Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Артур Конан Дойл

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Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Артур Конан Дойл


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hing sein Mantel an einem Ginsterbusch, und nicht weit davon, in einer muldenförmigen Vertiefung des Bodens, fand man seine Leiche. Der Schädel war ihm durch einen wuchtigen Schlag mit einem schweren Werkzeug zerschmettert worden, und am Schenkel hatte er eine lange Schnittwunde, die von einer scharfen Waffe herrühren mußte. Offenbar hatte sich Straker, so gut er konnte, gegen seine Angreifer verteidigt, denn in der rechten Hand hielt er ein kleines Messer, das über und über mit geronnenem Blut bedeckt war. Seine Linke aber umklammerte eine rot und schwarz gestreifte seidene Krawatte; eine solche hatte, nach Aussage der Magd, jener Fremde getragen, den sie am Abend zuvor beim Stall getroffen hatte.

      Als Hunter aus seiner Betäubung erwachte, bezeugte auch er, daß der Fremde eine solche Krawatte getragen habe. Nach seiner Ansicht hatte ihm der Fremde das Schlafpulver vom Fenster aus in das Hammelragout geschüttet, damit der Stall unbewacht bleibe.

      Was nun das fehlende Rennpferd betrifft, so fand man im Moorboden des Talkessels zahlreiche Beweise, daß es zur Zeit des Kampfes auch am Tatort gewesen sein muß. Aber seit jenem Morgen blieb es verschwunden, und obwohl eine hohe Belohnung ausgesetzt ist und alle Zigeuner von Dartmoor sich auf der Suche befinden, weiß niemand, wo es geblieben sein kann. Schließlich ist noch zu bemerken, daß eine beträchtliche Menge pulverisierten Opiums in den Resten des Nachtessens des Stallknechtes vorgefunden wurde, während die Leute im Hause an demselben Abend vom nämlichen Gericht gegessen haben, ohne nachteilige Folgen zu verspüren.

      Das sind in kurzen Umrissen und mit möglichst geringen Abschweifungen die hauptsächlichsten Tatsachen, welche vorliegen. Nun will ich dir noch aufzählen, was für Maßregeln die Polizei getroffen hat.

      Inspektor Gregory, der den Fall in Händen hat, ist ein außerordentlich fähiger Beamter. Er würde große Dinge in seinem Beruf leisten, wenn ihm nicht alle Einbildungskraft fehlte. Das erste, was er tat, war, den Mann ausfindig zu machen und festzunehmen, auf dem natürlich der größte Verdacht ruhte. Ihn zu finden, war nicht schwer, denn man kannte ihn in der ganzen Nachbarschaft. Sein Name ist Fitzroy Simpson, er stammt aus einer angesehenen, gebildeten Familie, hat sein Vermögen auf dem Rennplatz durchgebracht und erwirbt jetzt den standesgemäßen Lebensunterhalt durch eine anständige kleine Buchmacherei bei den Londoner Rennklubs. Eine Durchsicht seines Wettbuchs ergab, daß Wetten bis zum Betrage von 5000 Pfund gegen den Favoriten Silberstrahl durch ihn gebucht worden waren.

      Bei seiner Verhaftung bekannte er freiwillig, er sei nach Dartmoor gekommen, um Erkundigungen über die Pferde in Kings Pyland einzuziehen und zugleich etwas Näheres über den zweiten Favoriten, Desborough, zu erfahren, der unter Silas Browns Aufsicht im Stall von Mapleton steht. Auch versuchte er nicht etwa sein Benehmen vom Abend zuvor abzuleugnen, erklärte jedoch, er hätte keinerlei böse Absicht gehabt, sondern nur den Wunsch, sich Nachricht aus erster Hand zu verschaffen. Als man ihm die Krawatte zeigte, erblaßte er sichtlich und war außerstande, anzugeben, auf welche Weise sie in die Hand des Ermordeten gelangt sein könne. Sein nasser Anzug trug deutliche Spuren, daß er in der Regennacht draußen gewesen war, und sein Stock, ein mit Blei beschwerter sogenannter Totschläger, war genau die Waffe, mit der die Verletzung hervorgebracht sein konnte, welcher der unglückliche Stallmeister erlegen war.

      Dagegen hatte Simpson selbst keine Wunde am Körper, während doch, nach der Beschaffenheit von Strakers Messer zu urteilen, mindestens einer seiner Angreifer durch ihn gezeichnet worden war. – So, Watson, das ist, kurz zusammengefaßt, der ganze Sachverhalt, und wenn du mir nun vielleicht irgendeinen Hinweis geben kannst, tust du mir den größten Gefallen.«

      Ich hatte den klaren Auseinandersetzungen meines Gefährten mit gespanntem Interesse zugehört; denn obgleich mir die Tatsachen größtenteils schon bekannt waren, ging mir doch erst jetzt ein Licht auf über ihren Zusammenhang und ihre eigentliche Bedeutung.

      »Wäre es nicht möglich«, warf ich ein, »daß sich Straker bei den krampfhaften Zuckungen, welche mit jeder Verletzung des Gehirns verbunden zu sein pflegen, die Schnittwunde mit seinem eigenen Messer beigebracht hat?«

      »Nicht nur möglich, sondern höchst wahrscheinlich«, versetzte Holmes. »In diesem Fall wird einer der Hauptpunkte hinfällig, welcher zugunsten des Angeklagten spricht.«

      »Und doch«, erwiderte ich, »bin ich noch ganz im Dunkeln darüber, wie sich die Polizei die Sache vorstellt.«

      »Ich fürchte, es werden sich gegen jede Theorie, die wir vorbringen könnten, gewichtige Einwendungen erheben«, sagte mein Gefährte. »Die Polizei ist, glaube ich, der Ansicht, daß Simpson, nachdem er dem Stallknecht das Schlafmittel verabreicht hatte, sich mittels eines Nachschlüssels, den er sich irgendwie zu verschaffen gewußt, in den Stall geschlichen hat, um das Pferd zu rauben. Er muß ihm auch den Zaum angelegt haben, da dieser sich nicht vorfindet. Während er nun, die Stalltür offen lassend, das Tier über das Moor davonführte, kam ihm Straker entgegen oder holte ihn ein. Natürlich entspann sich ein Kampf, bei dem Simpson seinen Gegner mit dem schweren Stock erschlug, ohne von ihm mit dem Messer verwundet zu werden, das Straker als Verteidigungswaffe gebrauchte. Hierauf gelang es dem Dieb, entweder das Pferd in ein geheimes Versteck zu bringen, oder es hat sich losgerissen und läuft nun in der Irre auf dem Moor umher. – So denkt sich die Polizei den Fall, und trotz vieler Unwahrscheinlichkeiten, auf die wir bei dieser Erklärung stoßen, ist sie noch die wahrscheinlichste von allen. Sobald ich an Ort und Stelle bin, werde ich der Sache übrigens besser auf den Grund sehen können, einstweilen müssen wir, wohl oder übel, auf dem Standpunkt stehen bleiben, den wir jetzt einnehmen.«

      Erst gegen Abend kamen wir in dem Städtchen Tavistock an, das mitten in dem großen Rund von Dartmoor liegt, wie der Buckel an einem Schilde. Zwei Herren erwarteten uns am Bahnhof, der eine groß und blond, mit Haar und Bart wie eine Löwenmähne und scharfen, hellblauen Augen, der andere, ein kleiner beweglicher Mann im Überrock und Gamaschen, sehr geschniegelt und gebügelt, mit kurz geschnittenem Backenbart und eingekniffenem Augenglas. Dies war Oberst Roß, der wohlbekannte Sportsmann, jener aber Polizeiinspektor Gregory, der sich im Dienst der englischen Geheimpolizei rasch einen Namen gemacht hatte.

      »Ich bin sehr froh, daß Sie gekommen sind, Herr Holmes«, sagte der Oberst. »Zwar hat der Inspektor alles nur Erdenkliche getan, aber ich möchte nichts unversucht lassen, um den Tod des armen Straker zu sühnen und wieder in den Besitz meines Pferdes zu gelangen.«

      »Haben Sie irgend eine neue Spur entdeckt?« fragte Holmes.

      »Leider sind wir nur wenig vorwärts gekommen«, entgegnete der Inspektor. »Draußen wartet ein Wagen auf uns«, fuhr er fort, »Sie werden gewiß den Schauplatz sehen wollen, ehe es dunkel wird, und wir können das Nähere während der Fahrt besprechen.«

      Gleich darauf fuhren wir durch die Straßen des altertümlichen Städtchens. Inspektor Gregory hatte nichts als den Fall im Kopf und goß die ganze Flut seiner Betrachtungen über uns aus, während Holmes nur dann und wann eine Frage oder einen Ausruf dazwischen warf. Oberst Roß lehnte sich in den Sitz zurück, schlug die Arme unter, drückte seinen Hut tief ins Gesicht und lauschte eifrig dem Gespräch der beiden Männer. Gregorys Auffassung von der Sache stimmte fast genau mit dem überein, was mir Holmes im Zuge zum voraus berichtet hatte.

      »Das Netz hat sich schon ziemlich dicht um Fitzroy Simpson zusammengezogen«, schloß der Inspektor, »und ich für meine Person zweifle nicht, daß er der Täter ist. Bei alledem muß ich jedoch zugeben, daß diese Annahme nur auf Indizienbeweisen beruht, die durch eine neue Enthüllung unhaltbar gemacht werden können.«

      »Und wie steht’s mit Strakers Messer?«

      »Wir sind zu dem sichern Schluß gelangt, daß er sich selbst verwundet hat, als er zu Boden fiel.«

      »Mein Freund Watson hat sich bei unserer Herfahrt auch in diesem Sinne geäußert. Dadurch würde der Verdacht gegen Simpson bedeutend erhöht.«

      »Natürlich, denn bei ihm hat man weder ein Messer noch Spuren einer Verletzung gefunden. Doch liegen auch andere sehr starke Beweise gegen ihn vor. Sein großes Interesse am Verschwinden des Renners, sein Versuch, den Stallknecht zu vergiften, der Umstand, daß er in der Regennacht draußen war, der schwere Stock, der ihm als Waffe diente, und die Krawatte in des Toten Hand liefern genug Verdachtsgründe, um ihn vor


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