Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier

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Demokratie macht Spaß! - Winfried Brinkmeier


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würde für die Mitgliedschaft ihrer Mutter bei der CSU haftbar gemacht. Wo kommen wir denn da hin!

      Hier soll aus einer Mücke wieder ein Elefant gemacht werden. Angela Merkel hat sich in den Zeiten der DDR untadelig verhalten; ihr ist nichts vorzuwerfen.

      Was bei Frau Merkel auffällt, ist ihre schon fast schlafwandlerische Wahrnehmung des Zeitgeistes und ihre Anpassung daran. Dies scheint mit ihrer DDR-Vergangenheit zusammenzuhängen. Man musste dort wohl die Strömungen und Stimmungen wahrnehmen, um sich systemkonform anzupassen und durchkommen zu können. Dieses Phänomen ist auch bei Joachim Gauck zu beobachten. Angela Merkel hat den Opportunismus zur Staatstugend erhoben.

      Ein Original der Bonner Altstadt: Der Travestie-Künstler Curt Delander (01. Juni 2013)

      Im Bonner General-Anzeiger steht an diesem Wochenende ein Artikel über Curt Delander: „Ein Sammler und Bewahrer – Travestie-Künstler Curt Delander ist tief in Bonn verwurzelt. Sein großes Idol und seine Paraderolle ist Zarah Leander.“

      Curt Delander wurde 1950 mit bürgerlichem Namen Curt Dedrich in eine Bonner Künstlerfamilie geboren. Seine Mutter war Tänzerin, sein Vater Opern- und Operetten-Tenor am Bonner Theater. Delander sog die künstlerische Atmosphäre seines Elternhauses schon von Geburt an in sich auf. Wenn seine Eltern auf Tournee waren, blieb der Sohn bei seiner Großmutter. Die musste aufgrund der Kriegszerstörungen von der historischen Altstadt am Rheinufer nach Tannenbusch umziehen. Er bewahrt mit vielen anderen das Andenken an das Viertel der Fischer und Rheinschiffer rund um die Gertrudiskapelle. Vor kurzem wurde eine Statue der heiligen Gertrudis unterhalb vom Alten Zoll eingeweiht. Den Schlüssel dafür hat Curt Delander. Curt Delander beschäftigte sich intensiv mit seiner Familiengeschichte.

      Als das alt eingesessene Bonner Kino „Metropol“ geschlossen werden sollte, engagierte sich Curt Delander für die lnitiative „Rettet das Metropol“. Im Hausflur seiner Wohnung in der Bonner Altstadt stehen Kinosessel aus dem Metropol. lm Metropol hatten sich seine Eltern kennengelernt. Im Metropol sah er 1963 sein großes Idol Zarah Leander, deren Lieder er als Travestie-Künstler gesungen hatte, darunter ihr wohl bekanntestes: „Davon geht die Welt nicht unter“. In der Maxstraße hatte er jahrelang ein eigenes Travestie-Theater. Das ist jetzt geschlossen. Dort trat er allabendlich auf. Ich habe mir dort vor langen Jahren eine Show von ihm angesehen: Es war ein bleibendes Erlebnis, an das ich noch immer gerne zurückdenke.

      Er sagt von sich: „Ich war immer ein bekennender Schwuler“. Von seinem künstlerischen Elternhaus her war dies nie ein Problem. Er hat viel getan für die Schwulenbewegung; mit einem Schwulen hat er eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Diese Hochzeit war für ihn „die Krönung meiner Bemühungen, mich in der Öffentlichkeit zu etablieren und Vorurteile abzubauen“. Dies ist verständlich, wenn man daran erinnert, dass Delander als junger Mann noch Razzien gegen kriminalisierte Schwule erlebt hatte. Er bezeichnet sich selbst als konservativ und katholisch.

      Sein Vater war glühender Verehrer von Johannes Heesters. Seine Mutter schwärmte für Marika Röck. Er erkor sich Zarah Leander zu seinem Idol.1981 ersteigerten seine Eltern Bühnenkostüme von Zarah Leander. Diese waren der Grundstock für seine große Sammlung. Er reiste der Sängerin mehr als 30 Jahre hinterher. Viele Stücke seiner Sammlung lagern inzwischen im Archiv des Bonner Stadtmuseum. Auch seine Wohnung ist voll damit.

      Curt Delander ist ein Original der Bonner Altstadt. Er hat sich verdient gemacht um den Aufbau und die Unterstützung der Schwulen- und Lesbenbewegung und damit auch um unser Land. Dass mittlerweile frühere Randgruppen wie Schwule und Lesben, aber auch z. B. die Behinderten, in unsere Gesellschaft eingegliedert wurden und heute selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind, ist ein Verdienst von Männern (und Frauen) wie Curt Delander. Es sollte dafür weiterhin gekämpft werden, dass dies so bleibt. Die Gegenkräfte einer fortschrittlichen Politik sind stets am Werke. Wie wichtig der Kampf heute noch ist, zeigen die schlimmen Auswüchse bei den Gegnern fortschrittlicher Politik für Homosexuelle in den vergangenen Wochen in Frankreich. Die Kräfte der Restauration, die überholte Zustände wieder einführen wollen und sich mit allen Mitteln gegen den Fortschritt wenden, schlafen nie. Dieses Beispiel zeigt, dass Veränderungen in der Gesellschaft den konservativen bis reaktionären Kräften abgetrotzt werden müssen. Kampf um Fortschritt in der Gesellschaft ist ein ständiger Kampf. Der Kampf geht weiter!

      Kritischer Blick auf CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, Die Piraten in Deutschland (3. Juni, 19. August 2013)

      Die Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland ist mittlerweile gesamtgesellschaftlicher Teil unseres Landes. Dass dem so ist (und es ist gut so!), haben wir vielen engagierten Menschen zu verdanken, die dafür gekämpft und dies durchgesetzt haben gegen viele Widerstände. Es sei daher ein kritischer Blick auf unsere Parteien geworfen.

      Über die edelste unserer derzeitigen politischen Parteien in Deutschland, die SPD, wurde schon in dem Kapitel über die 150jährige Geschichte der SPD berichtet. Nach der Wiederaufbauleistung von Konrad Adenauer (CDU) hat die SPD in ihren Regierungszeiten ein modernes Deutschland geschaffen, das internationales Ansehen genießt, dessen Demokratie gefestigt ist und das mittlerweile wieder eine Führungsrolle in der Welt ausübt. Dass dies so ist, daran hat sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) maßgeblich beteiligt. Aber auch PolitikerInnen anderer Parteien haben daran mitgewirkt.

      Damit kommen wir zunächst zur Christlich Demokratischen Union (CDU) bzw. der Christlich Sozialen Union (CSU) als deren Ableger in Bayern. Die haben im Wesentlichen die deutsche Nachkriegsgeschichte anfangs gestaltet. Ihr Urahn Konrad Adenauer hat nach dem Zweiten Weltkrieg – mit Hilfe vieler Anderer, teilweise auch gegen den Widerstand der CDU – die Weichen gestellt für ein demokratisches Deutschland, das aus seiner Geschichte gelernt hat. Gleichzeitig hat Deutschland mit seinen Menschen einen unglaublichen Wiederaufbau unter der Führung der Regierungen von Konrad Adenauer hingelegt. Konrad Adenauer ging allerdings mit seinen politischen Gegnern nie glimpflich um. Seine bis ins Persönliche herabsetzende Art seiner politischen Gegner hat viele Menschen abgestoßen. So hat er zum Beispiel Willy Brandt persönlich angegriffen und diffamiert. Wir haben als Kinder Mitte der 1950er Jahre folgenden Reim erzählt:

      „Auf der Mauer, auf der Lauer

      sitzt der Konrad Adenauer.

      Mit dem Knüppel in der Hand

      wartet er auf Willy Brandt.“

      Als Adenauer 1963 abtreten musste, war Deutschland politisch und gesellschaftlich erstarrt. Ein Aufatmen ging durchs Land, weil „der Alte“ endlich weg war.

      Sein Nachfolger Professor Ludwig Erhard war ein guter Wirtschaftsminister, bevor er Bundeskanzler wurde. Er hatte die soziale Marktwirtschaft geprägt. Eine Marktwirtschaft also, die nicht unbeschränkt den Marktgesetzen gehorchen, sondern die soziale Verantwortung mit in ihr Handeln einbeziehen sollte. Erhard war dann ein schlechter Bundeskanzler, nachdem er Konrad Adenauer ins Kanzleramt folgte. Adenauer hatte dies vorausgesehen, konnte ihn aber nicht verhindern; zu stark war die Symbolfigur Ludwig Erhard, der von der Bevölkerung als „Vater des Wirtschaftswunders“ anerkannt war wegen seiner sozialen Marktwirtschaft. Die Stellung des Mannes mit der Zigarre war sehr stark; deswegen wurde er CDU-Mächtigen zum Kanzler erkoren. Nach ihm wurde Kurt-Georg Kiesinger Bundeskanzler. Der ist ein Nazi gewesen; er war von daher moralisch nicht integer. Die Vertreter der CDU hatten allerdings keine Bedenken, ihn dennoch zum Kanzler zu machen. Dies zeigte einmal mehr ihre damals nach über zwanzig Jahren noch mangelhafte Aufarbeitung der Nazizeit. Auf dem CDU-Bundesparteitag in Berlin 1968 ohrfeigte die mutige Journalistin Beate Klarsfeld den Bundeskanzler Kiesinger. Damit machte Frau Klarsfeld auf dessen Nazivergangenheit aufmerksam. Kiesinger wollte seine belastende Vergangenheit wie so viele andere durch die Nazizeit belastete Persönlichkeiten unter den Tisch kehren. Nach der Ohrfeige gelang dies nicht mehr. Durch die mutige Tat von Frau Klarsfeld war plötzlich die Nazivergangenheit von Kurt-Georg Kiesinger in aller Munde. Seine Kanzlerschaft hatte im Übrigen keine großen Spuren hinterlassen. Wenn man einmal von den Notstandsgesetzen absieht. Die Notstandsgesetze wurden 1968, in der Zeit der ersten Großen Koalition, vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Sie waren von massiven Protesten


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