HIPPIE TRAIL - BAND 2. Wolfgang Bendick

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HIPPIE TRAIL - BAND 2 - Wolfgang Bendick


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gekrümmter Chinese durch einen Vorhang in einen schwach erleuchteten Raum. Dort sind auf jeder Seite drei Pritschen hintereinander angeordnet. Die drei rechts sind schon besetzt, besser gesagt, belegt. Von friedlich dösenden Menschen, mit einem verklärtem Lächeln im Gesicht. Er weist uns an, es uns bequem zu machen. Jeder auf einer der schmalen Pritschen. Es liegt sogar ein Kopfpolster darauf. Bezahlt hatten wir schon im Vorzimmer, bei dem Bewacher unserer Wertsachen. Wir legen uns also jeder auf seine Bank, gespannt auf das, was nun kommen wird. Zuerst kommt der Chinese zu mir, mit einer Petroleum-lampe. Aus einem Tuch wickelt er einen tischtennis-ballgroßen bräunlichen Klumpen. Davon schneidet er ein kleines Stückchen ab und steckt es auf eine Art Stricknadel. Damit hält er es über den Zylinder der Lampe, bis es Bläschen wirft. Dabei dreht er die Nadel leicht, wie ein Stückchen Brot, was man aus dem Käsefondue hebt. Aber das werden die hier kaum kennen, denke ich. Die kennen ja noch nicht mal Käse! Dann streicht er das Kügelchen in den winzigen Pfeifenkopf, der auf einem wohl 40 Zentimeter langen Bambusrohr montiert ist, und mich sehr an die Eichel-pfeifen erinnert, die wir uns als Kinder manchmal in den Mund gesteckt hatten, um die Erwachsenen zu imitieren. Er reicht mir das Rohr und gibt mir zu verstehen, daran zu ziehen. Ich nehme es also an den Mund und inhaliere, während er die brennende Lampe an den Pfeifenkopf hält. Aber weder spüre ich Rauch beim Einatmen, noch sehe ich welchen beim Ausatmen. Will der mich übers Ohr hauen? Ich reklamiere und sage nochmal, was mir große Anstrengung abverlangt. Ein weiterer Zug. Ich schmecke das Petroleum, aber keinen Rauch. Doch- ich verspüre einen Geschmack… Ich will ihm das sagen, bringe aber kein Wort heraus, wie in einem Traum, wenn man etwas rufen will, aber kein Ton herauskommt. „Ist ja auch egal“, denke ich noch. Ich fühle mich so wohl, so leicht, wie ein Rauchschleier, der im Raum schwebt. Das ist Nirwana! Durchfließt mich ein süßes Gefühl, dann lass ich alle Gedanken los und lasse nur noch geschehen. Irgendwelche Klänge kleben schwebend in der Luft. Die Sorge um meine Papiere hatte ich schon beim ersten Zug vergessen. Da wo ich jetzt bin, brauche ich keine Papiere mehr…

      Als ich langsam wieder die Holzpritsche unter mit wahrnehme und den halbdunklen Raum um mich herum, mein Körper wieder Gewicht annimmt, weiß ich, ich komme von weit her zurück. Sehr weit! Ich war in Welten eingedrungen, die sonst den Sterblichen ver-schlossen sind. Die anderen Bänke waren leer. Außer der von Klaus, der sich gerade zu regen anfing. Ich war ungeheuer glücklich. Wenn so ein Zustand auch durch Meditation zu erreichen ist, wäre es der Mühen wert! Das brachte mich auf einen Gedanken: Könnte es nicht sein, dass die jeweiligen Religionen der verschiedenen Kulturkreise auf der Erfahrungen ‚Eingeweihter‘ mit den landesüblichen Drogen basierten? Dort, wo der Budd-hismus und die Idee von Nirwana seine Wiege hat, wächst auch der Mohn. Der Islam könnte dann aus Haschischvisionen entstanden sein. Und das Christen-tum? Aus Alkoholrausch? Na dann mal Prost Mahlzeit!

      Wir traten auf die Straßen, wo das Fest der hungrigen Geister auf seinem Höhepunkt war. Auch wir waren hungrig. Wir konnten nicht mehr bis Mitternacht warten wie die Geister und kauften bei den ambulanten Ständen chinesische Schmankerl. Köstlich! Am nächsten Tag bereitete ich mich innerlich und äußerlich auf Singapur vor. Über Singapur waren ja die wildesten Gerüchte in Umlauf. Spucken unter Strafe verboten! Die armen Inder, was die alles schlucken müssen… Zigarettenkippen und Abfälle fallen lassen, 15 Dollar, sofort zahlbar! Pinkeln: Gefängnis! Kotzen, mindestens Zuchthaus! Kacken - Todesstrafe. Nein, halt, Todesstrafe war für Drogen-besitz! Lange Haare – Gefängnis, Kahlschur und Landes-verweis zusammen. Kein gutes Land für Hippies. Und da will ich hin? Nein, ich muss! Denn dort liegt mein Schiff! Klaus schnitt mir mit meiner Nagelschere den Bart und verbesserte den Haarschnitt. Ich kam mir vor, wie beim Eintritt in einen Orden. Ich war geduscht, meine Klamotten waren gewaschen, wenn auch nicht gebügelt. Halt! Es fehlte noch die Hirnwäsche! Aber vielleicht wurde mein Opiumrauchen gestern als solche anerkannt? Meine Meerschaumpfeife hatte ich gründlich ausgekratzt und vorsichtshalber etwas Weihrauch, den mir die hungrigen Geister abgetreten hatten, darin verbrannt. Man weiß ja nie, bis wohin deutsche Schäferhunde exportiert werden. Ich stülpte den Rucksack um, um sicher zu sein, dass nicht irgendwelche Spezialitäten, zumindest krümelweise, noch vorhanden waren. Klaus drehte noch einen Abschiedsjoint. Wir rauchten ihn während wir zum Bus gingen. Ein letztes Umarmen, ein letztes Winken. Reisen ist eine Kette von Abschiednehmen…

      Der Bus fuhr über die Brücke, die zugleich auch als Bahnüberführung diente, in Richtung Singapur. Ich hatte gedacht, mit dem Bus, der ja seinen Fahrplan einhalten muss, komme ich unbehinderter da rüber. Aber nein! Singapur ist ein eigenes Land und wenn auch klein, so doch groß mit seinen Schikanen. Ich muss aussteigen. Der Bus fährt ohne mich weiter. „You Hippie?“ fragt der Zöllner. Er ist weiß. Alle Schlüsselposten sind in Singapur mit Weißen besetzt. „No Hippie!“ Ich verleugne meine Religionsgemeinschaft, wie ein Jude im dritten Reich. Ich komme mir etwas vor wie ein Verräter. Warum kann man auf dieser Welt nicht so sein, wie man ist? Warum muss man sich immer den Vorstellungen verschrobener Moralhüter unterwerfen? „You have drugs, you take drugs?“ Die Stempel in meinem Pass wirken nicht gerade als Empfehlung. Ich lege ihm mein Schiffsticket hin. Das ist Voraussetzung für das Eintagsvisum. Trotzdem alles auspacken. Lächerlich! denke ich. „Why do you smile?“ will er wissen. „You waste your time!“ bemerke ich. „You bloody Hippies waste your time! Why don’t you work like everybody?“ Bumm, bumm, bumm! knallen die Stempel auf meinen Pass. Ich bin erleichtert. „Welcome to Singapore!“ wünscht man mir sogar, als man mir Pass und Gesundheitskarte zurückgibt. Ich bin in Singapur, welches als das bisher größte Hindernis der Reise erschienen war!

      Zuerst lief ich zum Hafen. Mein Schiff war noch nicht da, es sollte erst am Nachmittag einlaufen. Ich hatte von hier aus nur einen beschränkten Blick auf den Hafen, aber der reichte aus, um festzustellen, dass er enorm sein muss. Und direkt vom Meer aus erreichbar, ohne Revier, also ohne Flusszufahrt. Ich ließ meinen Rucksack beim Pförtner einer der Eingangsschranken zurück, und machte mich auf den Weg in die Stadt. Singapur wurde gerne als Beispiel für das friedliche Zusammenleben verschiedener Rassen und Kulturen dargestellt. Aber auch hier hatten Aufruhre stattgefunden, ich glaube 1966. Es bleibt anscheinend auf lange Sicht nicht aus, dass jemand sich den Anderen überlegen fühlt. Jede Volks-gruppe lebte in ihrem eigenen Viertel. Das Wort Ghetto ist übertrieben, aber Rassenschranken bestanden offen-sichtlich! Nur das Geld machte die Menschen gleicher und bewirkte das Abbröckeln alter Sitten. Jedes Viertel hatte seine eigene Bauweise, die am besten an den Tempeln zu erkennen war. Chinesen, Inder, Malaien teilten sich die Insel, die Arbeit und den Handel. Und natürlich war und ist der weiße Mann auch sehr an allem beteiligt, vor allem die Engländer. Singapur war Teil des ‚British Commonwealth of Nations‘, was fast alle ehemaligen englischen Kolonien einschloss und eng mit dem Mutterland verband. Wichtig, vor allem, die Militärstützpunkte überall in der Welt, wie Gibraltar, Aden, Hongkong und hier Singapur. Eine legale Mafia. Was mir gleich ins Auge stach, waren die Fahrrad-rikschas! Hier waren das Fahrräder mit Seitenwagen dran, so wie mein altes Mammut, nur schwindsüchtiger. Wäre ich damals mit so etwas aufgebrochen, hätte ich keine Kolbenfresser riskiert, sondern schlimmstenfalls Wadenkrämpfe und einen Pavianarsch!

      SUNDA STRASSE

      So gegen 5 Uhr komme ich zum Hafen zurück. Weiße Aufbauten und Masten überragen den Schuppen vor mir, dazu ein schwarzer Schornstein mit einem weißen A darin. Als ich um den Schuppen herumgehe, liegt sie vor mir: Die ‚Australasia‘, grau gestrichener Rumpf, 6 Luken, 4 Decks, ein ‚Kombischiff‘. Sieht nach 50er Baujahr aus, aber gut in Schuss! Den Aufbauten nach zu schließen kann sie 200 bis 250 Passagiere befördern. Als ich mich nähere, rufen ein paar Kinder und eine Frau vom Hauptdeck „Hi, Wolfi!“ und winken. Es sind die Cartwrights, die irländischen Auswanderer. Daddy war noch auf der Pier beim Verladen des Autos. Dieses wurde an einen Kran angehängt und dann an Bord gehievt. Großes Hallo. Über eine Gangway komme ich an Deck. „Welcome on Bord!“ empfängt man mich, Ticketkontrolle, dann nimmt ein Steward meinen Rucksack und führt mich durch lange Gänge und Treppen hinunter bis vor eine Tür, die letzte an Steuerbordseite. Das gefällt mir! Da sich ja Dutzende von gleichen Türen aneinanderreihen, ist so die Kabine jederzeit leicht zu finden! Der Steward klopft und lässt mich eintreten. Und wer ist da, gerade dabei, seinen Koffer auszupacken? John, der Amerikaner, mit dem ich schon auf der Rajula die Kabine geteilt hatte! „Hi Wolfi!“ begrüßt er mich, freudig überrascht. In Kuala Lupur


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