Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield


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      Die Familie war so unter Scherzen und Lachen mit ihren Gästen im Landhause des Obersten angekommen, wo dieser unsern Midshipman mit den Worten begrüßte:

      »Sie sind hier zu Hause, lieber Mister Hodges, und je länger Sie uns das Vergnügen Ihrer Gegenwart schenken wollen, destomehr soll es uns freuen. Ihr Freund wird Ihnen übrigens als Beispiel an die Hand gehen, wie man ohne Zwang bei uns verfährt!«

      »Ja, das will ich,« sprach der Major, »und um es Euch zu beweisen, will ich mich sogleich aus der verdammten Jacke mit Gold und Schnüren und dem Federhute, den ich bald rechts, bald links aufsetze, heraustun. Stelle dir nur vor, Junge, da haben sie mich in einen solchen Sack hineingetan, so knapp, so enge, daß ich hundert Stoßseufzer in einer Minute vorbringe. Kostet mich die Lappalie da dreihundert Dollar; hätte damit einem wackern Jungen auf die Beine und zu einem Stücke Landes verhelfen können; aber sie wollten es nicht anders. Wohl! wenn ich nach Hause komme, will ich mich meinen dreißig Negern zeigen, die werden nicht wenig schauen. Wohl! und so Gott will, bleibst du dann eine schöne Weile bei uns.«

      »Und der ›Donnerer‹?« fragte der Brite.

      »Wird auch ohne dich flott werden. Deine Karriere ist ohnedies so ziemlich vorüber. Ich glaube, du tätest am besten, du hängtest dein Kriegsleben an den Nagel.«

      »Wollen sehen«, lachte der Brite.

      »Und nun, meine Damen, überlasse ich Ihnen das Jüngelchen, um mich wenigstens für ein paar Stunden bis zum Balle in eine weniger militärische Garderobe zu werfen.«

      »Mister Hodges,« sprach der Oberst, »Sie haben das Herz des Majors auf eine Weise gewonnen, die Ihnen sehr erfreulich sein darf.«

      »Fürwahr, Oberst, so schmeichelhaft mir dieses ist, so weiß ich doch wirklich nicht, wie es damit zuging.«

      »Es ehrt Sie. Sie werden einen der würdigsten Männer in unserem Staate kennen lernen, der ungemein viel für sein County und sein Land getan hat.«

      »Doch Mister Hodges,« fiel ihm die Oberstin ein, »auch Sie müssen sich ein wenig zu unserem Balle vorbereiten; denn da Sie nicht mit den Waffen in der Hand gefangen wurden, so behandeln wir Sie als einen der Unsrigen. Mein Sohn, Leutnant Parker, ist ohnedies von Ihrer Größe, und Sie werden sich am besten mit ihm verstehen.«

      In dem Augenblicke trat der Leutnant ein. Er begrüßte den Briten herzlich, und die beiden jungen Männer schienen aneinander Gefallen zu finden. Der schnelle Wechsel seines Glückssterns, der ihn aus einer verlassenen Zielscheibe des Spottes plötzlich zum Gegenstande der herzlichsten Teilnahme in einem Hause gemacht, dessen fürstlichen Reichtum er mit Staunen bemerkte, hatte den jungen Mann wieder in seine volle, frohe, heitere Stimmung versetzt, die unser Squire Copeland ganz richtig deutete, als er nun in seine gewöhnliche Kleidung umgestaltet eintrat.

      »Nicht wahr, Herzensjunge!« rief er, »hier läßt sich's leben. Aber wenn du uns näher kennen lernst, wirst du finden, daß wir so gut zu leben wissen, wie Eure Herzoge und Marquise und Earls. Siehst du, Junge, bei Euch sind bloß ein paar tausend Familien Herren im Lande, bei uns eine Million. Alle haben wir – sowie einst unsere Voreltern, die Normanen, das alte England – so unser Land erobert, nur mit dem Unterschiede, daß Ihr Eure Überwundenen triebt, Eure Felder zu pflügen, und sie zu einer Art Sklaven machtet, und wir unsere durch den Pflug gemachten Eroberungen auch mit dem Schwerte zu behaupten wissen. Hab' ich dir's nicht gesagt, daß wir Euch ledern werden? Sei froh, daß du nicht dabei warst. Hättest du die Unsrigen gesehen! Nein, mir selbst wurde das Blut in den Adern kalt. Höre, wie Mauern standen sie, als die Eurigen anrückten, und gerade als ob sie auf Hirschböcke anlegten. Du konntest sie hören, wie sie sich zuriefen: Ich nehme den Flügelmann gerade an der Nase; John, ich den daneben ins rechte Auge; Isaak, ich den dritten ins linke, und so ging es fort durch Reih' und Glied, und so wie sie sprachen, so taten sie, und jeder Schuß streckte seinen Mann zu Boden, und dann nahmen sie kaltblütig ein frisch geladenes Gewehr vom Hintermann und taten wie zuvor. Beim ersten Angriff der Eurigen fielen an die tausend Mann, und Eure Kommandierenden mit ihnen. Da liefen die armen Narren, sowie eine Herde Schafe, die ihren Führer verloren. Sieh, die Unsrigen wären schon nicht gelaufen, wenn zehn Generale gefallen wären, weil jeder sich so gut wie der General selbst dünkt. Beim zweiten Angriff, unter den Befehlen irgendeines Sir Richard oder Peter oder Paul – die armen Wichte dauerten mich, es ist auch eine verfluchte Sache, sich so aufs Gebot eines rappelköpfischen, hohen, gebietenden Narren zum Totschießen für sechs Pence hinstellen zu müssen – ließen sie wieder an die fünfhundert Mann, hatten wieder ihren Kommandierenden weggeschossen. Ein Generalleutnant war noch übrig, und der kam nun auch, um sich seinen Teil zu holen, sammelte die Flüchtlinge und kam zum dritten Male. Und ließ wieder an die Fünfhundert am Platze, und er selbst blieb liegen; dann freilich liefen die Eurigen, als ob ihnen die Schuhsohlen brennten; aber das Wiederkommen vergaßen sie. Hatten alle ihre Generale und Oberoffiziere weggeschossen; haben aber doch ihre Schuldigkeit getan. Übrigens, Junge, sind wir noch die Alten, und obgleich dem General die Ehre des Sieges zukommt, und er nun Sieger von New – heißt, so haben wir ihm doch nichts geschenkt. Sieh, bei Euch hätte man ihm auf Kosten der Nation eine Schenkung gemacht, und er wäre halb vergöttert worden; wir haben ihm, gleich nachdem die Nachricht vom geschlossenen Frieden ankam, den Prozeß gemacht und ihn seine Konstitutionsverletzung büßen lassen. Und was glaubst du, daß geschehen ist? Je nun, er kam mit einer Geldbuße von zweitausend Dollar davon. Das ist eine Warnung für unsere zeitweiligen Machthaber, die ihnen vom Volke zum Besten anvertraute Gewalt nicht zu mißbrauchen und Bürger nicht zu behandeln, als wenn sie Neger wären. Schadet ihm nichts. Siehst du, so müssen Männer über ihre Freiheit wachen.«

      Der junge Brite hatte den letzten Teil der Rede unseres Squire nicht ohne Verwunderung angehört; denn obwohl in einem verhältnismäßig freien Lande geboren und erzogen, war ihm doch der außerordentlich republikanische Starrsinn, der einer solchen Verurteilung unter diesen Umständen zugrunde lag, eine neue Erscheinung.

      »Major,« lachte er, »wenn Ihr Eure großen Männer so behandelt, dann ist's besser bei Euch klein zu sein.«

      »Nein, lieber Junge,« entgegnete der Squire; »wir achten unsere großen Männer so gut wie Ihr, ja noch mehr; aber bei uns hat der Kleinste Gelegenheit, groß zu werden. Sieh, der General war ein armer Schlucker, so wie ich; aber verstehst du, bei uns gibt es Leute, so gut wie in der alten Welt, die hoch hinaus und ihre Mitbürger zu Reitpferden machen wollen, auf die sie nur Sattel und Zaum zu legen brauchen, um zur Oberherrschaft und Tyrannei zu galoppieren. Laß es ihnen einmal hingehen, und sie werden es ein zweites Mal versuchen.«

      »Ich wette, Major,« lachte ihm der Brite zu, »Ihr wußtet die Sache klüger anzufangen; sowie ich sehe, so habt Ihr Eure guten Männer von Opelousas ziemlich stark im Garne.«

      »Glaubst du, Junge?« sprach der Squire. »So wenig, versichere ich dich, daß mich der erste Fehltritt in einem gewissen kitzligen Punkte, ein Hinneigen zum Föderalismus zum Beispiele, um meinen ganzen Kredit bringen würde. Bei uns ist Verstellung unmöglich, lieber Junge; aber ich will dir sagen, ein offener Kopf, ein reines, für das Wohl seiner Mitbürger warmes Herz tut viel. Sieh, ich bin drei Jahre in Opelousas. Seit dieser Zeit hatte ich an die fünfzig junge, tüchtige Bürger angesiedelt und ihnen zu Land und Haus und Hof verholfen, und auf die leichteste Weise. Als ich herabkam, kaufte ich nämlich an fünfzehntausend Acker schönen Landes. Wenn ich nun so einen ordentlichen Burschen sah, der bei mir oder im County anklopfte, da fragte ich nicht, wie schwer er sei, sondern schaute ihm ins Gesicht, und war er ein ehrlicher Junge, so gab ich ihm ein-, zwei- oder dreihundert Acker und ebensoviele Dollars obendrein, und so gedieh ich und er auch. Ich habe an die Fünfzig angesiedelt. Sie sind alle verheiratet und ordentliche Bürger und werden reich und das Land auch. Siehst du, wie ich meinen Einfluß gewann?«

      Der Jüngling drückte dem wackern Manne, der gerade und ungekünstelt, aber männlich gediegen sich jede Stunde weitschweifiger, aber auch vorteilhafter zeigte, herzlich die Hand. Er war vom redseligen Squire beim Knopfe festgehalten worden, und beide befanden sich schon einige Zeit allein im Empfangszimmer, ehe es von diesem bemerkt wurde.

      »Holla!« rief er auf einmal, »die haben alle Reißaus genommen, und da steht eben«, er sah durchs Fenster, »die Oberstin und


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