Reich ins Heim. Hans Pürstner

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Reich ins Heim - Hans Pürstner


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die als erste unter allgemeinem Jubel zu Hitlerdeutschland übergelaufen war.

      Interessiert schlenderte er weiter über den Messestand und fachsimpelte mit seinem Gastgeber. Sein mysteriöser Verfolger schien sich unterdessen aus dem Staub gemacht zu haben und bald dachte er nicht einmal mehr an ihn.

      Beim Abschied bat ihn Herr Heller, doch am Abend sein Gast zu sein. „Meine Frau würde sich freuen, ihnen ein typisch steirisches Menü zu servieren!“

      Als er das hörte kam ihm die Erinnerung an die ausgezeichnete Hausmannskost von Ingrid hoch. War es damals wegen der Lebensmittelrationierung doch nicht einfach gewesen, ein schmackhaftes Essen auf den Tisch zu stellen, so hatte sie sich immer wieder alle Mühe gegeben, ihn kulinarisch zu verwöhnen.

      Selbstverständlich nahm er die Einladung gerne an.

      Gleich nach der Rückkehr ins Hotel rief er seine Frau Ann in Bournemouth an, um ihr von seinem ersten Tag auf der Geschäftsreise zu berichten und vergaß auch nicht, das leckere Frühstücksgebäck zu erwähnen, was diese mit einem hörbaren Schmollen zur Kenntnis nahm.

      “ Ich dachte immer, du liebst meinen Toast mit der selbst gemachten Orangenmarmelade?” fragte sie leicht geknickt.

      “ Natürlich, Liebes“, beruhigte er sie schnell, „aber diese kleine Abwechslung hat mir dennoch gut getan”

      Nachdem er noch Grüße an die Kinder bestellt hatte, legte er auf und erst danach fiel ihm ein, dass er ganz vergessen hatte, seiner Frau etwas von dem geheimnisvollen Verfolger zu erzählen.

      Na ja, vielleicht ist es auch besser so, dachte er im Stillen, so hätte sie sich bloß wieder Sorgen gemacht, und das wahrscheinlich völlig unbegründet. Trotzdem ging ihm der Fremde nicht aus dem Kopf.

      3.Kapitel

      Der Abend verlief überaus harmonisch. Frau Heller zog alle Register ihrer Kochkunst, um ihrem ausländischen Gast die Vorzüge österreichischen Essens nahe zu bringen,

      „Ihr Engländer werdet ohnehin nicht gerade kulinarisch verwöhnt!“, konnte sie sich einen kleinen Seitenhieb auf ihren Gast nicht verkneifen.

      Es gab zur Einstimmung eine kräftige Rindsuppe mit Grießnockerl, diese herrlich lockeren und flaumigen Klößchen hatte er auch schon in seiner ersten Zeit in Graz gerne gegessen.

      „Die mache ich immer noch nach dem Rezept meiner Mutter“, berichtete sie stolz. “Man muss genau ein Eischwer Grieß auf ein Ei nehmen, dann werden sie richtig locker!“

      Danach gab es ein wunderbar knusprig paniertes Backhendl mit Vogerlsalat, kleine grüne Sträußchen von Feldsalat mit gekochten Kartoffelscheiben, alles mit Obstessig und Kürbiskernöl angemacht.

      ”Was war doch so ein Backhendl früher für ein Festessen“, seufzte Frau Heller etwas wehmütig, „heute ist es überhaupt nichts Besonderes mehr, Hühnerfleisch zu essen”

      Dazu tranken sie Schilcher, einen trockenen Rose´ Wein. Eine Sorte, die nur in der Steiermark angebaut wird.

      Als Nachspeise hatte sie Ribiselkuchen gebacken, eine dicke Schicht Meringuemasse auf einem dünnen Mürbteigboden und als krönenden Abschluss obendrauf frische rote Johannisbeeren, das Ganze im Ofen kurz überbacken.

      Nach dem Essen gab es als Abschluss noch ein paar Obstler.

      „So ein Schnapserl ist einfach das Allerbeste zur Verdauung! bemerkte Herr Heller mit leicht entschuldigendem Blick zu seiner Frau. Worthington musste ihm wohl oder übel Recht geben, obwohl er sich anfangs geschüttelt hatte. Dieser Zwetschgengeist zeigte tatsächlich eine aufräumende Wirkung auf seinen Magen.

      Satt und zufrieden trat er schließlich per Taxi den Rückweg in sein Hotel an.

      Am nächsten Morgen, als er gerade in den Frühstücksraum gehen wollte, reichte ihm der Hotelportier einen Zettel, auf dem nur die kurze Nachricht stand:

      Heute um 17 Uhr, Schlossbergbahn, Bergstation

      Noch ganz in Gedanken, wer ihn wohl auf diese ungewöhnliche Weise treffen wollte, ging er an seinen Frühstückstisch. Selbst der hervorragende Tee konnte ihn nicht aufmuntern. Zuerst der geheimnisvolle Verfolger auf der Messe, jetzt diese rätselhafte Verabredung, er konnte sich einfach keinen Reim darauf machen.

      Während sich Worthington nach dem Verlassen des Frühstücksraums beim Portier nach dem Weg zur Talstation der Schlossbergbahn erkundigte, fragte er diesen gleich noch, von wem denn die Nachricht abgegeben worden wäre.

      Leider brachte ihn die Antwort auch nicht weiter. Da der Zettel bei dessen Schichtbeginn schon im Fach gelegen hatte, musste wohl der Nachtportier ihn angenommen haben. “Herr Waller kommt aber erst übermorgen wieder zur Nachtschicht,” meinte der Portier bedauernd.

      Am Vormittag machte er dann noch einen kleinen Stadtbummel, war überrascht, wie viele neue Geschäfte und Lokale es in Graz inzwischen gab und freute sich, dass die Stadt sich trotzdem noch ihren alten Charme bewahrt zu haben schien.

      Er stattete dem einzigen Kaufhaus von Graz, Kastner &Öhler, einen Besuch ab, um in der Kinderabteilung etwas Hübsches zu finden, anschließend kaufte er auch noch ein Souvenir für seine Frau.

      Da bis zum vereinbarten Zeitpunkt der mysteriösen Verabredung noch etwa zwei Stunden Zeit waren, beschloss er, diese zu nutzen, um sich auf dem Schlossberg schon etwas umzusehen.

      Der Schlossberg von Graz lag genau im Herzen der Stadt. Obwohl der Begriff Berg wohl etwas übertrieben für diesen kleinen Hügel ist, dachte er sich im Stillen, aber für einen Flachlandtiroler wie ihn wirkte er doch ganz schön groß.

      Er löste eine Fahrkarte und stieg in den Waggon, der abfahrbereit wartete. Leicht ruckelnd setzte sich die Bahn in Bewegung, und der Schaffner, der eben noch die Fahrscheine in dem kleinen Glaskasten verkauft hatte, war nun der Zugführer.

      „Der muss wohl einen ziemlich gemütlichen Job haben, der gute Mann!“ rief Worthington einem neben ihm stehenden Fahrgast spöttisch zu. „Die Bahn fährt doch bestimmt vollautomatisch!“.

      Mit in der Kabine war auch eine japanische Familie, und ihr fröhliches Schnattern und begeistertes Fotografieren lenkten ihn wenigstens ein bisschen ab. So vergaß er für eine Weile fast, darüber zu grübeln, was bei dieser seltsamen Verabredung wohl herauskommen würde.

      Genau in der Mitte der steilen Fahrstrecke begegneten sie dem bergabfahrenden Zug, die beiden Zugführer winkten sich gelangweilt zu und nach wenigen Metern sahen sie schon die Bergstation näher kommen.

      Oben angekommen, stieg zuerst der Zugführer aus, öffnete die Türen und half den Fahrgästen aus der Bahn auszusteigen. Danach setzte er sich in eine kleine mit Glasfenster abgetrennte Kabine und verkaufte wieder Fahrscheine, diesmal für die Fahrt nach unten.

      Worthington lenkte seine Schritte erst mal auf den Uhrturm zu, das auffällige Wahrzeichen von Graz.

      Neben dem nur wenige Meter entfernten Glockenturm, der Liesl, soll er das einzige noch erhaltene Bauwerk aus der großen Befestigungsanlage sein, las er auf einer an der Mauer angebrachten Kupfertafel, ein Hindernis, das selbst für die Truppen der Franzosen seinerzeit unbezwingbar gewesen sein sollte und deren Zerstörung eine der Bedingungen Napoleons für einen Friedensvertrag gewesen wäre.

      Der Turm war in der Stadt kilometerweit sichtbar und hatte Worthington schon seinerzeit als willkommene Orientierungshilfe gedient, auch wenn er seiner ursprünglichen Aufgabe, der Anzeige der Uhrzeit etwas weniger zu gebrauchen gewesen war. Zum einen bestand das Zifferblatt nur aus römischen Zahlen, und außerdem gab es noch eine für eine Uhr ziemlich ungewöhnliche Besonderheit.

      Worthington hatte sich während seiner Stationierungszeit oft gewundert, warum bei dieser weithin sichtbaren Uhr der Minutenzeiger klein und dafür der Stundenzeiger groß war. Ein freundlicher älterer Herr erklärte es ihm damals geduldig, und wies ihn auf das große Gewicht der massiven Zeiger hin und dass der schwere Stundenzeiger schließlich weniger Umdrehungen als der Minutenzeiger mitmachen musste,


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