaltigem Reichtum, der außer großen Gütern eine Reihe von Kohlengruben und eine ganze Stadt im Norden von England besaß.
Als die Liste der Reichtümer zu Ende war, meinte ich: »Vielleicht ist er in der Liebe unglücklich?«
»Gerade hierin hat er das allergrößte Glück!« antwortete die junge Dame, mit der ich sprach, die Braut Scroopes, Fräulein Manners. »Er ist mit einer Dame verlobt, die geradezu das lieblichste, süßeste und klügste Mädchen von ganz England sein soll, und die beiden beten einander an.«
»Da soll's mich nicht wundern, wenn das Schicksal gegen Lord Ragnall und seine vollkommene Liebste etwas ausheckt.«
Und wirklich sollte ich mit meiner Ahnung rechtbehalten ...
Als ich am nächsten Morgen gefragt wurde, ob ich mir einmal die Sehenswürdigkeiten von Schloß Ragnall anzusehen wünsche, sagte ich gern zu.
Wir hatten in der klaren frostigen Dezemberluft eine schöne Fahrt. Beim Eintreffen hörten wir, daß Lord Ragnall irgendwo im Park beim Schießen wäre, Herr Scroope seinem Freunde aber selbstverständlich das Schloß zeigen könne. So begaben wir drei – Fräulein Manners hatte uns in ihrem Ponywagen herüberkutschiert – uns ins Schloß. Der Pförtner führte uns zum Hauptportal und übergab uns dort einem anderen Menschen, den er Herrn Wild nannte, – dem Kammerdiener Seiner Lordschaft, wie er mir ins Ohr flüsterte.
Ich merkte mir den Namen, weil ich den Eindruck hatte, daß noch niemals jemand weniger »wild« ausgesehen hatte als dieser Herr. Seine Kleidung – er trug einen schwarzen Morgencutaway – war fehlerlos, seine Manieren gewählt, höflich bis an die Grenze der Ironie, aber mit einem Schimmer von hochmütigem Stolz im Hintergrunde. Sein Gesicht mit seiner feinen Nase und, den Falkenaugen war interessant, und die Spur von Kahlheit über der Stirn kam nur dem Gesamteindruck zugute. Sein Alter mochte etwa zwischen Fünfunddreißig und Vierzig liegen, und die Art und Weise, wie er mich meines Hutes und Stockes beraubte, bewies mir die Entschlossenheit seines Charakters. Wahrscheinlich, so überlegte ich, hält er mich für einen etwas gefährlichen Menschen, der die Gemälde oder die Kunstgegenstände mit seinem Stock beschädigen könnte. – Da er nicht wußte, unter welchem Vorwand er mir den Stock allein abverlangen solle, verfiel er auf den Ausweg, mich auch um den Hut zu erleichtern.
Später einmal bestätigte mir Herr Samuel Wild selbst diese meine Mutmaßungen. Er habe in Anbetracht meines ein wenig ungewöhnlichen Äußeren gedacht, ich könnte einer von jenen gefährlichen Leuten sein, von denen er in den Zeitungen soviel las, nämlich ein »Hanarchist«. Ich schreibe