Im Bann von covid-19. Peter Wolff
Читать онлайн книгу.Virus über drei, vier Monate hinweg verschwiegen habe. China wiederum wirft der US-Regierung vor, zu langsam auf den Krisenausbruch reagiert zu haben (08).
So ist die Frage nach dem Ursprung des Virus einerseits wichtig für die Entwicklung von Gegenstrategien, aber gleichzeitig auch eine hochbrisante politische Angelegenheit zwischen den Supermächten USA und China.
Andere Spekulationen, Berichte darüber, dass der Erreger womöglich schon früher auch anderswo auf der Welt aufgetreten sein könnte, sind angesichts des medienwirksamen gegenseitigen Anschuldigens der beiden Großmächte beinahe vernachlässigenswert.
So wird das Virus in Brasilien in Abwasserproben aus dem November 2019 und in Italien in solchen aus dem Dezember des Jahres gefunden. Einen noch früheren Fund gibt es in einer Abwasserprobe aus Barcelona aus dem März des Jahres - dieser wird wissenschaftlich jedoch stark angezweifelt.
Die Frage, woher das Virus stammt, ist bislang nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Verschiedene Studien legen eine natürliche Herkunft nah, ein Entstehen im Labor erscheint weniger wahrscheinlich.
Es wird zunächst angenommen, dass es von Fledermäusen stammt und über eine andere Spezies auf einem Markt für Wildtiere und Meeresfrüchte in Wuhan auf den Menschen übergegangen sei (09).
Wie spätere Studien zeigen, dürfte das Virus zwar letztendlich aus China stammen. Es existiert offenbar schon lange in einer für Menschen ansteckenden Form – befiel aber zuvor nur Fledermäuse.
Eine Entstehung im Labor hingegen gilt unter Wissenschaftlern schnell als unwahrscheinlich, weil die RNA, das Erbgut des Virus, keine Spuren einer künstlichen Manipulation aufweist.
Unklar ist aber, wann und wie das Virus die Fähigkeit erlangte, Menschen zu infizieren – und damit zu einer Zoonose wurde, einer Krankheit, die zwischen Menschen und Tieren übertragen werden kann.
Wissenschaftlern aus Shanghai gelingt es schon kurz nach dem Ausbruch, das Erbgut von Sars-CoV-2 zu entschlüsseln. Forscher an der Universität Peking vergleichen dessen Gencode mit jenen verschiedenen potenziellen Wirtstieren.
Die stärksten Ähnlichkeiten gibt es bei Fledermäusen sowie zwei giftigen Schlangenarten (die zubereitet sogar essbar wären). Die Rede ist von der Chinesischen Kobra und dem Vielgebänderten Krait, wen es interessiert...
Die größte genetische Übereinstimmung hat Sars-CoV-2 mit einem Fledermausvirus namens CoV RaTG13. Forscher hatten dieses Virus bereits 2013 bei einer Hufeisennasenfledermaus in der chinesischen Provinz Yunnan entdeckt, 1600 Kilometer von Wuhan entfernt. Die Erbinformation von CoV RaTG13 und Sars-CoV-2 ist zu 96% identisch, was einen gemeinsamen Ursprung der beiden Viren nahelegt.
Allerdings hätten sich diese, so die Wissenschaftler, seit 40 bis 70 Jahren als getrennte Linien weiterentwickelt. Sars-CoV-2 besaß die entsprechenden Gene wahrscheinlich bereits vor der Abspaltung von der anderen Fledermauslinie - also bereits vor 40 bis 70 Jahren. So war das Virus, zumindest in der Theorie, schon lange ansteckend für den Menschen (10).
Chinesische Forscher um Wie Ji von der Universität Peking berichten, dass ihren Analysen zufolge das mutierte Oberflächenprotein durch einen Genaustausch zwischen zwei Viren-Spezies entstand - einer aus Fledermäusen und einer aus noch unbekannter Herkunft.
Das rekombinierte Virus befiel dann möglicherweise zunächst Schlangen, bevor ihm in Wuhan der Sprung auf den Menschen gelang (11). Die Suche nach einem Wirtstier dauert also an.
In jedem Fall ist es nun da, das Virus. Höchste Zeit, sich genauer mit dem ungebetenen Eindringling in unsere scheinbar doch so heile Welt zu befassen.
Coronaviridae ist eine Virusfamilie innerhalb der Ordnung Nidovirales. Die Viren innerhalb der Familie werden (fach)umgangssprachlich Coronaviren genannt, gehören zu den RNA-Viren mit den größten Genomen und können sowohl Tiere als auch Menschen befallen.
Die ersten Coronaviren wurden bereits Mitte der 1960er-Jahre beschrieben. Als Entdeckerin gilt die britische Virologin June Almeida, der 1966 eine Aufnahme mittels Elektronenmikroskops gelang (12).
Die im elektronenmikroskopischen Bild grob kugelförmigen Viren fallen durch einen Kranz blütenblattartiger Fortsätze auf, die an eine Sonnenkorona erinnern und die ihnen ihren Namen gaben (Lateinisch "corona": Kranz, Krone) (13).
Das „Sars-Coronavirus 2“, abgekürzt Sars-CoV-2, gehört zur Gruppe der Coronaviren und wurde zum ersten Mal Ende Dezember 2019 in Wuhan in China festgestellt, was -siehe oben- nicht heißt, dass es dort auch seinen Ursprung nahm. Die durch das Virus hervorgerufene Erkrankung heißt „Coronavirus Disease 2019“, kurz: Covid-19 (14).
04 Wie verläuft eine Corona-Erkrankung?
“Virus = ein lateinisches Wort, das die Ärzte verwenden, wenn sie sagen wollen: Wir wissen es auch nicht “
(Bob Hope, *1903, amerikanischer Komiker)
Nach so vielen Hintergrundinformationen rund um Covid19 kommen wir nun zu einer der wesentlichsten Fragen. Wenn es einen denn, aller Schutzmaßnahmen zum Trotz, doch erwischt – wie verläuft dann eine Corona-Erkrankung?
Das Wichtigste direkt am Anfang: Einen "typischen" Krankheitsverlauf gibt es nicht! So sind auch die Symptome der neuen Lungenkrankheit eher unspezifisch, vielfältig und variieren stark.
Viele Menschen spüren nur leichte Beschwerden, manche bemerken gar keine Krankheitszeichen. Daher lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen zum „typischen“ Krankheitsverlauf machen, vielmehr erweist er sich als sehr unterschiedlich.
Am häufigsten löst die durch das Coronavirus ausgelöste Erkrankung Husten und Fieber aus. Aber auch Kurzatmigkeit, Muskel-, Gelenk- und Halsschmerzen kommen vor. Manche Menschen haben eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen. Mitunter können Patienten auch Kopfschmerzen oder Durchfall haben.
Des Weiteren ist das Auftreten von Krankheitszeichen wie Schnupfen, eine Störung des Geruchs- und/oder Geschmackssinns, Kopf- und Gliederschmerzen sowie allgemeine Schwäche möglich.
Es können also nicht nur die Atemwege, sondern auch andere Organsysteme von einer Infektion mit dem Coronavirus betroffen sein.
Etwa 13% der gemeldeten Erkrankten in Deutschland werden im Krankenhaus behandelt.
Eine Infektion kann völlig ohne Krankheitszeichen bleiben, es sind aber auch Krankheitsverläufe mit schweren Lungenentzündungen bis hin zu Lungenversagen und Tod möglich.
Zu Langzeitauswirkungen und möglichen bleibenden Folgeschäden lassen sich aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes noch keine zuverlässigen Aussagen treffen. Es gibt jedoch Hinweise, dass Erkrankte auch Wochen und Monate nach der akuten Erkrankung noch Krankheitszeichen aufweisen können.
Es wurden bisher verschiedene, allerdings eher selten auftretende Komplikationen und Folgeerkrankungen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung beobachtet.
Erkrankungen der Atemwege: Das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht sehr häufig Infektionen der Atemwege. Daraus kann sich eine Lungenentzündung entwickeln, die meist in der zweiten Krankheitswoche auftritt und die bis zum Versagen der Atem- und Kreislauffunktion fortschreiten kann.
Erkrankungen des Nervensystems: Als neurologische Krankheitszeichen werden Kopfschmerzen, Schwindel und andere Beeinträchtigungen beschrieben, die vermuten lassen, dass das Virus auch das Nervensystem befallen kann. In einzelnen Fällen werden auch entzündliche Erkrankungen des Nervensystems, des Gehirns oder der Hirnhaut beobachtet, die möglicherweise mit der SARS-CoV-2-Infektion in Zusammenhang standen.
Magen-Darm-Beschwerden: Eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann auch mit Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfällen und Leberfunktionsstörungen einhergehen.
Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems: Bei einem Teil der Erkrankten ließ sich eine Mitbeteiligung des Herzens nachweisen. Vor allem bei schweren Infektionen der Atemwege kann es zu Schädigungen und Entzündungen des Herzmuskels,