Die Ketzer von Antiochia. Alexander L. Cues

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Die Ketzer von Antiochia - Alexander L. Cues


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fanden. Glänzende, nackte Leiber junger Männer zogen die Blicke auf sich. Schon bei der Vorstellung der Kämpfer kannte die Begeisterung keine Grenzen. Wetteinsätze auf die Kandidaten schnellten in die Höhe. Hob der Unterlegene die Hand, war der Kampf beendet. Oft auch gab der Kampfrichter das Zeichen zum Ende des Kampfes. Der Sieger blieb im Wettbewerb und traf auf den nächsten Gegner, bis am Ende noch zwei gegeneinander kämpften, die bis zu diesem Zeitpunkt alle Kämpfe gewonnen hatten. Damit sie wieder zu Kräften kamen und den Zuschauern ein spannender Entscheidungskampf geboten werden konnte, wurde nun erst einmal eine Pause eingelegt, in der die Ausscheidungskämpfe der Boxdisziplin stattfanden. Hier kam es oft zum k.o. eines Kämpfers, vor allem, weil beide ohne Pause bis zur Erschöpfung kämpften. Der Endkampf der Ringer versprach immer ein besonderer Höhepunkt zu werden, schon deshalb, weil man viel Geld bei den Wetten eingesetzt hatte. Der Sieger wurde nicht nur durch Stirnband und Olivenzweig geehrt, sondern auch noch ausgiebig gefeiert von dem Teil der Zuschauer, der auf ihn gesetzt hatte, während der Unterlegene oft geschmäht wurde und unter dem Schutz von Soldaten aus der Arena eskortiert werden musste. Liebling der Zuschauer war diesmal Milon, der aus Sidon stammte. Er war ein blendend aussehender Jüngling mit schwarzen Augen und einem ungebärdigen braunen Lockenschopf. Sein Vater hatte in der Heimatstadt eine berühmte Athletenschule gegründet. Drei Brüder, von denen Milon einer war, waren diesmal an den Start gegangen. Zwei von ihnen waren aber bereits frühzeitig ausgeschieden. Allein Milon hatte die Vorkämpfe überstanden und stand nun im Endkampf einem Gegner aus Damaskus gegenüber. Dieser war ihm an Körperkraft überlegen, was jener durch Schnelligkeit aber ausgleichen konnte. Weder der eine noch der andere konnte zunächst entscheidende Vorteile erlangen, bis die Kraft beider Kämpfer sichtlich zu schwinden begann. In dieser Phase des Kampfes gelang es Milon, seinem Gegner ein Bein zu stellen und ihn beim Fallen durch eine blitzschnelle Reaktion in die Rückenlage zu zwingen. Der Kampfrichter erklärte daraufhin Milon zum Sieger, der vom Publikum enthusiastisch gefeiert wurde. Der nächste Tag sah das Wettreiten und die Wagenrennen im Hippodrom von Antiochia, an denen sich auch einige prominente Bürger der Stadt beteiligten. Hierbei tat sich besonders erfolgreich Titus Verres hervor, Sohn eines Ratsmitgliedes. Sein Sieg im Wagenrennen brachte ihm und seiner Familie viel Ruhm und Anerkennung. Dieser Tag war ein Sabbat, und in der Synagoge der Christianer waren ungewöhnlich viele Menschen am Abend zum Gottesdienst gekommen, unter ihnen viele Fremde, die gehört hatten, dass es hier eine Möglichkeit zum Übernachten gab. Als Simon, der die Versammlungen seit einiger Zeit wieder leitete, gerade alle Anwesenden begrüßen wollte, traten durch die offene Tür plötzlich vier junge, kräftige Männer hinein, die von einigen der Anwesenden sofort als Milon, Held des Ringkampfes, und seine drei Brüder erkannt wurden. Es war kaum zu glauben, dass ein olympischer Held den Weg hierher gefunden hatte. Der Olympiasieger wurde von den Anwesenden lautstark und begeistert gefeiert. An eine geordnete Durchführung des Gottesdienstes war nicht mehr zu denken, und so beschränkte sich Simon darauf, ein Psalmgebet zu sprechen, und segnete alle, die gekommen waren. Milon dankte für die Gastfreundschaft und die vielen Glückwünsche, die ihm auch hier entgegengebracht wurden. Er trug sein Stirnband und seinen Olivenkranz, den alle einmal berühren wollten. „Wir freuen uns,“ hob er an, „Glaubensgeschwister in Antiochia gefunden zu haben. Auch in unserer Heimatstadt Sidon nennt man uns die Christusanhänger, und wir loben Gott, der uns in der Taufe auf den Namen Jesu seinen Geist geschenkt hat. Ihr habt miterlebt, wie ich gestern meinen Wettkampf mit Hilfe des Höchsten gewonnen habe. Die Freude darüber ist ganz bei mir und den Meinen. Morgen aber wird der Stier des Mithras geopfert, und man wird von mir verlangen, ihn zu schmücken. Wie kann ich aber diejenigen mit Opfern und Blumengirlanden ehren, die von Menschen geschaffen und in Tempeln aufgestellt wurden? Mein Glaube verbietet mir, ein Götzenbild zu verehren. Ich werde deshalb die Zeichen meines Sieges zurückgeben und auf den Ruhm des Sieges verzichten. Man wird uns auch daran hindern, am Pentathlon teilzunehmen.“ Alle, die diese Worte des jungen Athleten gehört hatten, waren tief beeindruckt von seinem aufrichtigen Glauben, der aus seinen Worten sprach. Sie fürchteten aber auch, dass sein Bekennermut dazu führen könnte, dass ihm Gewalt angetan wurde. Die Christianer und ihre Gäste verweilten an diesem Abend noch lange im Gespräch darüber, was der Glaube an den Kyrios ihnen zu tun aufgab. „Ihr steht mutig im Glauben und gebt uns ein gutes Beispiel. Dafür danken wir euch,“ meinte Alexander. Und Silvia, die Frau des Commodus, bot den Athleten an, sie in ihrem Haus in Sicherheit zu bringen, wenn sie in Gefahr gerieten. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Gemeinde noch nicht ahnen, dass der Versammlung ein Spitzel des Ratsherrn Eustachios beigewohnt hatte, der diesem alles berichtete, was sich an diesem Abend in der Synagoge der Christusgläubigen zugetragen hatte. Er erzählte auch, dass der Baumeister Menachem Celer anwesend war, als Milon die Götter geschmäht und angekündigt hatte, sein Opfer zu verweigern. Eustachios ließ den Mann später in Gegenwart des Archonten Aurelios Nikomachos noch einmal wiederholen, was er erlebt hatte, wodurch sich die Situation der Gemeinde ein weiteres Mal dramatisch zuspitzte.

      XV So kam denn der vierte Tag der Spiele, der zwar ein Ruhetag für alle Kämpfer war, aber für viele dennoch einen Höhepunkt des Ereignisses darstellte, denn die Opferung des Stieres sollte erfolgen. Als der Mithras-Priester zum Zeitpunkt des höchsten Sonnenstandes den riesigen Stier vor den Altar führte, ging ein Raunen der Bewunderung durch die Menge. Man glaubte, dass aus dem massigen Körper des Stieres Brot, Wein und Nahrung spendende Tiere hervorgehen würden. Seine Seele würde beim Opfer zum Himmel aufsteigen und die göttliche Stierseele stärken, die für Fruchtbarkeit des Landes sorgte. Die Zeichen ihres Triumphs an der Stirne, betraten jetzt die Sieger der olympischen Wettkämpfe der beiden ersten Tage die Szene. Sie schmückten den Stier unter erneutem Jubel der Menge in einer feierlichen Zeremonie mit bunten Kränzen und Blumen. Als jene in der ersten Reihe auf der Tribüne Platz nahmen, erschollen Rufe nach Milon, dem gefeierten Sieger des Ringkampfes, der eigentlich an der Opferung teilnehmen sollte. Zuerst waren es nur einzelne, dann aber hörte man minutenlang nur noch frenetische Sprechchöre: „Milon, Milon!“ Von Milon aber war nichts zu sehen an diesem Tag. Niemand schien zu wissen, wo er war. Enttäuschung machte sich breit unter den Zuschauern, die ihren Helden noch einmal feiern wollten. Die Schlachtung des Stiers besorgten kundige Helfer des Priesters, die das Blut auffingen und den Altar mit ihm besprengten. Fleisch und Fett des Tieres wurden vollständig verbrannt. So wurde durch das Vergießen des Blutes der Tod überwunden und den Göttern Genüge getan. Nach der Opferhandlung ließ man sofort nach Milon suchen. Um ihn zu finden, brauchte es nicht viel Zeit. Der Held der Zuschauer war zusammen mit seinen Brüdern auf dem Weg zum Palast des Legaten, wo die Kampfrichter und Priester schon auf ihn warteten. Nach den Gründen für sein Fernbleiben gefragt, antwortete er: „Ihr macht mir den Vorwurf, dass ich nicht den Göttern opfern will. In der Tat, wir glauben, dass der Schöpfer des Alls keines Blutes bedarf, keines Rauchs von verbranntem Opferfleisch und keines Wohlgeruchs von Blüten und Räucherwerk. Er spricht durch sein Wort: Wer Dank opfert, der preiset mich. Wenn ihr mir wegen meines Vergehens die Zeichen meines Sieges nehmen wollt, dann werde ich mich fügen. Wie Christus darauf verzichtet hat, göttliche Würde zu tragen, werde auch ich verzichten. Bei Gott wird mein Lohn umso größer sein.“ Diese mutigen Worte des Athleten verfehlten ihre Wirkung auf die Runde der Kampfrichter nicht. Allein das Gesetz sah vor, dass Milon Stirnband und Olivenkranz zurückgeben musste. Alle Brüder wurden von den weiteren Wettkämpfen ausgeschlossen. Sie fanden Zuflucht im Haus des Ratsherrn Commodus und seiner Frau Silvia, wo sie sicher waren, so lange die Spiele dauerten. Nachmittag und Abend dieses wettkampffreien Tages standen ganz im Zeichen des Theaters. Großes Vergnügen bereitete den Zuschauern die Komödie Dyskolos des Menandros. Seine Stücke waren außerordentlich populär, erkannten sich die Zuschauer doch oft in ihnen wieder. Am Abend stand ein Drama, die Elektra des Euripides, auf dem Programm. Die grausame Geschichte von der Blutrache an der Mutter, die Elektra mit Hilfe des Bruders Orest vollzieht, zog das Publikum in ihren Bann. Da verbreitete sich in der Pause im Publikum die Nachricht wie ein Lauffeuer, dass Milon und seine Brüder von den Wettkämpfen ausgeschlossen worden waren. Für die meisten war diese Entscheidung unverständlich und eine große Enttäuschung, hatte man sich doch bereits darauf gefreut, den Helden auch bei weiteren Wettkämpfen bejubeln zu dürfen. Dieses konnte man nicht einfach hinnehmen, und so kam es, dass nach Beendigung des Theaterspiels die Menge vor den Palast des Legaten zog und dort verlangte, die Entscheidung zu widerrufen. Hätte nicht während der Spiele eine


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