Verbergen und Suchen. Уилки Коллинз

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Verbergen und Suchen - Уилки Коллинз


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ihr Blutegel an, aber auch dies war umsonst. »Ich befürchte, es ist ein hoffnungsloser Fall«, sagte er, »aber ich kenne einen Arzt, der mehr Praxis unter Ohrenkranken hat als ich, und der jede Woche von seinem Wohnorte nach unserm Krankenhause kommt. Morgen trifft er ein, und da will ich ihn mit hierher bringen.«

      Tags darauf erschien der versprochene Arzt, ein liebevoller alter Herr. »Ich befürchte, Sie müssen nach dem, was ich von meinem Freunde hier erfahren habe, sich auf das Schlimmste vorbereiten«, sagte er zu mir, »denn ich glaube nicht, dass hier viel Hoffnung vorhanden ist.« Dann trat er an das Bett, betrachtete sie lange und sagte zu ihr: »Du hörst es nicht, wenn ich Dir sage, dass Du das schönste kleine Mädchen bist, das ich jemals in meinem Leben sah?« Sie betrachtete ihn verwirrt und blieb ganz still. Er sprach nicht wieder mit ihr, aber er sagte zu mir, dass ich sie auf dem Bette herumdrehen sollte, damit er zu einem ihrer Ohren gelangen könnte.

      Er nahm inzwischen einige Instrumente heraus und führte sie in ihr Ohr, aber so vorsichtig, dass er ihr durchaus nicht weh tat. Dann sah er durch ein sonderbares Vergrößerungsglas (einen Ohrenspiegel) hinein. Ebenso machte er es mit dem andern Ohre, darauf legte er die

      Instrumente nieder und nahm seine Uhr heraus. »Schreiben Sie auf ein Stück Papier«, sagte er zu dem andern Doktor: »Hörst Du die Uhr gehen?« Als dies geschehen war, machte er der kleinen Marie durch Zeichen begreiflich, ihren Mund zu öffnen, und steckte so viel von seiner Uhr hinein, wie zwischen ihre Zähne gehen wollte, während der andere Doktor ihr das Papier vorhält. Als er die Uhr wieder herausnahm, schüttelte sie ihren Kopf und sagte »Nein!« in demselben sonderbaren Tone wie immer. Der alte Herr sprach kein Wort, als er die Uhr wieder in seine Tasche steckte, aber ich sah an seinem Gesichte, dass er überzeugt war, es wäre ganz mit ihrem Gehör vorüber.

      »O, bitte, versuchen Sie etwas für sie zu tun, mein Herr!« sagte ich, »o, um des Himmels willen, geben Sie sie nicht auf!« »Meine liebe Seele«, entgegnete er, »Sie müssen ihr ein Beispiel der Fröhlichkeit geben und versuchen, sie bei guter Laune zu erhalten – das ist alles, was jetzt für sie getan werden kann.«

      »Die Erschütterung jenes Falles«, fuhr er fort, »hat meiner Meinung nach den Gehörnerven bei ihr gelähmt. Das arme Kind ist glücklicherweise noch zu jung, um viel geistiges Elend bei ihrem körperlichen Unglück zu erleiden. Versuchen Sie sie zu amüsieren und lassen Sie sie sprechen, wenn es Ihnen möglich ist – obgleich ich dies sehr bezweifele.«

      »Haben Sie nicht schon bemerkt, dass sie ungern spricht und dass, wenn sie spricht, ihre Stimme verändert ist?« Ich sagte ja und frug ihn, ob der Fall mit daran schuld wäre. Er antwortete, der Fall habe sie, wie man es nennte, stocktaub gemacht, und dies verhindere sie, den Ton ihrer eignen Stimme zu hören; sie könnte nicht im Geringsten wissen, ob die wenigen Worte, welche sie spräche, leise oder laut, dumpf oder deutlich gesprochen würden. »Was das arme Kind selbst anbetrifft«, sagte er, »so könnte sie ebenso gut die Stimme entbehren, denn nur ihr Gedächtnis allein kann ihr sagen, dass sie eine hat.«

      Ich brach in lautes Weinen aus, als er das sagte, denn so etwas Schreckliches hatte ich mir doch nicht vorgestellt. »Ich habe mich ein wenig übereilt, indem ich Ihnen das Schlimmste sagte, nicht wahr?« fragte der alte Herr gütig, »aber ich musste Sie belehren, wie Sie es anfangen sollten, dem Unglücke, des Kindes halber, in seiner ganzen Ausdehnung entgegen zu treten, dessen künftiger Trost und dessen Glück größtenteils von Ihnen abhängen.« Und dann schärfte er mir ein, Sorge zu tragen, dass sie ihr Lesen und Schreiben nicht vernachlässige, und sie mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln zu zwingen, sich ihrer Stimme zu bedienen. Er sagte mir, dass sie von Tag zu Tag eine größere Abneigung gegen das Sprechen bekommen würde, gerade weil sie weder ein einziges Wort, das sie spräche, noch einen einzigen Ton ihrer eignen Stimme hören könnte. Er machte mich darauf aufmerksam, dass sie schon jetzt den Wunsch und das Bedürfnis zum Sprechen verlieren, und dass es ihr bald nachher unbedingt Schmerzen bereiten würde, wenn man sie nur zwingen wolle, einige Worte zu sprechen, aber er versuchte und bat mich, meine Vorsicht nicht durch meine Gutmütigkeit besiegen zu lassen, – denn wenn ich dies täte, würde sie ganz sicherlich ebensowohl stumm als taub werden. »Behandeln Sie sie daher in dieser Hinsicht streng, die arme kleine Seele, es wird zu ihrem eignen Besten sein.«

      Er konnte dies wohl leicht sagen, aber mir war dies fast gänzlich unmöglich. Das liebe Kind, verehrte Frau, schien sich an sein Unglück zu gewöhnen, ausgenommen, wenn wir sie quälten, dass sie sprechen sollte. Es war der traurigste, schönste Anblick auf der Welt, denn ach wie geduldig und wacker ertrug sie vom ersten Augenblick an ihr hartes Los. Als ihr Gesundheitszustand sich besserte, setzte sie mit mir und meinem Manne ihr Lesen und Schreiben ganz sorgfältig fort und ihre ganze liebliche, angeborne Heiterkeit kam wie früher zurück. Und so ist sie seither immer gewesen. – Gott segne sie! Wenn man sie nur freundlich behandelt, so ist sie trotz ihres Unglückes das heiterste, glücklichste kleine Wesen, das man sehr leicht zufriedenstellen kann. —

      Ich sah niemals eine Träne in ihren Augen, außer wenn wir sie zum Sprechen zwangen, dann weinte sie immer und war den ganzen Tag über mürrisch und verdrießlich. Es schien schon fürchterlich schwierig und schmerzhaft für sie zu sein, wenn sie nur zwei oder drei Worte sagen sollte. Mein Mann hörte zuerst auf, sie mit Sprechen zu plagen. Er übte Lesen und Schreiben mit ihr, aber ließ ihr in jeder andern Hinsicht ihren eignen Willen und lehrte sie zum Zeitvertreib allerlei Kunststücke, und dies war ein gutes Mittel, ihren Eifer im Lesen und Schreiben aufrecht zu erhalten, da sie natürlich alles, was sie sich einander mitzuteilen hatten, auf eine kleine Schiefertafel schreiben musste, die wir ihr kauften, sobald sie wieder wohl wurde.

      Es war Maries eigne Idee, die Schiefertafel immer an ihrer Seite hängen zu haben. Sie hielt sie für ein prächtiges Spielzeug und war sehr stolz darauf. Jemmy, der in solchen Sachen bewandert war, machte ihr einen niedlichen Rahmen von rotem Saffian dazu und veranlasste unsern Requisiteur, denselben mit einem glänzenden goldenen Streifen einzufassen, worauf wir sie ihr an einer kleinen seidenen Schnur umhingen – gerade, wie Sie es jetzt sehen, verehrte Frau!

      Ich fuhr ein wenig länger fort, sie zum Sprechen anzuhalten als mein Mann, aber zuletzt gab ich auch nach. Ich weiß, dass es unrecht und egoistisch von mir war, aber ich befürchtete, sie würde mich nicht mehr so gut leiden können wie früher, und würde sich mehr an Jemmy als an mich gewöhnen, wenn ich damit fortführe. Ach wie glücklich war sie am ersten Tage, als ich auf ihre Tafel schrieb, dass ich sie nicht mehr mit dem quälen wollte! Sie sprang auf meinen Schoß und küsste mich wohl tausendmal von ganzem Herzen. Den übrigen Teil des Tages lief sie im Zimmer und im ganzen Hause umher wie ein tolles Ding, und als Jemmy abends von der Vorstellung nach Hause kam, stieg sie aus ihrem Bette und fing an mit ihm herumzutanzen, auf seinem Rücken zu reiten und ahmte die närrischen Gesichter nach, welche sie ihn im Zirkus hatte schneiden sehen. Ich glaube, mein Herr, das war der erste wirklich glückliche Abend, den wir seit der fürchterlichen Zeit, wo sie ihren Unfall erlitt, alle zusammen verlebten.

      Vielleicht mein Herr, wünschen Sie zu erfahren, wie sie zum ersten Male dazu kam, ihre Kartenkunststücke im Zirkus zu zeigen. Hierbei war keine Gefahr, das weiß ich – und dennoch würde ich fast alles darum gegeben haben, wenn sie nicht so zur Schau gestellt würde, wie es jetzt geschieht. Es wurde mir aber wieder auf die gemeinste, schändlichste Weise gedroht – ich kann es kaum in der Gegenwart solcher Herren sagen – Jubber, müssen Sie wissen —«

      Gerade als Frau Peckover mit sehr schmerzlichem Zaudern die letzten Worte aussprach, schlug die Uhr im Hause des Rektors zwei. Sie hörte es und hielt sogleich inne.

      »O, mein Herr, Sie entschuldigen! Schlug es jetzt nicht zwei Uhr?« frug sie und sprang bestürzt auf.

      »Ja, Frau Peckover«, sagte der Rektor, »aber nachdem wir Ihnen durch Ihre Erzählung zu so vielem Danke verschuldet sind, können wir unmöglich daran denken, dass Sie und die kleine Marie uns schon verlassen.«

      »Wir müssen aber wirklich gehen, mein Herr, und danken Ihnen vielmals, dass Sie uns noch länger bei sich behalten wollen«, erwiderte Frau Peckover. »Ich sagte Herrn Blyth, als ich hierher kam, dass ich mich unter dem Vorwande hierher gestohlen hätte, mit der kleinen Marie spazieren zu gehen. Wenn wir um zwei Uhr zum Mittagsbrot im Zirkus nicht zurück sind, so weiß ich nicht, was Jubber tun könnte. Er ist der grausamste Tyrann – Herr Blyth wird Ihnen sagen, wie schändlich


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