Gesammelte Werke. Джек Лондон
Читать онлайн книгу.gespürt.
»Du weißt natürlich besser Bescheid als ich«, fuhr Daylight fort. »Und wenn mein Anteil für dich hundert Dollar wert ist, so ist er für mich ebensoviel wert, ob ich nun Bescheid weiß oder nicht.«
»Ich geb dir dreihundert!« bot Ladue, der jetzt die Besinnung verlor.
»Das ändert nichts für mich. Was du bietest, ist es für mich auch immer wert.«
Da kapitulierte Joe Ladue ganz ohne Scham. Er führte Daylight beiseite und gab ihm vertraulich verschiedene Aufklärungen.
»Die Sache ist sicher«, sagte er schließlich. »Ich habe es weder geschleust noch gewiegt. Alles, was in diesem Beutel ist, hab' ich gestern auf den Randfelsen ausgewaschen. Ich sag' dir, man kann's aus den Graswurzeln herausschütteln. Und was auf der Felsenunterlage unten im Flußbett liegt, ist gar nicht zu sagen. Halt' den Mund und verschaff dir soviel Claims, wie du kannst. Es liegt in Flecken verstreut da, aber ich würde nicht überrascht sein, wenn einige von den Claims fünfzigtausend brächten. Das einzige Unangenehme ist, daß es so verstreut liegt.«
Elftes Kapitel
Ein Monat verging, und immer noch war Bonanza Creek ruhig. Ganz vereinzelt hatten Leute sich Claims abgesteckt, waren dann aber meist nach Forty Mile und Circle City weitergereist. Die wenigen, die Vertrauen genug besaßen, um zu bleiben, waren damit beschäftigt, sich Blockhütten für den kommenden Winter zu errichten. Carmack und seine indianischen Verwandten waren dabei, einen Schleusenkasten zu bauen und einen Kanal hinzuleiten. Die Arbeit ging nur langsam vonstatten, denn sie mußten selbst mit der Hand die Bretter im Walde sägen. Aber weiter abwärts am Bonanza waren vier Männer, die vom oberen Lauf des Flusses gekommen waren, Dan McGilvary, Dave McKay, Dave Edwards und Harry Waguh, ruhige Leute, die weder fragten noch sprachen und sich ganz für sich hielten. Aber Daylight, der den Kies am Rande von Carmacks Claim ausgewaschen und Goldkörner von den Graswurzeln geschüttelt und darauf an vielen anderen Stellen den Kies mit der Wiege ausgewaschen und nichts gefunden hatte, war neugierig, was auf der Felsunterlage zu finden war. Er hatte bemerkt, daß die vier ruhigen Leute dicht am Flusse einen Schacht gruben, und er hatte gehört, wie sie Bretter für ihre Schleusenkästen gesägt hatten. Er wartete keine Einladung ab, sondern stellte sich daneben, als sie am ersten Tage schleusten. Und als ein Mann fünf Stunden geschaufelt hatte, sah er, wie sie dreizehn und eine halbe Unze Gold herausholten. Es war grobes Gold, von Stecknadelkopfgröße bis zu Klumpen im Werte von zwölf Dollar, direkt von der Felsunterlage. Das war der große Fund. Carmacks Sache war gesichert. Daylight steckte einen Claim in seinem eigenen Namen neben den dreien ab, die er für seinen Kautabak gekauft hatte. Dadurch erhielt er ein Stück Boden, das zweitausend Fuß lang war und sich in der Breite von einem Randfelsen zum anderen erstreckte. Der erste Schnee war an diesem Tage gefallen, und der arktische Winter senkte sich über das Land, aber Daylight hatte keine Augen für die trübe Stimmung, die über den letzten Stunden des kurzen Sommers ruhte. Er sah seinen Traum in Erfüllung gehen und seine goldene Schneestadt auf der weiten Fläche erstehen. Auf der Felsunterlage war Gold gefunden worden. Es war der große Fund.
Als er an diesem Abend zu seinem Lager an der Klondike-Mündung zurückkehrte, fand er Kama vor, den Indianer, den er in Dyea zurückgelassen hatte. Kama hatte mit einem Kanu die letzte Post des Jahres gebracht. Er besaß ein paar hundert Dollar in Goldstaub, die Daylight sich sofort von ihm lieh. Dagegen versprach er ihm, einen Claim für ihn abzustecken, den er einregistrieren wollte, wenn er Forty Mile passierte. Als Kama am nächsten Tage aufbrach, gab Daylight ihm eine Anzahl Briefe an die alten Jungens am unteren Flußlauf mit, in denen er sie aufforderte, sofort zu kommen und sich Land abzustecken. Kama hatte von den anderen Männern in Bonanza Briefe mit ähnlichem Inhalt bekommen.
»Das wird ein Zustrom, wie man ihn noch nie gesehen hat«, lachte Daylight, und er stellte sich vor, wie die aufgeregte Bevölkerung von Forty Mile und Circle City sich in die Boote werfen und in voller Fahrt die Hunderte von Meilen den Yukon hinauffahren würde, denn er wußte, daß man seinen Worten Glauben schenkte.
Als die ersten eintrafen, erwachte Bonanza Creek, und nun begann ein wahrer Wettlauf zwischen Lüge und Wahrheit, bei dem auch die stärksten Lügner immer wieder von der Wahrheit geschlagen wurden. Wenn Leute, die Carmacks Worte bezweifelten, daß er zweieinhalb in der Pfanne gefunden hatte, selbst zweieinhalb fanden, so logen sie und sagten, sie hätten eine Unze gefunden. Und ehe die Lüge noch recht in Umlauf gekommen war, hatten sie nicht eine, sondern fünf Unzen gefunden. Dann sprachen sie von zehn Unzen; wenn sie aber zum Beweis eine Pfanne auswuschen, so hatten sie zwölf darin. Und so ging es weiter. Sie logen getrost weiter, aber die Wahrheit blieb ihnen immer eine Länge voraus.
Eines Tages im Dezember füllte Daylight eine Pfanne von der Felsunterlage seines eigenen Claims und trug sie in seine Hütte. Hier brannte ein Feuer, so daß das Wasser in seinem Leinenbehälter nicht gefror. Er hockte sich neben dem Behälter nieder und begann zu waschen. Erde und Schlamm schienen die Pfanne zu füllen. Als er sie in einem Kreise bewegte, schwappten die leichten gröberen Teile über den Rand. Hin und wieder kämmte er die Oberfläche mit den Fingern und schöpfte ganze Hände voll Schlamm heraus. Der Inhalt verminderte sich beständig. Als er sich dem Boden näherte, gab er der Pfanne einen plötzlichen Stoß, so daß das ganze Wasser herausfloß. Der ganze Boden sah aus, als wäre er von Butter bedeckt. So schimmerte das gelbe Gold. Es war Gold – Goldstaub, grobes Gold, Goldkörner, Klumpen. Er war ganz allein. Er setzte die Pfanne einen Augenblick nieder und dachte an vielerlei. Dann wusch er zu Ende und wog die Ausbeute in seiner Wage. Nach der gewöhnlichen Berechnung von sechzehn Dollar die Unze enthielt die Pfanne für reichlich siebenhundert Dollar Gold. Das übertraf seine kühnsten Träume. Er hatte erst gedacht, daß er zwanzig- oder dreißigtausend Dollar aus jedem Claim herausholen könnte, aber hier waren Claims, die wenigstens eine halbe Million wert waren, wenn auch das Gold in Flecken verstreut lag. An diesem Tage kehrte er nicht zum Schacht zurück, auch nicht am zweiten oder am dritten. Statt dessen zog er in leichter Ausrüstung, seinen Kaninchenfellschlafsack auf den Rücken geschnallt, aus, wanderte viele Tage hindurch und untersuchte das ganze benachbarte Gebiet. Er hatte das Recht, sich an jedem Wasserlauf einen Claim zu sichern, war aber zu vorsichtig, um sich seine Chancen auf diese Weise zu begrenzen. Nur am Hunter Creek steckte er sich einen Grund ab. Den Bonanza Creek fand er von der Mündung bis zur Quelle abgesteckt, und dasselbe war der Fall mit jedem Bach und jeder Rinne, die in ihn mündete. Man hatte nicht viel Zutrauen zu diesen kleinen Wasserläufen. Sie waren von den Hunderten von Männern abgesteckt, die zu spät zum Bonanza gekommen waren. Der beliebteste dieser Bäche war der Adams. Am wenigsten hielt man vom Eldorado, der oberhalb von Carmacks Claim in den Bonanza floß. Selbst Daylight glaubte nicht recht an Eldorado, kaufte aber doch einen halben Claimanteil für einen halben Sack Mehl. Einen Monat später bezahlte er achthundert Dollar für den anstoßenden Claim. Drei Monate darauf erweiterte er wiederum seinen Besitz und bezahlte vierzigtausend für einen dritten Claim, und noch später – aber das lag noch im Schoße der Zukunft – sollte er hundertundfünfzigtausend für einen dritten an dem Creek bezahlen, der ursprünglich von allen am wenigsten gegolten hatte.
Seit dem Tage jedoch, da er die siebenhundert Dollar aus einer einzigen Pfanne gewaschen und große Gedanken gehabt hatte, rührte er nie wieder Schaufel oder Hacke an. Wie er zu Joe Ladue am Abend nach diesem wunderbaren Ereignis sagte:
»Joe, die Arbeit mit den Händen ist zu Ende. Jetzt fange ich an, mein Gehirn zu gebrauchen. Ich will Gold bauen. Gold wird Gold zeugen, wenn man nur den Kopf am rechten Platze und genügend zur Aussaat hat. Als ich die siebenhundert Dollar auf dem Boden meiner Pfanne sah, da wußte ich, daß ich endlich Saatgut genug hatte.«
»Und wo willst du es aussäen?« fragte Joe Ladue.
Und Daylight hatte mit einer Handbewegung auf das ganze Land gezeigt, das um sie her lag, und auf die Flüsse und Bäche jenseits der Wasserscheide.
»Dort,« sagte er, »und ihr sollt sehen, wie es geht. Für den, der Augen hat, liegen Millionen hier. Und ich hab' sie gesehen, als die siebenhundert Dollar aus dem Boden meiner Pfanne hervorguckten und flüsterten: ›Na,