Seefahrt Aspekte. Wolfgang Schwerdt

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Seefahrt Aspekte - Wolfgang  Schwerdt


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Fahrzeuge im Mittelalter ebenso, wie als Fischerboote in Irland und Wales (Coracles). Hier waren sie übrigens noch bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Gebrauch.

      Die Vorteile solcher Boote liegen auf der Hand. Sie sind schnell, ohne großen Aufwand herzustellen und extrem leicht, sodass sie problemlos von einem Mann auf dem Rücken getragen werden können. Der Nachteil ist allerdings, dass sie wegen ihrer runden Form schwer zu manövrieren und daher nur auf stehenden Gewässern oder für Fahrten flussabwärts eingesetzt werden können. Gerade die runde Form aber macht sie andererseits recht kentersicher, sodass auch wildere Gewässer mit Stromschnellen recht gut bewältigt werden können.

      Vor allem in Irland und Wales ist wird die Tradition des Coraclebaus weiter fortgeführt. Jede Region hat dort ihre eigenen Coracletypen entwickelt. Die britische Coracle- Society veranstaltet regelmäßig Treffen von Korbbootbauern, die dann in Wettkämpfen ihre archaischen Fahrzeuge auf Flüssen mit Wildwasser und Stromschnellen erproben. Dass es sogar Bausätze für Coracles mit vorgefertigten Holzgerüsten und Kunststoffhaut zu kaufen gibt, zeigt, was für ein geniales Konzept hinter der steinzeitlichen Bootskonstruktion steht.

      Boote der Bronzezeit

      In Ermangelung von Nägeln wurden die Planken bronzezeitlicher Boote gedübelt und zusammengenäht. Diese Technik erlaubte sogar den Bau seetüchtiger Schiffe.

      Als 1952 an der Südseite der Chepospyramide ein verstecktes Grab geöffnet wurde, fand man Teile eines Bootes. 1955 begann man das Boot, das wie ein Bausatz zerlegt, dem Grab beigegeben worden war, zu heben. Nach der Konservierung und dem Zusammenbau der 1224 Einzelteile war schließlich ein etwa 4600 Jahre altes 43,4 m langes und 5,9 m breites Schiff von etwa 40 Tonnen Wasserverdrängung entstanden. Die Planken waren auf Stoß aneinandergesetzt, miteinander verzapft und mit Stricken, die durch vorgebohrte Löcher geführt wurden, zusammengebunden. Nägel standen damals nicht zur Verfügung.

      Wenn im 3. Jahrtausend v.u.Z. bereits richtige seetüchtige Schiffe in der Technik des Planken Zusammennähens gebaut werden konnten, dann muss die Konstruktionsweise selbst deutlich älter sein. Tatsächlich fanden sich bereits aus prädynastischer Zeit, also der Stein-Kupferzeit, die in das 5. vorchristliche Jahrtausend zurückreicht Modelle und Abbildungen von einfacheren Plankenbooten, die nur genäht sein konnten.

      1921 wurde vom dänischen Nationalmuseum das sogenannte Hjortspringboot ausgegraben und später rekonstruiert. Dieses genähte Plankenboot mit Doppelsteven von 15,3 m Länge und ca. 50 cm Breite stammt aus dem 4. Jahrhundert v.u.Z.. Es ähnelte in seinem Aussehen erstaunlicherweise vielen der teilweise auf das 8. vorchristliche Jahrhundert datierten skandinavischen Felsritzzeichnungen, die bislang als Darstellungen von Fellbooten angesehen wurden.

      Die Funde genähter Plankenboote mit bis zu 15 m Länge, die seit etwa 1940 an den Flussmündungen Ost- und Südenglands (z.B. North Ferriby, Dover) gefunden wurden, konnten auf bis zu 1300 Jahre v.u.Z. datiert werden. Auch hier darf angenommen werden, dass das Konstruktionsprinzip deutlich älter ist.

      Die ersten genähten Plankenboote der arabischen Welt lassen sich in Mesopotamien auf das 3. Vor-christliche Jahrtausend zurückverfolgen. Dieses Konstruktionsprinzip war so erfolgreich, dass noch Marco Polo zum Ende des 13. Jahrhunderts über zusammengenähte arabische Handelsschiffe vom persischen Golf berichten konnte. Und bis ins 16. Jahrhundert waren die arabischen Dhauen, die den indischen Ozean überquerten und bis nach China segelten ohne die Verwendung von Nägeln gebaut worden.

      Die enorm leistungsfähigen ozeanischen und polynesischen Kanus, Ausleger- und Doppelrumpfboote, mit denen der pazifische Raum besiedelt worden war, waren ausschließlich zusammengenäht und zusammengebunden Und daran änderte sich beim traditionellen Bootsbau dieser Region bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nichts. Auch wenn über die Anfänge des ozeanischen und polynesischen Bootsbaus nichts bekannt ist, so darf doch angenommen werden, dass auch hier die Tradition genähter Plankenboote sehr alt ist. Denn auch die indische Schifffahrt und der damit verbundene Einsatz genähter Plankenboote lassen sich mit Einflüssen auf Indonesien bis in das 3. vorchristliche Jahrtausend zurückverfolgen.

      Die Zahl der regionalen und kulturellen Unterschiede bei den genähten Plankenbooten ist enorm. Das beginnt bereits beim Nähen selbst. Kreuzstich, Schrägstich, Schlingen u.a.m. sei hier nur genannt. Die Nähte können in den Planken versenkt werden, sodass sie auf der Außenhaut nicht zu sehen sind. Die Planken können einfach durchbohrt werden, sodass die Nähte auch außen sichtbar werden.

      Die Planken können auf Stoß aufeinandersitzen (kraweel), sie können aber auch einander überlappen (klinker). Und die überlappenden Planken können von außen oder von innen angesetzt werden. Für all diese (und noch mehr) Variationen gibt es Beispiele.

      Genähte Plankenboote wurden in der Regel in der Schalenbauweise hergestellt. Die Außenhaut wurde dabei aus Planken aneinandergesetzt und später mit stabilisierenden Spanten oder Teilspanten versehen. Das erlaubte eine große Formenvielfalt ohne vorher Berechnungen anstellen zu müssen. So ähnelten beispielsweise die bronzezeitlichen ägyptischen Schiffe den Schilfbooten dieser Zeit. Das hatte übrigens dazu geführt, dass vor dem Fund des Cheopsschiffes angenommen wurde, dass die ägyptischen Schiffsabbildungen überwiegend Schilfboote darstellen.

      Wie sowohl europäische Funde als auch ceylonesische und polynesische Kanus zeigen, konnten genähte Plankenboote auch dadurch entstehen, dass einem Einbaum Planken zur Erweiterung oder Erhöhung aufgesetzt wurden. Je größer diese Boote wurden, desto mehr entwickelte sich der ursprüngliche Einbaum zum Kiel. Letztendlich aber hing die spezifische Konstruktion und Form der Boote in den verschiedenen Regionen und Kulturen sehr stark von den jeweiligen Umweltbedingungen (z.B. Art und Verfügbarkeit des Holzes) und dem Einsatzzweck (Handel, Transport, Krieg) der Fahrzeuge ab.

      Die römischen Lastkähne in Gallien und Germanien

      Flachbodige Lastkähne waren für die Römer so etwas wie die Maultiere der Flüsse, mit deren Hilfe vor allem in den landwirtschaftlich unterentwickelten rechts-rheinischen germanischen Gebieten die Versorgung der römischen Siedlungen, Lager und Stützpunkte mit Lebensmitteln und anderen wichtigen Gütern gesichert werden konnte.

      Im Rahmen der Ausstellung IMPERIUM in Haltern im Jahre 2009 hat auch ein mit Zuckerlösung konservierter Originalfund aus Zwammerdam, einem römischen Legionslager in den heutigen Niederlanden, seinen Weg in das LWL- Römermuseum gefunden. Es handelt sich um das Schiff 3 eines Fundes von insgesamt 6 Lastkähnen unterschiedlicher Konstruktion und Größe aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Das Amsterdamer Institut für Vor- und Frühgeschichte hatte die Prähme mehr zufällig zum Ende der Ausgrabungen des römischen Hilfstruppenlagers Nigrum Pullum zwischen 1968 und 1971 gefunden. Eher unsystematisch gruben die Archäologen daraufhin bis 1974 weiter und bargen drei Einbäume, drei Prähme, ein Steuerruder und eine Reihe vereinzelter Planken. Von den drei Einbäumen war letztendlich nur das Schiff 3 ein echtes Transportschiff, die anderen beiden wurden als Fischerkähne identifiziert. Schiff 3 mit seinen rund 12 Metern Länge und etwa 1,40 Metern Breite war aus einem Eichenstamm gearbeitet an dessen Seiten Setzborde, also angesetzte Bordwände aus Weißtanne, sowie Ansätze und Erweiterungen am Bug mit Hilfe von knieförmigen Querhölzern angenagelt wurden. Faktisch ergab dies einen flachbodigen Prahm, der sich äußerlich nur durch seine geringere Größe von den anderen Funden unterschied. Tatsächlich dürften auch die Zwammerdam- Prähme 2, 4 und 6, die immerhin zwischen 20 und 34 Meter lang und etwa 3 bis 4,50 Meter breit sind, entwicklungsgeschichtlich auf einem Einbaum basieren. Denn die L- förmigen Kimmhölzer, also der Übergang vom aus mehreren Planken bestehenden Flachboden zu den Bordwänden waren aus einem halbierten Baumstamm gearbeitet worden. Konstruktiv gesehen war also der ursprüngliche Einbaum längs geteilt, in der Mitte durch die Bodenplanken verbreitert und an den Seiten durch die bekannten Setzborde erhöht worden.

      Zahlreiche unterschiedliche Konstruktionen sind selbst bei so einfachen Wasserfahrzeugen möglich und auch tatsächlich angewendet worden. Da gab es die Möglichkeit, die Planken auf Stoß aneinanderzusetzen, oder – insbesondere im Bereich der Bordwand aber auch der Kimmhölzer - die Planken einander überlappen zu


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