ichSCHREIBE. Martin Selle

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ichSCHREIBE - Martin Selle


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20:

       Je genauer Sie Ihre Figuren kennen, desto besser schützen Sie sich vor Schreibblockaden.

      Menschen haben Fehler. Niemand ist perfekt. Erschaffen Sie Figuren ohne Schwächen, sind das Engeln, keine lebensechten Menschen.

       Schreib-Formel 21:

       Statten Sie Ihre Hauptfigur mit einer Schwäche, einem Fehler aus, das macht sie zu einem lebendigen Menschen.

      Diese Schwäche kann körperlich sein – ein Hinken zum Beispiel. Aber auch seelisch – eine Depression, spirituell - eine Figur glaubt, Visionen zu haben, oder emotional – eine Figur ist ein bedingungsloser Logiker.

       Sie sind dran:

       Geben Sie Ihrer Figur nun eine Schwäche. Schreiben Sie diese in das Personigramm ein. Sie müssen nicht zu jedem Punkt eine Schwäche erfinden. Einen Schwachpunkt sollte die Figur aber haben. Suchen Sie sich jene aus, von der Sie das Gefühl haben, sie passt am besten zu Ihrer Figur.

      Jeder Mensch ist auf irgendeine Art verletzlich, hat einen Schwachpunkt. Verletzlichkeiten wecken im Leser den Beschützerinstinkt.

       Schreib-Formel 22:

       Geben Sie Ihrer Hauptfigur eine Achillesferse, die sie verletzlich macht.

       Sie sind dran:

       Geben Sie Ihrer Figur nun eine Verletzlichkeit. Schreiben Sie diese in das Personigramm ein.

      Kein Leser ist vollkommen. Deshalb will er auch keine perfekten Figuren vorgesetzt bekommen.

       Schreib-Formel 23:

       Ist eine Figur in einem Bereich perfekt, sollte sie in einem anderen unvollkommen sein.

      Der Detektiv etwa, verfügt über einen messerscharfen Kombinationsgeist, leidet aber an Platzangst.

      Lassen Sie Ihre Figuren Schwächen zeigen, Fehler machen und Irrtümer begehen.

      Verpassen Sie Ihrem Helden nicht zu viele charakteristische Details. Überfrachtung wirkt schon wieder unecht.

      Es ist empfehlenswert, der Hauptfigur Merkmale zu geben, die es erlauben, den Helden aus verschiedenen räumlichen Distanzen unverwechselbar zu beschreiben.

      Sieht der Leser die Hauptfigur aus einiger Entfernung (Totale), spielen Größe, Statur oder der Gang eine Rolle. Zoomen wir näher an die Person heran (Nahaufnahme), kommen Details wie Narben, Mimik, Gestik ins Spiel. Führen Figuren Dialoge, können Haltungen, Anschauungen oder Einstellungen mitgeteilt werden. Wie eine Figur handelt, kann zeigen, wo sie Schwächen oder Ängste besitzt.

       Schreib-Formel 24:

       Wählen Sie die charakteristischen Details der Figur so aus, dass Sie diese aus verschiedenen räumlichen Distanzen sofort erkennbar darstellen können.

       Sie sind dran:

       Denken Sie jetzt darüber nach, welche Merkmale Sie verwenden wollen, um Ihre Figur aus der Entfernung, aus der Nähe, und wenn man sie nicht sieht, sondern nur hört, sofort erkennbar zu gestalten. Wechseln Sie zum Personigramm und tragen Sie Ihre Merkmale nun ein.

       Insider-Tipp: Vielleicht wollen Sie bereits erfundene Merkmale verwenden. Sie müssen das Rad nicht ununterbrochen neu erfinden. Ziel ist es, eine menschenechte Figur zu kreieren.

      All die genannten Möglichkeiten der Figuren-Erschaffung ergeben zusammen eine mehrschichtige, lebensechte Hauptfigur – einen Menschen. Und so muss es sein. Gewöhnen Sie sich an, diese Fragen zum Charakter beim Entwickeln von Figuren selbst zu stellen. Fügen Sie Ihren Figuren Schritt für Schritt ganz konkrete Eigenschaften hinzu. So entstehen spannende Figuren, die den Leser interessieren.

       Schreib-Formel 25:

       Der Leser lernt eine Figur dadurch genau kennen, indem Sie diese durch konkrete Details beschreiben.

      Mittlerweile hat Ihre Figur ein Gesicht und einen Körper erhalten. Sie wissen, wie der Held aussieht, sich kleidet, welche Schwächen er hat, dass er auf eine Art verletzlich ist und manches mehr ist Ihnen bezüglich der Person durch den Kopf gegangen.

      Sie sind mit anderen Worten dabei, Ihre Hauptfigur kennenzulernen.

      Es gibt beinahe unendlich viele Möglichkeiten, eine Figur unverwechselbar zu gestalten. Ich stelle Ihnen deshalb noch ein paar eitere Fragen zu Ihrer Hauptfigur.

      Nehmen Sie sich Zeit. Denken Sie sorgfältig nach. Geben Sie zu jeder Frage eine Antwort. Diese ›Vertiefenden Merkmale‹ leiten bereits über zu Schreibblock zwei. Je genauer Sie arbeiten, umso leichter fällt Ihnen die Arbeit in der zweiten Lektion.

       Sie sind dran:

       Wechseln Sie zum Personigramm. Ergänzen Sie Ihre Figur um die Rubrik ›Vertiefende Merkmale der Figur‹. Betiteln Sie diese Version dann bitte mit ›Personigramm 1‹. Das ist wichtig, um später Ihren Fortschritt zu sehen.

      Ist es Ihnen gelungen, alle Punkte zu beantworten? Wenn ja – gratuliere! Sie haben begonnen, nachdem Sie Ihrer Figur ein Aussehen gegeben haben, Tiefe, also ein Leben einzuhauchen.

      Und genau darum geht es dann in Schreibblock 2: Aus der Figur einen Menschen mit Vergangenheit zu machen. Vorher jedoch haben Sie noch etwas zu tun.

      Jetzt kommt ein besonders wichtiger Schritt:

       Sie sind dran:

       Wechseln Sie bitte zum Arbeitsblatt ›Meine Hauptfigur‹ und legen Sie das angefertigte Personigramm 1 zur Seite.

       Beschreiben Sie Ihre Hauptfigur nun rein aus dem Gedächtnis. Wie ist sie? Was macht sie einzigartig? Woran erkennt man sie sofort und unverwechselbar wieder? Seien Sie so detailliert wie möglich! Notieren Sie jede Eigenart bezüglich Haare, Gesicht, Körper, Kleidung, Macken, Sprache, Einstellung …

      Vergleichen Sie jetzt das Personigramm 1 mit Ihrer Figurenbeschreibung aus dem Gedächtnis. An welche Details haben Sie sich erinnert? Vermutlich an jene, die wirklich vielsagend und einzigartig sind. Welche Details haben Sie vergessen? Warum? Sind sie zu schwach? Denken Sie darüber nach. Ändern Sie schwache Details.

      Haben sich neue Details in Ihr Gedächtnis eingeschlichen, die nicht im Personigramm 1 stehen? Wenn ja, sind dies vermutlich aussagekräftige Merkmale. Überlegen Sie, ob Sie diese Eigenschaften verwenden möchten.

       Sie sind dran:

       Führen Sie nun beide Figurenentwürfe, das Personigramm 1 und ›Meine Hauptfigur‹ zusammen, indem Sie ein zweites Personigramm mit dem Titel ›Personigramm 2‹ anfertigen, das die Stärken der beiden Entwürfe vereint. Betiteln Sie diese Version mit ›Personigramm 2‹. Mit dieser vereinten Fassung werden Sie die weiteren Schreibblöcke absolvieren.

      Nehmen Sie sich für das Erschaffen von unvergesslichen Figuren Zeit. Es ist ein erhebendes Gefühl, wenn aus Namen einzigartige Figuren – lebendige Menschen – entstehen. Ändern und feilen Sie, sooft Sie das für nötig halten, denn:

       Schreib-Formel 26:

       Schreiben heißt ändern, umschreiben.

      Sehen Sie sich nun das Personigramm 2 an. Genießen Sie den Fortschritt, den Sie in dieser ersten Lektion bereits gemacht haben. Wenn Sie meine Ratschläge befolgt haben, sollten Sie das Gefühl haben, mit Ihrer Hauptfigur einen neuen Menschen so gut kennengelernt zu haben, als wäre er schon lange ein Freund. Sie haben auch gelernt, dass Schriftsteller Texte oft umschreiben, Ideen verwerfen und neue einarbeiten.


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