Ich bin jetzt Soldat. Achim Hammelmann

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Ich bin jetzt Soldat - Achim Hammelmann


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Du wohl wieder den ganzen Tag pütschern.

      Übrigens ist dieses noch nicht der amtliche Geburtstagsbrief, die großen Sachen sollen erst noch steigen. Hoffentlich klappt alles. Jetzt schon zu gratulieren, finde ich nicht richtig, das tut man nicht. Bis zum großen Tage wünsche ich Dir jedenfalls alles Gute.

      So, hoffentlich habe ich Euch nicht mit meinen vielen Seiten gelangweilt, das würde mir unendlich leid tun. Aber wenn ich dabei bin, höre ich auch nicht wieder auf. 2 Uhr ist es gleich, dafür ist aber morgen Sonntag.

      Alles Liebe und Gute wünscht Euch,

      Euer Werner

      Geburtstagsluftfeldpostbrief - Rußland, den 3.XI.42

      Mein liebes, gutes Geburtstagskind!!

      Bevor ich nun zum amtlichen Teil meines Briefes schreite, möchte ich mich erst einmal recht recht herzlich für Dein liebes Päckchen vom 16.10. bedanken, das ich gestern mit großer Freude empfing. Es waren Deine wunderbaren Kuchen, die ich, da sie so vorzüglich mundeten, in kurzer Zeit verdrückt hatte. Ja, ich konnte nicht widerstehen, und hab' es auch nicht bereut, denn sie bereiteten mir einige Minuten schlemmerhaften Genusses. Also habe noch einmal recht herzlichen Dank dafür.

      Und nun, wie gesagt, zum amtlichen Teil. Erst einmal hoffe ich von ganzem Herzen, daß dieser Brief gerade am Morgen Deines Geburtstages eintreffen möge, denn sonst wäre ja sein eigentlicher Zweck verfehlt. Doch nichtsdestotrotz, ich gratuliere Dir erst mal recht herzlich und wünsche Dir für diesen Tag und die Zukunft alles nur erdenklich Gute. Gleichzeitig möchte ich auch die Hoffnung aussprechen, daß Du das Glück haben mögest, in den kommenden Jahren dieses Fest nicht nur in einem Glorreichen Frieden, sondern wieder im Kreise Deiner ganzen Familie zu feiern. Die Hauptsache jedoch ist, daß Du uns noch recht, recht lange gesund bleibst, das andere wird sich ja alles schon von selbst finden. Ich glaube, es ist dieses Jahr das erste Mal, daß ich Dir nicht persönlich gratulieren kann. Wie gerne hätte ich es getan, und wie gern hätte ich Dir selbst ein schönes Geschenk überreicht; doch wir haben eben Krieg und so bleiben niemandem eventuelle Unannehmlichkeiten erspart. Ich habe aber doch versucht, mich für Deine liebe Sorge um mich, und für all das, was Du für mich getan hast, ein ganz kleines bißchen zu revanchieren. Hoffentlich klappt alles, na Du wirst es sicher dann selbst schon merken. Mehr will ich nicht verraten!!

      Sicher wirst Du wieder viel Besuch haben und Deine Kränzchendamen werden wohl auch alle erscheinen. Dann hast Du sicher wieder die Tage vorher so schön gebacken, eingekauft und alles vorbereitet und wenn dann der Besuch da ist, wirst Du umherlaufen und rennen, um es allen so schön wie möglich zu machen. Nur Du selbst wirst dann von dem nichts haben. Ja, ich kenne Dich doch, so war es doch immer Dein Ziel, alles am Schönsten zu machen und zu haben. (Es ist Deine einzige Schwäche!) Ich will Dir damit selbstverständlich an einem solchen Tage keine Vorwürfe machen, es ist ja auch kein Fehler, doch, ich glaube, Du tätest viel, viel besser daran, wenn Du Dir endlich einmal, nach so vielen Jahren unermüdlicher Arbeit und Sorge um uns, ein bißchen Ausspannung und Erholung gönnst. Ich habe Dir es ja schon so oft gesagt: einmal lebt man nur und solange man das Glück hat, soll man auch nicht versäumen, die schönen Stunden, die einem geboten werden, zu kosten. Es ist nur gut, daß Du es inzwischen schon ein ganz kleines bißchen eingesehen hast.

      So, offiziell möchte ich heute nicht mehr werden, ein entsprechender Brief soll bald folgen. Eines jedoch möchte ich Dir noch schnell (denn es ist schon bald 12 Uhr und der Brief muß unbedingt noch fort) zur Beruhigung mitteilen: ich fühle mich ausgezeichnet und kann weder von meinem alten Humor noch von meiner guten Laune etwas anderes behaupten.

      Laß Dir noch einmal alles, alles Gute wünschen und sei recht herzlich gegrüßt

      von Deinem Werner

      Rußland, d. 11.11.42

      Meine liebe Mutti, lieber Walti und liebes Großväterchen!

      Ich habe ja schon ein recht schlechtes Gewissen, denn ich hatte versprochen, an Deinem Geburtstag zu schreiben und heut' ist schon der 11. Aber, man kann sich ja hier nichts vornehmen, und so ist natürlich wieder eine Luftpostmarke fällig. Meine 2. möchte ich Dir überlassen.

      Eben kam Dein lieber Brief Nr. 4, den ich mit großer Freude und heißem Dank in Empfang nahm. Du hast Minderwertigkeitskomplexe? Na, Du schreibst mir doch so fleißig, ich kann mich nicht über Dich beklagen. Und dann hast Du wieder so einen Haufen Päckchen und Pakete angekündigt, mit den dollsten Sachen. Ich mache Euch ja richtig arm. Ihr seid doch auch nur auf Eure Marken angewiesen. Es ist so lieb von Dir, daß Du mir all das gönnst, die schönen Sachen alle, da lebe ich ja bald besser als ein Millionär im Frieden. Aber für die anderen Marken schicke mir keine Lebensmittel; irgend etwas für Weihnachten; Papi hat auch wieder ein großes Paket abgeschickt, so daß ich mir einen Geburtstag dann auch zu Hause im Frieden nicht besser vorstellen kann. Ich weiß gar nicht, wie ich Euch dafür danken soll. Du hast recht, ich werde hier schon der Päckchenmann genannt, jeden Abend ist immer ein Schwung für mich dabei. Na, wie gesagt, auf meinen Geburtstag freue ich mich schon, wenn nur die Pakete rechtzeitig eintreffen. Auf zu Hause muß ich dieses Jahr nun mal verzichten, das bringt eben der Krieg mit sich, doch es kommen ja auch einmal wieder andere Zeiten. Apropos Geburtstag. Hast Du Deinen schön verlebt und recht viel Geschenke bekommen? Wenn nur meine kleine Überraschung geklappt hat; ich hab' versucht, Dir auf diesem Wege eine kleine Freude zu machen. Schade, daß ich nicht dabei gewesen bin, es war das erste Mal und zu Deinem Ring hast Du Dich gefreut. Es ist bestimmt auch mein Geschmack, na ich werde ihn wohl auch mal zu sehen bekommen. Papi hat Dir sicher auch wieder sehr viel geschickt, und das Kränzchen wird wohl auch dort gewesen sein. Schreib' doch mal, wie’s war.

      Und Rosie will Euch besuchen oder ist sie schon in Hamburg? Hoffentlich wird es ihr ohne mich gefallen! Hm Hm!

      Und der Großvater hat ja nun auch Geburtstag, das hagelt ja nur so. Morgen steigt sein amtlicher Geburtstagsbrief, der hoffentlich dann noch rechtzeitig ankommt. Bis dahin wünsche ich ihm jedenfalls alles Gute.

      Von hier ist eigentlich nicht viel Neues zu berichten, man hat hier seine Arbeit und freut sich, daß man vorläufig noch hier sein darf. Allerdings herrscht seit dem 4. Nov. eine sehr starke Kälte. Durchschnittlich herrschen hier -10° bis -14°, während nachts, was sich zu unserem Leidwesen sehr stark auf das Wacheschieben ausübt, das Thermometer bis auf -20° heruntersinkt. Wir haben zwar Handschuhe und Kopfschützer, jedoch kommen die eigentlichen Wintersachen (wie es ja beim Kommiss üblich ist) immer erst dann, wenn einem sämtliche Extremitäten abgefroren sind. Wir sollen in absehbarer Zeit Pelzsachen, wie Mantel, Weste, Kapuze und Stiefel bekommen. Pullover usw. nützen beim Wachestehen natürlich nichts gegen die Kälte. Vorläufig bleibt einem eben nichts anderes über, als die 2 Stunden wie ein Verrückter hin und her zu rennen, und das genügt dann auch. Dabei haben die Heinis so enorm viel Wintersachen bekommen und gelagert, aber, wie gesagt, echt Kommiss. Doch sonst kann uns nichts erschüttern, wir bleiben stur. Um 3, 1/2 4 Uhr ist Feierabend, da freut man sich, daß man, falls dann nicht die Wache beginnt, in seinen Bunker kann, denn dann ist es schon stark dunkel. Richtig geschneit hat es eigentlich noch nicht, was sehr zum Vorteil für die Verpflegungsfahrer wäre.

      Neulich haben wir, da es Kantinenschnaps gab, einen netten Abend steigen lassen (den ersten dieser Art), dessen Folgen, in allerdings nur sehr geringem Maße, bei mir nicht ausblieben. Ich kann doch verdammt wenig vertragen, das macht vielleicht die Alkoholentwöhnung. Aber sonst geht’s mir wohlauf, zur Freude der Leser, von denen man hoffentlich nicht das Gegenteil behaupten kann. War der Engländer mal wieder bei Euch?

      Auf Walti’s (aus Versehen) angekündigten Brief freue ich mich schon maßlos, hoffentlich nicht umsonst!!! Und wie gesagt, an Opi denke ich morgen.

      Was sagt Ihr zu der Sache in Afrika und in Frankreich? Toll was? Ich glaube, da steigen noch ganz große Sachen zu unseren Gunsten. Wollen mal abwarten.

      So, nun hoffe ich nicht nur, daß Du, liebe Mutti, Dir nicht all zu viel Umstände mit den Weihnachtspaketen für mich machst, sondern auch, daß es Euch weiterhin recht gut geht und grüße Euch recht herzlich,

      Euer alter Werner

      Rußland, d. 16.XI.42

      Meine


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