Auf fremden Pfaden. Karl May

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Auf fremden Pfaden - Karl May


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will ich Euch erst später sagen, denn es versteht sich ganz von selbst, daß ich Jan begleite, wenn er zurückkehrt. Und wir, Mynheer, brauchen wohl auch nicht Abschied zu nehmen, denn ich denke, Euch hier noch vorzufinden!«

      »Mynheer wird nicht so schnell fortgehen,« versicherte und bat die Frau, halb zu mir und halb zu ihm gewendet. »Lebt wohl, Baas Uys, und laßt uns bald hören, daß ihr mit Sikukuni fertig seid!«

      Sie reichte ihm die Hand, und er that mit Mietje und mir, die wir ihn dann hinausbegleiteten, dasselbe. Das Mädchen blieb im Hofe; ich kehrte allein in die Stube zurück.

      Hier mußte mir Jeffrouw Soofje von ihrem Leiden erzählen, und ich kam zu der Überzeugung, daß dasselbe nur in einem schlecht behandelten Katarrh bestehe, welcher allerdings bereits begonnen hatte, einen gefährlichen Verlauf zu nehmen. Glücklicherweise enthielt meine kleine Reiseapotheke das geeignete Mittel, welches ich der Patientin verabreichte, bevor ich ihr gebot, das Bett aufzusuchen. Um das letztere zu thun, bedurfte die schwere Frau der Hilfe, und ich ging daher, um Mietje zu holen. Sie war im Hofraume nicht zu treffen. Ich fragte einen aus dem Stalle kommenden Hottentotten nach ihr. Er zeigte mit dem Finger hinter das Haus.

      »Mietje sein dort und geb' Schul' klein' Kind,« antwortete er.

      »Schule?« fragte ich überrascht.

      »Schul'!« antwortete er stolz. »Klein' Kind und groß' Khwekhwena (wie sich die östlichen Hottentotten nennen) lern' viel, groß viel in Schul – lern' zähl', lern les', lern' schreib' und lern' bet'. Mietje sein gut, groß gut in Schul'!«

      Ich ging der bezeichneten Richtung nach und hörte bald ein lautes Sprechen. Inmitten eines kleinen, von Buschwerk eingerahmten freien Grasplatzes saß das Mädchen, umgeben von Kindern beiderlei Geschlechtes, welche in zwei Abteilungen getrennt waren. Die Abteilung hatte jedenfalls ihren sprachlichen Grund, denn ich erkannte sowohl an der Farbe als auch an den Gesichtszügen, daß die eine Hälfte aus Hottentottenkindern, die andere aber aus Abkömmlingen von Kaffern bestand. Mietje beschäftigte sich soeben mit den ersteren, und ich bemerkte, daß der gegenwärtige Unterricht ein religiöser sei.

      »Nun wird gebetet. Faltet die Hände!« gebot sie, diesem Befehle durch ihr eigenes Beispiel folgend.

      Die kleinen, gelbbraunen Händchen der Kinder legten sich zusammen.

      »Jetzt!«

      Sie erhob ihre gefalteten Hände zum Zeichen, und nun erklang es im Chore:

      »Sida tib, hommi na-hab, sa ons anu-annuhe!«

      Die Kleinen beteten das Vaterunser in rührender Andacht zu Ende. Dann wandte sie sich an die Kaffernkinder:

      »Und nun auch ihr!«

      Die Händchen wurden auch von dieser Abteilung gefaltet; dann gebot sie wie vorher:

      »Jetzt!«

      Der kindliche Chor begann:

      »Bawo wetu o sezulwini, malipatwe ngobungcwele igama lako

      »So!« lobte sie die Gelehrigkeit und Andacht der Kleinen. »Und nun wollen wir beten, wie wir des Abends und des Morgens drin bei Jeffrouw Soofje beten müssen. Alle zusammen – jetzt!«

      Sowohl die Kaffern als auch die Hottentotten begannen jetzt niederländisch:

      »Onze vader, die in de hemelen ziit, uw naam worde geheiligt

      Ich sah und hörte, daß ich in ein frommes, gottesfürchtiges Haus gekommen sei, und es that mir leid, den Unterricht stören zu müssen. Mietje hatte mein Kommen nicht bemerkt und wurde einigermaßen verlegen, als ich zwischen den Sträuchern hervortrat, um sie zu bitten, zur Mutter zu gehen.

      Ich begleitete sie, nachdem sie die Kinder entlassen hatte. An der Giebelseite des Hauptgebäudes bemerkte ich zwei Wildkatzenfelle, welche ausgespannt unter einem der Fenster hingen.

      »Diese Tiere scheinen hier häufig vorzukommen.« bemerkte ich.

      Sie nickte:

      »Da droben im Walde begegnet man ihnen sehr oft, Mynheer, und es ist nicht ganz ohne Gefahr, sie anzuschießen. Die erste, welche ich traf, hat mich gar arg zugerichtet, weil ich sie bloß verwundete, und hätte ich mein Messer nicht mitgehabt, so lebte ich jetzt vielleicht nicht mehr.«

      Ich blickte sie verwundert an.

      »Ihr versteht auch, mit dem Gewehre umzugehen?« fragte ich sie.

      »Jan hat es mich gelehrt, weil er meinte, hier zu Lande sei es vorteilhaft, wenn auch die Frauen und Mädchen die Waffen gebrauchen können.«

      »Wo liegt der Wald?«

      »Ist man hier das Thal hinauf und über die Höhe rechts hinübergegangen, sieht man ihn liegen.«

      Wälder sind in diesen Gegenden eine Seltenheit, und da ich mich jetzt ohne weitere Beschäftigung sah, so rief ich meinen Diener, welcher in scheuer Entfernung vom Leoparden stand und das ihn verdrießlich anblinzelnde Tier neugierig betrachtete.

      »Quimbo, hast du die Pferde versorgt?«

      »Pferd hab' freß' und hab' sauf, Mynheer,« antwortete er. »Quimbo sein fleißig und hab' auch schon eß'!«

      »So nimm deine Waffen. Wir gehen nach dem Walde!«

      Ich trat in die Stube, um meine Büchse zu holen, und machte die beiden Frauen mit meinem Vorhaben bekannt. Sie warnten mich vor giftigen Schlangen, deren es im Walde eine Unzahl gebe, und boten mir einen Hottentotten als Führer an. Ich lehnte dies ab und verließ das Haus.

      Quimbo hatte sich mit allen seinen Waffen behangen und machte ein höchst unternehmendes Gesicht.

      »Mynheer hab' Flint'; Mynheer will schieß' tot. Was will Mynheer schieß tot?«

      »Elefanten,« antwortete ich mit der ernsthaftesten Miene.

      Der Kaffer that einen gewaltigen Sprung zur Seite und sah mich höchst erschrocken an.

      »Elefant? – O, Mynheer werd' sein tot, und Quimbo werd' sein auch tot! Elefant bin dick; Elefant hab' Maul so groß – – –«

      Er streckte die Hände so weit als möglich auseinander, um mir zu verdeutlichen, wie groß das Maul des Elefanten sei.

      »Gut, so suchen wir uns einen Löwen!«

      jetzt blieb er gar stillstehen vor Schreck.

      »Mynheer will such' Löwe? Oh, oh, Löwe sein noch viel mehr groß bös als Elefant; Löwe freß' all' Tier und all' Mensch; Löwe freß' England, freß' Holland, freß' Koikoib, freß' Kaffer, freß' Mynheer und freß' auch Quimbo. Was soll thun Quimbo, wenn Löwe hab' freß' Quimbo? Quimbo will nehm' schön' Frau; Quimbo darf nicht werd' freß' von Löwe!«

      Das war mir neu. Ich vermochte es nicht, mir den guten Kaffer als würdigen Ehemann vorzustellen, und fragte darum:

      »Was? Heiraten willst du?«

      »Quimbo wird nehm' Frau!«

      Er sprach diese Versicherung mit einem außerordentlichen Selbstbewußtsein aus und zog dabei eine Miene, als erwarte er die größte Anerkennung von meiner Seite.

      »So! Wen willst du nehmen?«

      »Quimbo nehm' schön' Mietje!«

      Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Also Mietje sollte das Glück haben, Madame Quimbo zu werden!

      »Warum Mietje?« fragte ich ihn.

      »Mietje bin gut, als Quimbo fall' von Pferd; Mynheer Uys hab' woll' schneid' auf Quimbo, Mietje aber hab' Angst um Quimbo; drum werd' sein Mietje Frau von Quimbo.«

      »Hast du es denn Mietje schon gesagt?«

      »Nein. Quimbo hab' nicht sprech' mit Mietje.«

      »Weißt du denn, daß Mietje deine Frau sein will?«

      »Quimbo weiß! Mietje will sein sehr Frau von Quimbo, denn Quimbo bin schön, bin gut und bin


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