Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма

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Der Graf von Monte Christo - Александр Дюма


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Sie, Herr Morrel, »fuhr Penelon fort, »wir liebten den Pharaon ungemein; aber wie sehr auch der Seefahrer sein Schiff lieben mag, so liebt er doch noch mehr seine Haut. Wir ließen es uns auch nicht zweimal sagen: dabei war es, als spräche das Schiff zu uns: »»Geht doch! geht doch!«« und er log nicht, der arme Pharaon, wir fühlten ihn buchstäblich unter unseren Füßen in die Tiefe sinken. So viel ist gewiss, daß in einem Nu die Schaluppe in der See war und wir uns alle Acht darin befanden. Der Kapitän stieg zuletzt hinab, oder Vielmehr nein, er stieg nicht hinab, denn er wollte das Schiff nicht verlassen; ich faßte ihn mit dem Arme um den Leib, warf ihn den Kameraden zu und sprang dann ebenfalls. Es war die höchste Zeit. Kaum hatte ich den Sprung gemacht, als das Verdeck mit einem Geräusche zersprang, daß man es hätte für die Lage eines Schusses von achtundvierzig Kanonen halten sollen. Zehn Minuten nachher tauchte es mit dem Vorderteile unter, dann mit dem Hinterteile, dann drehte es steh um sich selbst, wie ein Hund, der seinem Schweife nachläuft, und endlich eine gute Nacht der Gesellschaft, brrrrrn! . . . Alles war abgetan, kein Pharaon mehr!

      »Wir brachten drei Tage zu, ohne zu essen und zu trinken, und sprachen schon davon, das Loos zu ziehen, wer den Anderen zur Nahrung dienen sollte, als wir die Gironde gewahrten; wir machten ihr Signale, sie sah uns, segelte auf uns zu schickte uns ihre Schaluppe und nahm uns auf. So hat sich die Sache ereignet, auf Ehrenwort, Herr Morrel, auf Seemannswort! Nicht wahr, Ihr Leute?«

      Ein allgemeines Gemurmel der Beistimmung deutete an, daß der Erzähler alle Stimmen durch die Wahrheit der Hauptsache und durch das Pittoreske der einzelnen Umstände vereinigt hatte.

      »Gut, mein Freund,« sagte Herr Morrel, »Ihr seid brave Leute, und ich wußte zum Voraus. daß bei dem Unglück, das mir begegnet ist, niemand Anderes die Schuld hatte, als mein Verhängnis. Es ist der Wille Gottes, und nicht der Fehler der Menschen. Verehren wir den Willen Gottes. Nun sagt, wie viel Sold ist man Euch schuldig?«

      »Ah! bah . . . sprechen wir nicht davon, Herr Morrel.«

      »Im Gegenteil. sprechen wir davon,« erwiderte mit einem traurigen Lächeln der Reeder.

      »Nun wohl, man ist uns drei Monate schuldig.«

      »Cocles, bezahlen Sie jedem von diesen braven Leuten zweihundert Franken. In einer andern Epoche, meine Freunde,« fuhr Herr Morrel fort, »hätte ich beigefügt: Geben Sie jedem zweihundert Franken als außerordentliches Geschenk, aber die Zeiten sind ungünstig, meine Freunde, und das wenige Geld, das mir übrig bleibt, ist nicht mehr mein Eigentum; entschuldigt mich also und liebt mich darum nicht minder.«

      Penelon machte eine Grimasse der Rührung, wandte sich gegen seine Gefährten um, sprach einige Worte, mit ihnen, kam dann zurück und sagte, nachdem er seinen Kautabak in die andere Seite des Mundes übergearbeitet und einen zweiten Guß Speichel, welcher das Pendant zu dem ersten werden sollte, in das Vorzimmer geschleudert hatte.

      »Was das betrifft, Herr Morrel, was das betrifft . . . «

      »Was denn?«

      »Das Geld.«

      »Nun?«

      »Nun, Herr Morrel, die Kameraden meinen, sie hätten für diesen Augenblick mit fünfzig Franken jeder genug, und sie könnten mit dem Reste warten.«

      »Ich danke, meine Freunde,« rief Herr Morrel, tief erschüttert; »Ihr seid brave Leute; aber nehmt nur, nehmt, und wenn Ihr einen guten Dienst findet, tretet ein, Ihr seid frei.«

      Diese letzten Worte brachten eine wunderbare Wirkung auf die Matrosen hervor; sie schauten einander mit bestürzter Miene an. Penelon, dem es an Atem fehlte, hätte beinahe seinen Kautabak verschluckt; zum Glück fuhr er zu rechter Zeit mit der Hand an seine Zunge.

      »Wie, Herr Morrel!« sagte er mit einer zusammengepreßten Stimme, »wie! Sie schicken uns weg, Sie sind also unzufrieden mit uns?«

      »Nein, meine Kinder,« erwiderte der Reeder, »nein, ich bin nicht unzufrieden mit Euch, im Gegenteil; nein, ich schicke Euch nicht weg. Aber was wollt Ihr, ich habe kein Schiff mehr, und bedarf folglich auch keiner Matrosen.«

      »Wie! Sie haben keine Schiffe mehr?« rief Penelon; »wohl, Sie lassen andere bauen, und wir warten.«

      »Ich habe kein Geld mehr, um Schiffe bauen zulassen, Penelon,« entgegnete Herr Morrel traurig lächelnd; »ich kann also Euer Anerbieten nicht annehmen, so freundlich es auch ist.«

      »Wohl, wenn Sie kein Geld haben, so müssen Sie uns nicht bezahlen, wir machen es, wie es der arme Pharaon gemacht hat, und treiben vor Topp und Tafel.«

      »Genug, genug, meine Freunde,« erwiderte Herr Morrel, dem vor Rührung die Sprache beinahe versagte. »Wir werden uns in besseren Zeiten wiederfinden. Emmanuel,« fügte der Reeder bei, »begleiten Sie diese braven Leute und seien Sie dafür besorgt, daß meine Wünsche erfüllt werden.«

      »Also wenigstens auf Wiedersehen, nicht wahr Herr Morrel?« versetzte Penelon.

      »Ja, meine Freunde, ich hoffe wenigstens; geht.

      Auf ein Zeichen seiner Hand marschierte Cocles voran. Die Matrosen folgten dem Kassier und Emmanuel folgte den Matrosen.

      »Nun laßt mich einen Augenblick allein,« sagte der Reeder zu seiner Frau und zu seiner Tochter, »ich habe mit diesem Herrn zu sprechen.«

      Und er bezeichnete mit den Augen den Bevollmächtigten des Hauses Thomson und French, welcher unbeweglich in seiner Ecke während dieser Szene stehen geblieben war, an der er nur mit den von uns erwähnten paar Worten Teil genommen hatte. Die Frauen schauten den Fremden an, den sie völlig vergessen hatten, und entfernten sich sodann; aber während sich die Tochter zurückzog, warf sie auf diesen Mann einen erhabenen Blick inständiger Bitte, den er mit einem Lächeln erwiderte, welches auf diesem eisigen Gesichte hervortreten zu sehen, ein kalter Beobachter erstaunt sein würde. Die zwei Männer blieben allein.

      »Nun, mein Herr,« sagte Morrel, »Sie haben Alles gesehen, Alles gehört, und ich habe Ihnen nichts mehr mitzutbeilen.«

      »Ich habe gesehen, mein Herr,« erwiderte der Engländer, »daß Ihnen ein neues Unglück, so unverdient als die anderen, widerfahren ist, und das hat mich in meinem Wunsche, Ihnen angenehm zu sein. Bestärkt.«

      »Oh! mein Herr . . . «

      »Ich bin einer von Ihren Hauptgläubigern, nicht wahr?«

      »Sie sind wenigstens derjenige, welcher die kurzsichtigsten Wechsel von mir in Händen hat.«

      »Sie wünschen eine Fristverlängerung, um mich zu bezahlen?«

      »Eine Fristverlängerung könnte mir die Ehre und folglich das Leben retten.«

      »Wie viel verlangen Sie?«

      »Zwei Monate,« sagte Morrel zögernd.

      »Gut,« sprach der Fremde, »ich gebe Ihnen drei.«

      »Doch glauben Sie, daß das Haus Thomson und French . . . ?«

      »Seien Sie unbesorgt, ich nehme Alles auf mich,  . . . Wir haben heute den 5. Juni?«

      »Ja.«

      »Nun, erneuern Sie mir alle diese Papiere auf den 5. September, und am 5. September um elf Uhr Morgens (die Pendeluhr bezeichnete gerade in diesem Augenblick die elfte Stunde), werde ich mich bei Ihnen einfinden.«

      »Ich werde Sie erwarten, mein Herr, und Sie sollen Bezahlung erhalten, oder ich bin tot.«

      Diese letzten Worte sprach Morrel so leise, dass sie der Fremde nicht hören konnte. Die Papiere wurden erneuert, man zerriß die alten, und der arme Reeder hatte wenigstens drei Monate vor sich, um seine letzten Mittel aufzubieten. Der Engländer empfing seinen Dank mit dem seiner Nation eigenthümlichen Phlegma und nahm von Morrel Abschied, der ihn unter Segnungen bis an die Thüre zurückführte. Auf der Treppe traf er Julie; das Mädchen that, als ob es hinabginge, aber es wartete auf ihn.

      »O! mein Herr . . . « rief Julie, die Hände faltend.

      »Mein Fräulein,« sagte der Fremde, »Sie werden eines Tages einen Brief, unterzeichnet . . . Simbad der Seefahrer . . .  bekommen. Thun Sie Punkt für


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