Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.den Mund, zögerte einen Augenblick, und sagte dann mit einer Anstrengung gegen sich selbst:
»Und Mercedes? man hat mich versichert, sie wäre verschwunden.«
»Verschwunden, wie die Sonne verschwindet, um am andern Tage glänzender aufzugeben.«
»Sie hat also ebenfalls Glück gemacht?« fragte der Abbé mit einem ironischen Lächeln.
»Mercedes ist in diesem Augenblick eine der vornehmsten Damen von Paris,« antwortete Caderousse.
»Fahren Sie fort.« sagte der Abbé; »es ist mir, als hörte ich die Erzählung eines Traumes. Aber ich habe selbst so außerordentliche Dinge erlebt, daß mich diejenigen, welche Sie mir mitteilen, weniger in Erstaunen setzen.«
»Mercedes war Anfangs in Verzweiflung über den Schlag, der ihr Edmond raubte. Ich sprach bereits von ihren Bitten bei Herrn von Villefort und von ihrer Ergebenheit für den Vater von Dantes. Mitten in ihrer Verzweiflung traf sie ein neuer Schmerz, der Abgang von Fernand, den sie mit seinem Verbrechen nicht bekannt, als ihren Bruder betrachtete. Fernand reiste ab, Mercedes blieb allein.
»Drei Monate verliefen für sie in Tränen; keine Kunde von Edmond, keine Nachricht von Fernand; nichts vor Augen, als einen Greis, der in seiner Verzweiflung hinstarb. Eines Abends, als sie ihrer Gewohnheit gemäß den ganzen Tag an der Ecke der zwei Wege, welche von Marseille zu den Cataloniern führen, sitzen geblieben war, kehrte sie niedergeschlagener als je in ihre Wohnung zurück: weder Geliebten noch Freund erschienen auf einem von den beiden Wegen, und sie hatte weder von dem Einem noch von dem Andern Kunde. Plötzlich kam es ihr vor, als hörte sie einen bekannten Tritt; sie wandte steh ängstlich um, die Thüre ging auf und Fernand erschien in seiner Unterlieutenants-Uniform..Es war nicht die Hälfte dessen, was sie beweinte, aber es war ein Teil ihres vergangenen Lebens, was zu ihr zurückkehrte. Mercedes faßte die Hände von Fernand mit einem Entzücken, das dieser für Liebe hielt, während es nur die Freude war, nicht mehr allein auf der Welt zu sein und endlich nach langen Stunden einsamer Trauer einen Freund wiederzusehen; und dann muß man sagen, Fernand war nie gehaßt gewesen, er war nur nie geliebte ein Anderer besaß das ganze Herz von Mercedes; dieser Andere war abwesend . . . verschwunden . . . vielleicht tot. Bei diesem letzten Gedanken brach Mercedes in ein Schluchzen aus und rang die Hände vor Schmerz; aber der Gedanke, den sie verwarf, wenn er ihr von einem Andern zugeflüstert wurde, kehrte jetzt ganz allein in ihrem Geiste ein; überdies sagte der alte Dantes unabläßig zu ihr: »»Unser Edmond ist tot, denn wenn er nicht tot wäre, käme er zu uns zurück.««
»Der Greis starb, wie ich Ihnen sagte, hätte er gelebt, so würde Mercedes vielleicht nie die Frau eines Andern geworden sein; denn er wäre da gewesen, um ihr ihre Untreue vorzuwerfen. Fernand begriff dies. Als er den Tod des Greises erfuhr, kehrte er zurück. Diesmal war er Lieutenant. Bei seiner ersten Reise hatte er Mercedes kein Wort von Liebe gesprochen, bei der zweiten erinnerte er sie daran, daß er sie liebte. Mercedes forderte noch sechs Monate von ihm, um Edmond zu erwarten und zu beweinen.«
»Das machte wirklich im Ganzen achtzehn Monate,« sagte der Abbé mit bitterem Lächeln. »Was kann der angebetetste Geliebte mehr fordern?«
Dann murmelte er die Worte des englischen Dichters:
»Frailty, thy name is woman!«6
»Sechs Monate nachher,« fuhr Caderousse fort, »fand die Hochzeit in der Kirche des Accoules statt.«
»Es war dieselbe Kirche, in der sie Edmond heiraten sollte,« murmelte der Abbé, »nur war der Bräutigam verändert.«
»Mercedes heiratete also,« sprach Caderousse, »doch obgleich sie in aller Augen ruhig erschien, wurde sie nichtsdestoweniger ohnmächtig, als sie vor der Reserve vorbeikam, wo achtzehn Monate vorher ihre Verlobung mit demjenigen gefeiert worden war, den sie noch liebte, wenn sie in den Grund ihres Herzens zu sehen gewagt hätte. Glücklicher, aber nicht ruhiger, denn ich sah ihn in jener Zeit, und er fürchtete beständig die Rückkehr von Edmond, war Fernand sogleich darauf bedacht, seine Frau aus der Gegend zu entfernen und sich selbst zu verbannen; er hatte zugleich zu viele Gefahren zu befürchten und zu viele Erinnerungen zu bekämpfen, wenn er bei den Cataloniern blieb. Acht Tage nach der Hochzeit reisten sie ab.«
»Sahen Sie Mercedes wieder?« fragte der Priester.
»Ja, zur Zeit des spanischen Krieges, in Perpignan, wo Fernand sie zurückgelassen hatte; sie beschäftigte sich damals mit der Erziehung ihres Sohnes.«
Der Abbé bebte.
»Ihres Sohnes?« sagte er
»Ja,« antwortete Caderousse, »des kleinen Albert.«
»Aber um diesen Sohn zu erziehen,« sprach der Abbé, »muß sie wohl selbst Erziehung erhalten haben? Es ist mir, als hätte ich von Edmond gehört, sie wäre die Tochter eines einfachen Fischers, schön, aber ungebildet gewesen?«
»Oh! kannte er denn seine Braut so schlecht?« versetzte Caderousse. »Mercedes hätte Königin werden können, wenn die Krone nur auf den schönsten und gescheitesten Köpfen getragen werden sollte. Ihr Vermögen nahm bereits zu, und sie nahm mit ihrem Vermögen zu. Sie lernte zeichnen, sie lernte Musik, sie lernte Alles. Dabei glaube ich, unter uns gesagt, daß sie alles Dies nur that, um sich zu zerstreuen, um zu vergessen, und daß sie nur so viele Dinge in ihren Kopf brachte, um das zu bekämpfen, was sie im Herzen hatte.Nun muß aber Alles gesagt sein, fügte Caderousse bei; »das Vermögen und die Ehre haben sie ohne Zweifel getröstet. Sie ist reich, sie ist Gräfin, und dennoch . . . «
Caderousse schwieg.
»Was dennoch?«
»Dennoch bin ich überzeugt, daß sie nicht glücklich ist.«
»Warum glauben Sie dies?«
»Als ich selbst zu unglücklich war, dachte ich, meine ehemaligen Freunde würden mich einiger Maßen unterstützen. Ich begab mich zu Danglars, der mich nicht einmal empfing. Ich ging zu Fernand, und dieser ließ mir hundert Franken durch seinen Kammerdiener zustellen.«
»Also sahen Sie weder den Einen, noch den Andern?«
»Nein« aber Frau von Morcerf hat mich gesehen.«
»Wie dies?«
»Während ich hinaus ging, fiel eine Börse zu meinen Füßen; sie enthielt fünfundzwanzig Louis d'or. Ich schaute rasch empor und erblickte Mercedes, welche den Laden wieder schloß.«
»Und Herr von Villefort?« fragte der Abbé.
»Oh! er war nicht mein Freund gewesen, ich kannte Ihn nicht und hatte nichts von ihm zu fordern.«
»Doch wissen Sie nicht, was aus ihm geworden ist, und welchen Teil er an dem Unglück von Edmond gehabt hat?«
»Nein, ich weiß nur, daß er einige Zeit, nachdem er Edmond hatte verhaften lassen, Fräulein von Saint-Meran heiratete und bald darauf Marseille verließ. Ohne Zweifel hat ihm das Glück gelächelt, wie den Andern, ohne Zweifel ist er reich wie Danglars, geachtet wie Fernand; ich allein bin, wie Sie sehen, arm, elend und von Gott vergessen geblieben.«
»Sie täuschen sich, mein Freund,« sprach der Abbé, »Gott kann zuweilen den Anschein haben, als vergäße er, wenn seine Gerechtigkeit ruht, aber es kommt immer ein Augenblick, wo er sich erinnert, und hier ist der Beweis davon.«
Bei diesen Worten zog der Abbé den Diamant aus der Tasche, reichte ihn Caderousse und sprach:
»Nehmen Sie diesen Diamant« er gehört Ihnen.«
»Wie, mir allein?« rief Caderousse; »oh! mein Herr, Sie scherzen?«
»Dieser Diamant sollte unter die Freunde von Edmond verteilt werden; Edmond hatte nur einen Freund, die Verteilung wird also unnötig. Nehmen Sie diesen Diamant und verkaufen Sie ihn, ich wiederhole, er ist fünfzigtausend Franken wert, und diese Summe wird hoffentlich genügen, um Sie der Armut zu entziehen.«
»Oh! mein Herr,« sagte Caderousse schüchtern eine Hand ausstreckend und mit der andern den Schweiß abwischend, der auf seiner Stirne perlte. »oh! mein Herr, treiben Sie nicht Spott mit dem Glücke und der Verzweiflung eines Menschen.«
»Ich
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Schwachheit, dein Name ist Weib.