Hanau 1813. Erik Schreiber

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Hanau 1813 - Erik Schreiber


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nur einen Verräther argwöhnt, da ist eine verhaßte Regierung am sichersten gegen einen plötzlichen Ausbruch des Unwillens – daß aber einem verderbten Volke bald nichts mehr heilig sein werde, daß die allgemeine Schlechtigkeit ihm einen furchtbaren Vereinigungspunkt gebe, daran dachten die Kurzsichtigen nicht.

      Und dennoch waren es unerträgliche Uebel, unter denen die Völker litten, von denen man blinde Aufopferung für fremdes Interesse, als erste Pflicht schuldiger Dankbarkeit zu fordern wagte! Handel und Gewerbe lagen gänzlich darnieder, - wie konnten sie bei dem Kontinentalsysteme bestehen, - und nichts desto weniger wurden unerschwingliche Abgaben gefordert, und was diese nicht nahmen, das ward unter andern Namen, als ausserordentliche Kriegssteuern, als gezwungene Anleihen den Unglücklichen entrissen. Die Hülfsquellen, aus denen die väterlich gesinnten Regierungen Deutschlands in besseren Zeiten die Ausgaben bestritten, waren größtentheils versiegt. Jene reichen Domänen waren die Beute französischer Krieger geworden, zum Lohn ihrer Dienste bei der Unterjochung Deutschlands; so tief waren die Deutschen gesunken, so schamlos wurden sie unter ihren Augen verhöhnt, jeden Augenblick an ihre Schande erinnert. Fremde Gesetze und Rechte traten an die Stelle alter geheiligter Gewohnheiten und wohlbekannten Herkommens; ohne alle Rücksicht auf Sitten und Gebräuche, und Verschiedenheit des Karacters des Volks, ward alles nach fremden Formen gemodelt; die herrliche Sprache der Deutschen verachtet, entwürdigt gegen ein fremdes Geschwätz! Denn der eherne Sinn des allgewaltigen Herrschers kannte keine schonende Rücksicht; nur Einförmigkeit wollte er, nur sie verträgt der Despotismus. Die Formen wurden unerträglich gehäuft, damit jeder lebendige Sinn erstickt werde unter ihrer Last, denn nur brauchbare Maschinen wollte man, keine selbstständigen Menschen; stumm und gedankenlos den Willen des Herrschers vollziehen, ward das höchste Verdienst. Dennoch trug das geduldige Volk Jahrelang das schmachvolle Joch und harrte in stiller Ergebung der Hoffnung besserer Zeiten entgegen; es that jedoch für die fremden Tyrannen, es beugte willig seinen Nacken unter die Gesetze der Konskription! Daß es heilige Pflicht eines jeden sei, das Vaterland zu vertheidigen mit Gut und Blut, das wußten von jeher die Deutschen und was sie in der letzten Zeit gethan, macht jede Verläumdung verstummen. Wer kennt nicht den alten Kriegsruhm der Germanier? Ein tapferes Volk, fochten Deutsche Jahrhunderte lang, gern und willig für Vaterland und angestammte Fürsten; doch anders war es unter fränkischer Herrschaft. Nicht für das Vaterland, sondern gegen dasselbe, nicht für Freiheit und Recht, sondern für Unterdrückung und Knechtschaft, nicht für angestammte Fürstne, sondern für einen fremden Despoten verspritzen Deutschland’s Jünglinge ihr Blut; um aller Völker Freiheit zu verderben, um den unersättlichen Ehrgeiz, die rasende Herrsucht Eines Fremdlings zu befriedigen, wurden sie Sklaven gleich in fremde Kriege geschleppt; Kriege gegen ihr eigenes Vaterland, gegen sie selbst geführt, weil sie die allgemeine Knechtschaft zu befestigen dienten. Unter Spaniens brennendem Himmel und in Rußland’s unwirthbaren sTeppen bluteten Deutsche für fremden Uebermuth, gegen des unsterblichen Friedrich’s Volk, gegen Habsburg’s heiligen Stamm kehrten Deutsche das entweihte Schwerdt! Der Schande! Und alle jene blutigen Greuel, diesen Brudermord, wer hat ihn verschuldet? Von ihm, dem finstern entmenschten Würger, von ihm den seiner Schmeichler Gewürm, den von Gott erkohrenen Weltheiland nennt, von ihm fordert eure Väter, eure Brüder, eure Kinder wieder, ihr alle denen er das theuerste erschlug! In seinen Schlachten verblutete Deutschland’s kräftige Jugend, durch ihn wurden seine blühenden Länder zu Wüsten. Bettler ihr emsiges Volk! – Seit Jahrhunderten kämpften Deutsche in allen Kriegen; in allen Ländern Europa’s, in allen Welttheilen sind die Grabhügel deutscher Krieger zerstreut; welche Scholle Deutschlands ist nicht mit deutschem Blute getränkt! Aber ärger war es in der letzten Zeit, als der Franke es beherrschte. Zertreten, zerrissen, erniedrigt, von den Feinden verhöhnt, standst du da, theures Vaterland, der Schauplatz jeglichen Gräuels, jeglichen Bubenstücks, deine Söhne Sklaven, mit Gut und Blut der Spielball fremder Lust! Aber dennoch, unter solchen namenlosen Leiden, erstarb de deutsche Sinn, deutsche Treue nicht. Vernichtet schien das Vaterland, allein es lebte fort in jeder deutschen Brust, und als die Hoffnung der Errettung nahte, da ermannte sich, einem Zauber ähnlich, Germaniens Volk; kühn hervor that der lang verhaltne Grimm, und der Franken Herrschaft war nicht mehr. Welch ein Volk! – Durch nichts gebeugt, behielt es seinen Sinn und seine Art; auch unter den schwersten Prüfungen, war es beinah ohne alle Aufmunterung daß gebildetste Volk von Europa und rettete aus der Periode der fremden Oberherrschaft dennoch das unschätzbare Kleinod eigenthümlicher Kultur!

      Die Macht des Feindes ist gebrochen; die schmachvollen Banden von Deutschland sind gelößt; aufgerichtet steht ein tapfres Volk, nur zu lange unter fremdes Joch gebeugt. Unterjocht ward es durch seinen innern Zwiespalt; weil die einzelnen Theile des Ganzen sich trennten vom Ganzen, würden sie sämmtlich die leichte Beute des hinterlistigen Feindes. Eins thut Noth – innige Eintracht; sie hat Deutschland gerettet! sie sei fortan seine unüberwindliche Feste! Denn wo ist die Macht, die das vereinte deutsche Volk zu unterjochen vermochte? Jahrhunderte lang hat der Franke die Ruhe des deutschen Landes gestört, weil er hinterlistig Uneinigkeiten zu erregen wußte unter seinen Fürsten und es ihm nicht selten gelang. Deutsche gegen Deutsche zu waffnen. Durch Eintracht widerstanden kleine Staaten, so lehrt uns die Geschichte, den Anfällen mächtiger Reiche – und was dem schwachen Holland gelang, das große, starke Deutschland sollte es nicht erreichen? Nur des festen Willens bedarf es; Deutschland sage es laut und kühn, daß es frei sein wolle, und es laut und frei und die Fürsten und Völker werden seinen Willen ehren und in ruhmvollen Frieden wird es ruhen das deutsche Volk, gleich fern von Eroberungswuth, wie von sklavischer Trägheit. Mit solcher Zuversicht sehe jeder Deutsche der kommenden Zeit entgegen; das gesammte Europa im Bunde mit ihm, sichert ihm eine lange glückliche Ruhe, denn alle Nationen Europa’s haben es erfahren, wie gefährlich die Sorglosigkeit bei Frankreich’s Anmassungen sei. War es nicht Frankreich, das mit England den Kampf auf Tod und Leben begann, das Oesterreich’s Glanz verdunkelte und Friedrich’s Monarchie zu vernichten drohte, das Italien unterjochte, Spanien zur Einöde schuf, des mächtigen Rußland’s alte Hauptstadt verwüstete und Schweden entehren wollte? – Der Finger Gottes brach des Weltenstürmers macht, befreite die Völker vom schmählichen Joch, zum ewigen Zeugniß, daß er die nicht verläßt, die sich selbst nicht verlassen!

      Der Fahnenschwur

      hebt das Herz! Hebt die Hand!

      Schwöret für die große Sache!

      Schwört den heil’gen Schwur der Rache!

      Schwöret für das Vaterland!

      Schwöret bei dem Ruhm der Ahnen,

      Bei der teutschen Redlichkeit,

      Bei der Freiheit der Germanen,

      Bei dem höchsten schwöret heut!

      Hebt das Herz! Hebt die Hand!

      Erd‘ und Himmel soll ihn hören

      Unsern hohen Schwur der Ehren,

      Unsern Schwur fürs Vaterland.

      Glorreich schwebe, stolzes Zeichen,

      Das voran im Streite weht!

      Keiner soll von hinnen weichen,

      Wo sich dies Panier erhebt.

      Hebt das Herz! Hebt die Hand!

      Wehe muthig, edle Fahne,

      Daß sich jede Brust ermahne

      Für das heil’ge Vaterland;

      Wache, stolzes Ehrenzeichen,

      Alle Männer ehrenfest,

      Daß sie tausendmal erbleichen,

      Eh‘ nur einer dich verläßt.

      Hebt das Herz! Hebt die Hand!

      Heil uns dieser Ehrenweihe!

      Ewig lebe deutsche Treue!

      Ewig blühe, deutsches Land.

      Freiheit, teutsche Freiheit schwebe

      Um die Hütten, um den Thron!

      Lug und Trug und Schande bebe!

      Und zur Hölle fahre, Hohn!

      Hebt


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