Ja, so ist das Leben, eben.. Erik Kejser

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Ja, so ist das Leben, eben. - Erik Kejser


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richtig zu arbeiten begonnen, planten Charly und ich schon den ersten wohlverdienten Urlaub. Charly, ein wirklich fescher Junge, der früher rechnen als schreiben konnte. Später als Börsenmakler mit sechzig Millionen Alpendollar in den Konkurs bzw. Ausgleich. Einige Mille dürfte er sich aber seinerzeit reserviert haben. Er ist auch heute nicht arm. Sie waren die besten Börsenhändler der Girozentrale, kündigten drei Mann hoch, und machten sich selbständig. Nebenbei legten sie das Händlernetz der Giro lahm. Als ersten Abschreibeposten kaufte sich jeder einen 500er Mercedes. Bei einem Kameradentreffen bei einem soliden Wirten, meinte er am Telefon gestresst: „Kum ja eh glei!“

      Ich dachte unterschwellig, wo ich am besten seinen Cermedes testen solle. Als er mit einiger Verspätung eintraf – Wall Street Panier entledigt – mit Pullover und Jean und dem alten Honda Civic seiner Frau, fragte ich mich, ob das nicht etwas zu viel Understatement ist. Aber so waren wir. Freunde, denen es widerstrebte sich wichtig zu machen.

      Mein Haus, meine Yacht, mein Auto. Scheiß drauf.

      Kurz bevor sein Konkurs bevorstand, hatte ich von Freunden das Gerücht vernommen. Als ich ihn anrief kam ich mir ziemlich blöd vor:

      „Euch geht’s geschäftlich nicht besonders,…….hab’ ich g’hört?“ Ein dumpfes aber lautes: „Naa.“ Im Hintergrund die totale Hektik.

      „Ich bin a bisserl im Stress…..(Pause)….,hast du nicht bei mir einen Haufen Geld angelegt?......abheben, abheben!“ Tatsächlich hatte ich Testweise fünfzigtausend Schilling bei ihm angelegt, die er in drei Monaten mehr als verdoppelte. Ich entfernte mich unauffällig aus der Firma und gab Gummi zur Bank. Alles noch da, der kleine „Haufen“. Typisch Charly, vielleicht hätte er damit den Konkurs noch abwenden können.

      Mit diesem feschen Jungen plante ich aber erst einmal Winterurlaub.

      Wir entschieden uns für Südtirol, wegen der Exotik. Die Länderbankgirls probten den Aufstand, da Urlaubsanspruch nach Zugehörigkeit entschieden wurde. Ich ließ die Damen links liegen und klopfte rechts bei unserem Prokuristen an die Tür:

      “Südtirol, herrlich, die Seiser Alm im Herbst, ein Blumenmeer! Aber jetzt liegt ja Schnee. Natürlich können’s fahren. Vierzehn Tage? Sehr gut.

      “ Tschüß Länderbankschlampen!“

      Abfahrt Südbahnhof, Mitternacht, Umsteigen in Innsbruck, weiter nach Bozen. Eigentlich Tirol, aber wenn du dich nach dem Bus nach St.Ulrich, im Grödnertal erkundigst, triffst du nur Scheiß-Itaka. Bus weg – Bozenbesichtigung, fünf Stunden Aufenthalt. Wir lernten zwei nette Bolznerinnen kennen und balzten so lange mit ihnen, dass wir den nächsten Bus auch bald versäumt hätten. St.Ulrich, wieder Mitternacht, stockdunkel, kein Hund auf der Straße. Sogar die Disco musste per Gesetz um zwölf Uhr dichtmachen. (Wir sahen sie auch von innen nicht, einfach zu Müde.)

      Wir schleppten unsere Reisetaschen plus Ski eine Stunde durch die Gegend bis wir unsere Pension fanden. Wir klingelten unsere Gastgeber aus den Federn, die meinten: „Presto, Presto!“ „Nix Prosecco, wir sind in Österreich.“

      Dieses wunderbare Land bei Italien, im Geiste sah ich einige Hochspannungsmasten explodieren. Wie gehabt.

      Nächsten Tag konnten wir es kaum erwarten das Skigebiet zu erkunden. Bei der Sella Ronda Tour fährs’t den ganzen Tag wie ein „Narrischer“ (kein Lift zweimal) und bist froh das du vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause bist.

      Um meinen Prokuristen später unterhalten zu können, entschieden wir uns für die Seiser-Alm. Angeblich die Größte Hochalm Europas, der Welt. Ich muss zugeben ich war beeindruckt. Das ganze im Herbst muss traumhaft schön sein. Gott sei Dank lag Schnee. Wir entdeckten eine anspruchsvolle Piste mit gemütlicher Hütte und beschlossen hier zu bleiben. Der Liftwart, gleichzeitig Hüttenwirt, meinte nach kurzer Zeit:“ Es pickt’s jo am Schnee. Wart’ a bißl, i waxl eichas.

      Wir stellten die Ski auf. Das ist Service. Frag’ heute einen Liftboy und du fährst mit der letzten Lawine ins Tal. Mittags, bevor wir um die Speisekarte fragen konnten, sagte er:

      “Heit gibt’s Bratwürstl mit Sauerkraut.“ Auch gut. Sogar sehr gut.

      Beim zahlen:

      „Es jungen Bersch’n hobt’s e ka Göd, zahlt’die Hälfte. Is gnua. Oba….. im Almhotel is heit a kloan’s Fest’l. Mindestens zwanzig Deutsche Weiba alanig. Kimmt’s mit der letzten Gondel aufe, i hol eich mit da Schneekatz ob (Scooter) und führ eich in da Nocht obe ins Tal. Ha!“

      Unglaublich, diese Gastfreundschaft, - wir waren Wiener. Vielleicht lag es daran, dass ich am Mittagstisch mich dahingehend äußerte: „Es gehörten viel mehr Hochspannungsmasten in die Luft gesprengt! Und die ganzen Carabiniere dazu.“

      Und ich meinte es ernst.

      Aber wir sind erst den ersten Tag im Grödnertal und zu müde für einen Aufriss, vielleicht später. Könnte sein wir hätten in dieser Nacht ein Privatfeuerwerk an Strommasten bewundern können. Schön blöd.

      Die nächsten Tage fuhren wir, dass der Belag glühte. Charly im weißen Skipullover mit den rasanten Ärmelstreifen, fror zugunsten der Erscheinung elendig. Auf einem, etwa einhundert Meter langem Abfahrtsstück hatte die Sonne den Schnee exekutiert. Wir beschlossen „Schuss“ übers Gras. Ich fuhr leicht auf den Kanten. Kein Problem. Bei Charly ruckte es ein Wenig und auf den letzten Metern färbte sich sein Pullover waldbodenbraun. Den ganzen Abend verbrachte er im Schonwaschgang. Pullover auf die Heizung und nächsten Tag durfte er schon wieder weiter frieren.

      Abends aßen wir in einem SB-Restaurant fast jeden Tag eine Gulaschsuppe (perfekt), dazu ein dunkles Konditionsaufbaubier. Spätestens um zehn konnten wir die Augen nicht mehr bändigen. Doch an diesem Tag lernten wir ein neugieriges deutsches Mädel kennen. Sie begleitete uns in unsere Pension und Charly meinte:“ Na, wir werden ja sehen, was sich ergibt.“ Wir hatten eine winzige Flasche Grappa und wollten die Stimmung heben, als es sie, nach dem zweiten Schluck vom Sessel haute, haarscharf an der Bettkante vorbei. Charly, leicht durchsichtig im Gesicht steckte sie in den Anorak, stellte sie vor die Tür und drehte den Schlüssel um.

      Vierzehn Tage in diesem Traumskigebiet, ohne Ruhetag. Ich war reif zumindest für den C-Kader. Obwohl die Sonne selten schien waren wir gesichtsmäßig Luis Trenker mehr als ebenbürtig. Das hatte angenehme Auswirkungen in Wien. Die Mädchen sprachen mich sogar in der Straßenbahn mit seichten Aufrisssprüchen an. „Bist du der Mister X?“ Das kommt raus wenn Mädchen die Initiative ergreifen wollen. Impertinent. Aber ein gutes Gefühl.

      Auf jeden Fall Weltreise zurück nach Wien, wir schworen uns, das nächste Mal mit Auto.

      Konditionsmäßig war ich perfekt, ein Vorteil beim Militär, wie es sich bald schon herausstellen sollte.

      Sieben Monate Länderbank AG, davon zwei Monate Urlaub. Finde ich fair.

      Ich nützte jeden Sonnenstrahl um mein Bergbauerngesicht zu erhalten. Die Mädchen dankten es mir.

      Am ersten April (!?) rückte ich in die Maria Theresienkaserne zur Heeres-Sport und Nahkampfschule, HSNS, ein. Mit zwanzig Schilling für zwei Leberkäs Semmeln. Alle meine Freunde erzählten mir: „Hols’t dir’s Gwand, am Abend gehs’t z’haus.“

      Fast. Gewand fassen, rauf am GMC (Lkw) und ab nach Wiener Neustadt. Ohne Geld, Waschzeug, Rasierapparat. Kein Mensch wusste wo ich bin, nicht einmal ich. Unsere Ausbilder, fast alle ehemalige Jagdkommando Soldaten (vergleichbar mit den US-Marines, nur besser).

      Am Abend der erste Eklat. Wir duschten, schlenderten zwanglos nur mit Handtuch bekleidet, den Gang entlang, als ein Unteroffizier uns erblickte. Volle Militärdröhnung: „ Wos is, kennt’s net grüßen!“ Einige ließen vor Schreck das Handtuch fallen, salutierten ungelenk. Ein Bild für Götter. „Guten Abend, sagt man! Na, mit euch wer ma no viel Spaß haben.“ Die Einschüchterung funktionierte perfekt. Kollektivstrafen (alle für einen, einer für alle), taten ihr übriges. Wenn ich heute über Schikanen beim Bundesheer höre, kostet das mich einen Zweisekundenlächler. Zur Ehrenrettung muss aber gesagt werden, dass die Ausbilder (fast) alles mitmachten. Gesunde Härte hat noch niemanden geschadet, man flucht, überlegt


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