HIPPIE TRAIL - BAND 2. Wolfgang Bendick

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HIPPIE TRAIL - BAND 2 - Wolfgang Bendick


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mit. Die waren fast so groß wie Ansichtskarten, glänzten und rochen eigen-artig. Ich dachte, dass sei der Geruch des Landes, aber es war nur der der Druckfarben. Diese Bilder waren so bunt, die Sonnenaufgänge so fantastisch, die Tiere so komisch, dass ich mich nicht satt sehen konnte und sie an die Wände hing. Die Bilder anderer Länder tauschte ich mit Freunden gegen deren Bilder von Australien ein. Ich war gespannt darauf, ob die Sonnenaufgänge und -Unter-gänge wirklich so bunt waren wie auf den Bildern! Doch im Augenblick ist alles eher grau, nur ein beiger Streifen, der langsam näherkommt, Wüste. Das hatte ich mir fast gedacht! Überall auf der Erde findet man auf der Südhalbkugel Wüstengebiete an der Westküste der Kontinente. Ich bringe das mit den Passatwinden in Zusammenhang. Inzwischen sind die letzten Passagiere an Deck gekommen, wir stehen alle an Backbordseite, um das Land zu begrüßen. Für die meisten die alte Heimat, für ein paar wenige, wie mich, die neue. Australien, so groß wie die USA, aber nur so viel Bewohner wie London… Je Quadratkilometer macht das nicht ganz 2 Personen, in Deutschland hingegen 245!

      Die ‚Australasia‘ macht fest. Vor einem großen Schuppen, wohl der Zollabfertigungshalle. Auf deren Dach weht die australische Flagge: auf blauem Grund das Kreuz des Südens, im oberen Eck der Union Jack, die Farben Englands. Für eine Weile tut sich nichts. Erst muss das Schiff einklariert werden. Vor allem die Gesundheitspapiere werden überprüft. In einem Merk-blatt hatte ich gelesen, dass jegliche Einfuhr von Leder, Pflanzen, tierischen Produkten, Nahrungsmitteln, kurz alles verboten ist. „Die werden uns noch die Gürtel ab-nehmen und die Schnürsenkel!“ motzt John. Dann dürfen wir an Land. Für die Altaustralier ist die Prozedur kürzer. Wir Einwanderer müssen in eine extra Halle. Und dort sind sie gründlich! Zuerst Visumkontrolle und Eintragen der Landungsdaten. „Do you have money?“ ich zeige stolz meine 55 Dollar. Doch das sind US Dollar. Der australische ist aber mehr wert! Umgerechnet komme ich nur auf 48 australische. Sie beraten. Okay!

      Ich habe nur die Turnhose an. Da kann ich nicht viel verstecken. Außer den Familienjuwelen. Aber unterm Hemd! Brustbeutel ausleeren! Ist aus Leder. Schuhe ausziehen. Nichts drin versteckt? Leder, ist verboten! Sie sind dermaßen auf meine Schuhe konzentriert, schon vorher, in allen Ländern. Was haben die denn besonderes? Aber ich kann doch nicht barfuß gehen auf den heißen Straßen. Keep them! John ist schon längst durch die Immigration durch und wartet draußen auf mich. Ich bin noch am Rucksack auspacken. Bestimmt kommt das von den Stempeln in meinem Pass, denke ich. Dann kann auch ich weiter. Eigenartig, das Auffälligste an mir, den Hut mit der Schlangenhaut, haben sie gar nicht bemerkt. Den habe ich noch nicht mal abzunehmen brauchen! Die Cartwrights hängen auch fest. Sie müssen erst ihr Fahrzeug desinfizieren lassen, sonst dürfen sie nicht damit fahren. Das aber ist deren Wohnung. Hoffentlich können sie diese Nacht darin schlafen! John lädt mich zu einem Bier ein. Ich gebe ihm die 50 Dollar zurück. Er lässt mir eine Adresse in Perth, der Hauptstadt Westaustraliens, nicht weit von hier, wo ich ihn erreichen kann. Er will da als Tellerwäscher arbeiten. Ich bleibe lieber in Fremantle. Das ist eine kleine Stadt, mir sympathischer.

      Dann stehe ich allein auf der breiten Straße. Ich komme mir vor wie ein Cowboy in einem Western. Allein! Die Häuser sind niedrig, meist nur Erdgeschoss oder noch eine Etage drauf. Viele sind aus Holz und haben falsche Fassaden. Die paar Autos fahren alle links. Menschen sind wenige unterwegs. Klar, bei dieser Bevölkerungs-dichte tritt man sich nicht auf die Füße, höchstens man stolpert über seine eigenen. Da kommt jemand. Ich spreche ihn an. „Cheap Hotel?“ Er brummelt irgendwas und weist in eine Richtung. Was ist denn das für ein Kauderwelsch? Frage ich mich, ich dachte, hier spricht man Englisch! Ich laufe in die gewiesene Richtung und stehe bald vor einem weißen Holzgebäude: „Hotel“. Ich steige die paar Holzstufen hinauf und frage nach dem Preis. Fast wirft es mich um! 43 Dollar die Woche. Mein Geld reicht also noch nicht einmal für eine Nacht! Der Hotelmensch kennt anscheinend mein Problem. Ich bekomme den Eindruck, dass hier nicht jeder die Taschen voller Geld hat. Er meint, in meinem Fall wäre ein Boarding-House das Einzige. Und er weist mir die Richtung dorthin. Boarding-House klingt ziemlich nach Bordell-Haus. Sollte es mir hier so gehen, wie auf Penang? Und diese Sprache! Das muss schon was mit Englisch zu tun haben, aber völlig falsch betont! Ich komme mir vor wie ein Preuße in Bayern: Ich muss genau die Gestik beobachten und den Rest dazudenken. Zum Glück hängt ein Schild über dem besagten Haus. Als ich ankomme, bin ich etwas beruhigt. Wenn Bordell, dann eher Männerbordell. Denn ich begegne nur Männern in dem nach Bohnerwachs riechendem Holzhaus. „Ein Zimmer? 40 $ die Woche.“ „What? Aber man hatte mir gesagt, ein Boarding House sei billiger als ein Hotel!“ „Ist es ja auch! Die Zimmer sind aber viel größer, 4 Betten, 6 Betten. Come on!“ er klopft an eine Tür. „Come in!“ Wir gehen hinein. Drinnen sitzen 4 stoppelhaarige und stoppelbärtige Männer, schon etwas ergraut, in Turnhose und Unterhemd. Es ist sehr heiß im Raum. Vor zwei Fernsehern schauen sie die verschiede-nen Nachmittagsprogramme an. „There is a mate looking for a room!“ Mate musste also Mann heißen. Sie schauen mich an. In schlechtem Englisch fragen sie, wo ich denn herkomme. Ich sage „Germany!“ Ihre Minen hellen sich auf. Sie sind aus Ungarn, Polen und der Tschechos-lowakei. Wir verständigen uns also in Deutsch, welches sie besser beherrschen als Englisch. Sie suchen auch nach Arbeit, wie ich. Sie haben das Zimmer zusammen gemietet. Für 40 $ die Woche. Das macht 10 $ pro Kopf. Mit mir sinkt der Preis auf 8 $. Ich bin also ein willkommener Gast. Ich ziehe meine letzten Dollar heraus und will eine Anzahlung lassen. Doch der Wirt winkt nur ab und meint, ich solle erst mal schauen, dass ich Arbeit bekomme, dann reden wir über das Bezahlen. Das ist eine vernünftige Einstellung! Ich investiere also in ein paar Flaschen Bier als Einstand.

      Ich bin froh, untergekommen zu sein. Sie stellen erst mal viele Fragen, wie es in Europa aussehe, die Politik usw. Ich sage ihnen, dass für das erste Mal die SPD dran sei mit Willy Brand als Bundeskanzler, und sich die Situation mit dem Osten bestimmt bald entspannen würde. Sie sind schon 6, beziehungsweise 8 Jahre in Australien, da darf schon etwas Heimweh aufkommen! Was mich aber interessiert ist, wie es hier mit Arbeit aussieht! „Du meinst wohl eher mit Arbeitslosigkeit!“ berichtigen sie mich. Seit Wochen schon sind sie ohne Arbeit. Und bald kommt der Sommer (Winter in Europa) mit der Regenzeit im Norden, wo viele Betriebe zumachen, und dann kommen noch mehr Arbeitslose nach Süden. Wer will schon im Sommer in den Tropen bleiben? Ich werfe ein, dass Australien in Europa für Einwanderer wirbt. Man hatte mir ein unbefristetes Einwanderungsvisum gegeben. Die Regierung würde doch nicht Arbeiter anwerben, wenn keine Arbeit wäre! „Das ist Politik. Politiker tun immer das Gegenteil von dem, was gut wäre…“ Es gibt ein Arbeitsamt, wo man sich registrieren lassen kann als Arbeitssuchender. Doch die würden nie Stellen haben. „Und Arbeitslosengeld?“ will ich wissen. „Das musst du dir selber auf die Seite legen, wenn du mal Arbeit hast. Manchmal gibt es schon gut bezahlte Jobs, aber nie für lange. Geh mal zur Einwanderungsbehörde in Perth. Normalerweise be-kommen Einwanderer Wohnung und Beihilfen. Versuchs mal, mehr als ein Nein kannst du nicht bekommen!“ trösten sie mich. „Es gibt auch noch private Arbeits-vermittler.“ Klären sie mich weiter auf. „Doch da musst du schon um 7 Uhr früh dastehen. Mit ein paar Tricks kannst du da Arbeit kriegen.“ „Mit Tricks Arbeit bekommen? Erkläre mir das mal genauer!“ „Das kann warten! Geh erst mal den offiziellen Weg... Prost“ Wir prosteten uns zu. „Prost Australien!“ Sage ich du hebe die Flasche. „Prost Europa!“ antworten sie und nehmen einen zweiten Zug. Zum Glück ist es nachts etwas kühler. So verbringe ich meine erste Nacht in der neuen Welt.

      Am nächsten Morgen rührt es sich schon sehr früh im Boarding House. Es sind anscheinend nicht nur Arbeitslose in Australien. Ich schaue mir etwas genauer das Städtchen an. ‚Fish’n chips‘ Läden überall, viele Bars, ein paar Restaurants und ‚Clubs‘. Was sind Clubs frage ich später meine neuen Freunde. „Das sind geschlossene Gesellschaften, wo man sich trifft zum Kartenspielen, Tanzen, Trinken oder Anderem. Haupt-sächlich wohl zum Trinken. Man muss Mitglied sein.“ „Warum einen Trinkclub?“ will ich wissen. „Warte mal ab. Du wirst erstaunt sein! Hier machen die Kneipen schon um 22 Uhr zu, sonntags um 20 Uhr. Trostlose Verhältnisse!“ Je höher die Sonne steigt, desto wärmer wird es. Soweit noch normal. Doch je wärmer es wird, umso mehr umschwirren mich Fliegen. ‚Müsste mich nochmal duschen‘, denke ich, eine Dusche war wohl zu wenig, um den Geruch der Reise zu entfernen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite scheint mir jemand zuzuwinken. Aber die kenne ich doch gar nicht! Waren die vielleicht mit mir auf dem Schiff gewesen? Ich winke ihnen höflichkeitshalber zurück. Sie schauen mich erstaunt an. Doch ich


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