Ja, so ist das Leben, eben.. Erik Kejser
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Ein ganz schlauer Unteroffizier hatte die Idee, das Sprungübungsgelände neu einzuzäunen. Wozu hat man schließlich junge, kräftige Männer, die Betonsteher zuerst ausgraben, dann mit einem Stahlseil und LKW rausreißen können. Mir war von Anfang nicht wohl bei diesem Unternehmen. Wir hatten den zwanzigsten Betonsteher ausgegraben, befestigten das Stahlseil und gaben das Kommando.
Der GMC riss an und das Seil ab. Es zischte einen Meter neben meinem Kopf vorbei und schlug in die Plane des LKW´s ein, zerschnitt Holzaufbau und Metallteile wie Papier. Das Unternehmen wurde sofort abgebrochen und natürlich vertuscht. Wir durften zurück in die Kaserne, zur Beruhigung der Nerven. Ich betrachtete eingehend meinen Kopf im Spiegel.
Das Jagdkommando zog ab, Sportler kamen und gingen. Eine Leichtathletikstaffel aus Ghana lief grundsätzlich nur nackt in der Kaserne herum. Vermutlich waren sie es von zu Hause gewöhnt, oder sie wollten mit ihren Negerschwänzen „einedrahn“. Sie hatten die Rechnung ohne unseren Wachtmeister gemacht. Der hatte nämlich echt ein Riesengerät. Jedes Mal wenn sich die Schwarzen im Waschraum aufhielten, kam auch er angetrabt, hellweiß, nackt, das Handtuch lässig über die Schulter.
Ich glaub ich bin ein leichter Rassist.
Die Nächsten zur Grundausbildung rückten ein. Einige eingeschüchtert, andere überheblich. Mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Irgendwie freuten wir uns, dass ihnen in Kürze „der Oasch aufgriß´n wird“. Doch vor einigen Tagen war ein Grundwehrdiener (Wandel) in der Lobau zu Tode geschliffen worden. Offiziell Herzinfarkt. Mit achtzehn. (Das war der Auslöser der Diagnosestraßen, erspart so Manchen Rekruten bis heute einiges.) Unsere Kommandanten lasen kopfschüttelnd, Rundschreiben. Der erste Tag verlief mit Belehrungen, nächster Tag Morgensport – Gehen(!). Das Sturmgewehr fassten sie nach zehn Tagen aus. Wir staunten und konnten es nicht fassen. Vermutlich stand es um die allgemeine Wehrpflicht zu dieser Zeit nicht zum Besten. Als wir ihnen erzählten, was wir durchgemacht hatten meinten sie: „Geh, geh, des Bundesheer is a Obezahrerverein des was eh a jeder.“ Das war zu viel. Wir stutzen sie ordentlich zurecht, anschließend wurden wir von den Offizieren zurechtgestutzt. Dieser Jahrgang hatte Narrenfreiheit, ich eine ordentliche Ausbildung. Wo bleibt der Feind?
Nach vier Wochen das erste Scharfschießen der Youngsters. Die MGs wurden Gott sei Dank eingezogen, die Burschen erschossen sich ja mit dem Sturmgewehr fast selbst. Trefferquote : Zehn. (Dioptrien) Aber immer schön die „Goschn“ offen. Nach der Anstrengung natürlich ausgiebige Pause bis zum Nachtschießen. Zwei Wehrmänner bekamen den Auftrag vor der Zielscheibe Benzin auszugießen. Einer der Deppen stolperte und tränkte sich selbst mit Benzin. Am liebsten hätte ich eine Zigarette auf ihm entsorgt. Das geringe Benzin erhellte die Scheiben nur dürftig, egal sie trafen sowieso nicht. Uns wurde das ganze langsam zu blöd. Mein Funkgerätpartner Korporal Hans G., ein Superkerl, wieder ein Tiroler, sang mir einige urige Volksweisen ins Ohr, worauf ein Offizier meinte: „Draht´s des Radio o.“ Hans saß im Bunker direkt unter den Zielscheiben, gab Treffer, oder auch nicht durch und klebte die Zielscheiben auf neuwertig. Ich: „Hansi, sag´ eine Zahl.“ „Acht.“ Ich: „Danke, steht schon da.“
Wir einigten uns, dass er seine Lottozahlen durchgab, in einer Stunde war der Spuk erledigt und alle zufrieden. Unsere Dioptrienheinis wurden sehr gelobt.
Nach sechs Wochen wurden sie nach Wien verlegt und erzählten jedem der es nicht hören wollte, sie hätten eine Jagdkommandoausbildung absolviert. Unsere Unteroffiziere besannen sich, dass sie uns weiter schikanieren sollten und setzen, Ende Oktober, eine viertägige Übung in Allensteig durch. Übungsannahme: Jagdkommandoüberfall auf ein Waldviertler Dorf. Real nachträglich gesehen, eine Wiedersehensfeier alter Jagdkommandokumpels, mit lustigen Saufeinlagen.
Wir duften sogar unsere Tarnanzüge anziehen, doch kurz vor Abmarsch, fühlte ich mich immer seltsamer. Ich borgte mir einen Fieberthermometer, über achtunddreißig Grad Fieber! Glaubt dir eh keiner, also rauf auf den LKW. Der kalte Oktoberwind pfiff durch die GMC-Plane und ich kam mit dem Zähneklappern nicht nach.
Das Dorf bestand aus zwei Häusern und einem Stall, Einwohner die „Wiener Elitesoldaten“. Temperatur um den Gefrierpunkt, mir ging es immer schlechter, doch zum aufwärmen sofort ein Erkundungsmarsch. Mir rann der salzige Schweiß in Strömen übers Gesicht, Orientierung gleich null. Natürlich fanden wir das Jagdkommandolager nicht, unser „Führer“ war ja selbst einer der „Feinde“.
Abends Quartier beziehen im aufgelassenen Kuhstall, Abendessen zwei Heeresschmalzbrote und Tee. Da meine Kehle ziemlich ausgetrocknet war beschloss ich im Feldgeschirr etwas Tee für die Nacht aufzubewahren. Aber sofort Sicherungsdienst bis zwei Uhr Nachts. Ich erhielt ein Walky-Talky. „Ihr Kennwort ist Sperling, meines in der warmen Stube, - Adler.“ Na, logisch. Als ich in die finstere Nacht hinaus wankte gab mir einer der „Elitesoldaten“ den Tipp:“ Die kommen durch den Schornstein, paß auf!“ Fiebrig meinte ich: „Gusch.“
Ich kauerte mich ein eine nasse Wiesenmulde und viertelstündlich meldete ich: „Adler an Sperling, falsch, Sperling an Adler, keine besonderen Vorkommnisse.“ Um zwei krächzte ich das letzte Mal: „Khhana do.“ Endlich Ablösung. Im Kuhstall setze ich mich auf meine Weltkriegsmatratze, schnäuzte mich ordentlich und hüllte mich in meine Decke. Ein Schluck Tee wäre auch noch angebracht. Leider musste ich feststellen, dass ich mein Papiertaschentuch im Feldgeschirr entsorgt hatte.
Phh. Raus damit! Saufen. Wurscht. Gute Nacht.
Sinnlos herumkoffern.
Am vierten Tag Abmarsch zum zwanzig Kilometer entfernten Sammelplatz, mit Großrucksack. Wir marschierten eine Waldlichtung entlang, die Sonne ging auf und der Raureif funkelte im Waldviertel. Ich hatte das Fieber im rauem Waldviertler Klima rausgeschwitzt und war wieder topfit. Bei der Übersetzung des Kamps zog mich der schwere Rucksack dermaßen zurück, dass ich um ein Haar in den Fluss gestürzt wäre. Ein Kamerad absolvierte dieses Kunststück. So leicht kann man krank werden.
Die letzten Kilometer, die LKWs glänzten in der Sonne und ich fühlte mich wie Gott Sohn. Man sieht, auch mit kleinen Sachen, kann man Arbeiterkindern Freude machen.
Ein kleiner Ausflug in die Wiener Neustädter Innenstadt kann fatale Folgen haben.
Drei neue Kameraden und meine Wenigkeit beschlossen uns einige Biere in der City zu genehmigen. Einer hatte einen akzeptablen großen Volvo, der uns zum Bierkeller beförderte. Nach zwei Bieren, damals mehr als genug, sahen wir ein – es is nix los. Durch die übermächtige Bundesheerpräsenz wurden die Mädchen nach zwanzig Uhr wahrscheinlich eingekerkert. Andreas G. (Andy) und ich wollten mangels anderer Möglichkeiten zurück in die heimatliche Kaserne. Die Anderen phantasierten im Bierfieber vom großen „Aufriss“. Also zu Fuß, ca. sechs Kilometer retour. Auf halber Strecke erblickten wir den wunderschönen Volvo vor einem Lokal, Andys Schlussfolgerung: „Die Schweine wollten uns nicht mitnehmen!“ Er gab dem Rückspiegel einen leichten „Klaps“, worauf dieser etwas fad nach unten hing. Ich wollte ihn wieder befestigen, als ich im scharfen Ton vernahm: „Jetzt hom´ma de G`fraster endlich, de wos de Autos beschädigen!“ Ein Polizist hatte mich am Arm gepackt, Andy meinte: „Seid´s depat?“ Ab in den Streifenwagen. Andy, Matura nicht geschafft (die er später nachholte), war sofort ein rotes Tuch für die Beamten. O-Ton: „Wenn ich so an Sohn hätte…..“ „Gott sei Dank sind sie nicht mein Vater!“ Sie forderten das Überfallskommando mit Schutzweste, MP, Stahlhelm an. Die schneidigen Burschen fragten uns erstaunt: „Seid´s scho nach Waffen durchsucht worden?“
Andy die Lage verkennend: „Die Pump Gun haben wir schon abgegeben.“ Am Kommissariat eskalierte die Situation. Ich versuchte zu beruhigen, wurde aber aus dem Zimmer gewiesen. Am Gang verfolgte ich das Gespräch, Tendenz, Lautstärke steigend. Auf einmal ging die Türe auf, Andy wurde in Handschellen in die Arrestzelle geschleift. Das zweite Bier zeigte bei mir Wirkung: “Ohne meinen Freund geh´ich nicht, es Arschlöcher!“ Ein Beamter kam freundlich auf mich zu und haute mir eine in den Magen und schmiss mich aus dem Kommissariat. „Morgen bist froh darüber!“
Ich trat gegen die Türe, aber langsam dämmerte es mir, dass er Recht hatte. Am nächsten Morgen, Standeskontrolle: “Wehrmann G., leider eingesperrt.“ Sein Vizeleutnant wurde blass, ließ aber anschließend seine Beziehungen zur Polizei