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Читать онлайн книгу.sie als anmutig und gut gewachsen, lebhafte Augen und schöne schwarze Haare habe und dass sie sich ausgesprochen höflich und manierlich benommen habe. Da Maria Adelaide noch zu jung war, wurde sie zunächst nicht verheiratet und von ihrem künftigen Gemahl ferngehalten. Sie besuchte zur weiteren Ausbildung die von Madame de Maintenon 1684 gegründete Mädchenschule Maison Royale de Saint-Louis in Saint Cyr bei Versailles. Zum gesetzlich frühestmöglichen Zeitpunkt (7. Dezember 1697) fand sodann die Hochzeit der gerade erst 12-jährigen zukünftigen Dauphine mit dem Herzog von Burgund, dem ältesten Sohn des Grand Dauphin, mit großem Prunk in Versailles statt. Die Braut trug dabei ein silbernes, mit Rubinen übersätes und mit einer 8 Meter langen Schleppe versehenes Kleid.
Die Ehe wurde wegen der Jugend der Braut vorläufig noch nicht vollzogen. Ludwig XIV. lebte durch die kindlichen Späße Maria Adelaides sichtlich auf. Bis zu ihrem Tod war sie der erklärte Liebling des alternden Königs, den sie ständig zu unterhalten und aufzuheitern verstand. Bald konnte Maria Adelaide auch die Madame de Maintenon für sich einnehmen, die sie vertraulich als „matante“ anredete. Sie genoss in Versailles Freiheiten wie kaum ein anderes Mitglied der königlichen Familie. Der König zog sie sogar seinem Enkel vor. Sie berichtete ihrer Familie häufig brieflich über ihr außerordentlich freundschaftliches Verhältnis zu dem König, das dessen uneheliche, aber legitimierte Töchter ärgerte.
Die Gattin Ludwigs XIV., Maria Theresia, war bereits 1683 gestorben, und nun war Maria Adelaide trotz ihrer Jugend für den König die First Lady seines Hofs. Bei repräsentativen Akten durfte sie die Rolle der Königin übernehmen. In Versailles bewohnte sie die Prachtgemächer der verschiedenen Königin, die nach ihrem Geschmack renoviert wurden und im gleichen Stockwerk wie jene des Königs und der Madame de Maintenon lagen.
Das Elternpaar Ludwig XV., Maria Adelaide und ihr Gatte, der Herzog von Burgund, nahmen schließlich ein normales Eheleben auf und bekamen drei Söhne:
Ludwig, 1. Herzog der Bretagne (* 25. Juni 1704, † 13. April 1705)
Ludwig, 2. Herzog der Bretagne (* 8. Januar 1707, † 8. März 1712)
und letztlich den Vielgeliebten.
Ludwig XIV. war über die Geburt der Söhne sehr zufrieden, schien doch damit die Nachfolge gesichert.
Maria Adelaide liebte Schmuck und Vergnügungen, nahm an zahlreichen Bällen, Jagden, Spielen und Banketten teil und war oft der Mittelpunkt des von ihr bezauberten Hofes. Sie teilte überhaupt nicht die extrem religiösen Neigungen ihres Gatten und bemerkte einmal zu Ludwig XIV., dass, wenn sie vor ihrem Gemahl stürbe und danach wieder auf die Erde zurückkehren könnte, ihn mit einer Klosterschwester verheiratet fände.
Sogar auf dem Feld der Politik wagte Maria Adelaide Witze zu reißen und fragte Madame de Maintenon eines Abends in Anwesenheit Ludwigs XIV., warum England unter einer Königin besser regiert werde als unter einem König, und antwortete sich selbst, weil das Land unter einem König von Frauen regiert werde und unter einer Königin von Männern. Damit spottete Maria Adelaide auch über die Ranküne der heimlichen Gattin Ludwigs XIV. Dennoch belustigte sich der König an ihrer etwas boshaften Bemerkung.
Die junge Herzogin von Burgund suchte durch ihren Einfluss auf Ludwig XIV. ihre politischen Feinde, die sich um ihren Schwiegervater, den präsumtiven Thronfolger, scharten, in Schach zu halten. Ihre größte Gegnerin war die Gräfin Louise Françoise de Bourbon, eine legitimierte Tochter Ludwigs XIV. von dessen ehemaliger Mätresse Madame de Montespan. Die Gräfin von Bourbon suchte ihre Tochter Louise Élisabeth de Bourbon mit dem Herzog Charles von Berry, dem jüngsten Sohn des Grand Dauphin, zu verheiraten, der aber auf Betreiben Maria Adelaides vielmehr 1710 Gatte von Marie Louise Élisabeth de Bourbon-Orléans, der ältesten Tochter des Herzogs Philipp II. von Orléans, wurde. Durch Maria Adelaides Einfluss fiel auch der französische Feldherr Louis Joseph, Herzog von Vendôme in Ungnade.
Die Mutter
Der Vater
Maria Adelaide nahm oft an politischen Beratungen teil und war in viele bedeutende Staatsgeheimnisse und Beschlüsse eingeweiht. Laut dem französischen Historiker Charles Pinot Duclos soll sie ihr Wissen missbraucht haben, indem sie ihrem Vater alle für ihn interessanten Informationen mitteilte. Dies sei nach ihrem Tod aufgrund der Durchsicht ihrer Briefe ans Tageslicht gekommen. Dementsprechend soll Ludwig XIV. gegenüber der Madame de Maintenon geäußert haben, dass ihn das „kleine Frauenzimmer“ getäuscht habe.
Als der bisherige Thronfolger, der Grand Dauphin, am 14. April 1711 an den Windpocken starb, rückte sein Sohn, der 29-jährige Herzog von Burgund, zum Kronprinzen und dessen Gemahlin Maria Adelaide zur Dauphine auf, eine Stellung, die sie nur zehn Monate innehaben sollte. Denn 1712 brach eine Masernepidemie aus, und sowohl der Herzog als auch die Herzogin von Burgund erlagen dieser Krankheit, ebenso ihr ältester noch lebender Sohn, der fünfjährige Herzog der Bretagne. Maria Adelaide erkrankte im Schloss Fontainebleau, wo der Hof gerade Station machte, und starb am 12. Februar 1712 in Versailles. Kurz vor ihrem Ableben soll die erst 26jährige Dauphine, auf ihre Vergänglichkeit, auch im Gedächtnis des Versailler Hofes, anspielend, zur Herzogin von Guise gesagt haben: „Auf Wiedersehen, schöne Herzogin. Heute Dauphine, morgen nichts, übermorgen vergessen.“
Ihr sie innig liebender Gatte, der sich bei ihr angesteckt hatte, starb nur sechs Tage später, am 18. Februar, in Marly-le-Roi. Maria Adelaide wurde am 23. Februar gemeinsam mit ihrem Gatten in der Basilika Saint-Denis beigesetzt. Der kleine Herzog der Bretagne starb am 8. März 1712.
Nach dem plötzlichen Todes seiner Eltern und seines älteren Bruders wird der kleine Ludwig aufgrund der Primogenitur zum Dauphin ernannt.
Die Primogenitur ist ein Erbfolgeprinzip, nach dem nur der Erstgeborene das Erbe antritt und alle anderen Geschwister ausgeschlossen bleiben. Die Primogenitur galt vor allem in Monarchien für die Bestimmung des Thronfolgers. In der Regel konnten dabei nur Söhne die Erbfolge antreten; Töchter waren entweder ganz ausgeschlossen (Lex Salica) oder wurden gegenüber den Söhnen zurückgesetzt. Die Primogenitur sicherte den ungeteilten Bestand eines Erbes, im Falle eines Regenten also die Fortdauer einheitlicher Herrschaft über das bestehende Territorium. Je mehr in der frühen Neuzeit Herrschaftsgebiete funktionell und nach dem Selbstverständnis der Herrschaftsinhaber zu einem Staat wurden, desto erstrebenswerter wurde dieses Ziel. Die Primogenitur ließ die Geschwister des Erben ohne Versorgung aus der Erbmasse. Man half dem teilweise ab, indem man ihnen kirchliche Pfründen zukommen ließ. Nach der Reformation verloren die protestantischen Länder diesen Behelf. Indem die jüngeren Geschwister eine geistliche Position übernahmen, fielen sie auch als Zeuger legitimer, erbberechtigter Kinder aus. Sofern also der Erstgeborene bei der Fortpflanzung „versagte“, drohte die Familie auszusterben. In solchen Fällen wich man dann oft vom Hausrecht ab, in dem Primogenitur niedergelegt war, um die Fortdauer der Familie zu sichern.
Der Herzog von Anjou, nunmehr der letzte überlebende Dauphin in direkter Linie, hatte also innerhalb von wenigen Tagen sowohl seine Eltern als auch seinen letzten Bruder verloren. Diese Ereignisse und deren Folgen haben in der Psyche, im Charakter und im späteren Verhalten Ludwigs tiefe Spuren hinterlassen. Sein zartes Alter und seine angegriffen erscheinende Gesundheit waren Anlass für durchaus begründete Befürchtungen für die zukünftige Nachfolge auf dem Thron Frankreichs.
Wahrscheinlich verdankte der Herzog von Anjou seine glückliche Genesung dem entschiedenen und intuitiv richtigen Verhalten seiner Gouvernante. Während sich in den kritischen Tagen ein Stab von sieben Hofärzten um den mit dem Tod ringenden älteren Bruder, den Thronfolger, kümmerte und diesen mit dem damals praktizierten „Allheilmittel“, dem „Aderlass“, und dem Verabreichen von Brechmitteln zusätzlich schwächten, konnten sich die Gouvernante und die übrigen Betreuerinnen des Herzogs von Anjou mit ihrem Zögling in dessen Zimmer einschließen und jede Intervention der Ärzte mit Entschlossenheit verhindern. Sie begnügten sich damit, den kleinen Ludwig warm zu halten sowie ihn mit Zwieback und ein wenig Wein zu ernähren. Vieles spricht für die Annahme, dass sie ihm damit das Leben retteten.
Für Ludwig XIV. waren diese innerhalb so kurzer Zeit erfolgten familiären Todesfälle eine Tragödie. Besonders trauerte er um die verstorbene Dauphine und teilte seinen Kummer auch brieflich König Philipp V. von Spanien mit.
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