Ja, so ist das Leben, eben.. Erik Kejser

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Ja, so ist das Leben, eben. - Erik Kejser


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Aufheiterung, lädt uns ein Fan zur Silvesterfeier ein. Einem Mädel scheine ich sehr zu gefallen. Gaby ist bildhübsch, schwarzhaarig und richtig nett. Bei einer langsamen Nummer schmusen wir, ich bin glücklich. Nächsten Tag rufe ich sie zwecks Date an, sie hat keine Zeit.

      Einige Jahre später heiratet sie unseren eher unsportlichen Gitarristen. Ich verstehe die Welt nicht mehr. (Heute schon.)

      Am nächsten Samstag spielte unser Schlagzeug-Cousin in der „Koralle“, ein uns unbekanntes Zuhälterlokal, wobei wir, schon aus Solidarität nicht fehlen durften. Eine Profi-Commerz-Combo, nicht vergleichbar mit den beiden Edelgitarristen. Aber es waren hübsche Mädels da, vermutlich Nutten, was mich veranlasste, als meine Freunde sich verabschiedeten, mir noch ein zweites Bier zu bestellen. Um Mitternacht folgte ein kurzer Wortwechsel an der Bar, worauf der „Gast eine Flasche Whisky nach der „Thekenschlampe“ warf, die sich duckte und der Chivas Regal den Spiegel zerkleinerte. Ich beschloss zu zahlen und mir bewusst zu machen, dass keine Straßenbahn mehr fuhr.

      Porzellangasse Richtung Schweizerpark, das ist durch halb Wien. Plus zwei sündteure Exportbiere intus. Als ich den Kleiststeg im dritten Bezirk erreichte, dachte ich an eine Gebirgskette.

      Das reduzierte Schuhprofil betrachtend, dachte ich mir: Wieso gibt es in diesem scheiß Wien keinen Nachtautobus, oder so was ähnliches?“

      Ich bin stolze siebzehn. Letzter Schikurs – Zauchensee. Ein Traumskigebiet, Traumwetter und dazu noch Fasching, plus drei deutsche Mädchenklassen in unserer Herberge. Erste Blickkontakte, doch die Germanenproffesorin achtet auf ihre vermutlichen Jungfrauen. Charly und ich, braungebrannt, lange Haare und im Alice Cooperlook geschminkt, haben uns in einer Hütte unauffällig ein Bier reingezogen.

      Wir sind bereit eine hundertjährige Eiche auszureißen.

      In unserem Stiegenhaus hocken einige Mädchen auf der Treppe und bemühen sich einer Gitarre die Griffe eines Songs abzuluchsen. Ich frage ganz bescheiden: „Darf ich mal?“ Zufälligerweise hatte ich mir dieses Liedchen kurz vorher solomäßig eingelernt. Ich fiedelte es flott herunter und die Mädchen dachten der junge Eric Clapton steht vor ihnen. Ihre Professorin war weniger begeistert und löste das Popkonzert auf.

      Worauf mich die Mädels samt Gitarre in Ihr Zimmer zogen. Nach zehn Minuten kam sie, durch meine Gitarrenklänge angelockt, wieder angetrabt. „Nein, das geht so nicht!“ „Bitte, bitte Frau Professor.“ Die Alte muss ein Alice Cooper Fan gewesen sein. „Na gut eine halbe Stunde.“

      Vermutlich dachte sie: „Acht Mädchen vergewaltigen, dass schafft nicht einmal ein Wiener.

      Bei den Treppenhaushapenings der nächsten Tage kristallisierte es sich schnell heraus. Charly hatte Inge, eine blonde deutsche Jungnutte und ich Roswitha, rotbraune Haare, die einzige Frau die ich in meinem Leben vermutlich geliebt habe. Im Hauseingang habe ich sie das erste Mal geküsst, wenn ich mich richtig erinnere, sie war die Sanftheit pur. Die Tage vergingen im Zeitraffer. Skifahren war zur Nebensache degradiert, wir freuten uns auf den Abend.

      Am Tag der Abreise machten die Mädels einige Erinnerungsphotos, natürlich auf der Treppe, wobei sich so ein Querbraterarschloch zu uns mogelte, natürlich chancenlos. Als sie mir die Photos später zuschickte, hatte sie auf der Rückseite sanft vermerkt: „Ich liebe nur Dich.“

      Als die Mädchen bereits abgefahren waren bemerkte ich, dass Charlys Skistock etwas verbogen war. Die ganze Nacht im Skistadl, eiskalt: „Ich biege ihn gerade.“ „Nein!“ Klack. Aber was ist das schon, wenn man bedenkt, was heutzutage ein Flugzeugträger kostet, bzw. die vielen Briefe die mir Roswitha geschrieben hat. Richtige Liebesbriefe, keine E-Mail.

      Es entwickelte sich also ein reger Briefverkehr. (Sollte sich ändern) Nachdem sie uns die Abschiedsbilder geschickt hatten, (besitze ich heute noch) vereinbarten wir, sie zu Ostern zu besuchen. Spontane Aktion – Westbahnhof, schon saßen wir im Zug Richtung Augsburg. Die fünf bis sechs Stunden vergingen relativ schnell mit unserem Filmstarlett, wie einige Seiten vorher schon erwähnt. Die Jungnutte verzupfte sich ja schon in München. Von Augsburg bis Donauwörth – Regionalzug, etwa einhundert Kilometer, mindestens zwei Stunden. Na ja.

      In Donauwörth angekommen quartierten wir uns in der Jugendherberge ein. Vorauskasse. Anschließend riefen wir die Mädels an und Rosi freute sich einen Hax’n aus und erklärte uns, ihre Eltern holen uns ab und wir können im Haus schlafen. Vermutlich um alles unter Kontrolle zu haben, oder sie hatten noch nie einen Ösi gesehen. Wir meinten, nicht notwendig, wir kraftstrotzenden Österreicher gehen zu Fuß. Destination – Felsheim, ca. sechs Kilometer, zehn Häuser. Die bereits bezahlten Deutschmark für die Herberge bekamen wir auch nicht zurück und als uns auf freiem Felde zwei Phantomjets im Tiefflug überflogen waren wir schon etwa sauer. Aber wir wurden herzlich empfangen und der ganzen Verwandtschaft weitergereicht. Einmalig bayrisches Abendessen und ab in die Falle. Jeder hatte sein eigenes Zimmer, Rosi benutzte ihres aber nicht. Zwar nicht finalisiert, doch ich merkte immer mehr, diese Frau ist etwas Besonderes.

      Wir hatten jede Menge Spaß und sie mit uns, z.B., Karl Valentin im TV,

      ich meinte: „Endlich ein Wiener im Programm!“ Sie erklärten uns, das ist das Münchner Original. Ich konnte es lange nicht glauben und war der Ansicht, der einzige Unterschied zwischen Bayern und Österreich ist die Farbe der Autokennzeichen, oder, als wir fragten , wie lange die Militärmanöver noch andauern, wir meinten die ziemlich häufigen Kanonenabschüsse, erklärten sie uns, das ist der Überschallknall der Phantomjets. Die kleinen Kinder in der Umgebung müssen senkrecht im Schlafzimmerkasten geschlafen haben.

      Am Ostersonntag wollten sie Verwandte im Schwäbischen besuchen. Charly und ich waren natürlich auch eingeladen. Schließlich waren wir herzeigbare Exoten. (Charlys Freundin hatte sich allerdings kein einziges Mal blicken lassen) Auf der Schnellstraße touchierten wir seitlich, unglaublich, mit einem anderen Auto. Unglaublich – ein Wiener. Er sprang aus dem Auto und schrie: „ De Piefke kennan net amoi Auto fohrn!“ Ich ging auf ihn zu und erklärte ihm im breitesten Wiener Dialekt: “ I glaub‘ du bist a biß’l depat. Du bist auf unsa Spur umekuma. Bist eingschlof’n ?“

      Der Weana Bazi war fertig: „Na ja ich fahr doch schon ziemlich lange.“ Wir begutachteten die Autos und da beide hundertvierzig gefahren waren hatten die Seitentüren nicht einmal einen Kratzer. Beeindruckt setzte sich mein „Schwiegervater“ sich wieder hinters Lenkrad.

      Angekommen, mussten wir, über eine im Bau befindliche Gartenmauer steigen. Charly meinte verschmitzt: „Nach dir Rosi.“ „Nein, du zuerst Charly!“ Sie ließ sich nicht unter den Minirock blicken.

      Es gibt wenige Sachen die mich bis heute beeindrucken, diese total Belanglose, ist ein „Glanzlicht“.

      Wir waren der Mittelpunkt des Nachmittages. Ungläubiges Staunen rief z.B. hervor, dass wir mit einem Stockautobus zur Schule fuhren und dass wir eigentlich keine Berge haben. Ich dachte eigentlich nur: „Wann wird es endlich Abend.“

      Charlys Freundin erfand immer neue Ausreden, unglaublich, er war eine Mischung aus Brad Pitt und Charles Bronson. Also interessierte er sich für Roswithas Cousine Tina, eigentlich aber für deren fünfzehnjährige Schwester Conny. Als Tina ein Jahr später bei einem Autounfall in Frankreich mit siebzehn (!) starb war Conny endlich sechzehn. Ich habe seltsame Freunde.

      Auch ich bin etwas seltsam. Nach einer Woche mit dieser wunderbaren Frau freute ich mich, dass Charly zu mir sagte: „Fahr’n wir dann endlich?“

      Roswitha machte uns zwei perfekte Speckbrote, die sie liebevoll in blaue Servietten einpackte.

      Am Bahnhof küssten wir uns ein letztes Mal und versprachen uns sofort zu schreiben. In Salzburg, mussten wir dieses Mal umsteigen und durch den Zoll. Alle wurden durchgewunken, nur wir zwei Langhaarigen erweckten ihr Interesse. Sie durchsuchten penibel unsere Reisetaschen und wurden fündig: „Blau eingepackt, es Hasch, liab.“ Unseren Einwand das sind Speckbrote ließen sie nicht gelten: „ Aufmoch’n! Nau geh, des san jo Speckbrot.“

      Ich beherrschte mich, wir wollten ja den Anschlusszug erwischen. Nach kurzem Sprint merkte Charly, dass sein Interrail-Ausweis aus dem Pass verschwunden war. Wieder retour. Die Zollbeamten grinsend: „Wir


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