mit Machen. Hermann Brünjes

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mit Machen - Hermann Brünjes


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verschwendet, Gaben liegen brach, Chancen werden nicht genutzt, Ziele können weder gefunden noch erreicht werden ... und so geht es weiter. Gott allein weiß, was wir alles verpasst haben, weil wir uns seinen Herausforderungen nicht gestellt haben.

      Von Auswirkungen auf die Ewigkeit muss ich also gar nicht sprechen, wenn es um Konsequenzen unseres »Nein« geht. Die biblischen Zeugen sind da allerdings nicht so zurückhaltend wie ich. Sie zeigen immer wieder auf, dass wir ohne Christus tatsächlich verloren sind (z.B. Joh. 3,36).

      Ich halte mich allerdings gerne aus mehreren Gründen zurück, die ewige Verlorenheit detailliert zu betonen:

       Es ist Gottes Sache, über ewige Verlorenheit oder gar Verdammnis zu befinden – und meine Hoffnung ist, dass wir durch Christus am Ende alle gerettet werden.

       Ebenso allein Gottes Sache ist es, zu bestimmen, wann es zu spät ist. Da haben wir Menschen schon oft daneben gelegen und gemeint, nun gäbe es keine neue Chance mehr und Gott sei mit seiner Geduld am Ende. Gott aber hatte Geduld.

       Vom Verlorengehen zu reden, baut Ängste auf. Es kann bei psychisch labilen Menschen bis hin zur Psychose führen. Mag in der Vergangenheit solch »schwarze Pädagogik« auch zur Verkündigung gehört haben, für heute und für mich passt sie nicht zum Evangelium der Freiheit.

       Wann immer vom »Gericht« Gottes im Neuen Testament die Rede ist, will Jesus und wollen die Autoren damit ihre Adressaten zur Umkehr bewegen, also retten. Es geht folglich nicht um das Festschreiben eines Urteils für die Ewigkeit.

       Im »Endgericht« wird alles zu Recht gebracht, also gerichtet (wie beim Richt-Fest kommt alles ins Lot!). Folglich geht es nicht um Hinrichtung oder ewige Strafe. Die hat Jesus für uns durchlitten und getragen.

       Ich erlebe, dass Freude und Dankbarkeit für empfangenen Segen ein viel stärkere und nachhaltigere Motivation zur Nachfolge Jesu und zum Handeln sind als Angst und Pflichtgefühl.

      Der neue Gehorsam

      Bisher haben wir vor allem von »Herausforderung« gesprochen oder vom »Ja« und einer Entscheidung zur Nachfolge. Einmal kam das kleine, aber gehaltvolle Wörtlein »Befehl« vor. Sie erinnern sich? Jesu Wort ist eine Ansage, ein Befehl, habe ich geschrieben. Seine Worte sind nicht Möglichkeit, Erwägungsspielraum für ein »vielleicht« oder »mal sehen«. Nein, wenn Gott spricht, dann ist das auch so gemeint. Und wenn es sich um einen Ruf handelt, um eine Forderung, dann ist es genau genommen ein Befehl.

      Haben Sie Probleme damit? Ich manchmal schon. Ich denke ans Militär, an inkompetente Vorgesetzte, an Kadavergehorsam, an Krieg, Duckmäusertum, sogenannte Führer ...

      »Befehl« ist für mich kein attraktiver Begriff. »Einladung« finde ich schöner. Auch deshalb, weil ich lieber sage: »Ich glaube an Gott. Ich vertraue Jesus. Ich akzeptiere seinen Willen.« Wenn ich dagegen von Befehl spreche, muss ich konsequenterweise auch ein anderes Wort benutze, ein unbeliebtes Wort: Gehorsam. »Ich gehorche.« Das macht mich irgendwie klein wie ein Kind und hilflos. Ein bisschen Knecht steckt auch mit drin. Nicht ich, sondern jemand anders hat das Sagen. Ich reagiere nur und agiere nicht mehr.

      Meine Empfindungen mögen Sie teilen, der Auseinandersetzung mit dem, worum es beim »Glaubensgehorsam« geht, können wir nicht entgehen, wenn wir »mit Machen« wollen.

      

       Bonhoeffers »billige Gnade«

      Der schon zitierte Dietrich Bonhoeffer setzt sich in »Nachfolge« intensiv mit dem Glaubensgehorsam auseinander. Es taucht der Begriff »billige Gnade« auf. Bonhoeffer sagt: »Das Wort der billigen Gnade hat mehr Christen zugrunde gerichtet als irgendein Gebot der Werke.« Was er meint? Die »billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge«, schreibt er. Ich versuche es einmal mit meinen Worten zu sagen: In evangelischer Tradition sprechen wir von der »Freiheit eines Christen«. Gemeint ist damit meistens die Freiheit von etwas, selten jedoch die Freiheit zu etwas. Immer ist die Rede vom schenkenden Gott, nicht jedoch vom Fordernden. Der »liebe Gott« wird zum süßen, kuscheligen Väterchen gemacht und der »liebende Gott« mit seiner ganzen Leidenschaft für eine veränderte, heile Welt und seine geliebten Menschen wird ausgeblendet. »Billig« ist die Gnade, weil sie nichts kostet – dabei hat sie doch Jesus das Leben gekostet. Er hat teuer bezahlt – und wir tun so, als sei dies völlig selbstverständlich.

      Oder anders: Gnade ohne Gehorsam ist billig. Christsein wird so der Beliebigkeit ausgeliefert, profil- und bedeutungslos. Statt tätiger Glaube wird eine unverbindliche Gesinnung daraus, statt kraftvollem Zeugnis von der Liebe Gottes wird der Glaube zu einer theoretischen Weltanschauung unter anderen.

      Dietrich Bonhoeffer schreibt: »Nur der Glaubende ist gehorsam, und nur der Gehorsame glaubt.« Er bindet also Glauben und Gehorsam aufs Engste zusammen. Es ist wie eine Münze von zwei Seiten: Auf der einen Seite wird mir der Glaube geschenkt. Er ereignet sich und ich freue mich über das, was Gott an mir tut. Er kommt in meine Welt. Er redet zu und mit mir. Er ruft mich. Und ich kann mich darüber freuen. Das ist der Glaube. Geschenk pur.

      Die andere Seite der Münze ist ohne diese Geschenkseite nicht zu haben. Warum sollte ich gehorchen, wenn ich kein Vertrauen habe? Oder mich für Jesus ins Zeug legen, wenn er mir nichts bedeutet? Warum sollte ich auch nur einen Finger krumm machen, wenn mir Jesus einfach nur egal ist und ich keine Glaubensbeziehung zu ihm habe? – Aber wenn er mir tatsächlich alles bedeutet, dann setze ich auch alles ein. Dann folge ich ihm und vertraue ihm auch ganz praktisch. Wenn ich glaube, dann lebe ich auf sein Wort hin und gehorche ihm. Ohne diese Konsequenz hat sich die Geschenkseite im Grunde nicht ereignet. Ich leugne das Heilswirken Gottes und lebe so, als sei das alles nie passiert.

      Glaube und Gehorsam sind also wirklich untrennbar verbunden. Wie Geschenk und Empfangen. Wie Glaube und Nachfolge. Wie »mit Denken« und »mit Machen«.

      

       Umkehr

      Ein zentraler Begriff in der Bibel ist »Umkehr« (griechisch »metanoia«). Manche Christen sagen auch »Bekehrung«. Gemeint ist die Hinwendung zu Gott, das »Ja« des Glaubens als Antwort auf Jesu Ruf hin. In der Untersuchung »Wie Erwachsene zum Glauben kommen« aus Greifswald (IEEG, 2009) wird von »Konversion« gesprochen. Gemeint ist dort das Gleiche: Die Beziehung zu Gott rückt in die Mitte des Lebens. Jemand »kommt zum Glauben«, »gibt sein Leben Jesus« oder »wird Christ«. Gemeint ist immer »metanoia«, Umkehr.

      Wir haben längst verstanden, dass solche Umkehr richtig handfest geschieht. Wenn jemand zum Glauben findet, dann hat das immer auch eine sichtbare Seite mit Bekenntnischarakter. Ein Gebet wird gesprochen, eine Segnung erfahren, am Abendmahl teilgenommen – solche Rituale können Ausdruck der Umkehr sein. Aber die Äußerungen persönlicher Frömmigkeit sind nur ein Teil der sichtbaren Seite des Glaubens.

      Dietrich Bonhoeffer hebt besonders die Zugehörigkeit zur Gemeinde, zur Kirche hervor. Er schreibt in »Nachfolge«: »Es ist hier der Schritt zur Kirche, in der das Wort des Heils gepredigt wird. Dieser Schritt kann in voller Freiheit getan werden. Komm zur Kirche! Das kannst du kraft deiner menschlichen Freiheit. Du kann am Sonntag dein Haus verlassen und zur Predigt gehen. Tust du es nicht, so schließt du dich willkürlich von dem Ort aus, an dem geglaubt werden kann.« Unmissverständlich macht Bonhoeffer klar: Heil stiftend ist die Zugehörigkeit zu einer Kirche nicht! Ich kann auch zur Kirche gehen, wenn ich nicht glaube und gehorche. Dort, bei den Christen, muss ich damit rechnen, Gottes Ruf zu hören und plötzlich in jenem Freiraum der Entscheidung zu stehen. Nicht meine Kirchenzugehörigkeit bewirkt dann Gottes Gnade, sondern weil er mir gnädig ist, suche ich seine Gegenwart in der Gemeinschaft jener, die an ihn glauben. Die aktive Beteiligung am kirchlichen Leben kann, aber muss nicht, eine sichtbare Handlung auf Jesu Ruf hin sein. Allemal wenn sich jemand gegen Widerstände zur Gemeinde hält, wie etwa in der ehemaligen DDR oder in einem Land, wo Christen in der Minderheit sind, ist die Kirchenzugehörigkeit ein sichtbares Bekenntnis einer Hinkehr zu Jesus Christus.

      Und noch einen Bereich der aktiven Antwort auf den Ruf Christi nenne ich. Vermutlich vom Theologen Luis Lallemant (1578–1635)


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