Die Advisoren Band VI. Justin Mader

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Die Advisoren Band VI - Justin Mader


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       Klick!

      Ich musste meinen rechten Arm nur leicht angewinkelt halten und die Waffe rutsche fast selbsttätig in meine Hand. Ein kleiner Ruck nach oben, ein leichter Druck auf den Auslöser und …

       Srrr!

      … das virtuelle Target wurde von der Waffenwirkung in zwei Hälften geschnitten.

      Eine leicht rotierende Bewegung mit der Hand und …

       Klack!

       … die Ank rastete wieder im Holster ein. Leicht strich ich über die funkelnde Ank 22/10, ein Schmuckstück in meinem Besitz. Sie war wunderschön mit Elektrum ziseliert und trotzdem von unglaublicher Präzision und das über mehrere Kalis hinweg. Dann zog ich die Waffe zärtlich aus dem Holster und polierte mit etwas Waffenöl und einem Putztuch über das geschwungene Griffstück und dem spiralförmig gezogenen Lauf, der von der Überschlagsenergie der Djed-Kondensatoren leicht perlmutfarbig schimmerte.

      Meine mortalen Werkzeuge pflegte ich stets liebevoll, sodass derartige Jobs für mich fast schon zu einer Art von Routine gerieten. Jedoch ich war überzeugt, exakt darin lag die größte Gefahr. Routine bedeutete Sorglosigkeit und Sorglosigkeit konnte jederzeit das Ende bedeuten, besonders in meiner Branche. Deshalb war Übung und die Wiederholung der Abläufe von unverzichtbarer Notwendigkeit.

      „Na, kannst Du es endlich?“

      Sarkastisch kamen diese Worte von ihm.

      „Aber halt doch den Schnabel!“

       Dabei hatte er gar keinen Schnabel. Nur durch das Wunder der Technik und über die zahlreichen an ihm angebrachten Sensoren übermittelte Este Volante mir seine Gedanken. Denn von einem radiärsymmetrischen Lebewesen mit Hydroskelett konnte man eigentlich keine Lautäußerung erwarten. Este Volante war mein Newetwurm und er schwamm dort drüben auf dem Besprechungstisch in seiner Nährlösung in einer allseitig abgeschlossenen Box. Ich war froh diesen Wurm nicht sehen zu müssen, denn seine aufgedunsene weiße, sich nach glitschigem Leichnam anfühlende Haut sah nicht besonders erbauend aus.

      Damals, also vor rund sechstausend Jahren waren sie zu uns gekommen und hatten sich in meinem Volk eingenistet. Es passierte von einem Tag auf den anderen. Ein Expeditionsleiter war bei seinen Forschungsreisen auf diese Würmer gestoßen. Er untersuchte eines dieser schlangenähnlichen Dinger. Aber bevor er es verhindern konnte, bohrte sich einer der Würmer in seine Halsregion. Unsere Mediker wollten das Ding sofort aus ihm herausoperieren, aber unmöglich, es war bis in seine Hirnregion vorgedrungen und hatte sich mit dem Hypothalamus des Wissenschaftlers verbunden. Die Besorgnis war groß, da sich der Expeditionsleiter vehement wehrte den Wurm zu entfernen. Jedoch nach einigen Tagen benahm er sich wieder völlig normal und zeigte keine Anzeichen einer Beeinflussung. Normal, nun nicht ganz. Denn auf einmal legte er unglaubliche Eigenschaften an den Tag. Er konnte unlösbare erscheinende Gleichungen lösen, zu dem jeder andere einen Tag am Großrechner benötigte. Unsere Wissenschaftler stellten fest, dass diese Würmer intelligent waren und den Träger mit segensreichen Fähigkeiten ausstatteten. Die Newets, wie sie sich nannten, eröffneten uns durch ihre Anwesenheit eine vielversprechende Zukunft. Und sie hielten auch ihr Wort – mehr oder weniger. Die meisten meines Volkes sahen diese Würmer somit als symbiotisch an und nahmen sie schließlich nur allzu gerne und freiwillig in sich auf.

      Egal, was die andern denken, ich sehe in diesen Dingern jedoch eindeutig eine parasitäre Lebensform, die Körper wie die unseren benötigt um zu überleben. Und ich will ja niemanden kritisieren, aber scheinbar ist es einfacher, den Gedanken eines anderen Lebewesens zu folgen, als selbst über die eigene Situation nachzudenken. Doch auch ich kann nicht abstreiten, dass die großartigen technischen Entwicklungen und evolutionäre Erfolge bei meinem Volk erst begannen, als die Newetwürmer uns vereinnahmt hatten. Und die Mehrheit der Führungsschicht meiner Spezies dachte und denkt genauso.

      Eigentlich sollte einer dieser Newetwürmer ja auch in meiner Halsregion wohnen und direkten Kontakt mit meinem Gehirn haben. Jedoch nicht mit mir, ich war anders. Ich wollte stets ich selbst sein und mich auf meine eigenen Gedanken und Reflexe verlassen. Deshalb krümmte sich Este Volante dort drüben in einer Box und nicht in mir. Dass ihm das natürlich nicht ganz recht war, wusste ich, ich würde es jedoch nie ändern.

      Einmal hatte er mich fast überrumpelt und war mitten in der Nacht, als ich schlief, aus seiner Nährlösung gekrochen und näherte sich mir. Nur ein halber Meter fehlte noch, dann hätte sich dieses Ding untrennbar mit mir verbunden. Doch bevor er seine ringförmigen Zähne ausfahren und sich in meinen Körper bohren konnte, weckten mich meine geübten Reflexe und ich erwischte ihn gerade noch. Mein erster Gedanke war, sein rückgratloses Dasein sofort zu beenden. Allerdings würden sich damit ein paar Probleme ergeben, die ich nicht ignorieren durfte. Somit beließ ich es damit, sein Gefängnis unüberwindbar zu machen.

      Denn mittlerweile waren die Newetwürmer unsere wahren Herrscher und es wäre mir nicht gut bekommen, ihn zu terminieren. Und…, sie hätten mir dann zwangsweise einen anderen Wurm verpasst, das konnte ich nicht riskieren. Außerdem waren seine Tipps auch nicht immer schlecht und halfen mir über so manche Momente der Einsamkeit und der Langeweile hinweg. Eine Zeitlang hatten wir ein gespanntes Verhältnis zueinander, inzwischen quatscht er mich wieder mit seinen Kommentaren voll. Obwohl er immer noch in der allseitig umschlossenen Box hauste, hatte er sich so langsam an die Situation gewöhnt, hoffte ich zumindest.

      Außerdem konnte mich niemand zu meinem Glück zwingen, also so einen Newetwurm im Hirn zu tragen. Denn ich war einfach zu gut in meinem Job.

      Ach ja, mein Job.

       „Glaubst Du wirklich, dass Solumtee eine Chance gegen dich hat? Und übst Du deshalb so intensiv mit der Ank?“, bohrte mein Wurm nach. Also ob ich diese Übung nicht schon seit tausenden von Jahren perfekt beherrschen würde.

      „No, aber Du kennst doch meine Neurose zum Perfektionismus!“ antwortete ich lässig, in der Hoffnung ihn zu provozieren. Denn Neurosen hatte ich in den letzten fünftausend Jahren nie gehabt, ich nicht! Schade, er schwieg nur einfach dazu.

       Solumtee war ein Erzschürfer mit zweifelhaftem Ruf. Außerdem hatte er sich mit seinem „Geschäftspartner“, namens Anzuvie etwas entzweit. Nur deshalb hatte ich von dieser „Konkurrenzfirma“ den kleinen Auftrag erhalten, nämlich ihn zu killen, egal wie. Hauptsache es war endgültig und … der Preis stimmte.

      Ich musste fast einen Monat lange recherchieren, bis ich ihn ausfindig machen konnte. Doch nun hatte ich ihn. In einer kleinen Mine, mitten in einem Asteroidengürtel. Eine kleine Bar mit wenig Publikum.

      Ich ging in meine Waffenkammer, legte meine Ausrüstung an, zog meinen Waffengurt straff und schritt mit wiegenden Schritten zu meinem Zubringerschiff. Ich aktivierte die Tarnschirme und schwebte damit langsam auf die steinige Wüste des Asteroiden zu, wo ein paar silbrig glänzenden Kuppelbauten standen. Das Schiff befestigte ich so nah an der Bar wie möglich. Nur für den Fall der Fälle.

      Laute, rhythmische Musik drang mir aus der kleinen Spelunke entgegen. Der Geruch von betäubenden und süchtig machenden Substanzen durchzog den Raum, sodass meine Geruchsnerven rebellierten. Der Barkeeper putzte gerade geflissentlich ein stark geschwungenes Glas. Was er sich eigentlich schenken konnte, denn der Tresen wies eine ein Millimeter hohe Schmutzschicht auf.

      Als ich den Raum gemächlich betrat, verstummten auf einmal alle Gespräche und auch die Musik verging mit einem Schlag. Eine tödliche Stille breitete sich aus. Alle Blicke richteten sich auf mich und … meine Ank im Waffengurt.

       „Kann ich Solumtee sprechen?“ fragte ich den Barmann.

      Ein erschrockener Blick in die Runde und ein Zucken des Kopfes deuteten auf ein Zimmer im oberen Stockwerk. Ich nickte höflich und justierte eine Schaltung am Waffengurt. Mit aktiviertem Antigrav schwebte ich langsam aufwärts. Eine Stufe konnte knarren, ein Antigrav hingegen war lautlos. Obwohl…, er müsste die veränderte Situation längst gemerkt haben. Aber auch ich hatte ihn bereits durch die einzige dort oben befindliche Tür lokalisiert. Ich spürte richtig seine Anwesenheit. Kalter Schweiß hatte eine ganz bestimmte Geruchsmarke.


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