Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band. Walter Brendel

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Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band - Walter Brendel


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Taten zu verführen. Während der Pubertät würde er ständig in unseren Gedanken herumspuken und Verlangen nach sexuellen Erfahrungen einpflanzen, die viel zu böse waren, um sie zu erwähnen, geschweige denn zu machen. Ich denke, der Fairness halber hätte man den Mädchen beibringen sollen, sich vor Jungen zu hüten, die sie – unter Verwendung jeder Schliche, die der Teufel zu bieten hat - dazu bringen wollten, der sexuellen Versuchung nachzu- und „sich herzugeben“. Aber den Mädchen erzählte man, sie seien die Verführerinnen und daher diejenigen, die man davon abhalten müsse, den Jungen mit ihren weiblichen Reizen zu schaden. Man lehrte uns, ständig zu beten und die Heiligen sowie die Heilige Mutter Gottes darum anzuflehen, einzugreifen und uns Schutz vor den Schlingen des Satans zu gewähren. Es muss zahlreichen Beobachtern aufgefallen sein, dass die Angst vor Satan sehr stark an die Angst vor der eigenen Sexualität erinnert.

      Trotz der Information, die wir über den Alten Bösewicht erhielten, erinnere ich mich nicht daran, jemals von Papst Innozenz VIII. und seiner Jagd auf Hexen und Häretiker gehört zu haben. In seiner Bulle verkündete dieser Inhaber des Stuhles Petri, dass „böse Engel“, also Teufel, Geschlechtsverkehr mit vielen menschlichen Wesen, Männern und Frauen, hätten. Er war nicht der erste, der auf eine solche Idee kam; schon andere vor ihm, etwa Thomas von Aquin (1227-1274), hatten dieses Gebiet schon sorgfältig erforscht. Thomas macht uns darauf aufmerksam, dass der Teufel, da nicht menschlich, keinen menschlichen Samen produzieren kann. Daher muss er sich in eine Frau verwandeln, einen Mann verführen, seinen Samen aufbewahren, sich in einen Mann verwandeln, eine Frau verführen und ihr den Samen einpflanzen. Etwas von der Essenz Satans wird dabei auf den Samen übertragen, daher ist der Nachwuchs nicht ganz normal. Offenbar brauchte Satan eine Ewigkeit, bis es ihm dämmerte, dass der beste Weg zur Weltherrschaft die Reproduktion mit Menschen sei; die Übernahme unserer Körper schien ihm wohl effizienter als die Übernahme unseres Geistes. Doch der Papst und viele andere fromme Männer hatten einen Plan, um diesen teuflischen Nachwuchs ein für alle Mal auszuradieren: Foltern und Verbrennen! Gegen Terror hilft nur Terror! Man kann doch gegenüber dem Teufel nicht ins Hintertreffen geraten. Tatsächlich reicht das sadistische und abartige Verhalten der heiligen und frommen Inquisitoren beinahe dazu aus, einen Skeptiker zum Glauben an Satan zu bewegen. Die Inquisitoren waren teuflisch genug dafür.

      Einer der interessanteren Aspekte der Satanologie ist das wiederkehrende Thema des Menschen, der einen Pakt mit Satan eingeht. Die Faust-Legende ist die bekannteste Version: Im Austausch für seine Seele schenkt Satan ihm Reichtum oder Macht für eine gewisse Zeitspanne. In den meisten Fassungen legt Faust den Teufel aufs Kreuz und drückt sich vor der Bezahlung; im Original jedoch tötet und verstümmelt der Teufel Faust am Ende der Vertrags-dauer. Sein Gehirn wird an der Wand seines Zimmers zermatscht, seine Augen und Zähne liegen auf dem Boden, und sein Leichnam liegt draußen auf einem Misthaufen.

      Heute gibt es immer noch Menschen, die daran glauben, Satan sei ein reales Wesen, aber man hört kaum noch Geschichten von Incubi und Succubi. Am nächsten kommen ihnen Berichte von Entführung durch Außerirdische und von Sternenkindern. Glück-licherweise – für moderne Opfer dieser Entführungen mit vergleichbaren Erzählungen von sexuellen Experimenten, wobei die Aliens Satans Platz einnehmen – gibt es heute keine Kirche mehr, die sie verfolgt, foltert oder ausradiert. Stattdessen gibt es einen aufnahmebereiten und wachsenden Markt für ihre Geschichten und Massenmedien, die mehr als willens sind, diesen Markt zu bedienen.

      Leider sind die Nachkommen der alten Inquisitoren immer noch vorhanden. Sie scheinen – außer ihrer Freude an Folter und Mord – nur eines gemeinsam zu haben, und zwar eine Vorliebe für Uniformen: militärische, polizeiliche, gerichtliche oder klerikale. Doch diese Gemeinsamkeit ist trügerisch, da es viele Menschen in Uniform gibt, die nicht foltern und morden, und unglücklicherweise auch nicht wenige, die auch ohne Uniform freudig Grausamkeiten begehen. Die Uniform scheint für die sadistischen Inquisitoren aller Zeitalter wenig mehr als ein Tarnkleid oder ein Vorwand zu sein, den man der Welt präsentieren kann.

      Es ist allerdings bemerkenswert, dass viele dieser Mörder und Folterer eine Notwendigkeit spüren, zumindest so zu erscheinen, als täten sie Gutes, während sie ihre Schreckenstaten begehen. Die Motivation, die den modernen Terroristen oder ethnischen Säuberer dazu bringt oder die alten Hexenjäger dazu brachte, Menschen zu vernichten, scheint dieselbe zu sein, die die frommen Killer der Inquisition antrieb. Vielleicht gibt es Satan ja doch – in den Seelen dieser guten Menschen, die für ihre noble Sache kämpfen.

      Aus philosophischer Perspektive betrachtet basiert der universelle Glaube an böse Dämonen auf dem Bedürfnis, die ungeheure Menge an moralischem und physischem Bösen zu erklären, das den Menschen durch seine ganze Geschichte begleitet hat. Ich vermute auch, dass Teufel auf ihre Art dazu dienen, unsere eigenen bösen Handlungen zu entschuldigen und unser Verantwortungsgefühl für den Schaden, den wir anrichten, abzuschwächen. Psychologisch gesehen könnten Dämonen eine Projektion unseres Selbst sein, der schlimmste und/oder meistgefürchtete Teil unseres Wesens. Aus literarischer Sicht müssen Dämonen existieren; gäbe es sie nicht, müssten wir sie erfinden. Sie scheinen grundlegend für einen großen Teil unserer Erzählungen zu sein – grundlegender vielleicht als ihre guten Gegenstücke.

      Das Schwachwerden der christlichen Religion hat auch Satan erfasst. Es ist kein Zufall, dass Satan den Zenit seiner Macht im dreizehnten Jahrhundert erreichte, als die Kirche auf dem Höhepunkt war. Im Mittelalter nahm man an, der Teufel habe den Hadrianswall zwischen Schottland und England errichtet, riesige Steine für den Bau von megalithischen Steinkreisen und Dolmen bewegt oder Brücken wie die von Saint-Cloud und die Pont de Valentre bei Cahors gebaut – für den Preis der Seele desjenigen, der als erster die Brücke überschreite. Satan konnte Magie wirken, aber man darf dabei nicht vergessen, dass die ganze christliche Religion magisch ist mit ihren Sakramenten, die vor Satan schützen und die Brot und Wein in Jesus Körpersubstanz verwandeln, Wundern, die die natürliche Ordnung zum Guten wie zum Bösen auf den Kopf stellen, oder mit der Wiederauferstehung der Toten und dem Versprechen des ewigen Lebens. Satan repräsentiert das Gegenteil dieser Ordnung: Schwarze Magie, Pakte mit dem Teufel, Wunder gegen die natürliche Ordnung, das Versprechen ewiger Jugend und wundersamer Superkräfte. Diese satanische Ordnung war die Schöpfung der Kirche, notwendig zur Festigung ihrer eigenen Macht über die Welt. Ketzer, Hexen und Zauberer waren eine Bedrohung der von der Kirche angestrebten Herrschaft. Sie mussten ausgelöscht werden. Mit der Zunahme der Zahl und der Macht der Kirchenfeinde nahm auch der Terror zu, und der Einfluss der Kirche wurde fester und fester etabliert.

      Als die Macht des Christentums als dominanter sozialer und politischer Kraft in der westlichen Kultur nachließ, geriet auch Satan in eine Krise. Im achtzehnten Jahrhundert waren, zumindest in Europa, die Scheiterhaufen für die Hexen und Ketzer beinahe erloschen. Heutzutage würden es die meisten Menschen in der christlichen Welt für primitiv und barbarisch halten, einen Menschen dafür zu verfolgen oder zu töten, dass er mit Satan Umgang hat. Auch diejenigen, die angeblich Böses im Namen Satans tun, werden wegen des Bösen verfolgt, das sie tun, nicht wegen ihrer teuflischen Verbindungen. Die meisten Polizeibeamten würden heutzutage, wenn konfrontiert mit einem von Satanisten begangenen Verbrechen, die Straftäter als geistig gestört betrachten und nicht davon ausgehen, dass sie wirklich mit jenseitigen Kräften zu tun haben.

      Wenn man davon ausgeht, dass der Aufstieg der modernen Natur-wissenschaften viel mit dem Sturz der christlichen Kirche von ihrer einflussreichen Position innerhalb der westlichen Kultur zu tun hatte, dann muss man es zum Teil der Wissenschaft anrechnen, dass Satan aus dem westlichen Bewusstsein exorziert wurde. Natürlich ist der Teufel noch nicht erledigt: Er erhält seine Macht von Gott, und mit Gottes Schwächerwerden geht auch Satans einher. Eines Tages werden Gott und Satan vielleicht nur mehr machtlose Fremde für die menschliche Phantasie sein. Aber man sollte sich nicht darauf verlassen. Viele Theisten glauben auch heute noch, dass die Übel der modernen Welt – von denen es reichlich gibt, wie wir alle wissen – zurückzuführen sind auf das Erstarken Satans und den Rückgang des religiösen Denkens. Wenn es nach ihnen ginge, würden wir alle mehr und häufiger beten, um gegen die Schlingen des Teufels vorzugehen. Andere Menschen – etwa der Autor – sind eher der Meinung, dass wir mehr von diesen frommen Menschen zu fürchten haben als von Satan und seinen Bewunderern. Einige könnten sich versucht fühlen, diese frommen Anhänger des gesetzlich verordneten Schulgebets für Teufel in Verkleidung zu halten. Soweit würde ich nicht


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