Der Pfadfinder. James Fenimore Cooper

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Der Pfadfinder - James Fenimore Cooper


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heftig, und wir sind keine Stunde sicher, daß wir nicht nach einem Hafen eilen müssen —"

      „Ihr habt Eure Lothe," unterbrach ihn Cap.

      „Sie sind von geringem Nutzen und werden selten ausgeworfen."

      „Das Tiefloth — «

      „Ich habe von einem solchen Ding gehört, muß aber gestehen, daß ich nie eines sah."

      „O! zum Henker!" rief Cap mit Heftigkeit. „Ein Schiffer und kein Tiefloth! Junge, Ihr könnt keinen Anspruch darauf machen, so ein Stück von einem Seemann zu sein. Wer, zum Teufel, hat je von einem Schiffer gehört ohne sein Tiefloth?"

      „Ich mache keinen Anspruch auf irgend eine besondere Geschicklichkeit, Meister Cap—"

      „Das Schießen über die Fälle und die Strömungen ausgenommen, Jasper," sagte Pfadfinder, der ihm zu Hilfe kam „in diesem Geschäft müßt auch Ihr, Meister Cap, ihm einige Gewandtheit zugestehen. Nach meinem Urtheil muß Jeder nach seinen Gaben geschätzt oder verurtheilt werden; und wenn Meister Cap bei dem Hinabschießen über die Oswegofälle zu Nichts nütze ist, so will ich nur daran erinnern, daß er gute Dienste zu leisten vermag, wenn er das Land aus dem Gesichte verloren hat. Wenn nun Jasper auch für die offene See nicht taugt, so vergesse ich dabei nicht, daß er ein treues Auge und eine sichere Hand hat, wenn er über die Fälle setzt."

      „Aber Jasper taugt wohl — würde wohl für die offene See taugen," sagte Mabel mit einer Lebhaftigkeit in ihrer hellen und süßen Stimme, daß Alle mitten in der Stille dieser außerordentlichen Scene darüber erschraken. „Ich meine, ein Mann, der hier so viel zu leisten vermag, kann dort nicht untauglich sein, wenn er gleich nicht so mit den Schiffen vertraut ist, als mein Onkel."

      "Ja, ja, unterstützt euch nur gegenseitig in eurer Unwissenheit," erwiederte Cap mit höhnischem Lächeln. Wir Seeleute haben immer die Mehrzahl gegen uns, wenn wir am Ufer sind, und können deßhalb selten zu unserem Recht kommen; aber wenn es die Vertheidigung gilt, oder die Führung des Handels, da sind wir dann doch der Gutgenug!"

      „Aber, Onkel, die Bewohner des Landes kommen nicht, um unsere Küsten anzugreifen. Es treffen also die Seeleute nur mit Seeleuten zusammen."

      „Da hat man wieder die Ignoranz! — Wo sind alle die Feinde, die in dieser Gegend gelandet haben, Franzosen und Engländer? Ich will nur das fragen."

      „In der That, wo sind sie?" rief Pfadfinder aus. „Niemand kann das besser sagen, als die, welche sich in den Wäldern aufhalten, Meister Cap. Ich habe oft ihre Marschlinie verfolgt nach den Gebeinen, die im Regen bleichten; ich habe Jahre nachher ihre Spur bei Gräbern gefunden, nachdem sie und ihr Stolz lange verschwunden waren. Generale und Gemeine lagen durch das Land zerstreut, als eben so viele Beweise, was der Mensch ist, wenn ihn der Ehrgeiz und der Wunsch, mehr zu sein, als seine Nebenmenschen, leitet."

      „Ich muß sagen, Meister Pfadfinder, daß Ihr bisweilen Meinungen äußert, die etwas merkwürdig klingen aus dem Munde eines Mannes, der stets unter dem Gewehr lebt und selten die Luft anders als mit Pulverdampf gemengt athmet — eines Mannes, der kaum seine Hängematte verläßt, ohne einem Feind zu Leibe zu gehen."

      „Wenn Ihr glaubt, daß ich mein Leben im ewigen Krieg gegen mein Geschlecht zubringe, so kennt Ihr weder mich noch meine Geschichte. Der Mann, der in den Wäldern und an den Gränzen lebt, muß sich den Wechsel der Dinge, die ihn umgeben, gefallen lassen. Ich bin nur ein einfacher, machtloser Jäger, Kundschafter und Wegweiser, und dafür nicht verantwortlich. Mein wahrer Beruf ist jedoch, für die Armee auf dem Marsch sowohl als in Friedenszeiten zu jagen; obgleich ich eigentlich im Dienste eines Offiziers stehe, der aber abwesend und in den Ansiedlungen ist, wohin ich ihm nie folgen werde. Nein, nein: Blutdurst und Krieg sind nicht meine eigentlichen Gaben, sondern Mitleid und Friede. Dem Feinde aber blicke ich so gut als ein Anderer in's Gesicht, und was die Mingo's anbetrifft, so betrachte ich Jeden, wie man eine Schlange betrachtet — als ein Geschöpf, das man unter die Ferse tritt, sobald sich eine günstige Gelegenheit dazu darbietet."

      „Wohl, wohl; ich habe mich in Eurem Beruf geirrt, den ich für so regelmäßig kriegerisch hielt, als den eines Schiffs-Constabels. Da ist nun auch mein Schwager; er ist von seinem sechszehnten Jahre an Soldat gewesen, und betrachtet sein Gewerbe jedenfalls als eben so respektabel, wie das eines Seefahrers. Das ist nun freilich ein Punkt, über den es kaum der Mühe werth ist, mit ihm zu streiten."

      „Man hat meinen Vater gelehrt, daß es ehrenvoll sei, die Waffen zu tragen," sagte Mabel, „denn auch sein Vater war vor ihm Soldat."

      „Ja, ja," fuhr der Wegweiser fort, „die meisten Gaben des Sergeanten sind kriegerisch, und er betrachtet die meisten Dinge dieser Welt nur über seinen Musketenlauf. So ist's auch einer von seinen Einfällen, ein königliches Gewehr einer regelmäßigen, langläufigen Büchse mit doppeltem Visirpunkt vorzuziehen. Aber solche Begriffe können wohl durch lange Gewohnheit aufkommen, und Vorurtheil ist vielleicht der allgemeine Fehler der Menschennatur."

      „Am Lande, das geb' ich zu," sagte Cap. „Ich komme nie von einer Reise zurück, ohne dieselbe Bemerkung zu machen. Als ich das letztemal eingelaufen war, fand ich in ganz York kaum einen Mann, der im Allgemeinen über die Dinge und Gegenstände dachte wie ich. Jeder, mit dem ich zusammentraf, schien seine Ideen gegen den Wind aufgetaljet zu haben, und wenn er ein wenig von seinen einseitigen Ansichten abfiel, so war es gemeiniglich, um auf dem Kiel kurz umzuvieren, und so dicht als möglich auf einen andern Gang anzulegen."

      „Versteht Ihr dich, Jasper?" flüsterte Mabel mit Lächeln dem jungen Manne zu, der sein eigenes Fahrzeug ganz dicht an ihrer Seite hielt.

      „Es ist kein so großer Unterschied zwischen Salz- und Frischwasser, daß wir, die wir unsere Zeit aus denselben zubringen, uns nicht gegenseitig sollten verstehen können. Ich halte es für kein großes Verdienst, Mabel, die Sprache unseres Gewerbes zu verstehen."

      „Selbst die Religion," fuhr Cap fort, „liegt nicht mehr an derselben Stelle vor Anker, wie in meinen jungen Tagen. Sie vieren und holen sie am Lande an, wie sie es mit andern Dingen auch machen, und es ist kein Wunder, wenn sie hin und wieder fest zu sitzen kommen. Alles scheint zu wechseln, nur der Compaß nicht, und auch der hat seine Abweichungen."

      „Wohl," entgegnete Pfadfinder, „ich habe aber immer das Christenthum und den Compaß für etwas ziemlich Beständiges gehalten."

      „Ja, wenn sie auf dem Meere sind, mit Ausnahme der Abweichungen. Die Religion auf dem Meere ist heute noch dasselbe, was sie war, als ich zum ersten Mal meine Hand in den Theekessel tauchte. Niemand wird mir das bestreiten, der die Gottesfurcht nicht aus den Augen läßt. Ich kann an Bord keinen Unterschied zwischen dem heutigen Zustand der Religion und dem aus der Zeit, da ich noch ein junges Bürschlein war, erkennen. So ist es aber keineswegs am Ufer. Nehmt mein Wort dafür, Meister Pfadfinder, es ist schwer, einen Mann zu finden — ich meine auf dem Festlande — dessen Ansichten über diesen Gegenstand noch genau dieselben wären, wie er sie vor vierzig Jahren hatte."

      „Und doch ist Gott unverändert; Seine Werke sind unverändert; Sein heiliges Wort ist unverändert; es muß daher auch Alles, was zum Preise und zur Ehre Seines Namens dient, unverändert sein."

      „Nicht am Lande. Es ist das gerade das Miserabelste von dem Lande, daß es beständig in Bewegung ist, obgleich es fest aussieht. Wenn Ihr einen Baum pflanzt, ihn verlaßt, und nach einer dreijährigen Reise wieder zurückkommt, so findet Ihr ihn nicht wieder, wie Ihr ihn verlassen habt. Die Städte vergrößern sich; neue Straßen thun sich auf, die Kojen werden verändert; und die ganze Oberfläche der Erde erleidet einen Wechsel. Ein Schiff aber, das von einer Indienfahrt zurückkommt, ist noch gerade so, wie es aussegelte, wenn man den fehlenden Anstrich, die Abnützung der Schiffsgeräthschaften und die Zufälligkeiten der Schifffahrt abrechnet."

      „Das ist nur zu wahr, Meister Cap, und daher um so mehr zu beklagen. Ach! die Dinge, welche die Leute Verbesserungen nennen, dienen zu nichts, als das Land zu untergraben und zu verunstalten. Die herrlichen Werke Gottes werden täglich niedergeworfen und zerstört, und die Hand des Menschen scheint erhoben zu sein in Verachtung Seines mächtigen Willens. Man hat mir gesagt, es seien schreckenerregende Zeichen dessen, was noch kommen solle,


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