Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier

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Demokratie macht Spaß! - Winfried Brinkmeier


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werden. Demokratie ist gut. Die hervorragende Arbeit dieses Ausschusses waren Sternstunden der parlamentarischen Demokratie. Es zeigte sich einmal mehr, dass dies System gut funktionieren kann, wenn alle Beteiligten den Willen dazu haben und vernünftig im Sinne der Sache zusammenarbeiten. Dies macht Hoffnung!

      Nunmehr bleibt die Vorlage des angekündigten Abschlussberichts des Untersuchungsausschusses abzuwarten: Welche Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Zukunft werden darin vorgelegt?

      150-jähriges Bestehen der SPD (25. Mai , 23. Dezember 2013 – Quellen 2)

      Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) feierte mit einer Jubiläumsveranstaltung in Leipzig ihr 150-jähriges Bestehen. Dabei waren deutsche und internationale Gäste, an ihrer Spitze Bundespräsident Gauck, Bundeskanzlerin Merkel sowie der französische (sozialistische) Präsident Hollande.

      Am 23. Mai 1863 wurde in Leipzig unter Vorsitz von Ferdinand Lassalle der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) gegründet. Ferdinand Lassalle wurde von den Delegierten zum Präsidenten gewählt. Dieser Tag gilt als der Geburtstag der SPD. In wieweit der damals fortschrittliche Mann dennoch den Zwängen seiner Zeit verhaftet war, zeigt sein früher Tod: Lassalle ist 1864 im Alter von 39 Jahren an den Folgen eines Pistolenduells gestorben. In einem Wald bei Genf hatte er sich mit dem Nebenbuhler seiner Angebeteten duelliert; er starb an dessen Kugeln.

      Von Anfang an hat sich die neue Partei daran ausgerichtet, das noch weitgehend durch die Landwirtschaft geprägte Deutschland den Erfordernissen des Industriezeitalters anzupassen. Sie setzte sich zudem für soziale Gerechtigkeit und Freiheit ein. Ihre Hauptforderung war zunächst die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts. Die Durchsetzung sozialistischen Ziele wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität wurde angestrebt.

      Um die Notwendigkeit der Gründung des ADAV deutlich zu machen, muss auf die soziale Frage im 19. Jahrhundert eingegangen werden (die folgenden Ausführungen beruhen auf dem Aufsatz: „Die soziale Frage im 19. Jahrhundert“, siehe Quellen 2). Als „Soziale Frage“ bezeichnet man die wirtschaftlichen und sozialen Fragen des Übergangs von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft. Dieser Prozess setzte in England bereits um 1750 ein, in Deutschland um 1850.

      Voraussetzungen für die Industrialisierung waren das Weltbild der Aufklärung und bahnbrechende Entdeckungen der Naturwissenschaften. Grund für die sogenannte Industrielle Revolution, die zu einer radikalen Änderung der Produktionsmethoden führte, war eine Krise des herrschenden Feudalsystems. Das rasante Anwachsen der Bevölkerung führte dazu, dass die Landmenge nicht mehr ausreichte. Eine Möglichkeit zur Sicherstellung der Ernährung bestand in einer intensiveren Nutzung der Landwirtschaft durch Dünger und Maschinen. Dadurch verringerte sich zwangsläufig der Bedarf an Landarbeitern. Sie wanderten in die Städte ab; dort wurden sie Arbeitskräfte für die entstehende Industrie. Durch industrielle Massenfertigung kam es zu einer Konkurrenz zu der bisherigen Hausindustrie und dem Handwerk. Das hatte ein Ansteigen der Arbeitslosenzahl zur Folge, denn die maschinelle Fertigung erforderte weniger Arbeitskräfte. Dadurch kam es zu einem Überangebot an Arbeitskräften mit der Folge von extrem niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen. Die Arbeiter mussten den Preis für den industriellen Fortschritt bezahlen. Maschinen konnten rund um die Uhr benutzt werden. Dadurch kam es zu 12-Stunden-Tagen in einer Tages- und einer Nachtschicht an sechs bis sieben Tagen in der Woche. Die Arbeiter wurden nicht ausreichend bezahlt. Sie mussten deswegen ihre Frauen und Kinder zur Arbeit schicken. Die erledigten Schwerstarbeit für noch geringere Löhne. Kinder wurden z. B. zur Arbeit in Bergwerksschächten geschickt. So entstand der Begriff der „Proletarier“ für die Arbeiter. Sie waren ihren Arbeitgebern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Arbeitsschutz kannte man nicht. Die Unternehmer zeigten keinerlei soziales Verhalten; es zählte nur der Gewinn, den sie mit dem Einsatz der „Proletarier“ machen konnten. Deswegen lebten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland mehr als 50% der Bevölkerung unterhalb des Existenzminimums. Die Massenarmut führte in den Städten dazu, dass sie herunterkamen; Slums entstanden. Die Lebenserwartung der Arbeiter lag unter 20 Jahren. Die Kinderarbeit, die schon Kinder ab einem Alter von 4 oder 6 Jahren verrichten mussten, verhinderte ordnungsgemäßen Schulbesuch. Großfamilie, Zunftwesen oder Schollenbindung sowie die Bindung an den Gutsherrn waren durch die Verstädterung verloren gegangen. Alter und Krankheit wurden zur Existenzbedrohung.

      Politisch gesehen herrschte Anfang des 19. Jahrhunderts die Restauration (Versuch der Wiederherstellung früherer Zustände). Nahezu unumschränkt herrschende Landesfürsten standen auf Seiten der Unternehmer und unterstützen den Laissez-faire-Kapitalismus (lasst sie machen, sie werden es schon richten). England hatte bereits längst eine liberalkapitalistische Wirtschaftsordnung. Die Revolution von 1848 scheiterte, die an sie gestellten Hoffnungen blieben unerfüllt. 1880 wurde durch den damaligen Reichskanzler Bismarck (der „eiserne Kanzler“) eine Sozialgesetzgebung mit der gesetzlichen Sozialversicherung gegen Krankheit, Invalidität und Altersarmut eingeführt, die damals einmalig und wegweisend war. Damit wollte Bismarck der aufkommenden Sozialdemokratie den Wind aus den Segeln nehmen. Er hat dies in seinen „Erinnerungen“ beschrieben; er wollte die arbeitende Bevölkerung auf die Seite des Staates ziehen. Es war eine gesetzliche Sozialversicherung des Staates, die über 100 Jahre gut gehalten hat. Heute wird sie leichtfertig zunehmend der privatwirtschaftlichen Versicherungswirtschaft geopfert, woran Gerhard Schröder und Walter Riester eine große Mitschuld haben. Doch davon später.

      Soweit zum sozialen Hintergrund bei der Gründung des ADAV im Jahre 1863. Am 8. August 1869 wurde in Eisenach auf Initiative von August Bebel und Wilhelm Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gegründet. Im Mai 1875 vereinigten sich in Gotha die ADAV und die SDAP zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP). Karl Marx kritisiert deren Programm heftig.

      Die prägende Gestalt der SPD war in ihren Anfangszeiten der Politiker August Bebel (1840 bis 1913). Er kam aus einfachen Verhältnissen und war Sattler von Beruf. Als er starb, war er Millionär. Seine politischen Anfänge sind im liberal-demokratischen Vereinswesen von Arbeitern und Handwerkern zu finden. Dann wandte er sich dem Marxismus zu. Zusammen mit Wilhelm Liebknecht wirkte er 1875 maßgeblich bei der Vereinigung mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) mit.

      Am 19. Oktober 1878 wurde im Deutschen Reichstag das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokraten verabschiedet (sog. „Sozialistengesetz“). Dies kam einem Parteiverbot gleich.

      Während der Unterdrückung der SPD durch das Sozialistengesetz entwickelte sich Bebel zum Führer der deutschen Sozialdemokratie. Ab 1892 wurde er einer der beiden Vorsitzenden der SPD, zu der sich die SAPD 1890 nach Aufhebung des Sozialistengesetzes umbenannt hatte. Er wurde populär. Dies wurde deutlich mit seiner volkstümlichen Bezeichnung als „Kaiser Bebel“, „Gegenkaiser“ oder „Arbeiterkaiser“ In den folgenden Jahren stand er weiterhin an der Spitze der Partei. Dort repräsentierte er zwischen einem linken und einem „revisionistischen“ Flügel das sogenannte marxistische Zentrum der SPD. Bebel führte die Partei mit eiserner Hand nach dem Motto „Die Partei – c’est moi!“ („Die Partei - das bin ich!“). Er war einer der bedeutendsten Parlamentarier in der Zeit des Deutschen Kaiserreiches. Auch trat er als einflussreicher Autor hervor. Sein Werk „Die Frau und der Sozialismus“ ging in die Geschichte ein und wird noch heute gelesen.

      Im Oktober 1891 fand der Erfurter Parteitag statt. Dort wurde ein Parteiprogramm verabschiedet, dass zu den Thesen von Karl Marx zurückkehrte. Man nahm den Namen Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) an. Aus dem bis 1890 bestehenden „Sozialistengesetz“ ging die SPD gestärkt hervor.

      Am 4. August 1914 machte die SPD einen der größten Fehler ihrer 150-jährigen Geschichte: Der SPD-Vorsitzende Hugo Haase begründete im Reichstag die Zustimmung zu den Kriegskrediten, gegen die er vorher in der Fraktion der SPD im Deutschen Reichstag gestimmt hatte. Da er Parteivorsitzender war, zwang ihn die Fraktion, den Kriegskrediten entgegen seiner eigenen Auffassung zuzustimmen. Damit wurde ein „Burgfrieden“ der SPD im Ersten Weltkrieg mit dem Kaiser geschlossen. Einzig Karl Liebknecht, der Sohn von Wilhelm Liebknecht, widersetzte sich dem; er stimmte mit „Nein“ im Parlament. In Gotha gründeten linke Sozialdemokraten die Unabhängige


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