23 - Und Schnitt!. Patrik Bitter

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23 - Und Schnitt! - Patrik Bitter


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bin ich mir gewiss:

      ...Nur ein klarer Geist kann das Leben erfahren

      und verdamme jegliche Drogen.

      ...Ich forme meinen Körper und Geist

      und dies durch alles was ich denke, mir zuführe und mir auferlege.

      ...Jeder Mensch ist ein roher Diamant

      und ich will meinen Teil beitragen, ihn zu veredeln.

      ...Ein kleines Stück noch und ich erreiche mein volles Potenzial

      und werde versuchen die Welt zu verändern.

      Und ändern wird sich das nie.

      Ich verließ Bali mit einer klaren Vorstellung von meiner Zukunft: Yogalehrer werden, dann Yoga rund um die Welt zu unterrichten und möglichst bald wieder auf diese unglaubliche Insel zurückzukehren.

      Kapitel 2 – Ein Sturm zieht auf

       "Es gibt nur eine Kette, die uns gefesselt hält, nämlich die Liebe zum Leben. Wir dürfen sie nicht von uns weisen, aber wir müssen ihren Druck mindern, damit uns unter dem Druck der Umstände nichts zurückhalte und hindere bereit zu sein, unverzüglich das zu tun, was einmal doch geschehen muss."

       Seneca, Epistulae morales

      In Frankfurt begrüßte uns der Winter von seiner besten Seite: Mit eisigen Temperaturen und starkem Schneefall.

      Die Rückreise dauerte nochmals einige Stunden länger, denn wir hatten einen sechsstündigen Aufenthalt am Flughafen von Kuala Lumpur. Im Flugzeug zu schlafen hatte ich nach mehreren erfolglosen Versuchen letztendlich aufgegeben.

      So war ich bei unserer Ankunft in Frankfurt um acht Uhr morgens deutscher Zeit buchstäblich stehend K.o. Die letzten zwei Stunden unseres Heimwegs konnte ich hinten im Auto sitzen, die Augen schließen und mich entspannen. Mein Vater lieferte mich zu Hause ab und brachte dann seine Freundin und deren Tochter noch nach Essen. Ich aß noch einen warmen Haferbrei und gab mich dann meiner Müdigkeit hin. In dem Moment war es mir egal, dass es nun zehn Uhr morgens war. Hauptsache ich konnte endlich schlafen.

      Nach knapp fünf Stunden im Tiefschlaf wurde ich durch ein lautes Klopfen geweckt. Ich lag im Wohnzimmer auf dem Sofa und alle Jalousien waren noch unten. Ich stand auf und erblickte durch die Lamellen ein blaues Licht.

      Als ich am Fenster war, zog ich die Jalousien etwas hoch und sah meinen Vater und einen Feuerwehrmann. Was war passiert?

      Ich hatte so fest geschlafen, dass ich weder die Klingel, noch das Telefon gehörte hatte. Mein Vater war aus Essen zurückgekommen. Er hatte jedoch keinen Schlüssel. Aus Ungewissheit, wieso ich nicht aufmachte und ebenso wenig ans Telefon ging, hatte er die Feuerwehr gerufen. Das Resultat dieser Aktion war eine amüsierte Feuerwehrmannschaft, ein überraschter Sohn und ein verärgerter Vater. Ich war mir keiner Schuld bewusst und zum Glück war die Angelegenheit schnell vom Tisch. Die Feuerwehr befand sich direkt um die Ecke und der Einsatz blieb für uns ohne Folgen und Kosten. Der Übergang vom tropischen Paradies in die triste Heimat war nicht einfach.

      Ein Gefühl von Leere und ein mulmiges Bauchgefühl waren geblieben. Meine Gesundheit war wieder normal und ich ließ mich nicht von der leichten Melancholie vereinnahmen. Einiges an Arbeit hatte sich über die zwei Wochen auf Bali angesammelt und schnell war ich zurück im alten Rhythmus. Meine kleine Firma, meine Yogapraxis und mein Haushalt füllten mich aus und so blieb kaum Zeit zum Grübeln.

      Außerdem hatte ich ja ein klares Ziel vor Augen, auf das es hinzuarbeiten galt. Ich meldete mich für eine Yogalehrerausbildung an, die im Oktober 2008 in Köln beginnen sollte.

      Mitte Januar schickte Lin eine Rundmail an die Retreatteilnehmer. Wir sollten berichten, was sich bei uns nach der Balireise getan und verändert hatte. Den Anfang machte sie selbst und berichtete uns von weiteren Tagen Surfurlaub mit ihrem Freund in Bali und Australien und von einem Krisengespräch mit ihm, das zur Trennung führte. In ihren Worten klang eine gewisse Leere und Traurigkeit mit, andererseits blieb auch ihr nicht viel Zeit zum Grübeln:

      Ihre nächsten Termine und Reisen standen schon fest. Sie hatte sich entschieden, möglichst viel von der Welt sehen zu wollen und Yoga noch bekannter zu machen. Wenige Tage später bekam ich von ihr eine persönliche Nachricht.

      Sie hatte das Gedicht und den Anhänger beim Aufräumen wieder entdeckt. Sie stand kurz vor der Abreise Richtung USA und dem Beginn ihres Lebens als „reisender Weltbürger“.

      Sie wollte sich für die beiden Geschenke bedanken und fragte, was sich in meinem Leben so abspielte. Ich berichtete von meinen Erlebnissen seit Bali, den Erkenntnissen, die ich mitgenommen hatte, und meinen Plänen für die Zukunft. Besonders der kleine Unfall im Reisfeld war mir in Erinnerung geblieben. Er war sinnbildlich für meine Entwicklung. Früher waren solche Vorfälle in meinem Leben keine Seltenheit und häufig nagten sie noch eine Weile an mir. Auf Bali konnte ich sehen, dass ich das alte Muster überschrieben hatte. Folglich hatte ich viele Pläne und Termine gemacht:

      Die Biofach Messe in Nürnberg Ende Februar 2008, Yoga Workshops in München und Zürich im Sommer, die Yoga Conference und die Yogalehrerausbildung in Köln und vielleicht eine Ayurvedaklinik in Indien besuchen. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, das ich Lin alles schreiben und erzählen konnte. Natürlich schickte ich ihr auch ein Bild von meiner Mutter, auf die ich sehr stolz war und die mir so viel Liebe und Stärke über die Jahre verliehen hatte. Mitte Februar fand ich in meiner Inbox wieder eine Mail von Lin. Sie war voller lieber Worte und einer kleinen Geschichte, die sie mir bis dahin nicht erzählt hatte:

      Am letzten Tag vor ihrer Abreise von Bali hatte sie mit der Organisatorin Mary und einem der Retreatteilnehmer namens Chris zu Abend gegessen. Chris dachte, ich wäre Lins „Freund“, weil wir uns so gut verstanden, Lin sehr nett zu mir war und mir viele Komplimente gemacht hatte. Ihre Aussage in der Mail dazu war vage und beschäftigte mich einige Zeit: „Komisch was Menschen sehen, oder glauben zu sehen. Mein Freund, du bist tief in meinem Herzen und ich kann es kaum erwarten, eines Tages zu einer deiner Yogastunden zu kommen.“

      Wenig später rückten meine Träume und Pläne in weite Ferne. Das Blut, das mich auf Bali bereits geschockt hatte, kehrte zurück. Zuerst kam der Durchfall und dann kamen Blutspuren dazu. Ich machte mich schlau und vermutete entweder eine Infektion aus Bali oder Colitis Ulcerosa. Ich telefonierte an einem der Tage mit meiner Mutter und sagte ihr eben das:

      „Ich glaube, ich habe eine Colitis.“ Zunächst wurde ich von allen Seiten beruhigt. Ich war auch selbst der Überzeugung, dass es wieder weggehen würde, so plötzlich, wie es gekommen war. Ich nahm blutstillende, entzündungshemmende, immunstärkende und antibakterielle Kräuter, aß schonende Kost und ging zu zwei Heilpraktikern. Mein Zustand blieb für einige Tage auf niedrigem Niveau stabil. So zögerte ich das Unvermeidliche weiter und weiter hinaus. Mein Bauchgefühl sagte mir, das Krankenhaus und konventionelle Medikamente mir auch nicht helfen könnten.

      Dennoch fuhren wir Ende Februar zur tropenmedizinischen Ambulanz am Universitätsklinikum Düsseldorf. Die Untersuchungen dort - Stuhl- und Blutproben - waren ohne positiven Befund. Doch es waren Antikörper gegen exotische Organismen in meinem Blut. Diese konnten nur dort sein, wenn mein Körper mit diesen in Berührung gekommen war.

      Ich hangelte mich von Tag zu Tag. Es war ein Kampf, den ich gewinnen wollte. Meine Kraft schwand zusehends. Der Schmerz im Bauch und Unterleib wurde unerträglich. Die Blutungen wurden stärker. Essen und Trinken wurden immer mehr zu einer Überwindung. Ich musste vor kleinen Portionen Suppe kapitulieren. In mir drin war alles so entzündend und geschwollen, dass ich nichts mehr runter bekam.

      Mein Vater lebte zu der Zeit bereits größtenteils in Essen bei seiner Freundin und es wurde ihm zunehmend eine Last, dass ich in Iserlohn alleine lebte und nun krank war. Diese Verantwortung wollte er nicht mehr tragen. Irgendwann gab ich den Widerstand vor dem Krankenhaus auf. Ich lag zu Hause auf dem Sofa, zusammengekauert und mein Vater sagte:

      „Es reicht, ich bringe dich jetzt ins


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