Bern ... und seine Geheimnisse. Peter Baumgartner
Читать онлайн книгу.Als einzige simple Antwort auf diese Feststellung ging Philippe durch den Kopf, dass genügend Whisky-Konsum dem Ganzen vielleicht Abhilfe schaffen konnte. Jedoch ganz so einfach konnte es dann wohl auch wieder nicht sein.
Aber was konnte sonst der Grund für die Ausbreitung sein? – Ein gezieltes «Streuen» an Industriestandorten, zeitlich gestaffelt und in unterschiedlicher Dosierung? – Auch diese Erklärung mochte Philippe nicht wirklich überzeugen, wenngleich er sie nicht gänzlich ausschliessen wollte.
Komischerweise kamen ihm abermals Irland und Schottland in den Sinn.
Was hatten diese beiden Länder gemeinsam? Irland galt als Hochburg für künstliche Intelligenz und Schottland durfte wohl Gleiches für ‘Industrial Biotechnology’ in Anspruch nehmen.
Namhafte Firmen wie Ingenza, Unilever oder Ineos haben in Schottland Fuss gefasst. Insgesamt hat Schottland über 110 Firmen “at the core of their business strategy”. Überdies präsentierte sich Schottland als idealer Partner “for Industrial biotechnology activity with access to fantastic facilities and academic expertise”.
https://www.lifesciencesscotland.com/key-subsectors/industrial-biotechnology
All dies liess schon aufhorchen. – Sowohl Irland, als auch Schottland hatten sich im Verlauf der letzten Jahre zu eigentlichen «Epizentren» der Technologie entwickelt. Dies war im Grunde genommen ja nicht schlecht; in falschen Händen hingegen schon.
Philippe beendete seinen Spaziergang und er kam gedanklich müde nach Hause. Enrico hatte nicht allzu viel von seinem Herrchen gehabt; dieser war gedanklich ganz woanders als er, aber was soll’s: Spass gemacht hatte es alleweil.
Philippe gesellte sich zu Deborah und er fragte sie nach ihrem Befinden. «Ja, es geht mir gut, aber ich bin schon ein wenig betrübt. Alle Ideen und Wünsche ‘unserer Kinder’ sind ins Stocken geraten und das stimmt mich schon traurig.» Mit «unserer Kinder» meinte Deborah auch Michelle und Danielle. - So war sie.
Beide, Deborah und Philippe, gingen danach zu Bett und sie hofften, dass die «Normalität» sie schon bald wieder einholen werde.
Am nächsten Morgen ging es darum, den Besuch von Rouven und seiner Freundin vorzubereiten. Das Haus musste noch ein wenig aufgeräumt werden, aber ansonsten war alles in Ordnung.
Philippe freute sich auf den Besuch und er bedauerte einzig, dass Marvin dem Essen nicht beiwohnen konnte. Wie schon gesagt, musste er seinen Pflichten nachkommen und die waren für ihn nicht nur immer angenehm. – Das Essen sollte dieses Mal recht bescheiden sein: Rindfleisch mit Gemüse, Kartoffeln und Salat.
Pünktlich um 1200 Uhr trafen die beiden ein. Die Begrüssung fiel – wie nun üblich – à la «Social Distancing» aus, und der Kontakt war anfänglich ebenso. Glücklicherweise wendete sich dann das Blatt, und Cynthia, wie die Freundin von Rouven heisst, wusste doch so einiges zu berichten.
Cynthia war eine begnadete «Dessertköchin», der man so schnell nichts vormachen konnte. Ihre Kuchen, Cookies und Torten konnte man nur rühmen. Als Pâtissière war sie einsame Spitze! Auch sonst war Cynthia eine sehr sympathische Frau, die mit beiden Füssen auf dem Boden stand. Sie war nicht nur sehr hübsch, sondern auch äusserst charmant und einnehmend. – Rouven durfte sich glücklich schätzen mit ihr zusammen sein zu dürfen.
Cynthia erzählte, dass man auch in diesen schwierigen Zeiten nach vorne blicken müsse und sie wolle sich einen Traum erfüllen. Sie habe an ihrem Wohnort eine Lokalität gefunden, die sie sich hierfür zu Nutze machen wolle. Es handle sich dabei um ein einfaches Verkaufslokal, jedoch frisch restauriert, welches mit geringem Aufwand in ein Bistro umgewandelt werden könne. Die Voraussetzungen hierzu seien gegeben, und sie wolle die Chance nutzen, dort ihrer Passion – dem Herstellen und Vertreiben von feinen, süssen Sachen – nachzuleben.
Rouven runzelte zwar ein wenig die Stirn, fand die Idee aber gleichwohl interessant, und er unterstützte seine Freundin voll und ganz. Auch Philippe fand die Idee toll und er hatte bereits einen Namen für das Bistro: «Tarte Moosseezienne». – «Für mich bist du dann ‘Madame la tarte Moosseezienne’», und alle mussten lachen.
Auch Deborah fand die Idee grossartig und sie sicherte Cynthia bereits zu, ihr nach Wunsch behilflich zu sein; sei dies im Ausschank, bei der Bedienung oder sonst wo.
Cynthia war glücklich ob den Reaktionen und sie konnte es kaum erwarten, ihr Projekt zum Leben zu erwecken. Der Mietpreis für die Lokalität war annehmbar und die Ideen für die Umsetzung waren schon so weit gediehen, dass dem Ganzen eigentlich nur noch das Corona-Virus entgegenstand.
Alle vier genossen in der Folge das Mittagessen und es schmeckte in der Tat äusserst gut. Auf jeden Fall rühmten alle den Koch, und dieser fühlte sich geschmeichelt. Den anschliessenden Kaffee oder Tee konnten die vier auf der Terrasse geniessen; das Wetter war entsprechend einladend.
Auch Rouven wusste mit Neuigkeiten aufzuwarten. Er wolle im nächsten Jahr im Rahmen seines Studiums ein Auslandsemester einschalten und er habe dafür Madrid im Auge. Seine bisherigen Abklärungen seien alle im ‘grünen Bereich’, womit dem Ganzen eigentlich nichts entgegenstehen sollte. – Auch hier galt es natürlich Covid-19 im Auge zu behalten, aber bis dann hofften alle, dass sich die Lage – trotz der Tragik – wieder einigermassen normalisiert haben werde.
Früher als erwartet stiess Marvin doch noch dazu und er schätzte es sehr, dass man ihm einen Extrateller zur Seite gestellt hatte. Er verspeiste sein Essen mit Genuss und Freude, und in der Folge wurde rege im Kreis der Familie diskutiert. – Natürlich drehte sich das Gespräch wieder um das aktuelle Geschehen … in der Schweiz und auf der ganzen Welt.
Philippe verfiel erneut ins Grübeln und er wollte der Sache tiefer auf den Grund gehen, wenngleich er davor einen gewissen Respekt hatte.
Sabrina
Rouven, Cynthia und Marvin gingen schon bald wieder ihren Beschäftigungen nach, und so hatte Philippe Zeit, seine Gedanken zu ordnen. Deborah gefiel dies gar nicht, wusste sie doch nur allzu gut, dass wenn Philippe sich in etwas hineingesteigert hatte, er kaum noch «zu retten» war.
Nichtsdestotrotz wollte Philippe «schlauer» werden und er überlegte sich, wie er dies anstellen könnte. Mit Freddy hatte er schon gesprochen, aber dieser konnte ihm – entgegen den bisherigen Erfahrungen – in dieser Sache – zumindest bis anhin – auch nicht weiterhelfen. Wer könnte ihm sonst noch Informationen liefern oder ihm auf die Sprünge helfen? Vielleicht Bernard mit seinen Beziehungen in Südfrankreich … oder Louis (die Kanaille)? – Louis war für ihn bislang immer eine gute Adresse gewesen, aber irgendwie war es für Philippe noch zu früh, ihn bereits jetzt schon anzugehen. Auch wusste er sowieso nicht, wie er ihn erreichen könnte.
Auf einmal kam ihm eine Idee. – Er wollte Sabrina kontaktieren. Sabrina wohnte ja bekanntlich in Irland und somit hatte er einen Ansatzpunkt für seine «Theorie», dass die beiden Länder Irland und Schottland irgendetwas mit der ganzen Sache zu tun haben könnten. Damit meinte er selbstverständlich nicht die Länder selber, sondern allenfalls missliebige Personen auf den beiden Inseln.
Philippe liess in der Folge Deborah an seinen Überlegungen teilhaben und er war gespannt auf ihre Reaktion. Deborah hatte in allen Fragen eine eigene Meinung, die zumeist nicht falsch und stets interessant war. So auch hier. – Ihren kriminalistischen Spürsinn hatte sie im Verlauf der Jahre geschärft und dies war vielleicht das Ergebnis des jahrelangen Gedankenaustausches mit Philippe. Oft hatten sie sich nächtelang Gedanken über aktuelle Kriminalfälle gemacht, und Deborah wusste zumeist wieder neue Ansätze in die ins Stocken geratenen Ermittlungen