Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier
Читать онлайн книгу.änderten das Grundgesetz und fügten eine Notstandsverfassung ein. Die sollte die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen (Naturkatastrophe, Aufstand, Krieg) sichern und war ziemlich überflüssig.
Später nach der Ära der sozialdemokratischen Kanzler folgte der unsägliche CDU-Kanzler Helmut Kohl, der die Grenzen seiner Macht von Anfang an nicht beachtet und diese Macht missbraucht hat; darüber ist genug geschrieben worden. Bei mir kann man im Band 1 von „Demokratie macht Spaß!“ ausführlich darüber nachlesen. Wie viele Andere auch, habe ich Helmut Kohl immer abgelehnt, weil mir der Mann nie geheuer war. Gut kann ich mich noch erinnern, wie er von der „geistig-moralischen Wende“ gefaselt hat. Als er dann an der Macht war, ließ er die erst einmal die „schwarzen Konten“ der CDU einrichten. Vermutlich war das seine „geistig-moralische Wende“. Sie war reiner Zynismus, der nur seinen gierigen Machtwillen verdecken sollte. Die Wiedervereinigung hat nicht er bewerkstelligt, sondern das Volk der DDR. Vorbereitet wurde diese Wiedervereinigung von Willy Brandt (siehe auch das Kapitel über „150 Jahre SPD“). Man lese einmal bei den damaligen Getreuen von Kohl nach, wie der den Gedanken an eine Wiedervereinigung vorher seinen Parteifreunden auszutreiben versucht hatte, die darauf bestehen wollten, dies Ziel weiterhin zu verfolgen. Helmut Kohl war stets ein Meister der Geschichtsklitterung. Das heißt, er hat die Darstellung der Verhältnisse nach seinem jeweiligen Wunschdenken vorgenommen. Im persönlichen Bereich mit seiner Familie ist er elendig gescheitert. Viele Menschen haben Helmut Kohl nicht gemocht und nicht gewählt. Sein Verdienst war und bleibt allerdings, dass er die Wiedervereinigung nach den geschichtlichen Ereignissen um den Mauerfall mit aller Kraft gefördert hat.
Last not least kam Angela Merkel in das Amt der ersten Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist noch heute Kanzlerin. Sie sozialdemokratisierte die eingefahrene CDU und setzte viele Ideen um, die von den Sozialdemokraten geklaut waren. Das erschwert zwar sozialdemokratische Politik, weil sie die Abgrenzung zur CDU/CSU schwieriger macht, ist aber zu begrüßen, wenn es denn der Verbesserung der Verhältnisse der Menschen dient. Dann ist es in ureigenem Interesse auch der Sozialdemokraten. Allerdings setzte sie eine falsche, vorher nie gekannte Förderung der Banken in Deutschland und Europa durch.
Es ist verständlich, dass es Menschen gibt in unserer Gesellschaft, die Werte bewahren wollen. Insofern sind gerade wir Älteren alle ein wenig konservativ. Dagegen ist nichts einzuwenden. Gestört bei der CDU/ CSU hat immer der einseitige Blick nach hinten, als wenn man mit gestriger Politik das Heute und Morgen gestalten könnte. Es herrscht bei den Konservativen die Angst vor dem Morgen, die sie an Heute und Gestern klammern lässt; dabei übersehen sie generell den Veränderungsbedarf einer jeden Gesellschaft, soll sie nicht erstarren. Dies war deutlich am Ende der Ära Adenauer zu spüren, als die Gesellschaft erstarrt war und immer mehr Menschen nach Veränderungen lechzten, die dann von Willy Brandt auf den Weg gebracht wurden. Den Konservativen fehlt der vertrauensvolle Blick in die Zukunft, die sie zu anpackendem Verhalten in der Gegenwart ermuntert. Beispiel dafür ist die leidige Debatte um einen Mindestlohn. Selbstverständlich braucht jeder Mensch einen angemessenen Mindestlohn zum Leben, der ihn dazu befähigt, sein Leben in Würde ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfen zu führen. Seit langen Jahren wird darüber diskutiert; die konservativen Parteien CDU/CSU, aber auch die FDP haben solch einen Mindestlohn (in Höhe von ca. 8,50€) den Menschen mit konstanter Boshaftigkeit bisher verweigert. Wer seinen Angestellten im Friseursalon nur 3,50€ Stundenlohn zahlen kann oder will, der ist nicht marktfähig und sollte seinen Laden schließen; solche Parasiten des Systems brauchen wir nicht. Diese erwähnte Zukunftsangst bestimmt die konservativen Parteien und bringt sie stets dazu, Neues erst einmal abzulehnen, auch neues, bereits Bewährtes erst einmal abzulehnen und am Alten festzuhalten, weil sich das Alte scheinbar bewährt hat. Dies entspricht aber oft nicht der Realität, sondern ist dem eigenen beschränkten Blickwinkel geschuldet. Deswegen versagen die Konservativen so oft bei der tatsächlichen Bewahrung konservativer Werte, wie z. B. der Notwendigkeit, der freien Wirtschaft Beschränkungen aufzuerlegen, um deren Gier nach unbeschränkter Ausbeutung aller Ressourcen zum kurzfristen Geldverdienen zu drosseln. Dies geht nicht. In unserer Gesellschaft sind in den letzten 50 Jahren enorme gesellschaftliche Veränderungen vor sich gegangen. Die CDU/CSU sind den Veränderungen in unserer Gesellschaft nicht nur hinterher gehinkt, sondern sie haben sie zunächst einmal stets zu verhindern versucht. So z. B. bei der Frauenbewegung. Hass und Häme hat Alice Schwarzer, die engagierte deutsche Kämpferin für die Rechte der Frauen, gerade von CDU / CSU-Leuten aushalten müssen, als sie ihre Thesen vortrug und für die notwendige Veränderung der Gesellschaft in der Frauenfrage kämpfte. Bei der Umweltpolitik war es genauso. Hass und Häme wurde zunächst über die Grünen ausgeschüttet, als die sich für eine dringend notwendige neue Umweltpolitik einsetzten und Veränderungen in diesem wichtigen Bereich in der Gesellschaft durchsetzten. Gerade die VertreterInnen von CDU und CSU mokierten sich darüber, dass Joschka Fischer in Turnschuhen zu seiner ersten Ernennung als Minister in Hessen gekommen war. Na und? Jetzt sind die Turnschuhe im Haus der Geschichte in Bonn zu bewundern. Und so war es in allen Bereichen. Nach dem Zweiten Weltkrieg zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland waren die nationalsozialistische Ideologie und die Ideologie der CDU/CSU in großen Teilen deckungsgleich. Was kein Wunder ist: Denn die braune Brühe und die schwarze Brühe kommen aus demselben dreckigen Sumpf. Schon deswegen war die CDU für viele kritische Menschen nicht wählbar.
Die CDU/CSU ist auch stets an ihren religiösen ldealen gescheitert. Reden und Handeln gehen gerade bei ihren MitgliederInnen immer wieder weit auseinander. Wenn es darum geht, wirklich einmal konservativ zu sein und Werte gegenüber einer immer geldgieriger werdenden Wirtschaft zu bewahren, versagt diese Partei stets und wirft ihre konservativen Werte ratzfatz über den Haufen. Geld ist ihnen stets wichtiger als Werte (siehe oben)!
Bleibt als Partner vieler CDU/CSU-Regierungen noch die Freie Demokratische Partei Deutschlands (FDP). Die FDP hat viele honorige Persönlichkeiten in der Bundesrepublik hervorgebracht, angefangen von unserem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss über den weiteren FDP-Bundespräsidenten Walter Scheel bis hin zum langjährigen FDP-Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Sie waren alle hochgradig begabte und angesehene Politiker, die zu ihren Zeiten ihren Mann gestanden haben und engagierte Politiker waren. Sie haben die Geschicke unseres Landes umsichtig zum Wohl der Menschen gelenkt.
Von großem Interesse war für mich die FDP zu Zeiten der sozialliberalen Regierung, als die SPD mit der FDP koalierte. Anfang der 1970er Jahre prägte Karl-Hermann Flach als Generalsekretär der FDP das Gesicht seiner Partei. Dies war die Zeit, als „die Freiburger Thesen“ der FDP verabschiedet wurden. Mit ihnen orientierte sich die FDP in Richtung eines an Reformen interessierten „Sozialen Liberalismus“. Die Freiburger Thesen der FDP wurden von Walter Scheel, Karl-Herrmann Flach und dem damaligen Innenminister Werner Maihofer erarbeitet. Doch dann sind die programmatischen Werte der FDP immer mehr in die Versenkung verschwunden. Die FDP wandte sich einem immer radikaleren, nur am Markt orientierten Liberalismus zu. Dies begann mit den Trennungspapieren des damaligen Bundeswirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff (FDP), der einer der Hauptvertreter der geänderten Richtung der FDP war (1987 wurde er im Zusammenhang mit der Flick-Affäre wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt.). Er wollte Ende der 1970er Jahre aus der Regierung mit der SPD aussteigen und hat mit anderen FDP-Leuten (Hans-Dietrich Genscher war daran wesentlich beteiligt) den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt gemeuchelt (die Auffassung, Helmut Schmidt sei von der eigenen Partei gemeuchelt worden, ist eine Lüge, mit der die FDP von ihrem schändlichen Tun bei der Abwahl von Helmut Schmidt von Anfang an ablenken wollte), und geht bis heute hin zu dem Möchtegern-Staatsmann Guido Westerwelle und dem jugendlich unbeholfen wirkenden Philipp Rössler jeweils als Parteivorsitzende. Die FDP ist mittlerweile eine reine Interessenpartei der Besserverdienenden, die nur an die Verbesserung von deren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen interessiert sind. Sie schimpfen gegen die angebliche Allmacht des Staates und besetzten heimlich viele Stellen in den ihnen anvertrauten Ministerien mit FDP-MitgliederInnen. So schafft man Abhängigkeiten und lebenslangen Dank und nutzt eiskalt die staatlichen Institutionen für eigene Interessen aus. Bestes Beispiel dafür ist der Teppichliebhaber Dirk Niebel, der vor der letzten Wahl die Abschaffung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit forderte, nach der Wahl dessen Minister wurde und das Haus mit FDP-Leuten besetzt hat. Auch setzte gerade er eine wundersame Stellenvermehrung für sein Ministerium durch. Die heutige FDP kann man vergessen. Man kann nur hoffen, dass diese Partei ihre