Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield


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am folgenden Morgen das Zusammentreten der Mannschaft, als die Indianer durch die dichten Reihen der Milizen dem Gasthofe zugeführt wurden, wo der Obergeneral sein Absteigequartier genommen hatte. Im Korridor, der zu dem Saale führte, stand ein zahlreiches Offizierkorps in glänzend reichen Uniformen, welches die soeben aus dem Saale kommenden britischen Offiziere freundlich begrüßte. »Die Indianer,« rief eine Stimme, »Indianer vor!« Sie traten ein.

      Soeben erhob sich ein langer, hagerer, aber kraftvoll gebauter, ältlicher Mann von einem Armsessel, auf dessen einer Lehne sich ein Kissen befand, auf dem sein linker, in einer Schlinge getragener Arm geruht hatte. Seine Züge waren scharf gezeichnet, stark hervortretend und deuteten auf feste, unerschütterliche Ruhe. Das kühne blaue Auge, in tiefen Augenhöhlen funkelnd, verriet ein Feuer, das weder Alter noch körperliche Leiden geschwächt hatten. Sein Gang war langsam, aber würdevoll. Er trug die Generalsuniform des höchsten Grades in den Staaten, unter einem braunen Überrocke. Säbel und Federhut lagen auf einem Seitentische. Sein scharfer Blick fiel, als die Indianer eintraten, auf jeden einzelnen mit einem Ausdrucke, der die Wilden zu durchschauen schien. – Nach einer kurzen Pause ließ er sich wieder auf den Armsessel nieder und nickte den Indianern, Platz zu nehmen.

      »Tokeah!« sprach der Major Copeland. »Ihr steht vor dem kommandierenden General, dem großen Krieger, der die Muscogees und die Söhne des großen Vaters der Kanadas in vielen und großen Schlachten geschlagen hat, dem Bevollmächtigten des großen Vaters der roten Männer.«

      Die Indianer sahen nach dieser etwas pompösen, aber hier ganz zweckmäßigen Aufführung den General betroffen an, und ihr Haupt neigend, streckten sie die Palmen ihrer Hände vor.

      »Tokeah, der letzte Miko der Oconees,« sprach dieser, »ist mit seinem Sohne El Sol, dem mächtigen Häuptlinge der Cumanchees, gekommen, ihre Hände in Frieden und Freundschaft ausgestreckt.«

      »Tokeah, Miko der Oconees!« wiederholte der General kopfschüttelnd. »Wir haben vieles, nur zu vieles von diesem Tokeah gehört. Und dieser junge Mann hier?«

      »Ist El Sol, der junge Häuptling der Cumanchees.«

      Der General sah den jungen Mann mit einem etwas weniger mißtrauischen Blicke an.

      »Sagt dem Häuptlinge, er sei willkommen in den Wigwams seiner weißen Brüder.«

      Nachdem der Miko dieses verdolmetscht hatte, legte der junge Cumanchee seine Rechte an die Brust und neigte sein Haupt.

      Beide Häuptlinge bewiesen viel Ruhe und selbst Anstand in ihrer Haltung. Sie verzogen keine Miene, und ihre Augen in achtungsvoller Aufmerksamkeit auf den General gerichtet, warteten sie auf die weitere Einleitung der Zusammenkunft. Der General seinerseits schien den Wilden volle Gelegenheit geben zu wollen, sich ganz in ihrer sentenziösen Manier auszusprechen.

      »Ja, Tokeah«, sprach er nach einer Pause, während welcher er innegehalten hatte, um den Indianern Zeit zu geben, sich zu fassen. »Wir haben von Euch gehört, aber wir wollen das Geschehene in dem Strom der Vergessenheit begraben.«

      »Der Miko würde von den Weißen fern geblieben sein«, sprach der Indianer. »Er weiß, daß er ein Dorn in ihren Augen ist. Er ist von ihnen auf seinem Pfade aufgehalten worden, den er gegangen, um das Gebot des großen Geistes zu erfüllen.« Er deutete auf den Sarg, den er auch hierher mitgenommen hatte.

      Der General schüttelte wieder das Haupt. »Dann sollte Tokeah nicht so tief hinab nach Alabama gegangen sein; der Oconee und das heilige Feld der Muscogees sind weit von letzterem.«

      Der alte Häuptling sah den General betroffen an.

      »Tokeah! Tokeah!« sprach dieser. »Es mag hingehen für diesmal. Aber so schlau Ihr auch Eure Anschläge macht, wir durchblicken sie.«

      »Tokeah hat die Fußstapfen der Mokassins auf seinem Wege gesehen; er wußte, daß seine Feinde dem großen Vater in die Ohren flüstern würden; er mußte noch zu seinem Volke sprechen. Wenn mein Vater die Rede Tokeahs gehört hätte, würde er seine Stirn nicht runzeln. Der Miko wird jetzt dahin gehen, wo ihn die Weißen nicht mehr sehen werden. Die Äxte der weißen Männer machen einen großen Lärm in den Ohren Tokeahs.«

      »Weiß der große Vater von diesem?« fragte der General.

      »Die Männer der Oconees haben seit sieben Sommern auf den Jagdgründen der Mexikos gewohnt. Sie wollen wieder zurück, wohin die Pflugschar und die Hacken der Weißen ihnen nicht folgen werden.«

      »Und der alte Tokeah hat das gute Land seiner Väter verlassen und ist in ein schlechtes gezogen, wo ihm die Muscheln und Schalen die Füße zerschneiden werden?«

      »Wenn die roten Männer ein schönes Weib haben, das für sie nicht kochen und ihre Jagdhemden machen will, so senden sie es zurück zu ihrem Vater und nehmen ein häßliches Weib, das tut, was sie brauchen. Tokeah hat im Lande seiner Väter gelebt und unter den Weißen mit seinem Volke. Wenn ihre Pferde und ihr Vieh über ihre Grenzen gingen, durfte er nicht gehen, um sie einzufangen, und wenn er es tat, so warfen sie ihn in ein finsteres Wigwam oder schossen auf ihn aus ihren Feuergewehren; aber wenn das Vieh der roten Männer über die Grenzen der Weißen ging, so nahmen sie es, und wenn die roten Männer zürnten, nahmen sie auch ihr Leben dazu. Tokeah konnte nicht mehr unter solchen Menschen leben.«

      »Haben«, fragte der General, »die roten Männer nicht auch böse Brüder?«

      »Die roten Männer strafen ihre bösen Kinder,« fuhr der Indianer grollend fort – »und sie treiben sie in die Wildnis; – aber die weißen Männer teilen das den Roten Gestohlene. Es ist weit zum großen Vater, und er hört nicht das Rufen seiner roten Kinder, und die Zunge seiner Boten (der Agenten der Vereinigten Staaten) ist sehr gekrümmt. Tokeah will deswegen gehen, wo er die Weißen nimmer sehen wird.«

      »Das heißt zu den Cumanchees, um mit ihnen die Kette zu ergänzen, die sein unruhiger Geist mit seinen Brüdern und uns zerrissen hat?« versetzte der General, der, weit entfernt, durch die grollend werdende Sprache des Indianers beleidigt zu werden, fortfuhr: »Es ist kein Zweifel, daß die roten Männer in gewissen Punkten von uns gelitten haben; aber sie haben nicht mehr von uns, als wir von ihnen erduldet. Doch wir wollen und können uns hierüber nicht in Erörterungen einlassen. Nur sollte Tokeah einsehen, daß wir die Stärkeren – und Herren des Landes sind. Wir konnten Tokeah sein Land nehmen; denn es war uns durch das Recht des Krieges verfallen. Wir haben es ihm abgekauft, ihn als freien Mann, als Bruder behandelt.«

      »Der große Geist«, sprach der unbewegte Indianer, »hat sehr große Spinnen in dem Lande gemacht, wo der Miko lebte, und eine derselben tötet einen kleinen Vogel. Diese Spinnen sagten zu den Vögeln: ›Seht, wir wollen euch allein und in Frieden lassen und nicht mit euch brechen; aber ihr dürft auch nicht unsere Netze zerreißen.‹ Die armen Vögel blieben in ihren Nestern und saßen da eine lange Weile. Hunger trieb sie endlich heraus; als sie aber auffliegen wollten, fanden sich alle Wälder mit den Netzen der Spinnen überzogen, und die armen Vögel fielen in die Schlingen, und wurden von den giftigen Spinnen aufgefressen, und ihr Blut ward ausgesagt, und sie mußten eines langsamen Todes sterben. Die roten Männer sind die armen Vögel, die Weißen die Spinnen. Ihrer Stämme waren viele. Sie sind verschwunden vom Angesichte der Erde. Sie starben, viele durch die langen Messer der Weißen, noch mehr aber durch ihre List und ihr Feuerwasser. Tokeah will weit von ihnen gehen.«

      »Das mögt Ihr tun, wie es Euch am besten dünkt. Wir werden Euch keine Hindernisse in den Weg legen.«

      »Der große Geist«, fuhr der Indianer fort, »läßt den endlosen Strom rinnen von dort, wo der Schnee fällt, gegen das Land zu, wo die Sonne heiß scheint. Er hat den roten und weißen Männern Überfluß an Land gegeben, aber die weißen«, fuhr er klagend fort, »sind nie zufrieden, sie greifen immer weiter und strecken ihre Hand aus nach dem, was den roten Männern gehört, und nehmen jeden Sommer mehr von dem Lande dieser.«

      »Die Weißen haben das Land der roten Männer gekauft; es ist deshalb ihr rechtmäßiges Eigentum«, versetzte der General.

      »Sie haben die roten Männer mit Feuerwasser betrunken gemacht und sie dann um ihr Land betrogen«, entgegnete der starrsinnige Indianer.

      »Tokeah,«


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