Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма

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Der Graf von Monte Christo - Александр Дюма


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Caderousse?« Ja . . . ich glaube, das ist der Vorname und der Familienname. Nicht wahr, Sie wohnten einst in der Allée de Meillan, im vierten Stocke?«

      »So ist es.«

      »Und Sie trieben dort das Gewerbe eines Schneiders?«

      »Ja, aber die Sache nahm eine schlimme Wendung. Es ist so heiß in dem spitzbübischen Marseille, daß man sich dort am Ende gar nicht mehr kleiden wird. Doch was die Hitze betrifft, wollen Sie sich nicht erfrischen, Herr Abbé?«

      »Allerdings. Geben Sie mir eine Flasche von Ihrem besten Wein, und wir nehmen, wenn es Ihnen beliebt, des Gespräch wieder auf, wo wir es lassen.«

      »Ganz nach Ihrem Belieben, Herr Abbé, »sagte Caderousse.

      Um die Gelegenheit nicht zu versäumen, eine von den letzten Flaschen Cahors-Wein, die ihm blieben, anzubringen, beeilte sich Caderousse, eine Falle aufzuheben, welche in dem Boden des Zimmers im Erdgeschosse angebracht war, das zugleich als Speisesaal und als Küche diente. Als er nach Verlauf von fünf Minuten zurückkehrte, fand er den Abbé auf einem Schämel sitzend, den Ellenbogen auf den Tisch gestützt, während Margotin, der Frieden mit ihm gemacht zuhaben schien, als er hörte, daß dieser seltsame Reisende wider die Gewohnheit etwas zu sich nahm, auf dem Schenkel des Priesters seinen fleischlosen Hals und seinen Kopf mit dem schmachtenden Auge ausstreckte.

      »Sie sind allein?« fragte der Abbé seinen Wirth, während dieser die Flasche und ein Glas vor ihn stellte.

      »Oh! mein Gott, ja, allein, oder beinahe so, denn ich habe eine Frau, die mich in nichts unterstützen kann, insofern sie immer krank ist, die arme Carconte.«

      »Ah! Sie sind verheiratet?« sagte der Priester mit einer gewissen Teilnahme und warf einen Blick umher, der das magere Mobiliar des armseligen Haushaltes zu seinem winzigen Werte anzuschlagen schien.

      »Sie finden, ich sei nicht reich, nicht wahr?« sagte Caderousse seufzend; »aber was wollen Sie, um in dieser Welt zu gedeihen, genügt es nicht, ein ehrlicher Mann zu sein.«

      Der Abbé heftete einen durchdringenden Blick auf ihn.

      »Ja, ein ehrlicher Mann, dessen kann ich mich rühmen,« sprach der Wirth. der, eine Hand auf der Brust und den Kopf von oben nach unten schüttelnd, den Blick des Abbé aushielt, »und in unseren Zeiten kann nicht Jedermann so viel von sich sagen.«

      »Desto besser, wenn das, was Sie von sich rühmen, wahr ist,« versetzte der Abbé; »denn ich habe die Überzeugung, daß früher oder später der ehrliche Mann belohnt und der schlechte bestraft wird.«

      »Es liegt in Ihrem Stande, dies zu sagen, Herr Abbé, es liegt in Ihrem Stande,« wiederholte Caderousse mit einem bitteren Ausdruck. »Doch es steht dem Menschen frei, nicht zu glauben, was Sie sagen.«

      »Sie haben Unrecht, daß Sie so sprechen, mein Herr; denn vielleicht werde ich selbst für Sie der Beweis dessen sein, was ich behaupte.«

      »Wie soll ich das Verstehen?« fragte Caderousse mit erstaunter Miene.

      »Ich muß mich vor Allem versichern, daß Sie wirklich derjenige sind, mit welchem ich zu tun habe.«

      »Welche Beweise soll ich Ihnen geben?«

      »Haben Sie im Jahre 1814 oder 1815 einen Seefahrer Namens Dantes gekannt?«

      »Dantes! ob ich ihn gekannt habe, den armen Edmond! ich glaube wohl: es war sogar einer meiner besten Freunde!« rief Caderousse, dessen Gesicht Purpurröte überströmte, während sich das klare, sichere Auge des Abbé zu erweitern schien, um ganz und gar denjenigen, welchen er befragte, zu bedecken.

      »Ja, ich glaube, er hieß wirklich Edmond.«

      »Ob er Edmond hieß, der Kleine,  . . . ich meine wohl, so wahr als ich Gaspard Caderousse heiße. Was ist aus dem armen Edmond geworden, mein Herr?« fuhr der Wirth fort: »haben Sie ihn vielleicht gekannt? Lebt er noch? ist er frei? ist er glücklich?«

      »Er ist im Gefängnis gestorben, elender und verzweiflungsvoller, als die Galeerensklaven, welche ihre Kugel in dem Bagno von Toulon schleppen.«

      Eine Totenblässe trat auf dem Antlitz von Caderousse an die Stelle der Röte, welche dasselbe Anfangs überströmt hatte. Er wandte sich um, und der Abbé sah, wie er eine Träne mit einer Ecke des Sacktuches trocknete, das ihm gewöhnlich als Kopfputz diente.

      »Armer Kleiner, murmelte Caderousse. »Das ist abermals ein Beweis von dem, was ich Ihnen sagte, Herr Abbé, das nämlich der gute Gott nur für die Schlechten gut sei. Oh!« fügte Caderousse mit der gefärbten Sprache der Leute des Südens bei, »oh! Diese Welt wird immer schlechter. Möchte vom Himmel zwei Tage lang Pulver und eine Stunde Feuer fallen, und Alles wäre vorbei!«

      »Sie scheinen diesen Jungen von ganzem Herzen zu lieben, mein Herr?« fragte der Abbé.

      »Oh! ich liebte ihn ungemein« obgleich ich mir vorzuwerfen habe, daß ich ihn einen Augenblick um sein Glück beneidete. Aber seitdem, das schwöre ich Ihnen, so wahr ich Caderousse heiße, habe ich sein unseliges Geschick sehr beklagt.«

      Es trat ein augenblickliches Stillschweigen ein, während dessen der feste Blick des Abbé nicht eine Secunde die bewegliche Physiognomie des Wirthes zu erforschen aufhörte.

      »Und Sie haben ihn also gekannt, den armen Kleinen?« fuhr Caderousse fort.

      »Ich wurde an sein Sterbebett gerufen, um ihm die letzten Tröstungen der Religion zu bieten.«

      »Und woran starb er?« fragte Caderousse mit halberstickter Stimme.

      »Woran stirbt man im Gefängnis, wenn man darin mit dreißig Jahren stirbt, wenn nicht am Gefängnis selbst?«

      Caderousse trocknete den Schweiß ab, der von seiner Stirne floß.

      »Das Seltsamste bei alle dem ist,« fuhr der Abbé fort, »daß mir Dantes auf seinem Sterbebette bei dem Christus, dessen Füße er küßte, wiederholt schwur, er wisse die wahre Ursache seiner Gefangenschaft gar nicht.«

      »Das ist richtig, murmelte Caderousse, »er konnte sie nicht wissen; nein, Herr Abbé, der Kleine log nicht.«

      »Darum beauftragte er mich, sein Unglück aufzuklären, was er nie selbst zu tun im Staude gewesen war, und sein Andenken zu reinigen, wenn dasselbe einen Flecken bekommen hätte.«

      Und der Blick des Abbé wurde immer starrer und verschlang den beinahe düsteren Ausdruck, welcher auf dem Antlitz von Caderousse hervortrat.

      »Ein reicher Engländer, fuhr der Abbé fort, »sein Unglücksgefährte, welcher das Gefängnis bei der zweiten Restauration verließ, war Besitzer eines Diamants von großem Wert. Als er von Dantes, der ihn während einer Krankheit, die er ausgestanden, wie ein Bruder gepflegt hatte, Abschied nahm, wollte er ihm einen Beweis seiner Dankbarkeit zurücklassen, und gab ihm diesen Diamant. Statt sich desselben zu bedienen, um die Gefängniswärter zu bestechen, welche den Edelstein überdies nehmen und ihn hernach verraten konnten, bewahrte er ihn stets als ein kostbares Kleinod, falls er aus dem Gefängnis käme: denn wenn ihm dies gelang, so war sein Glück durch den Verkauf dieses Diamants allein gesichert.«

      »Es war also, wie Sie sagen, ein Diamant von großem Werte?« fragte Caderousse mit glühenden Augen.

      »Alles beziehungsweise,« erwiderte der Abbé, »von großem Wert für Edmond; man hat den Diamant auf fünfzig tausend Franken geschätzt.«

      »Fünfzig tausend Franken!« rief Caderousse; »er war also so groß wie eine Nuß?«

      »Nein, nicht ganz; doch Sie mögen selbst urteilen, ich habe ihn bei mir.«

      Caderousse schien unter den Kleidern des Abbé das Kleinod zu suchen, von dem er sprach.

      Der Abbé zog aus seiner Tasche ein kleines Etui von schwarzem Saffianleder, öffnete es und ließ vor den geblendeten Augen von Caderousse den herrlichen Stein funkeln, welcher in einen Ring von bewunderungswürdiger Arbeit gefaßt war.

      »Und das ist fünfzigtausend Franken wert?«fragte Caderousse gierig.

      »Ohne die Fassung, welche auch ihren Preis hat,« sagte der Abbé,


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