Кавказ и Чечня – обзор европейских ученых. Caucasus and Chechnya – a review of European scientists. Муслим Махмедгириевич Мурдалов
Читать онлайн книгу.Erhebungsrichtung SW-NO ist bestimmend für die Gestaltung des Daghestans. Dadurch kommt ein fremdes Element in das System des Kaukasus, das seinen bis dahin so einheitlichen Charakter ganz verwischt. Gleich einer ungefügen schweren Masse, gleich einem Fremdkörper scheint der Daghestan in dem sonst so wohlgeordneten Kettengefüge des Kaukasus zu hängen. Abgesehen von der anderen Orientierung seiner Gebirgszüge ist es vor allem die seltsame Abgeschlossenheit, die den Daghestan so aus dem Rahmen des übrigen Kaukasus herausfallen läßt. Ein mächtiger Kalkgebirgswall umschließt ihn im NW, N und O und zwingt die Wasser der vier Koissuflüsse, sich in einem tiefen Caňon von seltener Großartigkeit sich durch diese Mauer einen Ausweg zum Kaspischen Meere zu bahnen.
Eigenartiger Faltenbau und tiefgreifende Erosion haben besonders im tiefer gelegenen nordwestlichen Teile dieser riesigen natürlichen Festung ein chaotisches Durcheinander von scharfen Kämmen, breiten, rings isolierten blockartigen Plateaus und tiefen Schluchten geschaffen, in dem es selbst von erhöhtem Standpunkt aus schwierig ist, sich zu orientieren. Erst bei genauerem Studium erkennt man, daß auch dieses vermeintliche Chaos gesetzmäßig gestaltet ist.
Es ist hier nur die Rede vom inneren Daghestan mit den vier Koissu-Flüssen; außer Betracht bleibt das ganze Gebirgsland zwischen diesem Koissu-Daghestan und dem Kaspischen Meere, also das Schach-dagh- und Dibrarsystem, da es für das hier näher zu behandelnde Gebiet keine Bedeutung besitzt.
Der Gebirgszung, bei dem diese bedeutungsvolle SW-NO Richtung am auffälligsten in Erscheinung tritt, ist gleichzeitig ein Teil jenes schon erwähnten Grenzwalls, der den Daghestan rings gegen die Außenwelt abschießt. Auf ihm verläuft die Wasserscheide zwischen dem flußgebiet des Sulak und dem des Terek; auf ihm zieht auch die politische Grenze entlang, wie schon eingangs erwähnt wurde. Sein Außenhang liegt ganz im Bereich der Tschetschnja; er ist der hervorstechendste Zug in der Orographie ihres östlichen Teils.
Die Folgerungen daraus ergeben sich nunmehr von selbst. In der Tschetschnja treffen die beiden großen Einheiten, des kaukasischen Gebirgsbaues aufeinander, das Kettengefüge des zentralen Kaukasus und der quer dazu liegende daghestanische Block. Der westliche Teil ist im zentralkaukasischen, der östliche im daghestanischen Sinne beeinflußt. Man kann somit die Tschetschnja als Übergangsgebiet zwischen dem Nordhang des zentralen und des östlichen Kaukasus bezeichnen.
Ebenso wie das Gebirge läßt sich auch Ziskaukasien oder, wie die Russen sagen, der Nordkaukasus in drei Hauptteile zerlegen. Es sind dies das Kubangebiet im W, in der Mitte die Stawropoler Höhen und im O die Niederung des Terek und der Kuma.
Das östliche Drittel Ziskaukasiens, mit dem wir es hier allein zu tun haben, zerfällt in zwei klar von einander geschiedene Teile. Der nördliche Teil, die weite, zwischen Terek und Kuma sich breitende Nogaier-Steppe, kann hier, wo es sich im wesentlichen nur um Feststellung der orographischen Beziehungen handelt, außer Betracht bleiben, da solche zum Tschetschenengebiet nicht vorhanden sind. Auch mit dem übrigen Gebirge steht sie nicht in Zusammnhang; kein Bergwasser durchrauscht sie; Kuma und Terek bilden nur die Grenzen der öden, teilweise wüstenhaften Steppen.
Anders das sich südlich anschließende Gebiet, die dem Gebirgsfuß unmittelbar vorgelagerte Niederung. Ich nenne sie die obere Terekniederung, wobei ich jedoch auch die Niederung seines sehr selbständigen größten Nebenflusses, der Ssunscha, mit einbegreife, der den Terek erst zu Beginn seines Unterlaufes erreicht. Diese Niederung wird von zahllosen Bergwassern durchströmt; sie ist geradezu ihr Werk, insofern als sie aus z. T. mehrere hundert Meter mächtigen Schottermassen besteht, unter denen die in die Tiefe gehenden kaukasischen Falten begraben lieden. Diese Falten tauchen jedoch in einiger Entfernung vom Gebirgsfuß plötzlich wieder empor und zwar in zwei langgezogenen parallelen Bodenwällen von etwa 200 – 300 m relativer Höhe. Man bezeichnet sie als das Terek-Ssunscha-Gebirge. Doch steht es auch oberflächlich mit dem Hauptgebirge noch in Verbindung. Der nördliche Zug hängt im O mit ihm etwa da zusammen, wo der Daghestan am weitesten nach N vorstößt; im W wird er durch die Fluren der Kabarda von ihm getrennt. Der südliche wiederum hängt mit seinem Ostflügel sozusagen in der Luft; unvermittelt bricht er in der Ssunscha-Ebene ab; auf seinen letzten Hügeln ragen die Bohrtürme der neuen Grosnyer Erdölfelder in die Höhe. Im W dagegen findet er den Anschluß zur Hauptkette, kurz nachdem er vom Terek durchbrochen wird, ähnlich wie im O sich die Ssunscha durch den nördlichen ihren Weg bahnt. Die Falten des Terek-Gebirges sind nach neueren Untersuchungen nach N überkippt; auf Störungen deutet u. a. die starke Thermentätigkeit an seinem Nordrande, z. B. nördlich von Grosny.
Zwischen diesen beiden Hügelkämmen und dem Hauptgebirge breitet sich die obere Terek-Niederung. In einem weiten Bogen dringt sie in das Gebirge ein, am tiefsten bei Wladikawkas, und verleiht damit dem zentralen Kaukasus die eigentümlich enggeschnürte Gestalt, so daß die Breite des Gebirges hier auf 120 km zusammenschrumpft, während sie im Elbrusgebiet 180 km und im Daghestan nicht viel weniger beträgt. Die Ziffer von 180 km hat jedoch auch für den zentralen Kaukasus ihre Bedeutung; sie würde nämlich der Entfernung vom Südfuß des Gebirges bis zum Nordrand der beiden Hügelkämme entsprechen, was gewiß mehr als bloßer Zufall ist.
Die zum Bogen der oberen Terek-Niederung gehörende Sehne wird also ungefähr durch den nördlichen der beiden Hügelkämme gebildet oder, wenn man will, durch den Mittellauf des Terek, der hier in streng kaukasischer Richtung am Nordhang des daghestanischen Erhebungsrichtung SW-NO, nach NO abbiegt.
Man darf mithin die obere Terek-Niederung bei einer Betrachtung des kaukasischen Gebirgsbaues nicht außer Acht lassen. Man kann sie sowohl als innerhalb, wie als außerhalb des Gebirges liegend ansehen. Für ersteres spricht in interessanter Weise eine anthropogeographische Tatsache, insofern nämlich, als sie noch von den eigentlichen Kaukasusvölkern besiedelt wird, nämlich den Kabardinern, Inguschen und Tschetschenen, während jenseits der beiden Hügelzüge das turko-tatarische Steppenvolk der Nogaier und die zur selben Völkergruppe zählenden Kumüken sich ausbreiten. In sich besteht die obere Terek-Niederung aus drei voneinander getrennten Gebieten, nämlich der Kabarda und dem Kessel von Wladikawkas, der von jener durch den südlichen der beiden Hügelkämme getrennt wird. Durch einen Vorsprung der Schwarzen Berge wird der Wladikawkaser Kessel vom dritten Teil geschieden, der Ssunscha-Ebene, die für sich ebenfalls wieder bogenförmig ins Gebirge eindringt. Die Ssunscha-Ebene nun bildet das Gebiet, dessen Stellung es in diesem Kapitel zu kennzeichnen galt, nämlich den ebenen Teil des Tschetschenengebietes.
Diese kurze Skizzierung der Lage des Tschetschenengebietes im Kaukasus mag für den Rahmen der vorliegenden Arbeit genügen.
III. Landeskundlicher Überblick über das Tschetschenengebiet
a) Oberflächengestalt
Die Aufzählung der verschiedenen Ketten, wie sie für den Nordhang, des zentralen Kaukasus üblich ist und auch im vorigen Kapitel gebracht wurde, könnte die Vorstellung erwecken, daß wir hier parallel dem Hauptkamme eine Reihe von Ketten antreffen, von denen eine immer niedriger wird als die andere, bis sie schließlich in der Ebene verklingen. Im Osten ist dies ganz bestimmt nicht der Fall, vor allem nicht im Daghestan, aber auch nicht im Tschetschenengebiet. So sind hier z. B. die beiden Kämme, die zwischen dem Hochgebirge und den niedrigen Schwarzen Bergen liegen, einander an Höhe gleich, ja stellenweise überragt sogar der nördliche den südlichen. Am ehesten geeignet, einen raschen Überblick über die Orographie des Gebietes zu verschaffen, ist eine Einteilung nach den verschiedenen Höhenstufen, die sehr scharf ausgeprägt sind und das Auge des Bergwanderers zu dieser Einteilung geradezu zwingen. Es sind ihrer drei zu unterscheiden. I. Die Stufe der tertiären Vorberge oder «Schwarzen Berge» mit etwa 800—1000 m Höhe. Darauf nach S folgend 2. Die Stufe des Kalkgebirges der Kreide und des oberen Jura von 2000 m ab mit Gipfelhönen bis zu 3000 m. Zu dieser Höhenstufe gehört noch ein Teil des Schiefer- und Sandsteingebirges des mittleren und unteren Jura. 3. Das Hochgebirge der alten dunklen Schiefer von etwa 3000 m ab bis 4500 m.
Betrachten wir zunächst die tertiären Vorberge. Aus der Ssunscha-Ebene, die am Gebirgsfuß etwa 300 m noch liegt, steigen ihre sanftwelligen Höhen empor, nach den dichten Buchenwäldern, mit denen sie einst bedeckt waren, «Schwarze Berge» genannt. Die O-W streichenden Falten sind durch die zur Ssunscha eilenden Flüsse und Bäche in einzelne Kuppen und S-N ziehende Rücken aufgelöst,