Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier

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Demokratie macht Spaß! - Winfried Brinkmeier


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Dabei wurden auch gegenseitig „Persilscheine“ ausgestellt, das heißt, es wurden gegenseitig Erklärungen unterschieben, dass Personen vom Nationalsozialismus unbelastet waren. Oder es wurden gegenseitige Empfehlungsschreiben zur Verfügung gestellt. Genauso wurde es im Justizministerium gehandhabt. Wie zum Beispiel bei dem Leiter der Strafrechtsabteilung im BMJ Eduard Dreher (s. o.). Über alldem hielt der Regierungschef Konrad Adenauer seine schützende Hand. Aber ein böser Kommunist, der ein paar Handzettel verteilt hatte, wurde rauschgeschmissen. Die Kommunisten waren im Übrigen die Einzigen neben den Sozialdemokraten, die während der Zeit des Nationalsozialismus gegen die Nazis gekämpft hatten und dafür die schlimmsten Verfolgungen erdulden mussten.

      Das Ergebnis der Untersuchung im Auswärtigen Amt bestätigte im Nachhinein den damaligen Bundesaußenminister Fischer in seiner kritischen Sicht der Dinge und seinem erwähnten Erlass. Das Buch wurde heftig kritisiert. Bei aller Kritik muss jedoch zusammenfassend festgestellt werden, dass das Auswärtige Amt stark in die nationalsozialistische Ideologie und deren Verbrechen verwickelt war. Wie dies bei allen anderen Ministerien und in der Gesellschaft allgemein so war. Die Beschäftigten des AA halten sich zwar stets für etwas Besseres, das ist bekannt; aber sie waren nicht besser als andere.

      Derzeit wird laut taz (siehe Quellen 1) die Geschichte von vier weiteren Ministerien und zwei Behörden untersucht. Über den Bundesnachrichtendienst soll eine Gesamtgeschichte veröffentlicht werden. Mit der Fertigstellung wird für 2016 gerechnet. Über das Bundeswirtschaftsministerium ist eine Geschichte von 1919 bis 1990 in vier Bänden geplant. Untersucht werden ebenso das Arbeitsministerium und der Verfassungsschutz. Abgeschlossen sind die Studien über das Auswärtige Amt (siehe oben) und über Altnazis im Bundeskriminalamt.

      Urteil im ersten Bonner WCCB-Prozess: Schuldspruch für die drei Angeklagten (12. Mai 2013)

      In dem Prozess um den Bauskandal bei der Errichtung des World Conference Center Bonn (WCCB) wurde das Urteil gesprochen: Der Hauptangeklagte Man-Ki Kim wurde nach 120 Verhandlungstagen von der Bonner Wirtschaftsstrafkammer des zweifachen Betruges im besonders schweren Fall und der falschen Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung für schuldig befunden und zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Ebenfalls verurteilt wurden seine beiden Rechtsberater Ha-Sung Chung zu drei Jahren und drei Monaten und Wolfdietrich Thilo zu zweieinhalb Jahren Haft.

      Laut Auffassung des Gerichts haben Kim und Chung die Stadt Bonn bewusst getäuscht über Kims Firma SMI Hyundai. Dadurch seien die Verantwortlichen in der Verwaltung und die Politiker im Rat dazu gebracht worden, Ihnen den Zuschlag für das WCCB zu geben. „Kim ging mit hoher krimineller Energie vor“, sagte das Gericht. Alle Beteiligten waren von der Höhe der Strafen überrascht und haben umgehend Revision gegen das Urteil angekündigt.

      Der Bonner Bürger Bund und die CDU im Bonner Stadtrat forderten nach dem Urteil, die Verantwortung der Ex-Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann juristisch aufzuarbeiten.

      Oberstaatsanwalt Fred Apostel hatte die jahrelangen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Kim und seine beiden Mitangeklagten geleitet. Er sagte, dies sei ein gutes und gerechtes Urteil.

      Damit ist die erste gerichtliche Runde in dem schwierigen Verfahren gelaufen. Der Bonner General-Anzeiger ist in einer ausführlichen Serie Zusammenhängen und Hintergründen rund um die "Millionenfalle" World Conference Center Bonn nachgegangen.

      Zwischenzeitlich hat der Innenminister von NRW Ralf Jäger (SPD) keinen Anlass gesehen, gegen die „gemeinsame Parteifreundin und ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD)“ (General-Anzeiger vom 16. Mai 2013) ein Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit dem WCCB-Skandal einzuleiten. Dies hatte vorher die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walskens (SPD), die unmittelbare Disziplinarvorgesetzte der damaligen Oberbürgermeisterin Dieckmann), so gesehen. Der Rat der Stadt Bonn hatte im November 2012 den Innenminister von NRW gebeten, die Entscheidung der Bezirksregierung Köln zu überprüfen. Nach der ablehnenden Überprüfung bleibt der Eindruck, den der Bürger Bund Bonn so formulierte: „Eine SPD-Krähe hackt einer anderen SPD-Krähe kein Auge aus. Frau Dieckmann war von 2001 bis 2009 ja auch Mitglied des Parteivorstandes und des Präsidiums der SPD auf Bundesebene.“

      Der NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages (17. Mai 2013)

      Der Deutsche Bundestag hatte vor eineinhalb Jahren einen Ausschuss zur Untersuchung der Aktivitäten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und der Reaktionen der deutschen Sicherheitsbehörden darauf eingerichtet. Am 16. Mai 2013 tagte der Untersuchungsausschuss zum letzten Mal. Die Mitglieder des Ausschusses stellen den Sicherheitsbehörden über Parteigrenzen hinweg ein vernichtendes Zeugnis aus. Die Abgeordneten sprachen von einem „Totalversagen aller deutschen Sicherheitsbehörden“. Die Mordermittler der zehn von den Mitgliedern der NSU begangenen Morde ließen sich bei ihren Ermittlungen von Vorurteilen leiten. Der Vorsitzende des Ausschusses Sebastian Edathy (SPD) sagte dazu, dies sei „eines Rechtsstaates unwürdig. Das darf sich nicht wiederholen“. Der Ausschuss stellte fest, dass er keinerlei Anzeichen dafür gefunden habe, dass staatliche Stellen die Terrorzelle bewusst gedeckt haben. Nunmehr will der Ausschuss in den nächsten Monaten seinen Abschlussbericht erstellen. Schon jetzt wurde angemahnt, die Sicherheitsbehörden müssten grundlegend reformiert werden. In 15 Monaten haben die Abgeordneten fast 100 Zeugen befragt und rund 400 Beweisbeschlüsse gefasst. Diese erfolgten alle einstimmig. „Wir haben deutlich gemacht, dass das Parlament die Exekutive kontrolliert“, sagte der Obmann der CDU in diesem Ausschuss.

      Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bunderstages sind grundsätzlich parteipolitisch geprägt; sie dienen in der Regel den jeweiligen Parteiinteressen. Die Oppositionsparteien wollen darin der Regierung Fehlverhalten nachweisen und diese öffentlichkeitswirksam kritisieren Die Regierungsparteien sind interessiert, in solchen Ausschüssen alle Fehler der Regierung nach Möglichkeit zu verdecken bzw. schön zu reden. Mit entsprechenden Vorgaben gehen die beauftragten Abgeordneten in die Untersuchungsausschüsse hinein (Artikel 38 Absatz 1unseres Grundgesetzes sagt: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“). Das führt regelmäßig zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass die beteiligten RegierungspolitikerInnen zu gegenteiligen Bewertungen gegenüber der Opposition nach Abschluss ihrer Tätigkeit im Untersuchungsausschuss kommen. Die Regierung bemerkt abschließend, die Arbeit des Ausschusses habe ergeben, dass alles in Ordnung sei, die Opposition zeigt möglichst viele Missstände auf.

      Im Gegensatz dazu war der NSU-Untersuchungsausschuss parteipolitisch unabhängig. Das war neu. Alle Vertreter dieses Ausschusses arbeiteten unabhängig von der Parteizugehörigkeit über Parteigrenzen hinweg zusammen, um Licht ins Dunkel der Geschehnisse zu bringen. Mit der konsequenten guten Zusammenarbeit aller AusschussmitgliederInnen ist es ihnen gelungen, immer wieder versuchte Abblockungen, insbesondere des Bundesministeriums des Innern sowie des Bundesverteidigungsministeriums, aufzubrechen und diese z. B. zur Herausgabe von Aktenmaterial zu bewegen, was die Vertreter der Ministerien zunächst verweigerten. Beschämend war der Auftritt des Staatssekretärs des Bundesministeriums des Innern vor diesem Ausschuss. Der Staatssekretär versuchte, den AusschussmitgliederInnen einzureden, sie sollten sich mit kritischen Fragen gefälligst zurückhalten; diese Aufklärungsarbeit sei Aufgabe der Bundesregierung; sie könne aus Geheimhaltungsgründen gar nicht vom Ausschuss behandelt werden. Der seltsame Zahn wurde dem Mann schnell gezogen. Eigentlich müsste ein politischer Beamter nach solchen Äußerungen umgehend entlassen werden, weil er offensichtlich die politischen Notwendigkeiten aufgrund des Komplettversagens der Sicherheitsbehörden nicht verstanden hat und noch in einer Denkungsart verhaftet ist, die in einem demokratischen Rechtsstaat überwunden sein sollte. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her. Es spricht für die mangelhaften Qualitätsvorstellungen des Bundesinnenministers Friedrich und der CSU, der er angehört, wenn er einen Staatssekretär nach solchen Äußerungen im Amt belässt. Das zeugt von der im Gestrigen versunkenen Denkungsart eines Hauses, das einstmals einen hervorragenden Ruf innerhalb der Bundesregierung und außerhalb hatte. Aber auch hier gilt: Vorbei sind die Zeiten… ! Ein paar Jahre CSU-Führung dieses Hauses haben offensichtlich gereicht, es zugrunde zu richten.

      Es


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