B wie Beziehungswelt. Dieter Lüders

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B wie Beziehungswelt - Dieter Lüders


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verbunden, mit Verzicht und mit Gewinn. Auf was man verzichten soll, das wird sich im Laufe der Veranstaltung herausstellen. Was man gewinnt, das sollte man sich nicht vorher ausmalen. Ein Ziel zu haben, das stört den Prozess. Man muss hier etwas auf die Natur vertrauen. Man tut irgend etwas, und das Leben reagiert. Auf welche Weise auch immer, aber seltenst ist etwas für die Katz.

      Hat man hohe Ansprüche, dann steht einem eine längere Suche bevor. Sind die Anforderungen gering oder gar nicht vorhanden, einfach ein menschliches Gegenüber zu finden, dann spart man viel Zeit. Wenn ich nur eine Frau hätte, die so und so ist... So bitte nicht denken. Da das Unterfangen, einen Partner zu finden, nicht überschaubar ist, legt man sich überflüssige Eier ins eigene Nest, aus denen bald Überraschungen schlüpfen. Der Vergleich hinkt aber, denn Anforderungen an den Partner sind nur die eine Seite der Medaille. Der Preis für die Erfüllung der eigenen „Begierden“, der kommt gewiss bald auch auf das Tablett. Die Kehrseite, sozusagen.

      Umgekehrt sieht es aber genau so aus. Einen Frosch küssen, das zahlt sich manchmal mehr aus, als wenn man einen Prinzen küsst. Nach einem gemachten Nest zu suchen, das bedeutet so viel wie den eigenen Willen durchsetzen zu wollen. Das hat mehr mit der Suche nach Selbstbestätigung zu tun, als dass es die Suche nach einem Gegenstück ist. Wobei die Bedingung eines Gegenstückes schon erfüllt ist, wenn der Partner dem anderen Geschlecht angehört. Es gibt nur ein wirkliches Kriterium: Selbstherrlich oder nicht.

      Sucht der andere jemanden, der die eigenen Defizite ausfüllt, oder will er nicht mehr alleine sein? Wenn man sich also ganz normal verhält und seinen Interessen, Hobbies und Vorlieben nachgeht, dann befindet man sich schon mal im richtigen Dunstkreis. Auch im Job, in der Kirchengemeinde und wo man sich sonst gerne aufhält. Man ist nah dran an dem Ort, der einem eine Partnerschaft beschert, wenn man nicht zu sehr in die Ferne schweift, denn das Gute liegt so nah.

      Sollte man jedoch dem Schicksal auf die Sprünge helfen wollen, dann gilt es einige Hürden zu überspringen. Schafft man den Sprung nicht ganz, fehlt nur wenig, dann landet man schon auf der Nase. Einige Defizite, vor denen man gefeit sein sollte, die folgen jetzt.

      Oscar Wilde

      Internet

      Es steckt viel Technik hinter dieser Methode der Partnerfindung. EDV. Elektronische Datenverarbeitung. Oder Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe, kurz EVA genannt. Das Internet und die Computer sind eine Maschinerie. Was man vorne hineintut, das kann verarbeitet werden. Irgendetwas kommt dabei hinterher auch wieder heraus. Ganz vorne steht dabei die Eingabe. Meistens muss man seitenweise Fragebögen ausfüllen, Häkchen setzen und Texte einfügen. Viele laden auch noch ein Foto hoch. Oft stecken finanzielle Interessen dahinter. Diese Unternehmen haben wenig davon, wenn man seinen Partner schnell findet. Jahresbeiträge wären besser. Das Hauptinteresse sind gefüllte Abende. Viele sind alleine und wollen es auch bleiben. Jedenfalls so ein bisschen. So richtig binden, das lieber nicht.

      So kann man sich herrlich nach Feierabend in der Menge untermischen, man ist voll mitten drinnen. Und in Wirklichkeit will man seiner Häuslichkeit frönen. Wer wirklich unter Menschen sein möchte, der schaltet keinen Computer dazwischen. Sollte man doch einmal einen intensiveren Kontakt als einen Chat bekommen, dann achte man darauf, dass man im Innersten nicht das Scheitern in sich trägt. Wer sich einem Partner anvertrauen möchte, wer sein altes Leben für ein neues Leben aufgeben möchte, der muss offen an die Sache heran gehen. Nur Fremden, beziehungsweise der globalen Fremdheit, offenbart man sich nicht ohne Vorbehalte. Jeder wird versuchen müssen, sein eigenes Selbstbild, solange es geht, beizubehalten. Selbst nach dem dritten und sogar dem zehnten Treffen wird man mit dem Bild verglichen, das man einst von sich für den anderen gemalt hat. Man hat dem anderen eine Illusion bereitet und fühlt sich verpflichtet, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Alles andere wäre Selbstsabotage, wenn man diese Fäden nicht weiterspinnt.

      Die Frauen machen sich nur deshalb hübsch, weil das Auge des Mannes besser entwickelt ist als sein Verstand.

      Doris Day

      Telefon

      Es kann funktionieren. Es gibt aber auch Telefonnummern, die richtig teuer sind und mehr nicht. Es gibt in Stadtzeitungen und im Videotext gewisse Telefonnummern. Die ruft man an, und man wartet. Es geht nach Zeit. Jede Minute kostet Geld. Und da man mit einer Minute nicht auskommt, kann das richtig teuer werden. Es kann sich am Ende des Monats auf Hunderte von Euro summieren, und man steht immer noch alleine da.

      Es ist also eine sehr teure Form des Beziehungsknüpfens, auch wenn man den Werbesprüchen glaubt, dass es billig sei. Es geht aber nach Minuten. Es gibt billige Nummern, sehr teure und auch welche dazwischen. Man muss sehen, wo man anruft. Und vor allem, wann man anruft. Nicht zu jeder Zeit sind viele Leute auf der Line. Da ist man schnell durch, und der Abend ist herum.

      Abends geht das hauptsächlich. Weil da viele Leute zu Hause sitzen und sich nach einem Partner sehnen. Viele wollen aber auch nur quatschen. Das ist hierbei die Falle. Manch einer ist in einer Beziehung und telefoniert heimlich, weil er oder sie einfach nur Unterhaltung oder Ansporn für die vorhandene Beziehung sucht. Die Lines, wo nur professionelle Zeitschinder zu erreichen sind, davon soll hier gar nicht erst die Rede sein.

      Macht man einen Treffpunkt aus, dann kommt oft niemand. Zu Hause ist es eben doch gemütlich, und wenn man sich mal ausgesprochen hat, dann ist der Drang, jemanden kennen zu lernen, nicht mehr da. Öffentliche Verkehrsmittel sind nachts auch nicht mehr so viele unterwegs. Da sollte man schon mobil sein oder in einer Großstadt wohnen. Möglicherweise bestellen Frauen den Mann in ihre Nachbarschaft, und sie sehen ihn sich erst einmal von weitem an. Am Telefon kann man ja viel erzählen.

      Es gibt nur ein Problem, das schwieriger ist, als Freunde zu gewinnen: sie wieder los zu werden.

      Mark Twain

      Zeitungsinserat

      Es ist gar nicht mal so falsch. Vielleicht sogar ist das ganz gut. Man schreibt einige Worte, jemand liest diese Worte, und er denkt sich dabei etwas. BBB. Brille, Bart, Bauch. Kontaktlinsen, Haaransatz und Feinkostgewölbe. Worte kann man so und so sehen. Man kann sie abkürzen, und, noch schlimmer, man kann sie weglassen. Was da nicht steht, das ist viel. Warum es da nicht steht, das ist entscheidend.

      In abgezählter Menge hat man Platz in einer Zeitung zur Verfügung. Locken will man und soll man. Zuschriften gibt es nur, wie bei jeder anderen Brautwerbung auch, bei vollmundiger Selbstbeweihräucherung. Alle Münzen werden von ihrer schönsten Seite gezeigt. Nachfragen und Zweifel sind unerwünscht. Der erste Briefkontakt oder das Telefonat kommt nur zustande, wenn überhaupt reagiert wurde. Aber wann und vor allem warum wird reagiert?

      Warum bekommt man eine Zuschrift oder mehrere, warum inseriert man? Inseriert wird vor allem, weil man seinen Schmerz in die Welt hinausposaunen möchte. Und es sollen viele vom Herzschmerz erfahren. Und das unter Chiffre. Wer dahinter steckt, das soll aber dann doch lieber niemand erfahren. Auch hier ist es das Normalste der Welt, dass man sich auf der Partnersuche unters Volk mischt, und zwar anonym.

      Sein Gesicht braucht man gar nicht zu zeigen. Es gibt Tageszeitungen, da geht das auch mit einem Foto. Der oder die Richtige zu finden, das scheitert an verschiedenen Dingen. Wer diesen Weg aber weiter beschreitet, der hat entweder Glück gehabt, oder er will einfach gar nicht. Wer seine zukünftige Partnerschaft boykottieren möchte, der sollte Inserate schalten. So kann man jahrelang sich selbst und andere belügen.

      Es fängt schon damit an, dass nicht Hunderte von Zuschriften zurückkommen. Ist der eigene Markwert zu gering, wenn man nur eine Antwort bekommt? Und was ist, wenn kein Foto dabei liegt? Hat dieser Antworter etwas zu verbergen, oder befürchtet er, dass sein Foto morgen im Internet bloßgestellt wird? Zweifel kommen auf, wenn nicht alles nach Wunsch verläuft. Die Handschrift, falls nicht der Computer benutzt wurde, wie lang ist die Zuschrift? Ist das Foto aus besseren Zeiten?

      Man muss schon sehr


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