Hanau 1813. Erik Schreiber

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Hanau 1813 - Erik Schreiber


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verdoppelter Macht desto leichter nochmal die kühnen Feinde zu vernichten. Allein anders war es beschlossen in dem Rathe der ewigen Vorsicht, auf daß nicht die Völker den Glauben verlöhren an eine weise Weltordnung, die früher oder später den Uebermuth straft, der mit frecher Hand das heilige Gleichmaaß zu verrücken wagt. Kein Wunder erwarte der Mensch, aber auf Gottes Hülfe traue jeder, der mit redlichem Sinne für die gerechte Sache tapfer kämpft. So die Verbündeten Heere nach den Tagen bei Lützen und Wurschen. Kein Erschlaffen, keine dumpfe Verzweiflung, aber reger Muth und verdoppelte Anstrengung der äußersten Kraft mit Wort und That, mit Gut und Blut, entschlossen zu Sieg oder Tod! Und Gott war der gerechten Sache gnädig und von Norden und Süden kam die starke Hülfe tapferer Männer und Deutschland’s Freiheit ward der herrliche Preiß!

      Seiner zügellosen Laune folgend, hatte Napoleon nach der Einnahme von Moskau, durch sein Glück geblendet, die Würde des schwedischen Reichs tief gekränkt. Mitten im Frieden zum Lohne für Schwedens Aufopferungen, für seinen Beitritt zu dem verderblichen Kontinentalsysteme, seine Kriegserklärung gegen England, besetzten französische Truppen Pommern, und erlaubten sich empörende Gewaltthätigkeiten in einem befreundeten Lande, während französische Kaper gleich feindselig den schwedischen Seehandel störten. Vergeblich beklagte sich Schweden; statt gerechter Genugthuung erfolgten unverschämte Ansinnen, wie sie die Würde keines selbständigen Staates, einer edlen Nation verträgt; und doch war Schweden nicht wehrlos, war das Vaterland eines Helden geworden, dem Napoleon einen größeren Theil seiner Siege verdankte. Bernadotte, Prinz von Ponte Corvo, als Feldherr nur den Feinden fürchterlich, des Wehrlosen ein Retter, war von der schwedischen Nation mit jenem edlen Vertrauen, was nur tapfere Männer gegen den tapfern fühlen, zum Thronfolger erwählt; (den 2ten August 1811.) die freie Wahl eines freien Volks, kein Gaukelspiel des Despotismus, wie weiland in Frankreich und Italien. Der edle Fürst rechtfertigte das Vertrauen der biedern Nation; er ward Schwede, dem Schweden’s Wohl über alles ging, der ihm willig das Opfer seiner Gefühle brachte. Schweden erkannte den Abgrund, in den ferneres Anhängen an das Kontinentalsystem es zu stürzen drohte und erbittert über die Kränkungen, die er von Frankreich erlitten und die gehäßigen Kabalen der französischen Abgeordneten, deren unerträglicher Uebermuth nicht länger geduldet werden konnte, schloß es Frieden und bald darauf ein Bündniß mit England. Ein Heer tapferer Schweden, gewohnt zu kämpfen für Unabhängigkeit und Recht, zog aus unter dem edlen Carl Johann, so wie einst unter Gustav Adolf zu Deutschlande’s Befreiung und der Name des sieggewöhnten Führers belebte kräftig jeden gesunkenen Muth!

      Während der Waffenruhe waren, vornehmlich auf Oesterreich’s Betrieb, Unterhandlungen über den Frieden zu Prag eröffnet, und so weit trieben die Verbündeten den Waffenstillstand zum Vortheile Napoleons verlängerten, wiewohl große Ursache war, zu einer aufrichtigen Neigung zum Frieden von seiner Seite zu zweifeln! Nur zu bald wurden diese Zweifel zur Gewißheit. Um Zeit zu gewinnen, während aus Spanien, das indessen Wellington’s glänzender Sieg bei Victoria von dem Ursupator befreit, Verstärkungen herausgezogen! ward von den französischen Gesandten über leere Formalitäten gestritten, der Waffenstillstand gröblich verletzt, nach wie vor eine feindliche Sprache gegen die Verbündeten geführt, und dennoch entblödete sich der Kaiser der Franzosen nicht, der Welt seine Friedensliebe vorzuheucheln. Da erkannten die Verbündeten, daß längeres Zögern nur verderblich werden könne, und beschlossen den Frieden zu erkämpfen, und Oesterreich’s erhabener Monarch erfüllte den Wunsch seines biedern Volks und stärkte entscheident die gute Sache durch seinen Beitritt. Da schöpfte Deutschland neue Hoffnungen, und die unterdrückten Völker Italiens athmeten freier im Vorgefühle naher Erlösung, und Europa hörte mit froher Hoffnung, daß aus einem fernen Welttheile ein großer Feldherr gekommen sey, den Deutschland und Italien in seinen Siegen bewundert und geliebt, den aber nochmals Eifersucht und Bosheit aus seinem Vaterlande getrieben, um jetzt Frankreich’s Freiheit und Heil von seinem Unterdrücker zu erringen. Der Kampf begann; vor den Mauern von Dresden (den 26ten und 27ten August 1813) sank der edle Moreau, doch nicht der Muth der Verbündeten. Schon hatte Carl Johann den gegen Berlin dringenden Feind geschlagen (den 25ten August und folg. Großen Beeren;) ihn fechtend der Elbe zugetrieben, und krönte bald in einer großen Schlacht seine frühere Großthaten durch einen herrlichen sieg (den 6ten Sept. Schlacht bei Dennewitz oder Jüderbock); schon hatten Preussen und russen den entscheidenden Sieg an der Katzbach (durch Blücher den 26ten August) Schlesien von den Feinden befreit und drangen siegreich gegen die Elbe vor, als noch immer Napoleon in blindem Vertrauen auf sein – entflohenes Glück in Böhmen einzudringen hoffte. Als er aber endlich nach wiederholten unglücklichen Versuchen diese Hoffnung aufgab und von allen Seiten gedrängt, sich zum Rückzuge entschloß, da hatte schon Deutschland’s Freiheit, in Baiern’s Beitritte (Konvention zu Reid den 8ten Oktober) eine neue kräftige Bürgschaft gefunden. Die französischen Heere zogen nach Leipzig und dort erfolgten jene Riesenschlachten, (den 15ten bis 19ten Oktober 1813) durch welche endlich nach Jahrelanger Schmach die große Frage gelöset ward, ob es ferner deutsche Freiheit, wie sie einer großen Nation ziemt, ob es überhaupt noch Unabhängigkeit und Selbstständigkeit in Europa geben, oder alles dem engherzigen Willen eines gefürchteten Despoten gehorchen sollte. Und die Nemesis waltete und es ward Gerechtigkeit geübt und Schmach vergolten mit Schmach, und vernichtet flohen die Reste des französischen Heeres dem Rheine zu, den sie frevelnd oft überschritten. Da traf sie bei Hanau (den 30ten Oktober 1813. Wrede) der Oesterreicher und Baiern tapferer Feldherr und eine zweite Beresina ward Hanau für die Besiegten, und die Baiern, die so oft für Frankreich geblutet, sie rächten blutig die Erniedrigung Deutschlands. Da ward das alte Frankfurt die ehrwürdige Krönungsstadt deutscher Kaiser frei, Deutschlands Fürsten zerbrachen eilig die Ketten, in denen sie der Fremde gehalten, die schwachen Trümmer des noch vor kurzem zahllosen Heeres der Franken flohen ihren Festen zu, und Deutschlands und Europas Befreier betraten siegreich die Ufer des Rheins!

      So ward Deutschland von dem Joche der übermüthigen Fremden befreit, ein warnendes Beispiel für die Gewalthaber kommender Zeiten, nicht zu wähnen, daß sie durch Siege und durch das Schreckenssystem einer arglistigen Polizei ganze Nationen bis zum Vergessen ihrer Freiheit und Unabhängigkeit erniedrigen können. Das Gefühl des hohen Werthes einer unabhängigen Existenz kann wohl eine Zeitlang in seinen Aeusserungen unterdrückt, aber ausgerottet werden kann es nie. Unauslöschlich pflanzte es die Natur in jedes Edlen Brust und früher oder später, je später desto lauter wird es sich erheben und die Bande zersprengen, mit denen kurzsichtige Despoten es auf immer zu ersticken glaubten. So Deutschland! Eine der größten und kultiviertesten Nationen Europas, hatten die Deutschen größtentheils durch eigene Schuld, denn Zwietracht und Gleichgültigkeit der Fürsten bei den allgemeinen Angelegenheiten, hatten den Franzosen den Weg nach Deutschland gebahnt, Jahre lang die Fesseln einer schmachvollen Knechtschaft getragen. Ihre Fürsten waren weniger mehr als französische Stadthalter gewesen; ihr angestammtes Gebiet ward durch die Willkühr des französischen Kaisers verändert, bald vergrößert oder verkleinert, je nachdem sie mehr oder weniger bereitwillig in der Dienstschaft sich zeigten; jeder Widerstand ward mit Vertreibung bestraft. Unabhängigkeit ward den Fürsten Deutschlands durch den Rheinbund verheißen, allein sie ward ihnen nur gegen ihre Unterthanen, in allen andern waren sie dem Willen Frankreichs Unterthan. Nur deshalb ward ihnen erlaubt, die alten Verfallungen, die uralten Vorrechte des Volks zu vernichten, auf das kein Widerspruch desselben sie in der Darbringung der schweren Opfer hindere, die Frankreich auf Kosten der Nation verlangte. Vergeblich gab Frankreich den, unter seinem unmittelbaren Einflusse stehenden Staaten Verfassungen! – sie bleiben ein todtes Wort ohne Leben und Kraft, denn wo dem Volke keine öffentliche Meinung erlaubt ist, wer soll es da schützen gegen die Willkühr der Fürsten? Jegliche Preß= und Denkfreiheit war vernichtet, denn das Volk ward mißhandelt und jeder hatte gerecht Ursache zu klagen. Doch nicht genug jede laute Aeußerung des gerechten Unwillens zu unterdrücken, auch jeden mißfälligen Gedanken aufzuspüren und tyrannisch zu ahnden, die Thränen des Unglücklichen selbst als Rebellion zu bestrafen, dahin ging das Bestreben des fremden Beherrschers. Da kam von Frankreich jene berüchtigte geheime Polizei, diese Ausgeburt der Hölle, vielleicht anwendbar bei einem hinterlistigen knechtischen Volke, was nur durch Ränke und Kabalen getrieben wird, aber ein hassenswerthes Ungeheuer unter biederen Deutschen, von jeher gewohnt offen und frei Recht und Gerechtigkeit anzurufen gegen jegliche Unterdrückung. Kein wirksameres Mittel konnten die Unterdrücker anwenden, den Karacter des Volkes zu verschlimmern, und aus freien, offenen treuherzigen Deutschen, verschlossene,


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