Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier

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Demokratie macht Spaß! - Winfried Brinkmeier


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Hoeneß, der Präsident des FC Bayern und eine Kultfigur des deutschen Sports, hat Steuern hinterzogen und damit einen Sturm der Entrüstung in der deutschen Bevölkerung ausgelöst. Wochenlang war sein Verhalten Thema Nr. 1 in den öffentlichen Diskussionen. Zum ersten Mal nach Bekanntwerden seines steuerkriminellen Verhaltens hat er jetzt der Wochenzeitung DIE ZEIT ein Interview gegeben. Offensichtlich nach Beratung mit seinem Rechtsbeistand ist das Interview getragen von dem Willen, sich als Opfer darzustellen. Dies ist die in solchen Fällen bei Steuerkriminellen übliche Art der Flucht nach vorne. Betroffene meinen, die Dinge damit in den Griff zu bekommen und möglichst ungeschoren davon zu kommen. Herr Hoeneß sagte, er mache jetzt die Hölle durch und könne nachts nicht mehr schlafen. Es fragt sich der geneigte Leser, ob er in den Jahren seines Steuerbetruges 2002 bis 2006 gut geschlafen hat. Dies Interview hat nicht überzeugt. Ein notwendiger Akt der persönlichen Sühne wäre für Uli Hoeneß, wenn er als Präsident des FC Bayern endlich zurücktreten würde; dieser Rücktritt ist überfällig. Das wäre die Übernahme von persönlicher Verantwortung für schweres gesetzwidriges Fehlverhalten. Mit seinem Interview zeigt er, dass er leider nichts verstanden hat. Es ist der untaugliche Versuch, weiter zu zocken. Jeden Tag, den Hoeneß verstreichen lässt ohne dieses notwendige Opfer, ist vertane Zeit und verschlechtert seine ohnehin bereits schlechte persönliche Lage. Offensichtlich will er es aber nicht anders.

      Es ist immer wieder erstaunlich, die Schwerfälligkeit von gerade konservativen Schreihälsen zu erleben, die vorher das große Wort geführt und Wohlanständigkeit von anderen gefordert, also Wasser empfohlen haben, von denen dann aber dann bekannt wird, dass sie schwer gefehlt, also gerne Wein gesoffen haben. Gerade solche Leute sind oftmals nicht in der Lage, die persönliche Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Weil ihnen das Gefühl für gutes, konservatives Benehmen leider abhandengekommen ist. Sie reagieren jämmerlich. Die Übernahme persönlicher Verantwortung würde nebenbei gesagt ihr Ansehen steigen lassen. Weil die Menschen dem wirklich reuigen Sünder durchaus verzeihen. Dass es auch anders geht, hat die ehemalige Vorsitzende des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland, Frau Käßmann, eine phantastische Frau, bewiesen: Nach dem Bekanntwerden ihrer Alkoholverfehlung bei einer Autofahrt trat sie sofort zurück. Die Menschen haben es ihr gedankt, weil sie überzeugend gehandelt hatte. Heute genießt Frau Käßmann wieder ein hohes Ansehen in der Bevölkerung. Sie tritt auf dem derzeit in Hamburg stattfindenden evangelischen Kirchentag auf, und ihre Veranstaltungen sind gut besucht. Die Frau hat Charakter.

      Noch eine Bemerkung: Es taucht die Frage auf, warum eigentlich die Übernahme von persönlicher Verantwortung nur noch den Frauen gelingt. Warum tun sich gerade Männer so schwer damit? Maria Jepsen, die frühere evangelische Bischöfin von Hamburg, war eine weitere Frau, die das schaffte. Als öffentlich bekannt wurde, dass sie bereits 1999 über sexuelle Übergriffe eines Pastors ihres Sprengels informiert worden war und nichts dagegen unternommen hatte, übernahm sie die Verantwortung und trat zurück.

      Am 11. März 2014 wurde der Prozess gegen Ulli Hoeneß vor dem Münchner Landgericht eröffnet. Der Prozess begann mit einem Paukenschlag. Hoeneß räumte vor dem Gericht ein, 15 Millionen Euro mehr an Steuern hinterzogen zu haben als in der Anklageschrift angenommen wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte Hoeneß vorgeworfen, zwischen 2003 und 2009 3,5 Millionen Euro am Fiskus vorbei hinterzogen zu haben. Damit sind wir jetzt bei 18,5 Millionen Euro hinterzogener Steuern. Hoeneß meinte, er sei froh, dass jetzt alles auf dem Tisch liegt. Er wollte reinen Tisch machen.

      Die Strategie der Verteidigung ist klar: Sie will dem Gericht signalisieren, dass der Angeklagte aus freien Stücken alles auf den Tisch gelegt habe und sich damit positiv darstellen. Man wird sehen, wie dies die Richter bewerten werden. Bei dieser hohen Steuerschuld kommt Ulli Hoeneß an einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung vermutlich nicht vorbei.

      Man darf gespannt sein auf das Urteil, das eigentlich in dieser Woche gefällt werden sollte. Es kann aber sein, dass das Gericht das ganze Verfahren noch einmal neu aufrollt und das Steuerverbrechen des Herrn Hoeneß neu überprüfen lässt. Das Ganze wirkt mittlerweile wie ein Stück aus dem Tollhaus!

      Die taz schreibt in ihrem Kommentar dazu: „Herr Hoeneß, Sie sind eine asoziale Type. Sie sind kein Opfer! Wir sind uns da ziemlich sicher…!“.

      Die Steuerschuld des Herrn Hoeneß wird immer größer. Am zweiten Prozesstag trug eine Steuerfahnderin aus Rosenheim dem Gericht vor, dass nach ihrer Berechnung auf der Grundlage der nachgereichten Unterlagen von einem Betrag in Höher von 23.7 Millionen Euro an Steuerschuld auszugehen ist. Diese Steuerschuld addiert sich zu den 3,5Millionen Euro, von denen die Staatsanwaltschaft bisher ausgegangen ist. Die neuen Zahlen sind von der Verteidigung nicht hinterfragt worden, sagte eine Gerichtssprecherin. Es ist ungeheuerlich. Die Lage dürfte sich damit für Hoeneß verschlechtert haben.

      Das Urteil im Steuerstrafverfahren gegen Ulli Hoeneß ist heute gesprochen worden. Das Landgericht München verurteilte ihn zu 3 ½ Jahren Haft. Mit versteinerter Miene hörte er dem Urteil zu. Die Anwälte verkündigten sofort nach dem Urteil, sie würden in Revision gehen und insbesondere vom Bundesgerichtshof feststellen lassen, wann eine schlecht gefasste Selbstanzeige dennoch zu gelten habe. Das Landgericht München hatte die Selbstanzeige des Herrn Hoeneß nicht anerkannt.

      Jetzt wird Ulli Hoeneß nun endlich auch seine Präsidentschaft des FC Bayern niederlegen müssen. Die Wirtschaftsführer im Aufsichtsrat des FC Bayern werden ihn dazu drängen. An dem Fall Hoeneß kann exemplarisch begutachtet werden, wie ein Mensch sich selbst zugrunde richten kann.

      In einer persönlichen Erklärung hat Ulli Hoeneß heute einen Tag nach seiner Verurteilung zu 3 1/2 Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung bekannt gegeben, dass er gegen das Urteil keine Revision einlegen werde. Er habe seine Anwälte entsprechend angewiesen. Gleichzeitig trat er von seinem Präsidentenamt und als Aufsichtsratschef des FC Bayern zurück. Der bayerische Ministerpräsident Seehofer bekundete Seehofer deswegen in einer ersten Reaktion Respekt; er habe Format gezeigt. Das stimmt nicht. Mit dieser Äußerung wollte Seehofer seinen alten Spezi Hoeneß öffentlichkeitswirksam unterstützen. Format hätte er gehabt, wenn er den Rücktritt sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn vollzogen hätte. Jetzt ist es nur eine lästige Pflicht, um dem Rauswurf zuvorzukommen. Das Problem bei Ulli Hoeneß war es, dass er keinerlei Format hatte. Der Mann war und ist jämmerlich. Er hat gezockt bis zuletzt - und dann verloren. Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft München auf eine Einlegung von Revision gegen das Urteil verzichtet. Das heißt, Ulli Hoeneß geht in ein paar Wochen ins Gefängnis in Landsberg.

      An dem Fall Hoeneß hat sich einmal mehr die positive Veränderung der gesellschaftlichen Entwicklung in unserem Land gezeigt. Steuerhinterziehung wird nicht mehr gesellschaftlich akzeptiert und von den Reichen und Superreichen seuchenartig durchgeführt, sondern sie wird als das Verbrechen verfolgt, das sie ist. Es hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass Steuerhinterziehung ein Betrug an der Gesellschaft ist und verfolgt gehört. Asoziales kriminelles Verhalten ist zu ahnden. Während es früher zum guten Ton gehörte, in gewissen Kreisen Steuern zu hinterziehen. Dass sich das gesellschaftliche Klima geändert hat, ist im Wesentlichen auch den engagierten Politikern der SPD zu danken, deren Finanzminister CD aufgekauft haben mit den Daten von SteuerhinterzieherInnen und diese gezielt zur Bekämpfung der Steuerkriminalität eingesetzt haben. Damit haben sie die Kriminellen ihrer gerechten Strafe zugeführt. Dem nordrhein-westfälischen Finanzminister Walter-Borjans sowie den mutigen SteuerfahnderInnen und anderen sei Dank. Und es hat sich gezeigt, dass die SPD seinerzeit mit der Ablehnung des geplanten deutsch-schweizerischen Abkommens über Steuerhinterziehung richtig lag, weil dies ein zu starkes Entgegenkommen gegenüber Steuerkriminellen beinhaltete. Des Weiteren sollte die Straffreiheit durch Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung abgeschafft werden. Sie ist ein Fremdkörper in unserem Rechtssystem. Steuerkriminelle gehören bestraft wie andere Straftäter auch.

       Die „Verwandten-Affäre“ in Bayern (3. Mai 2013)

      Bleiben wir bei den Bayern. In Bayern gärt es mal wieder, und das vor der Landtagswahl 2013. Jahrelang haben bayerische Landtagsabgeordnete enge Familienangehörige auf Steuerzahlerkosten als MitarbeiterInnen beschäftigt. Da wurde z. B. ein Professorengehalt für die eigene Ehefrau gezahlt, was natürlich die Wertschätzung des Abgeordneten für die Ehefrau zeigt, oder ein Minijob für den 13jährigen Sohn eines Abgeordneten aus Steuermitteln


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