Weihnachtsmärchen. Charles Dickens

Читать онлайн книгу.

Weihnachtsmärchen - Charles Dickens


Скачать книгу
er eine alte Degenscheide

      gegürtet; aber sie war von Rost zerfressen und kein Schwert

      steckte darin.

      »Du hast meinesgleichen nie vorher gesehen«, rief der Geist.

      »Niemals«, entgegnete Scrooge.

      »Hast dich nie mit den jüngern Gliedern meiner Familie

      »Hast dich nie mit den jüngern Gliedern meiner Familie

      abgegeben; ich meine (denn ich bin sehr jung) meine älteren

      Brüder, die in den vergangenen Jahren geboren worden sind?«

      fuhr das Phantom fort.

      »Ich glaube nicht«, sagte Scrooge. »Doch es tut mir leid, es nicht

      getan zu haben. Hast du viele Brüder gehabt, Geist?«

      »Mehr als achtzehnhundert«, sagte dieser.

      »Eine schrecklich große Familie, wenn man für sie zu sorgen

      hat«, murmelte Scrooge.

      Der Geist der diesjährigen Weihnacht erhob sich.

      »Geist«, sagte Scrooge demütig, »führe mich, wohin du willst.

      Gestern Nacht wurde ich durch Zwang hinausgeführt und mir

      wurde eine Lehre gegeben, die jetzt Wirkung zeigt. Heute bin ich

      bereit zu folgen, und wenn du mich etwas zu lehren hast, will ich

      gern hören.«

      »Berühre denn mein Gewand.«

      Scrooge tat wie ihm geheißen und hielt es fest.

      Stechpalmen, Misteln, rote Beeren, Efeu, Truthähne, Gänse,

      Spanferkel, Braten, Würste, Austern, Pasteten, Puddings,

      Früchte und Punsch, al es verschwand blitzschnell. Auch das

      Zimmer verschwand, das Feuer, der rötliche Schimmer, die

      Zimmer verschwand, das Feuer, der rötliche Schimmer, die

      nächtliche Stunde, und sie standen in den Straßen der Stadt, am

      Morgen des Weihnachtstages, wo die Leute - denn es war sehr

      kalt - eine rauhe, aber fröhliche und nicht unangenehme Musik

      machten, indem sie den Schnee von dem Straßenpflaster und

      den Dächern der Häuser zusammenfegten. Und daneben standen

      die Kinder und freuten sich und kreischten, wenn die

      Schneelawinen von den Dächern herunterstürzten und in

      künstliche Schneestürme zerstoben.

      Die Häuser erschienen schwarz und die Fenster noch schwärzer,

      verglichen mit der faltenlosen, weißen Schneedecke auf den

      Dächern und dem schmutzigeren Schnee auf den Straßen. Dort

      war er von den schweren Rädern der Wagen und Karren in tiefe

      Furchen gepflügt; Furchen, die sich hundert- und aberhundertmal

      kreuzten, wo eine Straße abging, und die in dem dicken, gelben

      Schmutz und halberstarrten Wasser labyrinthische Gerinnsel

      bildeten. Der Himmel war trübe, und selbst die kürzesten

      Straßen schienen sich in einem dicken Nebel zu verlieren, dessen

      schwerere Teile in einem rußigen Regen niederfielen, als hätten

      alle Essen von England s ich auf einmal entzündet und qualmten

      jetzt nach Herzenslust. Es war in der ganzen Umgebung nichts 37

      Heiteres, und doch lag etwas in der Luft, was die klarste

      Sommerluft und die hellste Sommersonne nicht hätten verbreiten

      können.

      Denn die Leute, die den Schnee von den Dächern schaufelten,

      waren lustig und mutwilliger Laune. Sie riefen von den Dächern

      waren lustig und mutwilliger Laune. Sie riefen von den Dächern

      einander zu und wechselten dann und wann einen Schneeball -

      ein Pfeil, der harmloser war als manches Wort - und lachten

      herzlich, wenn er traf, und nicht minder herzlich, wenn er fehlging.

      Die Läden der Geflügelhändler waren noch halb offen und die

      der Fruchthändler strahlten in heller Freude. Da sah man - als

      wären es Westen lustiger alter Herren - große runde,

      dickbäuchige Körbe mit Kastanien an den Türen lehnen oder in

      ihrem apoplektischen Überfluß auf die Straße rol en. Da sah man

      braune, umfangreiche, spanische Zwiebeln, in ihrer Fettigkeit

      spanischen Mönchen gleichend und mutwil ig den Mädchen

      winkend, die vorübergingen und verschämt nach dein

      Mistelzweig schielten. Da sah man Birnen und Äpfel zu

      Pyramiden aufeinandergepackt: Trauben, die der Kaufmann in

      seiner Gutmütigkeit recht augenfällig im Gewölbe hängen ließ,

      daß den Vorübergehenden der Mund gratis wässerte, Haufen

      von Haselnüssen, bemoost und braun, mit ihrem frischen Duft an

      vergangene Streifzüge im Wald durch das raschelnde, fußhohe,

      welke Laub erinnernd, Norfolk-Biffins, fett und kraus, mit ihrer

      Bräune von den gelben Orangen abstechend und gar dringlich

      bittend, daß man sie nach Hause trage und nach Tische esse. Ja,

      selbst die Gold-und Silberfische, die in einem Glase mitten unter

      den erlesenen Früchten standen, schienen zu wissen, daß etwas

      Besonderes los sei, obgleich sie von einem dick- und kaltblütigen

      Geschlecht waren, und schwammen um ihre kleine Welt in

      langsamer und leidenschaftsloser Bewegung.

      Ach die Kolonialwarenläden! Fast geschlossen waren sie,

      Ach die Kolonialwarenläden! Fast geschlossen waren sie,

      vielleicht ein oder zwei Laden vorgesetzt: aber welche

      Herrlichkeiten sah man durch diese Öffnungen! Nicht al ein, daß

      die Waagschalen mit fröhlichem Klingklang auf dem Ladentisch

      rumorten, oder daß der Bindfaden so munter von seiner Rolle

      schnurrte, oder daß die Büchsen blitzschnell hin und her fuhren

      wie durch Zauberei, oder daß der Mischgeruch von Kaffee und

      Tee der Nase so wohl tat, nicht daß die Rosinen so

      wunderschön, die Mandeln so außerordentlich weiß, die

      Zimtstengel so lang und gerade, die andern Gewürze so köstlich,

      die eingemachten Früchte so dick mit geschmolzenem Zucker

      belegt waren, daß der kälteste Zuschauer entzückt wurde; nicht

      al ein, daß die Feigen so saftig und fleischig waren, oder daß die

      Brignolen in bescheidener Koketterie in ihren verzierten Büchsen

      erröteten, oder daß alles so gut zu essen oder so schön in


Скачать книгу