Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

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Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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junge Prinz.

      Diese seltsame Scene wurde von allen Anwesenden nur wie ein rührendes Familienfest aufgenommen. Der Cardinal gab sich das Ansehen eines Vaters gegen die Söhne von Frankreich, und die zwei jungen Prinzen waren unter seinem Flügel groß geworden. Niemand maß, wie man es in unseren Tagen thun würde, diese Freigebigkeit des ersten Ministers dem Hochmuth oder der Unverschämtheit zu.

      Die Höflinge beneideten nur . . . Der König wandte den Kopf ab.

      »Nie habe ich so viel Geld gehabt,« sage freudig der junge Prinz, während er durch das Zimmer schritt, um sich zu seinem Wagen zu begeben. »Nein, nie . . . Wie schwer das ist, fünfzigtausend Thaler!«

      »Aber warum verschenkt der Herr Cardinal all dieses Geld auf einmal?« fragte ganz leise der Herr Prinz den Grafen de la Fère. »Er ist also sehr krank, dieser liebe Cardinal?«

      »Ja, gnädigster Herr, ohne Zweifel sehr krank; er sieht auch schlecht aus, wie Eure Hoheit wahrnehmen kann.«

      »Gewiß . . . doch daran wird er sterben, hundert und fünfzigtausend Livres! . . . Oh! das ist nicht zu glauben. Sprecht, Graf, warum dies? findet uns eine Ursache.«

      »Gnädigster Herr, ich bitte geduldet Euch; seht, der Herr Herzog von Anjou kommt, mit dem Chevalier von Lorrain? plaudernd, hierher; ich würde mich nicht wundern, wenn sie mir die Mühe, indiscret zu sein, ersparten. Hört, was sie sagen.«

      Der Chevalier sagte wirklich halblaut zum Prinzen:

      »Monseigneur, es geht nicht mit natürlichen Dingen zu, daß Herr Mazarin Euch so viel Geld schenkt . . . Nehmt Euch in Acht, Ihr laßt Goldstücke fallen, Monseigneur. Was will der Cardinal von Euch, daß er so großmüthig ist?«

      »Ich sagte Euch doch.« flüsterte Athos dem Herrn Prinzen in’s Ohr, »hier kommt die Antwort auf Eure Frage.«

      »Sprecht, Monseigneur,« wiederholte ungeduldig der Chevalier, der, seine Tasche abwägend, den Betrag der Summe, die ihm zurückprallend zugefallen war, verdächtig fand.

      »Mein lieber Chevalier, ein Hochzeitgeschenk.«

      »Wie, ein Hochzeitgeschenk!«

      »Ah! ja, ich heirathe,« erwiederte der Herzog von Anjou, ohne zu bemerken, daß er in diesem Augenblick vor dem Herrn Prinzen und vor Athos vorüberkam, welche sich Beide tief verbeugten.

      Der Chevalier schleuderte dem jungen Herzog einen so gehässigen Blick zu, daß der Graf de la Fère darob erbebte.

      »Ihr! Euch heirathen!« wiederholte er, »oh! das ist unmöglich; Ihr solltet diese Thorheit begehen?«

      »Bah! ich begehe sie nicht; man läßt sie mich begehen,« erwiederte der Herzog von Anjou . . . »Doch komm geschwinde und laß uns unser Geld ausgeben.«

      Hiernach verschwand er mit seinem Gefährten, lachend und plaudernd, während alle Stirnen sich auf seinem Wege beugten.

      Da sprach der Herr Prinz leise zu Athos:

      »Das ist also das Geheimniß?«

      »Ich habe das nicht gesagt, Monseigneur.«

      »Er heirathet die Schwester von Karl II?«

      »Ich glaube ja.«

      Der Prinz dachte einen Augenblick nach, und sein Auge schleuderte einen scharfen Blitz.

      »Ah!« sagte er langsam, als ob er mit sich selbst spräche, »die Schwerter werden abermals an den Nagel gehängt . . . auf lange Zeit!« Und er seufzte.

      Alles, was dieser Seufzer an dumpf ersticktem Ehrgeiz, an erloschenen Illusionen, an getäuschten Hoffnungen enthielt, nur Athos allein errieth es, denn er allein hatte den Seufzer gehört.

      Alsbald verabschiedete sich der Herr Prinz und der König ging weg.

      Mit einem Zeichen, das er Bragelonne machte, wiederholte Athos an diesen die Einladung, die er am Anfang dieser Scene gegen ihn ausgesprochen.

      Allmälig leerte sich das Gemach und Mazarin blieb allein, Leiden preisgegeben, die er nicht einmal zu verbergen trachtete.

      »Bernouin! Bernouin!« rief er mit gebrochener Stimme.

      »Was befiehlt Monseigneur?«

      »Guénaud, man rufe Guénaud,« sagte die Eminenz, »mir scheint, ich sterbe.«

      Ganz Würzt lief Bernouin in das Cabinet, um den Befehl zu geben, und der Piqueur, der forteilte, um den Arzt zu holen, kreuzte den Wagen des Königs in der Rue Saint-Honoré.

       III.

      Guénaud

      Der Befehl des Cardinals war dringend: Guénaud ließ nicht auf sich warten.

      Er fand seinen Kranken im Bett zurückgeworfen, die Beine aufgeschwollen, den Magen zusammengepreßt. Mazarin war von einem heftigen Gichtanfall heimgesucht worden. Er litt grausam und mit der Ungeduld eines Mannes, der nicht an den Widerstand gewöhnt ist. Bei der Erscheinung von Guénaud rief er:

      »Ah! nun bin ich gerettet.«

      Guénaud war ein sehr gelehrter und sehr umsichtiger Mann, der nicht der Kritik von Boileau bedurfte, um Ruf zu erlangen. Stand er einer Krankheit gegenüber, und betraf diese auch die Person des Königs, so ging er schonungslos zu Werk. Er antwortete also Mazarin nicht, wie es der Minister erwartet: Hier ist der Arzt, fahre hin Krankheit!

      Er untersuchte im Gegentheil die an dem Kranken wahrnehmbaren Symptome sehr sorgfältig und mit ernster Miene, und gab dann nur ein: »Hoho!« von sich.

      »Nun, Guénaud? . . . Was für eine Miene nehmt Ihr an?«

      »Ich nehme die Miene an, die man haben muß, wenn man Euer Uebel sieht, Monseigneur, ein sehr gefährliches Uebel.«

      »Die Gicht . . . Oh! ja, die Gicht.«

      »Mit einer Zuthat von andern Uebeln, Monseigneur.«

      Mazarin erhob sich auf einen Ellenbogen und fragte gleichsam mit dem Blick und der Geberde:

      »Was sagt Ihr mir da? Bin ich kranker, als ich glaubte?«

      »Monseigneur,« sprach Guénaud, während er sich an das Bett des Cardinals setzte, »Eure Eminenz hat viel in ihrem Leben gearbeitet; Eure Eminenz hat viel gelitten.«

      »Aber ich bin nicht alt, wie mir scheint . . . Der selige Herr von Richelieu zählte nur siebzehn Monate weniger, als ich, als er starb und zwar an einer tödtlichen Krankheit starb. Ich bin jung, Guénaud, bedenkt das wohl, ich bin kaum zweiundfünfzig Jahre alt.«

      »Ah! Monseigneur, Ihr seid viel älter . . . Wie lange hat die Fronde gedauert?«

      »Zu welchem Ende fragt Ihr mich das?«

      »Zu einer medicinischen Berechnung, Monseigneur.«

      »So etwa zehn Jahre …«

      »Sehr gut; wollt jedes Jahr der Fronde zu drei Jahren rechnen, das macht dreißig; zwanzig und zwei und fünfzig aber machen zwei und siebzig Jahre, und das ist ein hohes Alter.«

      Während er dies sagte, fühlte er dem Kranken den Puls. Dieser Puls war so voll von unerfreulichen Prognostiken, daß der Arzt sogleich, trotz der Unterbrechungen des Kranken fortfuhr:

      »Setzen wir die Jahre der Fronde eines zu vier, so habt Ihr zwei und achtzig Jahre gelebt.«

      Mazarin wurde sehr bleich und sagte mit erloschener Stimme:

      »Sprecht Ihr im Ernst, Guénaud?«

      »Ach! ja, Monseigneur.«

      »Ihr nehmt also einen Umweg, um mir anzukündigen, daß ich sehr krank bin?«

      »Meiner Treue, ja, Monseigneur . . . bei einem Mann von dem Geist, von dem Muth Eurer Eminenz müßte man allerdings keinen Umweg nehmen.«

      Der Cardinal athmete so schwer, daß der unbarmherzige Arzt Mitleid bekam.

      »Es ist ein Unterschied zwischen den Krankheiten,« sagte Mazarin, »und gewissen Krankheiten entkommt man.«

      »Ganz


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