Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз

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Die Heirath im Omnibus - Уилки Коллинз


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eine ironisch ehrerbietige Art und Weise, ihre guten, alten, eingewurzelten Ansichten und Meinungen zu Nichte zu machen und ihre unschuldigsten Schnitzer hervorzuheben, was sie, trotz aller Schonung heimlich erbitterte. Noch schlimmer ward die Sache, als mein Vater, der nun keinen Ausweg mehr wußte, versuchte, ihn zum Heirathen zu bewegen, um vielleicht aus diesem Wege seine Besserung herbeizuführen, weßhalb er die Hälfte der jungen heirathsfähigen Damen unserer Bekanntschaft zu uns einlud.

      Daheim hatte Ralph niemals großen Gefallen an einer ausgewählten Gesellschaft von Damen verrathen. Außer dem Hause hatte er sich so ausschließlich als er konnte mit, gelind gesagt, zweideutigen Frauen umgeben, abgesehen von denen, welche der tiefsten Sprosse der socialen Stufenleiter angehörten.

      Die jungen englischen Schönheiten mit ihrer vornehmen Geburt, ihrer raffinirten Eleganz, ihrer vollendeten Erziehung und Bildung, hatten keinen Reiz für ihn.

      Er erfaßte augenblicklich die Fäden des häuslichen Complotts, dem er zum Opfer fallen sollte.

      Oft kam er in der Nacht in mein Schlafzimmer, stieß verächtlich meine Kleider und Toilettengegenstände, die sehr einfach waren, mit dem Fuße hinweg, spottete nach seiner frühern Gewohnheit über meine friedlichen Manieren und mein monotones Leben und ließ dabei alle Arten von Epigrammen und Sarkasmen in Bezug auf die jungen Damen unterlaufen, die wir in unserm Hause empfingen.

      Nach seinem Urtheile waren ihre Manieren abscheulich, steif und maschinenartig; ihre Unschuld war weiter Nichts als eine ihnen anerzogene Heuchelei; die Frische der Gesichtsfarbe, eben so wie die Regelmäßigkeit der Züge, war an und für sich allerdings etwas sehr Gutes; wenn aber ein junges Mädchen nicht zu gehen weiß, wie es sein soll, wenn ihre Hand kalt ist, wenn sie schöne Augen hat, ohne einen herausfordernden Gebrauch davon zu machen zu wissen, wenn das galante Kauderwelsch der Opernlogen sie verletzt oder erröthen macht, dann kann man diese Frische des Teints und diese Regelmäßigkeit der Züge wieder in die Kinderstube zurückschicken, woher sie gekommen sind. Was ihn betraf, so sehnte er sich nach der Conversation seiner geistreichen polnischen Gräfin und hätte gern wieder mit seinen geliebten Grisetten soupirt.

      Die Nutzlosigkeit des letzten Versuchs meines Vaters in Bezug auf Ralph, ward sehr bald offenkundig. Die besorgten und erfahrenen Mütter begannen zu argwohnen, daß die Art und Weise, auf welche mein Bruder sich gegen junge Damen benahm, gefährlich, und daß seine Manier zu walzen unanständig sei. Zwei oder drei noch ängstlichere Väter beeilten sich, verletzt durch die Ungenirtheit seines Benehmens und die Lockerheit seiner Grundsätze, ihre Töchter seiner verderblichen Nähe zu entziehen, indem sie die Besuche abkürzten.

      Die andern hatten gar nicht nöthig, erst zu diesem äußersten Entschlusses zu kommen. Mein Vater entdeckte nämlich auf einmal, daß Ralph einer jungen Frau, die auf einige Zeit zum Besuche bei uns war, Aufmerksamkeiten erzeigte, die viel zu auffällig und bedeutsam waren.

      Noch an demselben Tage, wo er diese Entdeckung machte, hatte er mit meinem Bruder eine lange Unterredung unter vier Augen. Was dabei zwischen ihnen gesprochen ward, weiß ich nicht, aber es mußte etwas sehr Ernstes gewesen sein. Ralph trat sehr bleich und sehr schweigsam wieder aus dem Kabinett meines Vaters heraus und gab Befehl sofort seine Koffer zu packen. Am nächsten Morgen reiste er mit seinem französischen Diener und seinen französischen Siebensachen wieder nach dem Continete ab.

      Abermals verging einige Zeit und Ralph machte uns einen zweiten, ebenfalls kurzen Besuch. Er war ganz derselbe geblieben. Mein Vater empfand diese neue Täuschung schmerzlich. Sein Temperament ward zurückhaltenden mürrischer und empfindlicher als es jemals gewesen. Ich erwähne diese in seinem Charakter geschehene Veränderung absichtlich, weil sie schon kurze Zeit nachher eine verderbliche Wirkung auf mich äußern sollte.

      Bei diesem zweiten Besuche brach die Uneinigkeit zwischen Vater und Sohn ebenso wieder aus wie bei dem ersten, und Ralph verließ England so ziemlich wieder unter denselben Umständen, wie er schon ein Mal abgereist war.

      Kurze Zeit nach dieser Trennung erfuhren wir, daß er seine Lebensweise geändert hatte. Er hatte, um sich wie man zu sagen pflegt, zu »rangiren,« ein Verhältniß mit einer Dame angeknüpft, welche älter war als er und, als er sie kennen lernte, getrennt von ihrem Gatten lebte.

      Der Ehrgeiz dieser Dame bestand darin, sowohl die Minerva als auch die Venus meines Bruders, sein Mentor und seine Geliebte zu gleicher seits zu sein, und bald bewies sie, daß es ihr nicht an den nöthigen Eigenschaften fehlte, um dieses Unternehmen durchzuführen.

      Ralph überraschte Alle, die ihn kannten, dadurch, daß er anfing, ökonomischen Geschmacksrichtungen zu huldigen. Es dauerte nicht lange; so gab er seinen Posten bei der Gesandtschaft auf, um die Verführung von sich fern zu halten.

      Später kehrte er nach England zurück.

      Er widmet sich dem Studium der, Kunst des Violinspiels und sammelt Tabaksdosen. Gegenwärtig lebt er ruhig in einer Vorstadt London’s, immer noch unter der Aufsicht der entschlossenen Frau, welche zuerst sich die sehr christliche Aufgabe gestellt hat, seine Besserung zu beginnen.

      Es kommt mir wenig darauf an, zu wissen, ob er jemals ein Landedelmann mit noblen und erhabenen Grundsätzen werden wird, so wie mein Vater ihn zu sehen gewünscht. Vielleicht werde ich niemals wieder meinen Fuß auf den Boden setzen, den er erben soll. Die Zimmer jenes Hauses, in welchem er einst als Herr gebieten wird, werden mir niemals wieder ein Obdach gewähren.

      Doch es sei nun genug über meinen ältesten Bruder.

      Man gestatte mir, jetzt eine noch empfindlichere Saite meines Herzens zu berühren. Ich will von meiner theuersten Neigung sprechen, der letztem deren ich mich entsinnen kann und die mir in meiner Einsamkeit und Verbannung kostbarer ist als alle Schätze.

      Meine Schwester! Wohl mag ich zögern, ehe ich Deinen geliebten Namen in einer Erzählung figuriren lasse, wie die ist, welche ich hier begonnen. Einige Blätter weiter werden die schwarzen Schatten des Verbrechens und des Schmerzes mich gefangen nehmen; hier aber strahlen die Erinnerungen, die ich an Dich bewahrt, vor meinen Augen wie ein reines, doppelt reines Licht, weil es im Gegensatze zu der verhängnißvollen Finsterniß steht, die darauf folgen wird!

      Möchte Deine sanfte Hand die erste sein, welche diese Blätter umwendet, wenn die meinige kalt sein wird!

      Bis jetzt, Clara, hat jedes Mal,«wo ich in meiner Erzählung die leiseste Erwähnung meiner Schwester zu machen gehabt habe, meine Feder gezittert und sich geweigert, Deinen Namen zu schreiben.

      An dieser Stelle, wo alle meine Erinnerungen sich in Masse in meinem Gedächtnisse drängen, treten mir die Thränen in die Augen, ich habe nicht die Kraft, sie zurückzuhalten, und zum ersten Male, seitdem ich meine Aufgabe begonnen habe, werden Muth und Ruhe mir untreu.

      Vergebens möchte ich meiner Gemüthsbewegung widerstehen. Meine Hand zittert und meine Augen verdunkeln sich immer mehr. Es ist genug für heute.

      Ich will ausgehen und auf den Hügeln, von welchen man die Aussicht auf den Ocean hat, Kraft und Entschlossenheit für morgen sammeln.

      Fünftes Kapitel

      Meine Schwester Clara ist vier Jahre jünger als ich. In der Form des Gesichts, in dem Teint und in dem Gesamtausdrucke der Physiognomie, mit Ausnahme der Augen, hat sie eine auffallende Aehnlichkeit mit meinem Vater.

      Und dennoch muß sie meiner Mutter nachgeartet sein, besonders was den Ausdruck des Gesichts betrifft. Jedes Mal, wenn ich sie in ihren Augenblicken des Schweigens oder des Träumens betrachtet, habe ich in mir die unklaren Erinnerungen aus meiner Kindheit, die mir unsere verstorbene Mutter zurückriefen, wieder erwachen und sich sogar vervielfältigen gefühlt.

      Ihre Augen haben in ihrer Zartheit jenen leichten Anflug von Melancholie und jene den blauen Augen eigenthümliche Sanftheit, wenn der Augenstern unbeweglich bleibt.

      Ihr Teint, der bleich ist wie der meines Vaters, wenn sie nicht spricht und sich nicht bewegt, hat einen noch größeren Hang als der seine, lebhaft roth zu werden, nicht bloß, wenn sie in Aufregung geräth, sondern auch wenn sie geht und von einem Gegenstande spricht, der sie interessirt.

      Ohne diese Eigenthümlichkeit wäre ihre Blässe ein Fehler – diese matte Blässe der Gesichtsfarbe, denn die Röthe, von welcher


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