Gesammelte Werke. Джек Лондон
Читать онлайн книгу.„Also los jetzt!" sagte ich und trat an Land, aber ich gestehe, daß mir das Herz bis an den Hals schlug bei dem Gedanken, daß ich mitten durch diese ungeheure Herde schreiten sollte.
„Ich glaube, es wäre klug, das Boot festzumachen", sagte Maud.
Sie war mit mir ausgestiegen, und ich betrachtete sie mit Verwunderung.
Sie nickte entschieden. „Ja, ich begleite Sie, es ist also am besten, Sie sichern das Boot und bewaffnen mich auch mit einem Knüppel."
„Lassen Sie uns umkehren", sagte ich mutlos. „Ich denke, Tundragras wird es auch tun."
„Sie wissen gut, daß es nicht geht", lautete ihre Antwort. „Soll ich vorausgehen?"
Achselzuckend, aber auch mit wärmster Bewunderung für diese Frau, gab ich ihr den zerbrochenen Riemen und nahm selbst einen anderen. Die ersten Schritte unserer Wanderung machten wir mit großer Angst. Einmal schrie Maud laut, als eine Kuh neugierig ihren Schuh beschnüffelte, und ich beschleunigte meine Schritte aus demselben Grunde. Aber außer einigen warnenden Kläff lauten von beiden Seiten gab es keine Zeichen von Feindseligkeit. Es war ein Robbenbrutplatz, der noch nie einen Jäger gesehen hatte, die Robben waren daher friedlich und furchtlos zugleich. Mitten in der Herde war der Lärm entsetzlich, fast schwindelerregend. Ich blieb stehen und lächelte Maud ermutigend zu, denn ich hatte mein Gleichgewicht rascher als sie wiedergefunden. Ich konnte sehen, daß sie sich sehr fürchtete.
Sie trat ganz nahe an mich heran und rief: „Ich fürchte mich schrecklich!"
Aber ich hatte meine Furcht überwunden. Das friedliche Benehmen der Robben hatte mich ermutigt. Maud dagegen zitterte vor Angst.
Eine Viertelstunde landeinwärts stießen wir auf die Holluschickis, gewandte junge Bullen, die sich hier in der Einsamkeit ihres Junggesellenlebens austobten und Kraft sammelten für die Tage, da sie sich die Würde von Ehemännern erkämpfen sollten.
Jetzt ging alles glatt. Ich wußte genau, was ich zu tun hatte. Ich schrie, machte drohende Bewegungen mit dem Knüppel und stieß die faulsten sogar mit dem Riemen, und auf diese Weise schnitt ich schnell etwa zwanzig der jungen Burschen von ihren Kameraden ab. Sobald einer von ihnen den Versuch machte, zum Wasser durchzubrechen, stellte ich mich ihm in den Weg. Maud beteiligte sich heftig am Treiben, und ihr Schreien und Schwingen mit dem abgebrochenen Riemen bedeutete eine große Hilfe für mich. Ich bemerkte aber, daß sie hin und wieder ein Tier durchschlüpfen ließ, wenn es besonders matt und mitgenommen aussah. Versuchte jedoch eines, sich kriegerisch zu widersetzen, dann sah ich, wie ihre Augen leuchteten und sie keck mit dem Knüppel zuschlug.
Ich trieb die kleine Herde - es war jetzt noch ein Dutzend, den übrigen hatte sie die Flucht erlaubt - einige hundert Schritte weiter landeinwärts, und als Maud mich einholte, hatte ich bereits das Abschlachten beendet und war dabei, die Tiere abzuhäuten. Eine Stunde später machten wir uns stolz auf den Rückweg, den Pfad zwischen den Harems entlang. Zweimal machten wir noch den Weg und kehrten mit Häuten beladen zurück, dann glaubte ich genug für unser Dach zu haben. Ich setzte das Segel, machte einen Schlag aus der Bucht heraus und fuhr mit dem nächsten Schlage in unseren kleinen Hafen hinein.
„Es ist gerade wie eine Heimkehr", sagte Maud, als ich das Boot auf den Strand laufen ließ.
Ihre Worte weckten ein zitterndes Echo in meiner Seele, alles war mir so lieb und vertraut, und ich sagte: „Mir ist, als hätte ich stets dieses Leben gelebt. Die Welt der Bücher und Buchgelehrten ist so unwirklich, eher Traum als Tatsache. Es ist sicher, daß ich all meine Tage gejagt und gekämpft habe. Und Sie scheinen auch ein Teil davon zu sein. Sie sind -", ich war nahe daran, „meine Frau, meine Gefährtin" zu sagen, besann mich aber noch und sagte schnell: „Sie haben die Prüfung gut bestanden."
Aber ihr Ohr hatte mein Stocken bemerkt, und sie warf mir einen raschen Blick zu. „Das wollten Sie nicht sagen."
„Nein, sondern daß die große Dichterin Maud Brewster jetzt das Leben einer Wilden führt und sich glänzend damit abfindet", sagte ich leichthin.
„Oh!" war alles, was sie antwortete. Aber ich hätte schwören mögen, einen Klang von Enttäuschung in ihrer Stimme zu hören.
Doch „meine Frau, meine Gefährtin" hallte in mir den Rest des Tages und noch an manchem andern Tag nach, nie aber lauter als an diesem Abend.
Elftes Kapitel
„Es wird übel riechen", sagte ich, „aber es wird uns jedenfalls vor Regen und Schnee schützen." Wir musterten das fertige Dach aus Robbenfellen. „Es ist ziemlich plump, aber es erfüllt seinen Zweck, und das ist die Hauptsache", fuhr ich fort in der Hoffnung, ein Lob aus ihrem Munde zu hören.
Und sie klatschte in die Hände und erklärte, daß sie außerordentlich zufrieden sei.
„Aber es ist dunkel hier drinnen", sagte sie einen Augenblick später, und ihre Schultern zuckten in einem unwillkürlichen Schauder.
„Sie hätten mich daran erinnern sollen, ein Fenster zu machen, als wir die Wände bauten", sagte ich. „Das war Ihre Sache, und Sie hätten die Notwendigkeit eines Fensters einsehen müssen."
„Ich sehe nie, was am nächsten liegt", erwiderte sie lachend. „Außerdem brauchen Sie ja aber nur ein Loch in die Wand zu hauen."
„Das stimmt schon. Daran hatte ich auch schon gedacht", antwortete ich, das weise Haupt wiegend. „Aber haben Sie Fensterglas bestellt? Rufen Sie beim Glaser an - 4451 ist, glaube ich, die Nummer -, und geben Sie ihm Größe und Art der Scheibe an." „Das heißt -", begann sie. „Kein Fenster."
Die Hütte war natürlich finster und häßlich und wäre in einem zivilisierten Lande kaum gut genug als Schweinekoben gewesen, uns aber, die wir alle Leiden in einem offenen Boote erlebt hatten, erschien sie als ein gemütliches kleines Haus. Wir sorgten für Licht und Wärme mit Hilfe von Robbentran und einem aus Baumwolle gedrehten Docht, dann begann die Jagd, um uns Fleisch für den Winter zu verschaffen, sowie der Bau einer zweiten Hütte. Jetzt war es eine Kleinigkeit, morgens auszuziehen und gegen Mittag mit einer ganzen Bootsladung Robben heimzukehren. Und während ich an der zweiten Hütte baute, ließ Maud den Speck zu Tran aus und unterhielt ein schwelendes Feuer unter dem Fleisch. Ich hatte gehört, wie man auf der Prärie Büffelfleisch in Streifen schneidet und an der Luft trocknet, und nun schnitten wir unser Robbenfleisch in Streifen, hängten es in den Rauch, und es wurde prachtvoll geräuchert.
Der Bau der zweiten Hütte ging leichter vonstatten, denn ich ließ sie direkt an die erste stoßen, so daß sie nur drei Wände brauchte. Aber das alles bedeutete doch Arbeit. Maud und ich schafften vom frühen Morgen bis zum Einbruch der Dunkelheit, wir arbeiteten bis an die Grenze unserer Kraft, so daß wir, wenn die Nacht kam, steif vor Müdigkeit ins Bett krochen und den Schlaf der Erschöpfung wie die Tiere schliefen. Und doch erklärte Maud, daß sie sich in ihrem ganzen Leben nie besser und gesünder gefühlt hätte. Bei mir war dasselbe der Fall, aber sie war so zart, daß ich fürchtete, sie würde zusammenbrechen. Immer wieder sah ich, wie sie sich, nach Erschöpfung ihrer letzten Kräfte, lang auf den Boden legte -ihre Art, sich auszuruhen und wieder zu Kräften zu kommen. Und dann stand sie auf und arbeitete wie nur je. Woher sie die Kraft dazu nahm, war mir ein Rätsel.
„Denken Sie an die lange Winterruhe", erwiderte sie auf meine Ermahnungen. „Dann werden wir noch nach Arbeit schreien!"
An dem Abend, als das Dach meiner Hütte fertig war, hielten wir eine Art Einzugsschmaus. Es war am Ende eines dreitägigen heftigen Sturmes, der von Südost ganz nach Nordost herumgeschwungen war und nun direkt auf unsere Insel wehte. In der Außenbucht donnerte die Brandung gegen die Küste, und selbst in unserm ganz von Land umschlossenen Innenhafen befand sich das Wasser in starker Bewegung. Die Bergseite der Insel schützte uns nicht vor dem Winde, und er pfiff und heulte um die Hütte, daß ich zeitweise fürchtete, die Mauern würden nicht standhalten. Das Dach, das ich wie ein Trommelfell gespannt und für ganz dicht