Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V.... William Shakespeare
Читать онлайн книгу.so kann ein viel größrer Kerl, als ich bin, sich den Schnupfen holen. Holla, he! Curtis! –
Curtis kommt.
CURTIS. Wer schreit da so erfroren?
GRUMIO. Ein Stück Eis. Wenn du es nicht glauben willst, so kannst du von meinen Schultern zu meinen Füßen so geschwind hinunterglitschen, als wie vom Kopf bis zum Genick. Feuer, liebster Curtis! –
CURTIS. Kommen denn unser Herr und seine Frau, Grumio?
GRUMIO. Ja doch, Curtis, o ja! Und darum Feuer, Feuer, tu' kein Wasser an! –
CURTIS. Ist sie denn solch eine hitzige Widerspenstige, wie man sagt? –
GRUMIO. Das war sie, guter Curtis, vor diesem Frost; aber du weißt, der Winter zähmt Mann, Frau und Vieh; denn er hat meinen alten Herrn und meine neue Frau gezähmt, und mich selbst, Kam'rad Curtis.
CURTIS. Geh mir, du dreizölliger Geck! Ich bin kein Vieh! –
GRUMIO. Halt' ich nur drei Zoll? Ei was! Dein Horn mißt einen Fuß, und so lang bin ich zum wenigsten. Aber willst du Feuer anmachen? Oder soll ich Klage über dich bei unsrer Frau führen, deren Hand (denn sie ist hier gleich bei der Hand) du bald fühlen wirst, als einen kalten Trost dafür, daß du langsam bist in deinem heißen Dienst? –
CURTIS. Bitt' dich, lieber Grumio, erzähle mir was: wie geht's in der Welt? –
GRUMIO. Kalt geht's in der Welt, Curtis, in jedem andern Dienst als im deinigen; und darum Feuer; Tu', was dir gebührt, und nimm, was dir gebührt: denn unser Herr und seine Frau sind beinahe totgefroren.
CURTIS. Das Feuer brennt, und also nun erzähle was Neues, guter Grumio!
GRUMIO. I nun. Singt. He Hans! Ho Hans! so viel Neues du willst.
CURTIS. Ach geh, du bist immer so voller Flausen.
GRUMIO. Nun also mach' Feuer, denn ich bin auch voller Kälte. Wo ist der Koch? Ist das Abendessen fertig? Ist das Haus gescheuert, Binsen gestreut, Spinnweben abgefegt, die Knechte in ihren neuen Jacken und weißen Strümpfen? Hat jeder Bediente sein hochzeitlich Kleid an? Sind die Gläser aus dem Schrank, und die Becher blank? die Teppiche gelegt, und alles in Ordnung? –
CURTIS. Alles fertig, und darum bitt' ich dich, was Neues.
GRUMIO. Erstlich wisse, daß mein Pferd müde ist; daß mein Herr und meine Frau übereinander hergefallen sind ...
CURTIS. Wie? handgreiflich? –
GRUMIO. Aus ihrem Sattel in den Kot, übereinander; und davon ließe sich eine Geschichte erzählen.
CURTIS. Nun laß hören, liebster Grumio!
GRUMIO. Dein Ohr her! –
CURTIS. Ja!
GRUMIO. Da! Gibt ihm eine Ohrfeige.
CURTIS. Das heißt eine Geschichte fühlen, nicht eine Geschichte hören.
GRUMIO. Und darum nennt man's eine gefühlvolle Geschichte: und dieser Schlag sollte nur an dein Ohr anklopfen und sich Gehör ausbitten. Nun fang' ich an. In primis, wir kamen einen schmutzigen Berg herab, mein Herr ritt hinter meiner gnädigen Frau. –
CURTIS. Beide auf einem Pferde?
GRUMIO. Was denkst du dir dabei?
CURTIS. Ei, ein Pferd.
GRUMIO. Erzähle du die Geschichte! Aber wärst du mir nicht dazwischen gekommen, so hättest du gehört, wie ihr Pferd fiel, und sie unter ihr Pferd! Du hättest gehört, an welcher schmutzigen Stelle, und wie durchnäßt sie war; wie er sie liegen ließ mit dem Pferde auf ihr; wie er mich prügelte, weil ihr Pferd gestolpert war; wie sie durch den Kot watete, um ihn von mir wegzureißen; wie er fluchte, wie sie betete, sie, die noch nimmermehr gebetet hatte; wie ich heulte, wie die Pferde davon liefen, wie ihr Zügel zerriß, wie ich meinen Schwanzriemen verlor, nebst vielen andern denkwürdigen Historien, welche nun in Vergessenheit sterben, und du kehrst ohne Weltkenntnis in dein Grab zurück.
CURTIS. Nach dieser Rechnung ist er ja widerspenstiger als sie? –
GRUMIO. Ja, und das werden die Frechsten von euch allen erfahren, wenn er zu Hause kommt. Aber warum schwatze ich hier? Ruf' Nathanael, Joseph, Niklas, Philipp, Walter, Haberkuckuck und die andern her: laß sie ihre Köpfe glattkämmen, ihre blauen Röcke ausbürsten, ihre Kniegürtel sollen sie nicht anstößig binden, mit dem linken Fuß ausscharren, und sich's nicht unterstehn, ein Haar von meines Herrn Pferdeschwanz anzurühren, bis sie sich die Hand geküßt haben. Sind sie alle fertig? –
CURTIS. Das sind sie.
GRUMIO. Ruf' sie her!
CURTIS. Hört Ihr! He! Ihr sollt dem Herrn entgegen gehn! – und meiner gnädigen Frau ein rechtes Ansehn geben! –
GRUMIO. Nun, sie ist selbst schon ansehnlich genug!
CURTIS. Das ist gewiß.
GRUMIO. Nun, was rufst du denn die Leute, ihr ein Ansehn zu geben? –
CURTIS. Ich meine, sie sollen ihr Kredit verschaffen.
GRUMIO. Ei was, sie wird ja nichts von ihnen borgen wollen.
Mehrere Bediente kommen.
NATHANAEL. Willkommen zu Hause, Grumio!
PHILIPP. Wie geht's, Grumio?
JOSEPH. Ei, Grumio?
NIKLAS. Kamerad Grumio?
NATHANAEL. Wie geht's, alter Junge?
GRUMIO. Willkommen du! – Wie geht's, du? – Ei, du! – Kamerad, du! – und so viel fürs Grüßen. – Nun, ist alles fertig? Ist jedes Ding niedlich, meine schmucken Kerlchen?
NATHANAEL. Jedes Ding ist fertig. – Wie nah ist der Herr?
GRUMIO. Ganz nah, vielleicht schon abgestiegen, und darum – Potz Sapperment, seid still! Ich höre meinen Herrn.
Petruchio und Katharina kommen.
PETRUCHIO.
Wo sind die Schurken? Was? Kein Mensch am Tor
Hielt mir den Bügel, nahm das Pferd mir ab? –
Wo sind Nathanael, Philipp und Gregor?
ALLE.
Hier, Herr!
PETRUCHIO.
Hier, Herr! Hier, Herr! Hier, Herr! Hier, Herr! –
Ihr tölpelhaften, schlecht gezognen Flegel!
Was! keine Ordnung? kein Respekt? kein Dienst?
Wo ist der dumme Kerl, den ich geschickt?
GRUMIO.
Hier, Herr, noch ganz so dumm, und doch geschickt.
PETRUCHIO.
Du Bauerlümmel! Du verdammter Karrngaul!
Sollt'st du im Park uns nicht entgegen kommen
Und all die faulen Schlingel mit dir bringen? –
GRUMIO.
Nathanaels Rock, Herr, war noch nicht ganz fertig,
An Philipps Korduanschuh'n war noch kein Eisen,
Kein Fackelruß, um Peters Hut zu schwärzen,
An Walters Dolch die Scheide noch in Arbeit,
Niemand in Staat, als Ralph, Gregor und Adam,
Die andern lumpig, alt und bettelhaft: –
Doch wie sie sind, hab' ich sie hergeholt.
PETRUCHIO.
Geht, Schlingel!