Cassel Wilhelmshöhe. Erik Schreiber
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Herausgeber
Erik Schreiber
Historisches Deutschland
e-book 047
Cassel-Wilhelmshöhe 1799 – 1853
Erscheinungsdatum 01.10.2021
© Saphir im Stahl
An der Laut 14
64404 Bickenbach
Titelbild: Simon Faulhaber
Lektorat: Peter Heller
Vertrieb: neobooks
Herausgeber
Erik Schreiber
Cassel-Wilhelmshöhe
Historisches Deutschland
Inhaltsverzeichnis
1) Kurze Beschreibung von Wilhelmshöhe bey Cassel 1799
2) Cassel in historisch-topographischer Hinsicht
nebst einer Geschichte und Beschreibung von Wilhelmshöhe und seiner Anlagen 1805
3) Geschichte und Beschreibung des kurfürstlich-hessischen Lustschlosses Wilhelmshöhe und seiner
Anlagen, von erster Entstehung an, bis auf gegenwärtige Zeiten 1821
4)Cassel Wilhelmshöhe und die schönsten Punkte der Umgebung 1853
Kurze Beschreibung
von
Wilhelmshöhe
bey
Cassel
Cassel, in der Hampischen Buchdruckerey.
1799
Wilhelmshöhe, wo der jetzt regierende Herr, Landgraf Wilhelm IXte im Jahr 1787 das vorherige alte Schloß abreissen und ein neues erbauen lassen, liegt eine gute Stunde, durch eine in gerader Linie geführte Lindenallee, von Cassel, hart an dem Fuße des hohen Carlsberges, auf welchem Landgraf Carl, im Anfange diesen Jahrhunderts, sich durch die bekannte große Anlage eines Riesengebäudes ein immerwährendes Denkmal errichtete.
Der vormals geführte Name Weissenstein kommt von einem weissen Steinfelsen her, der nächst an dem linken Flügel des Schlosses liegt. Im Herbste des Jahres 1798 erhielt der Ort den Namen: Wilhelmshöhe.
Es besteht dieses neue Schloß in einem Hauptgebäude und zwey Flügeln. An dem Frontispice des ersteren, das mit einer Kuppel gedeckt ist, stehen einwärts, nach dem Karlsberge hin, die Worte: Wilhelmus IX. Condidit und auswärts: Wilhelmshoehe.
Alle drey Gebäude, in alt- Römischer Bauart, durch zirkelförmige Communicationsterrassen verbunden, fallen vortrefflich ins Auge, sind inwendig sehr räumlich und bequem, und auf das Pracht und Geschmackvolleste ausmeublirt; sie scheinen für die Ewigkeit gebaut, und sind dem erhabenen Styl, in welchem das Gebäude oben auf dem Berge angelegt ist, ganz angemessen. Sie bestehen aus drey Stockwerken, haben platte mit Kupfer gedeckte Dächer, welche rund um von Galerien, mit Urnen geziert, umkränzt sind. - Beym Eingange des rechten Flügels, der zugleich eine Kirche in sich faßt, liegen zwey große Löwen, von Herrn Ruhl in Stein gebildet; beym Eingang des linken Flügels zwey dergleichen, mit jenen in ebener Größe, von den Gebrüdern Herren Hand verfertigt. - Der ganze Vorgang des linken Flügels, welchen vier Säulen zieren, ist marmorirt. Man tritt aus diesem Vorgange in einen grossen Saal, dessen Wände zum Theil mit 23 sehr schönen Gemälden vom verstorbenen Hofmaler, Rath Tischbein, bedeckt sind, welche mehrstentheils die Geschichte des Antonius und der Cleopatra vorstellen; rechts an diesen Saal stößt der ebenfalls marmorirte Speisesaal, und links ein Vorzimmer, woraus man in ein Schreib-Kabinet, und aus diesem, durch ein daran grenzendes kostbares halbrundes, mit den schönsten Gemälden bekleidetes Zimmer, in das mit einem reichen Bette versehene Schlafgemach kommt. - Ueber der Thüre dieses letzteren, woran noch zwey Zimmer stoßen, sieht man das Gemälde einer liegenden Venus, von der Hand des hiesigen Professors und Hofmalers Herrn Bötner. - In der Haupt- Etage, zu welcher eine mit einer schön gearbeiteten eisernen Umfassung versehene Treppe führt, herrscht das nämliche Verhältniß und dieselbe Eintheilung der Zimmer. Preussens König, Friedrich Wilhelm II. bewohnte sie, als er im Augustmonate 1796 dem Fürsten einen Besuch gab.
Es sind hier die mehresten Gemälde von eben gedachtem Herrn Bötner. Zum Gegenstand wählte er sich den Wielandischen Oberon, und man findet daher in diesem Zimmern:
Hüon mit der Amande, in dem Augenblick, wo sie auf der wüsten Insel von dem Einsiedler gesegnet werden; die Entbindung der Amande; dieselbe, wie sie erwachend den neugeborenen Knaben auf ihrem Schoose erblickt; und Hüon, wie er zurück kommt, und über die neue Erscheinung staunt.
Ausser dem großen und dem Speisesaal, sind alle Zimmer mit Seidenstoffen verschiedener Farben, zum Theil in Hanauer Fabriken verfertigt, tapeziert, womit Vorhänge und Stühle-Ueberzüge der Zimmer übereinstimmen; so wie dann die Gesimse der Kamine von Marmor verschiedener Art im neuesten Geschmack gearbeitet sind. Es würde zu weitläufig seyn, die mannigfaltigen Verzierungen der Zimmer im Einzelnen anzuführen; indessen trägt Alles, auch die Parkets, Trumeaux, Sessel, Tische - zur Pracht des Ganzen bey. Um das Innere zu sehen, hat man den Burggrafen, Herrn Rothe, anzusprechen.
Linker Hand des Schlosses ist ein See, worauf man spazieren fahren kann, daher solcher auch mit ein paar zierlichen Lustschiffen besetzt ist; jenseits desselben aber ein sogenanntes Chinesisches Dorf Mou-Lang benahmt, wo man einen artigen Speisesaal, eine kleine Fürstliche Wohnung, die Bagatelle genahmt und Seitwärts eine Schweizerey, eine starke Fasanerie und einen Thiergarten antrift, in welchem Damhirsche und Rehe zum Vergnügen unterhalten werden.
Nahe hinter dem Schlosse sind auch beyden Seiten Lustwälder in angenehmen Abwechslungen angelegt, deren mannigfaltige Schönheiten den aufmerksamen Beobachter ganze Tage hindurch beschäftigen können. Gleich Anfangs stößt man auf die Einsiedeley des Peters, einen zur Sommerzeit äußerst angenehmen Ort, durch das kühle Dunkel der Bäume, welche die Einsiedeley umgeben. Versunken in diese schauerliche Einsamkeit, hört man auf einmal vor sich den Donnerfall des Aqueducs, eines großen Römischen Gebäudes, welches in 14 ziemlich weit gesprengten Bogen, woraus dessen beträchtliche Länge zu ermessen ist, besteht. Das Ganze hat völlig das Ansehen einer Ruine, so wie auch der darauf halb zusammengestürzte Thurm, und ist von dem herrschaftlichen Baudirektor Herrn Jußow nach Römischen Denkmälern aufgeführt. Hinten ist diese Ruine der Anhöhe, von welcher das Wasser aus einem dahinter gelegenen Bassin darauf geleitet wird, gleichgebaut. Das Wasser strömt mit Heftigkeit durch breite Kandeln, stürzt sich 18 Fuß breit, und 1 Fuß im Durchmesser in eine Tiefe von 104 Fuß, und erfordert in jeder Stunde 2800 Ohmen Wasser. Der Fall selbst gewährt ein herrliches Schauspiel. Das Wasser stürzt mit einem fürchterlichen Getöse die Ruine herab in einen Behälter, wo es zu lauter Schaum aufwallt; so, schlängelt es sich eine kurze Strecke, rauschend über Felsen und Klippen hin in das Bassin der Fontaine. Auf beyden Seiten der Ruine sind breite Gänge, worauf man dreist hin und her bis an den Sturz des Wassers spaziren kann.
Seitwärts davon liegt in einer kleinen Anhöhe der Tempel des Apoll's, so wie in einiger Entfernung der des Merkur`s, und die Halle des Plato, wo man diesen Weltweisen unter seinen Schülern erblickt. - Auf der entgegen gesetzten Seite findet man, nachdem man einen sogenannten Philosophengang durchwandert hat, den Socrates. Hier hat das Auge die reizendste Aussicht; man sieht in der Tiefe den großen See, und in der Ferne eine Landschaft, welche man nicht malerischer denken kann; weshalb jedem zu rathen ist, an diesem zauberischen Orte ein wenig auszuruhen, und im Genusse der schönen Natur zu verweilen. - Von hier kommt man unbemerkt in ein kleines romantisches Thal, wo Pytagoras, der weinende Heraklit, und der lachende Demokrit, neben dem weisen Anaxagoras hausen, und wo man der Cumäischen Sybille in ihrer 100 Fuß tiefen dunkeln Grotte, mit Hülfe eines Lichts, einen Besuch machen kann. - Die Grabmäler Virgil's und eines Cajus Sextus, wovon das erstere nach dem bey Neapel befindlichen, der Sage nach, wahren Monumente dieses Dichters erbaut ist, begrenzen dieses herrliche Thal, und zugleich die schönsten